Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Dieses Forum ist ausschließlich fachlichen Diskussionen vorbehalten. Einzelne Forschungsprojekte können vorgestellt und diskutiert werden.
Antworten
equinox
lernt noch alles kennen...
Beiträge: 5
Registriert: Mo. 28. Okt 24 23:25
Name: Ingo Berg

Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von equinox »

Ich arbeite an einer grafischen Rekonstruktion der Radstube des 7. Lichtlochs vom Rothschönberger Stolln. Die Rekonstruktion basiert auf diversen Maschinen- und Rißzeichnungen, sowie einer Textbeschreibungen aus dem Jahr 1848.

Meine Ergebnisse sind hier zusammen gefaßt:
https://freiberger-revier.de/rothsch%c3 ... loch-7.php

Nach meinen Recherchen war das Lichtloch um die 21 Meter tief. Diese Tiefe basiert auf den Teufenangaben der Abzugsrösche in verschiedenen Saigerrißen. Für die im Schachtkopf eingebaute Wassersäulenmaschine gibt es Maschinenzeichnungen mit Angabe der Höhe der erzielten Wassersäule (ungefähr 18 Meter). Aus der Zeichnung geht auch hervor, daß die Wassersäulenmaschine in die Abzugsrösche des Lichtlochs abschgeschlagen hat. In der Maschinenzeichnung der Wassersäulenmaschine ist auch der Kunstwinkelort der Kunsträder eingezeichnet. Dieser müßte ungefähr 17 Meter tief liegen.

Das scheinen ziemlich extreme Werte zu sein aber alle Quellen die ich finde deuten darauf hin. Darüber hinaus gibt es noch Indizien:
  • Das Lichtloch hat im Gegensatz zum 4. Lichtloch außen angesetzte zusätzliche Lichtschächte. Wieso sollten die gleichen Ingenieure die auch das 4. Lichtloch entworfen haben im 7. Lichtloch Lichtschächte einplanen, wenn dieses nicht tiefer als das 4. war? Das 4. hat keine Lichtschächte und müßte 12-13 Meter tief sein.
  • Die Durchmesser der Kunsträder wurden während der Planung verkleinert. Zum einen von Schwamkrug handschriftlich auf einer Maschinenzeichnung (von 16 auf 15 Ellen), zum anderen wurden die Größe in einem Bericht aus dem Jahr 1848 sogar mit nur 14 Ellen angegeben. Nach der Zeichnung auf meiner Webseite hätten die Räder gar nicht viel größer sein dürfen ohne das die Seile an der Treibehauswand schleifen bzw. dort Durchführungen erfordert hätten, für die es keine Anzeichen gibt.
  • In Primärquellen wird die Radstube nie mit der des 1. oder 4. Lichtlochs vergleichen. Für Zeitgenossen muß es offensichtlich gewesen sein, das es sich signifikant von den anderen beiden unterschied.
  • Es gibt eine Machinenzeichnung für die geplanten Radstuben des 1., 4. und 5. Lichtlochs und eine weitere separate Maschinenzeichnung für das 7. Lichtloch. In der Zeichnung des 7. Lichtlochs ist weder die Hängebank noch die Treibehaussohle verzeichnet. Vermutlich, weil sie zu weit weg war. Diese Angaben finden sich in der Regel immer in den Maschinenzeichnungen
  • Im Bergarchiv existiert noch eine Maschinenzeichnung die ich nicht einsehen kann, weil es ein Rollriß ist, der wegen Schäden einen Sperrvermerk hat. Ich würde vermuten, das dieser Rollriß die komplette Wassersäulenmaschine inklusive der Rohrleitung und des oberen Schachtkopfes abbildet. Warum sollte es ein Rollriß sein, wenn er nicht einen großen Teufenbereich abbildet? Da es für die Wassersäulenmaschine keine andere Abzugsrösche als die der Radstube gab, müssen die Kunsträder sehr tief gewesen sein.
Ich habe ein paar Fragen an das Forum:

Gibt es im Erzgebirge oder im Harz Beispiele für oberirdisch angelegte Radstuben die Quaderförmig sind und an die 20 Meter tief waren? Diese Tiefe müßte doch Stabilitätsprobleme mit sich bringen, wie wurden die gelöst?

Ist die Radstube mit der Halde "mitgewachsen"? Beim 7. Lichtloch wäre das möglich, weil der Wasseraufschlag vom Bergwerkskanal ohnehin sehr tief lag. Die Räder hätten in Betrieb sein können obwohl die Radstube nach oben hin noch gar nicht fertig war.
Benutzeravatar
markscheider
Foren-Profi
Beiträge: 2488
Registriert: Fr. 28. Okt 05 15:32
Wohnort: Salzgitter
Kontaktdaten:

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von markscheider »

Ziemlich gut gemacht, Respekt.
Man könnte vielleicht noch Nordpfeil/Richtungsangaben bzw. in den Saigerrissen die Teufen bzw. NHN-Höhen ergänzen.
equinox
lernt noch alles kennen...
Beiträge: 5
Registriert: Mo. 28. Okt 24 23:25
Name: Ingo Berg

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von equinox »

In die Karten kann ich noch Nordpfeile reinbringen. Die Rissee haben ja in der Regel schon einen.
Uran
Foren-Profi
Beiträge: 2306
Registriert: Mo. 27. Jul 09 18:46
Wohnort: Dresden

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von Uran »

Was verstehst du unter quaderförmiger Radstube? :gruebel: Die Radstube vom Weißen Hirsch in Schneeberg war mal oberirdisch.
Hab es mir mal angesehen. Sehr gut gemacht. :meister: Erstaunlich ist das Kunstrad. Mit dem sehr tiefen Wassereintritt ist es sehr uneffektiv. Nur noch ein kleiner Hinweis. Soweit ist weiß, heißt es Abzugsröche und nicht Abschlagrösche.
ich bi noch aaner ven altn Schlog, on bleib aa, wi ich bi.
Benutzeravatar
Geophon
Foren-Profi
Beiträge: 350
Registriert: Do. 24. Jan 13 16:56
Name: Eric

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von Geophon »

Die Seite ist wirklich schön gestaltet.

