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Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 19:28
von tom
Hallo!
Ich brüte jetzt schon länger über einem Grubenriss (Steinkohle, Zeche Hercules, Schacht Katharina in Essen) und verstehe trotz googeln und Forumsuche ein paar Punkte nicht. Wäre super wenn ihr mir helfen könntet!!
Der Grubenriss ist von 1915, hochaufgelöstes Bild gibt es unter (nur einer von mehreren Flözen - Geitling 1 - ist eingezeichnet): <Bild entfernt>
Eine Ausschnitts-Vergrößerung der linken Seite/Mitte des Grubenrisses gibt es unter <Bild entfernt>
Das passende Querprofil gibt es hier (ich habe den Bereich der Ausschnitts-Vergrößerung mit einem orangen Kasten markiert): <Bild entfernt>
Das Gitter-Raster auf dem Grubenriss hat Kantenlänge 100m.
Meine Fragen dazu sind:
1. War die Maßeinheit der Markscheider um 1915 im Ruhrgebiet das Meter oder was anderes?
2. wenn ich mir den Ausschnitt ansehe: mit "rot" war wohl die 1. Sohle eingezeichnet, mit "grün" die 2. Sohle...lese ich so aus dem Querprofil...stimmt das?
3. wenn das stimmt, was bedeuten dann die Zahlen entlang der Stollen, Beispiel, die erste Sohle liegt bei +39 m(?), die 2. Sohle dann typischerweise bei +42-47 m (?), dass verstehe ich aber nicht, die 2. Sohle sollte tiefer sein, ausserdem fällt der Kohleflöz stark ab, d.h. in Richtung diagonal nach rechts unten im Ausschnitt des Grubenrisses liegt das Flöz immer tiefer....oder sind die kleinen Zahlen entlang der Stollen keine Tiefenangaben, evtl. Winkelangaben?? (verzeichnet sind auch noch die Jahreszahlen und Monate des Abbaus)
4. Kennt jemand den Grund warum auf dem Querprofil, die Tiefenangaben nicht an der Oberfläche starten, sondern der Nullpunkt deutlich untertage ist?
Bin total verwirrt und hoffe ihr könnt helfen! Evtl. sind das alles supereinfache Fragen, dann sorry dafür, freue mich trotzdem über Hilfe
Mit Dank und Gruß
Thorsten
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 19:54
von markscheider
Frage 1 wird im zweiten Bild beantwortet: oben ist ein Maßstab aufgetragen, da steht deutlich "100 m" dran. Auf dem Grundriß ist ebenfalls der Maßstab 1:2000 angeschrieben (links oben).
Frage 2: die erste Sohle ist blau, dann kommt rot, grün, violett und gelb. Bei mehr als sechs Sohlen gehts dann wieder von vorn los. Das gilt nicht, wenn (bspw. aus historischen Gründen) bereits eine andere Einteilung besteht. Und das könnte hier der Fall sein, auf dem Grundriß ist an einer grünen Strecke "2. Sohle" vermerkt (R-10730, H-183350).
Frage 3: Aus dem Schnitt geht hervor, daß die II.Sohle bei etwa -100 m liegt, die III. bei -233,8 m. Eine weitere Sohle ist die "obere Wettersohle" bei +8,79 m.
Frage 4: Vermutlich sind hier NN-Höhen angegeben oder aber der Höhennullpunkt der Zeche liegt irgendwo außerhalb, evtl. an einem Stollnmundloch. Hier hilft nur ein Blick in die Geschichte der Zeche.
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 20:05
von Zwerg aus Essen
Ist die Zeche Hercules heutige Zeche Carl in Altenessen?
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 20:22
von markscheider
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 20:27
von Zwerg aus Essen
Hat sich erledigt. Das ist was anderes.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeche_Carl
Sorry...
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 20:28
von Jörn
Ergänzung zu Uwes Ausführungen:
zu 2: Jaja, unsere lieben Sohlenfarben
Als Beflissene haben wir uns das mit dem Merksatz "
Bei
Ruhrkohle
Gibt's
Viel
Geld" - Blau-Rot-Grün-Veil-Gelb - gemerkt.
