Dass möglichst viele Arbeit finden
Thüringische Landeszeitung
Christian Thiele
Bischofferode. Geplant ist nicht viel. Jedenfalls nichts Größeres - zur zehnten Wiederkehr des Kampfes um den Erhalt des Kaliwerkes. Allenfalls ein stilles Gedenken. So wie gestern beim Bergmannsfest. Vor zehn Jahren war den Bischofferöder Kalikumpeln am Bergmannstag auch alles andere als zum Feiern zu Mute. Der Hungerstreik begann.
Zehn Jahre danach. Dem Kaliverein sind finanziell die Hände gebunden, um im größeren Rahmen an das denkwürdige Geschehen zu erinnern. So wurde gestern eine bescheidene Einladung ausgesprochen, in kleiner Runde an 1993 zu erinnern. Vorausgegangen waren Gedenkminuten an die verunglückten Kumpel.
74 Menschen ließen im Werk ihr Leben. Der erste im Gründungsjahr 1909, der letzte im November 1989. Beide wurden durch herabfallende Steinmassen tödlich verletzt. Mahnende Worte fand Pfarrer Ulrich Kische aus Holungen: Der Mensch ist von Gott dazu berufen, mit seiner Arbeit die Welt zu gestalten. Die Tätigkeit der Bergarbeiter sei darin ein Mosaikstein. Warum der Schacht geschlossen wurde, könne er auch nicht verstehen. Aber nun werde es etwas Neues geben, damit die Menschen wieder aktiv werden.
In Lohn und Brot steht noch Willi Nebel. Er war 1993 einer der Hungerstreikenden, wurde aber nach 15 Tagen entkräftet ins Krankenhaus gebracht. Aus damaliger Sicht, war es das beste, was wir gemacht haben, so Nebel. Als der Bundestag am 1. Juli 1993 der Fusion zwischen der Mitteldeutschen Kali AG und Kali & Salz zustimmte, stand es für ihn fest zu streiken.
Zutiefst berührt hat Nebel die Solidarität. Heute pflegt er die Grünflächen im Gewerbegebiet. Oft schreitet er in Gedanken versunken an seinem ehemaligen Betrieb vorbei. Wut hat Nebel immer noch. Wut auf die Politik. Dass viele Leute möglichst lange eine Beschäftigung dort finden, ist sein größter Wunsch.
Grube wird geflutet
Etwa 100 Bergmänner sind noch mit Sicherungsarbeiten beschäftigt. Wie Betriebsratmitglied Gerhard Jüttemann sagte, werden derzeit die Stützpfeiler in der Grube gesichert. Darüber hinaus bauen die einstigen Kumpel in knapp 600 Meter Tiefe Dämme. Denn die Bischofferöder Grube wird mit einer Lauge geflutet. Das Problem: die verschiedenen Salzarten. Diese können nicht mit nur einer in Wasser gelösten Base die Jahre überdauern. Die Laugen dürfen auch nicht miteinander in Berührung kommen. Daher der rege Dammbau in der Grube. Wann geflutet wird, steht noch nicht fest. So viel schon: Noch 2003 soll nahe Großbodungen gebohrt werden. Ein Loch, das bis zum weit verzweigten Stollensystem führt. Von dort soll dann die Lauge unter Tage gelassen werden. Wie Jüttemann sagte, sei das Fluten insgesamt kostenintensiv. Er spricht von etwa 100 Millionen Euro.
Während die Bergarbeiter in zwei Schichten schuften, schwebt über ihren Köpfen das Damoklesschwert der Entlassung. Ein Drittel der Belegschaft erhielt zum Jahresende die Kündigung. Wir sind froh, sozialverträgliche Lösungen gefunden zu haben, so Jüttemann. Was heißen soll: Frühverrentung und Knappschaftsausgleich. Damit nicht genug. In 18 Monaten rollt die zweite Entlassungswelle.
Seit 1994 wird der Schacht rückgebaut. Noch für mehr als 50 Produktionsjahre hätte das qualitativ hochwertige Salz gereicht. Ein Hohn angesichts zurückgehender Salzvorkommen in Deutschland, hieß es gestern. Für Bischofferode kommt die Einsicht zu spät. Denn dieses Kapitel Eichsfelder Industriegeschichte ist zugeschlagen. Für immer.