Falls es als Quelle noch nicht bekannt sein sollte: In den Jahrbüchern für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen finden sich im statistischen Teil auch einige kleinere Texte zu den Arbeiten an den Lichtlöchern und am Rothschönberger Stolln im jeweiligen Jahr. Ob da die Maße der Radstube konkret drin sind, weiß ich nicht, aber die diversen Planänderungen während des Projekts wurden dort erwähnt. Auch die Turbine und die Turbinenstube am 5. Lichtloch wird darin sehr ausführlich behandelt.

Die Bände des Jahrbuchs gibt es mittlerweile bei der SLUB:

https://www.digitale-sammlungen.de/en/s ... tOrder=asc

Zu den beiden Fragen kann ich leider nicht viel beitragen, aber welche Stabilitätsprobleme sollen denn bei so einer Radstube konkret auftreten? Den oberflächennahen Bereich in der Verwitterungszone hätte man mit Mauerung sichern können und im anstehenden Gestein sollte es eigentlich keine Probleme geben.

Ein Beispiel für eine Radstube, die bis übertage ging und die, wenn nicht mitgewachsen dann zumindest in eine Halde eingebaut war, war die Radstube am St. Jacob-Stolln bei Stahlberg/Bärenstein, vielleicht hat ja noch jemand Bilder aus der Anfangszeit der Baustelle.
Es wäre auch von nöthen, eine Strafe auf diejenigen zu legen, die nur auf den
Raub bauen, die Ertze auslochen, die Sümpffe und Schächte loshauen, die tiefsten mit
Bergen ausstürtzen und die Oerter, Strecken und Stölln versetzen...

Simon Bogner 1562
equinox
lernt noch alles kennen...
Beiträge: 5
Registriert: Mo. 28. Okt 24 23:25
Name: Ingo Berg

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von equinox »

Vielen Dank für die Rückmeldungen. Ich habe in den Berg und Hüttenmännischen Jahrbüchern keine Details zu den Anlagen gefunden. Ich hab da nur Vortriebsdaten und Unfallmeldungen gefunden aber vielleicht habe ich auch etwas übersehen.

Ich werde mir die hier genannten Radstubenbeispiele mal ansehen. Danke auch für den Hinweiß das es Abzugsrösche nicht Abschlagrösche heißt.
Benutzeravatar
Geophon
Foren-Profi
Beiträge: 350
Registriert: Do. 24. Jan 13 16:56
Name: Eric

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von Geophon »

In den Jahrbüchern steht dazu tatsächlich nicht viel, aber dafür etwas Interessantes drin, hier eine kurze Zusammenfassung:

1844: Der Schacht wurde bis 6,37 Lachter abgeteuft und die Abzugrösche begonnen,
1845: Die Abzugrösche wurde in 3,65 Lachtern Teufe im Röschenschacht um 78,4 Lachter vorgetrieben,

Der Röschenschacht dürfte auf Deinem Riss die "Ausmündung der Tagesrösche" sein.

1846 wird beschrieben, dass die Kunst- und Kehrradstuben nebeneinander lagen und durch eine 2,45 Lachter lange Rösche miteinander verbunden wurden.

Und dann fanden sich noch die vielleicht etwas unauffälligen Bemerkungen, dass das 7. Lichtloch 1847 um 1,71 Lachter und 1850 um weitere 1,43 Lachter aufgesattelt wurde. Die Radstuben hat man da wahrscheinlich mit "verlängert". Wenn man das grob mit 6 m in heutige Maße bringt, dann waren die Radstuben am Anfang 15 m tief, etwas mehr als am 4. Lichtloch, aber nicht so viel.

Auf diesem Riss von 1856 gab es auch zwei verschiedene Angaben zur Höhenlage des 7. Lichtloches gegeben, siehe
https://archiv.sachsen.de/archiv/bestan ... 3a35df96f6

Man hat sich also relativ bald nach dem Beginn der Arbeiten mehr Höhe verschafft, um mehr Masse auf die Halde stürzen zu können.

1854 hat man auch die Einrichtungen im Schacht so verändert, dass man die Hunte gleich nach übertage fördern konnte, und nicht mehr am Füllort alles umladen musste.
Es wäre auch von nöthen, eine Strafe auf diejenigen zu legen, die nur auf den
Raub bauen, die Ertze auslochen, die Sümpffe und Schächte loshauen, die tiefsten mit
Bergen ausstürtzen und die Oerter, Strecken und Stölln versetzen...

Simon Bogner 1562
equinox
lernt noch alles kennen...
Beiträge: 5
Registriert: Mo. 28. Okt 24 23:25
Name: Ingo Berg

Re: Radstube 7. Lichtloch des Rothschönberger Stollns

Beitrag von equinox »

Vielen Dank. Das ist genau die Information die ich gesucht habe! Das paßt perfekt zu dem Bericht von 1848, der 14,5 Meter Tiefe angibt, wenn ich davon ausgehe, daß die Daten vor der Aufsattelung genommen wurden. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, das man sich da Vermessen hat.

Das es tatsächlich Angaben zur zweimaligen Aufsattelung gibt hätte ich für unwahrscheinlich gehalten. Vielen Dank fürs raussuchen der Informationen.
Antworten