Die Sohlenfarben wurden aber erst später so definiert. Jetzt habe ich die Scans meiner Musterblätter natürlich nicht bei der Hand, aber Onkel Mintrop (1916) meint:
Stollensohle: karminrot
1. Tiefbausohle: preußischblau
2. zinnoerrot
3. hellgrün
4. braun
5. gelb
6. preußischgrün
7. magenta
8. rotbraun
9. preußischblau
10. zinnoberrot
usw.
Im vorliegenden Riss ist die 1. Sohle hellgrün und die 2. Sohle braun, was auf weiteren Sohle oberhalb der 1. Sohle hindeutet. Alles kann, nichts muss... => die obere Wettersohle ist blau gezeichnet, was passen würde.
zu 3. die Zahlen mit den kleinen Pfeilen stellen vermutlich das Einfallen des Kohleflözes dar. Ferner sind die Auffahrungsstände (MonatMonat/JahrJahr) vermerkt.
zu 4. Die Höhe bezieht sich immer auf Normal Null. Grund ist z.B. die Bodensenkung beim Kohlenabbau. Manche Bereiche vom Ruhrgebiet wurden so knapp 30 m abgesenkt.
Darf ich rein interessenhalber mal fragen, wo das Grubenbild herkommt?
Glückauf
Jörn
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 21:14
von tom
vielen Dank für die schnellen Antworten!
Läßt sich denn für die grün eingezeichneten Sohlen in der Ausschnittsvergrößerung irgendwo die tatsächliche Tiefe ablesen? Die Zahlen die markscheider aus dem Querprofil entnommen hat, beziehen sich m.E. nur auf Königin Elisabeth (linke Hälfte des Querprofils), nicht auf Hercules (rechte Hälfte Querprofil mit "oranger Box")...oder liege ich da falsch?
Die Risse sind von der Stadt Essen, warum fragst du - Jan?
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 21:27
von markscheider
Der Seigerriß ist übergreifend, sonst hätte man für das Feld Hercules einen anderen Höhenbezug eingezeichnet.
Was die Höhenangaben anbelangt - ich sehe diese (in blau, +37,xx) nur bei der roten Sohle. Richtig lesen kann ich sie nicht, entweder ist Dein Bild zu schlecht oder meine Augen werden alt. Wenn Du nicht irgendwo auf dem Riß eine Höhenzahl entdeckst, die klar der grünen Sohle zugeordnet werden kann, dann bleibt noch die Möglichkeit, die Höhe in etwa über horizontale Entfernung und das angegebene Einfallen der roten Sohle zu berechnen.
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 21:44
von tom
wow, ihr habt mir schon sehr weitergeholfen!
So ganz durchdrungen habe ich es aber leider noch nicht, deswegen noch eine weitere Frage:
In den Archiven für diese Region gibt es neben den Querprofilen auschließlich sogenannte "Specialgrundrisse" für einzelne(!) Flöze, der oben verlinkte Grubenriss ist deswegen wohl kein 'echter' sondern nur ein Grubenriss für Flöz Geitling, (einer von 4 abbauwürdigen Flözen vor Ort)....war das im Ruhrbergbau so üblich? Mit diesen Specialgrundrissen ist est total schwierig einen gesamten Überblick über den Grubenbau zu bekommen, Ich habe 11 Specialgrundrise von genau dieser Region, aber alle beziehen sich immer nur auf bestimmte Flöze....
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Do. 09. Jun 11 22:27
von Jörn
Richtig, die Höhneangaben sind blau; ferner sind sie durch "+" oder "-" zu erkennen. Du kannst Sie auf dem Original-Riß mit einem Maßstab bzw. einem Lineal + Umrechnung hinreichend genau abreifen.
Aus dem Riß geht hervor, dass das Flöz Gleitling im Feld Herr Kulles damals noch nicht aufgeschlossen war: Das Flöz ist da, wo die Örter im Spezialgrundriß enden, gestört. Machen wir uns nix vor: 0,35 m Kohle + 0,35 m Berge + 0,22 m Kohle ist nicht gerade der Hit (auch wenn die Graf-Wittekinder jetzt auf mich einschlagen werden
)
Glückauf
Jörn
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Sa. 24. Dez 11 19:00
von Kumpel Thomas
Auf und Frohe Weihnachten,
Thorsten ich möchte mal kurz meinen Senf dazu geben.
