Parkhaus unter Tage
Weil in China die Stahlproduktion boomt, wird in Thüringen ein neues Bergwerk aufgefahren. Die Phönix Fluss- und Schwerspat GmbH will bei Gehren im Ilmkreis wieder die gleichnamigen Mineralien abbauen. Sie sind für die Veredlung von Stahl unverzichtbar und finden bundesweit dankbare Abnehmer.
GEHREN. Wie ein unterirdisches Parkhaus soll die Schwer- und Flussspatgrube einmal aussehen.
Ein Tunnel also, der sich schraubenförmig in das Innere des Berges gräbt. Auf jeder Etage führen Wege, im Bergmanns-Deutsch auch Stich genannt, zu den Lagerstätten des wertvollen Minerals. Die hat die Phönix GmbH mit Firmensitz im nordrhein-westfälischen Bergheim nicht etwa neu entdeckt. Bis 1991 wurde dem Berg sein wertvolles Innenleben entrissen. Doch der Abbau war zu kostspielig, das Bergwerk wurde geschlossen und dutzende Kumpel in die Arbeitslosigkeit entlassen.
Nun wagt ein Unternehmen, das eigentlich in der Chemiebranche zu Hause ist, einen Neuanfang. Rund zehn Millionen Euro wird es kosten, die Grube aufzufahren, prognostiziert Christian Weiß, Geschäftsführer der Phönix GmbH, bei dem gestern begonnenen Abteufen in Gehren. Neue Arbeitsplätze sind vorerst nicht in Sicht, denn mit dem Schachtbau Nordhausen, dem TS Bau aus Jena und dem Thyssen Schachtbau aus Mühlheim an der Ruhr haben bereits eta-blierte Firmen den Zuschlag für das Projekt erhalten, das von den drei bislang einzig neu eingestellten Bergbauingenieuren betreut wird.
Frühestens Ende des Jahres soll das Mineral aus Thüringen ausgeliefert werden. Während Geologen noch bezweifeln, ob sich angesichts der überschaubaren Lagerstätten der Aufwand lohne, wird die Qualität des Fluss- und Schwerspats gelobt. Er ist bei der Stahl- und Chemieindustrie heißt begehrt, nachdem China seine Exportmengen wegen eines deutlich gestiegenen Eigenbedarfs um die Hälfte gedrosselt hat.
Von Gehren aus werden die Mineralien zur Weiterverarbeitung ins sächsische Dohna und bayrische Stulln gefahren. Erst dort, außerhalb von Thüringen, verwandelt sich der Flussspat in stechend riechende und hochgiftige Flusssäure. Und so fiel es gestern auch Thüringens Umweltminister Volker Sklenar (CDU) leicht, die Phönix GmbH ob ihrer unternehmerischen Visionen zu loben, verbunden mit der Bitte, doch den ein oder anderen neuen Arbeitsplatz in der einstigen Bergbauregion zu schaffen. Erleichterung herrschte auch beim Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft Langer Berg. Rainer Zobel (FWG) hatte gemeinsam mit dem Stadtrat lange um neue Nutzungsmöglichkeiten für das alte Bergwerk im Schobsetal gesucht. An Ideen mangelte es nicht.
Vor acht Jahren meldete sich eine Investorengruppe aus Rotterdam, die das ehemalige Aufbereitungsgebäude in ein Feuerwehrübungszentrum verwandeln wollte. Doch es fehlte am Geld und an der ideellen Unterstützung künftiger Nutzer. Neben dem Landesfeuerwehrverband war es auch das Thüringer Innenministerium, das dem Konzept kritisch gegenüber stand.
Doch nun ist es vorbei mit der Ruhe im Schobsetal. Auch wenn gestern zum Abteufen erst mal nur eine Zementtüte zerplatzte und große Nebelwolken durchs Tal ziehen ließ. Bald wird am und im Berg gearbeitet, versichert Christian Weiß. Für die Anwohner der Schleusinger Straße in Gehren klingt das fast wie eine Drohung, denn an ihren Häusern werden künftig die vollbeladenen Lkws zuerst mit Erdstoffen und später mit dem Flussspat vorbei rollen.
Offen ist hingegen noch, welche Kommune durch Gewerbesteuereinnahmen von der Wiederbelebung des Bergbaus am meisten profitieren wird.
Zwar hat sich die Stadt Gehren intensiver um eine Nachnutzung des Geländes bemüht, die Mehrzahl der Abbauflächen befindet sich aber in der Gemarkung der Nachbarstadt Langewiesen.
07.03.2005 Von Ines Klein
Quelle:
Thüringer Allgemeine
Glühwürmchen statt Leuchttürme
Ein hartes und rauhes Volk seien die Bergleute, erdverbunden und steingeplagt, so kommt das Klischee daher. Wie weich und fast schon romantisch das Herz unter der harten Schale schlägt, das bewies der gestrige Anschlagtag.