Die Zeche Carl liegt an der Altenessener Straße und die + Meter auf Deinem Riss kann tatsächlich
sein,da die Zechen ganz alt sind, und teilweise die ersten Flöze fast an der Rasenhängebank waren.
Man ist teilweise erst waagrecht in einen Stollen eingefahren und hat später die Fördergerüste erstellt als es in die Teufe ging 100 m abwärts und vieles mehr.
Bin ein Kind Prosper-Haniels und bin Ex-Bergmechaniker ,habe aber Kernbohrung durchgeführt und hatte mit den Geologen zu tun.
glückauf Kumpel Thomas...........
Re: Brauche Hilfe bei Grubenriss (Ruhrgebiet)
Verfasst: Di. 27. Dez 11 11:58
von Willy
In den Archiven für diese Region gibt es neben den Querprofilen auschließlich sogenannte "Specialgrundrisse" für einzelne(!) Flöze, der oben verlinkte Grubenriss ist deswegen wohl kein 'echter' sondern nur ein Grubenriss für Flöz Geitling, (einer von 4 abbauwürdigen Flözen vor Ort)....war das im Ruhrbergbau so üblich? Mit diesen Specialgrundrissen ist est total schwierig einen gesamten Überblick über den Grubenbau zu bekommen, Ich habe 11 Specialgrundrise von genau dieser Region, aber alle beziehen sich immer nur auf bestimmte Flöze....
Diese Darstellungsart war (ist) nicht nur im Rurbergbau so üblich, sondern es war generell die einzige Möglichkeit eine vernünftige Dokumentation der Grubenbaue zu gewährleisten. Du siehst ja welche Informationsvielfalt auf den Rissen dargestellt ist. Stell dir doch mal vor, alle bauwürdigen Flöze wären in einem einzigen Grundriss gezeichnet. Wer soll denn das Erstens: Zeichen und Zweitens: 100jahre später lesen?
....
Generell wird bis heute das analoge Risswerk in Form von Grundrissen, Aufrissen und Flachrissen dargestellt. Die Grundrisse sind immer Projektionen in eine horizontale Ebene und werden je nach Bedarf und Lagerstättenart spezialisiert. Hier bei uns im Erzgebirge sind horizontale Teilungen (nach Tiefenstufen) üblich, also Tagerisse und Sohlengrundrisse und Saigerrisse. Da sich der Bergbau hier meist nur auf einem Erzgang in Richtung Erdmittelpunkt entwickelt, und im Grubenbild alles übereinander auf einem Haufen liegt. Die meisten Informationen über die Lagerstätten sind hier in den Saiger- und Kreuzrissen(Querprofile) enthalten.
Im Kohlebergbau sind Einteilungen nach Lagerstätten üblich (das sind dann wohl die Spezialgrundrisse), da sich der Bergbau eher in die Fläche entwickelt als in die Tiefe und viele Lagerstätten übereinander liegen. Daher sind die meisten Informationen auf den Grundrissen verzeichnet. So haben sich dann Tagerisse, Abbaugrundrisse, Gewinnungsgrundrisse getrennt nach Flözen üblich. Würde man hier eine stoische Einteilung nach Höhenniveaus vornehmen, gäbe das ein Durcheinander ohne Gleichen. Das einzige was hin und wieder lagerstättenübergreifend dargestellt wird, sind meines Wissens nach die Ausrichtungstrecken (Schächte, Stolln, Strecken, Querschläge) ohne Darstellung von Kopf und Fußstrecken oder Streben und Bruchbaufeldern (ähmm...Tschuldigung....ich meine natürlich Selbstversatz-Felder).
Für die markscheiderische Betriebskontrolle gibt es sicher auch noch Flachrisse, die Projektionsebene ist hier das Flöz. Diese Flachrisse sind bei der Mengenberechnung sehr hilfreich, weil hier alle Längen unverzerrt dargestellt sind. Nachteil ist natürlich bei einem so stark mit Satteln und Mulden geprägten Flöz die lagemäßige Zuordnung, denn die stimmt naturgemäß überhaupt nicht.
Das einfachste was man machen kann um einen Gesamtüberblick über das Grubengebäude zu bekommen, ist, alles auf Folie ausdrucken und übereinanderlegen.... oder alles via CAD- digitalisiert darzustellen.