SCHOBSETAL. Fast schon vergessen die fundamentale Frage, welche Stadt denn nun den Investor namens Phönix wirklich zu ihrer Eroberung zählen darf. Nur wer ganz genau hinsah, konnte erkennen, dass die Fahne von Gehren auf der Bühne eine Spur höher aufgehängt war als jene von Langewiesen. Und dies obwohl Henry Kühn und Axel Schönherr, die Bauhofchefs beider Städte fast zugleich den Dank der Bergleute für ihre Unterstützung bekamen. Ebenso wie Rainer Zobel, dem vor allen anderen eine Verneigung für seinen Einsatz gebührt.Landrat Senglaub fand die salomonische Formulierung, dass kaum ein schöneres Geschenk zum gemeinsamen 150. Stadtrechtsjubiläum denkbar sei als ein neues Bergwerk. Dies soll mindestens bis zum 175. Jubiläum dort bleiben, versprachen die Phönix-Oberen. Unter ihnen Christian Weiß, der kurzweilig die universelle Einsatzbarkeit von Fluzssspat erklärte und mit Volker Sklenar den dienstältesten Landesminister Deutschlands begrüßte. Diesem unterlief der einzige Fauxpas des Tages, als er den Namen Schobsetal im Munde zur Nichtwiederkennbarkeit verschwurbelte, was den aufmerksamen Einheimischen auf den Bänken nicht entging.Diese waren gut gefüllt und nicht nur deswegen sollte die frühere Materialhalle als Feierort alsbald ein ansteigendes Pathos erfüllen. Investor Christian Rocktäschel fällte anfangs ein sehr strenges Urteil über die Wirtschaftspolitiker Deutschlands, um sodann das Bergwerksprojekt zu loben. Es sei zwar keiner der früher oft beschworenen Leuchttürme, dafür aber ein vielleicht beständigeres Glühwürmchen.Den Segen der heiligen Barbara erflehten die Pfarrer Steffen Riechel (Ilmenau) und Udo Huß (Gehren) für alle Bergleute und bestellten Angela Rocktäschel, Gattin des Investors, zu dessen irdischer Vertreterin. Zur Würde ihres Amtes zählte eine Statue mit Turm für Standhaftigkeit, Schwert für Wehrhaftigkeit und einem Kelch für Vergebungswillen. Sie sei immer vor Ort willkommen, aber ebenso eingeladen, die Getränkevorräte der Bergleute zu "inspizieren". Der erster Versuch hierbei nach dem Sprengknopfdruck gelang ganz gut.
07.03.2005 Henry TREFZ
Quelle:
Thüringer Allgemeine
Ziel: 1162 Meter Steinwendelrampe in 300 Tagen
Als Symbol einer Trendwende hat Thüringens Umweltminister Volker Sklenar gestern Nachmittag den Stollenanschlag an der neuen Phönix-Flussspatgrube zwischen Gehren und Langewiesen bezeichnet. Angesichts steigender Rohstoffpreise gewinne die Eigenvorsorgung an Gewicht.
SCHOBSETAL (ht). Mehrere symbolische Explosionen am ansatzweise schon erkennbaren Portal des künftigen Vortriebsstollen haben gestern Nachmittag nach etwa eineinhalb Jahrzehnten Zwangspause die Wiedergeburt des Bergbaus im Ilmkreis angezeigt. Grund für den Neuaufschluss der Anfang der 90er Jahre aufgebenen Förderung von Fluss- und Schwerspat sei der dramatische Preisanstieg für diesen Rohstoff am Weltmarkt. Dieser war seinerzeit eingebrochen, weil besonders in China große Mengen auf den Markt kamen.Von 1,2 Millionen sei die chinesische Jahresexportmenge auf 750 000 Tonnen zurück gegangen, weil dort gleichzeitig der Binnenverbrauch stark gestiegen ist, erklärte Dr. Christian Rocktäschel als Hauptgesellschafter der von Bergheim bei Köln aus agierenden Fluorchemie-Gruppe. Der Geschäftsführer der eigens aus diesem Anlass gegründeten Phönix Fluss- und Schwerspat Bergwerk GmbH hatte zuvor neben Thüringens Umweltminister Volker Sklenar und Landrat Lutz-Rainer Senglaub auch zahlreiche Würdenträger der regionalen und lokalen Politik und der Genehmigungsbehörden begrüßt. Letzteren gelte ganz gegen sonstige Gepflogenheiten ein ausnahmloses Lob für außerordentlich zuvorkommende Zusammenarbeit: Einen Bergwerks-Hauptbetriebsplan in sechs Wochen abschließend zu bearbeiten, das sei durchaus rekordverdächtig.Dr. Eberhard Anders vom Schachtbau Nordhausen, der die hier tätige Arbeitsgemeinschaft leiten wird, bat schon jetzt die Anwohner um Verständnis. Bei aller Rücksicht werde man nicht ganz verbergen können, dass man hier sei.Bis Jahresende wird eine 1162 Meter lange gewendelte Rampe bis zur eigentlichen Lagerstätte hinab getrieben. Landrat Senglaub gratulierte zum glücklichen der Wiederbelebungsversuche im Schobsetal.
07.03.2005
Quelle:
THüringer Allgemeine