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Was ist das?

Verfasst: So. 13. Mai 07 14:57
von Falafel
Mal eine Frage an die Bergbaufreunde, die im Gegensatz zu mir etwas von Bergbau verstehen:
In Freiberg gibt es ein Portal von ca. 1520 mit einem Relief (eine der ältesten bergbaulichen Szenen in Sachsen). Der "Onkel" im Zentrum zieht einen Hunt und hat etwas in der linken Hand - aber was???? Für gute Ideen wäre ich dankbar!

Glück Auf!
Stephan

Verfasst: So. 13. Mai 07 16:35
von Nobi
Gibt es da nix drüber im Freiberger Stadt- und Bergbaumuseum, wo die originalen Teile aufbewahrt werden?

Der "Onkel" scheint ja dem Hauer irgendwas zu bringen. Es schaut ja aus wie ein Weizenbierglas aber ich denke, dass haben die Sachsen schon damals nicht gemocht :D

Verfasst: So. 13. Mai 07 16:56
von kapl
Es sieht schon nach einer Gabe aus. Nur für wen und was?

Verfasst: So. 13. Mai 07 17:26
von Falafel
1. Im Bergbaumuseum gibt's da nix drüber
2. Weizenbier trinken sächsische Häuer nicht - die mögen was ordentliches :D
3. Ein Getränk kann es nicht sein, denn Trinkgefäße dieser Zeit sahen einfach anders aus (zumal das Teil oben rund ist)

Glück Auf!
Stephan

Verfasst: So. 13. Mai 07 19:46
von alterbergbau.de
gibts das relief noch in größer? ich hab auf den ersten blick gedacht, das ist ein mohr mit einem kelch kakao :D

was steht denn auf dem wagen, sieht aus wie 2 toepfe mit mittagessen

Verfasst: So. 13. Mai 07 19:49
von kapl
Das stimmt. Das Gesamtrelief etwas größer würde sicherlich weiterhelfen!

Verfasst: So. 13. Mai 07 20:49
von Falafel
Hier noch ein anderer Ausschnitt:

Verfasst: So. 13. Mai 07 21:04
von Falk Meyer
kann das ne art fackel sein?? als geleucht??

Verfasst: So. 13. Mai 07 21:25
von Andi-P
Hallo,
vielleicht ist es ein Vorratsgefäß für Lampenöl?
Im dem Hunt den er zieht scheinen sich ja auch irgendwelche Gefäße zu befinden.

Andi

Verfasst: So. 13. Mai 07 21:42
von digger_Martin
Bei dem Gegenstand handelt es sich um ein Keulenglas, d.h. eine Trinkglasform aus dem 16. Jh. Über den Inhalt kann nur spekuliert werden.

Glückauf,
Martin

Verfasst: So. 13. Mai 07 21:48
von Falafel
@Martin: Es ist aber oben rund / halbkuglig, also scheinbar nicht offen! Zum anderen scheint mir so ein "edles" Gefäß für den u. T. Gebrauch denkbar ungeeignet.
Glück Auf!
Stephan

Verfasst: So. 13. Mai 07 22:04
von Falk Meyer
von welchem haus stammt denn das kunstwerk?? kann man vielleicht aus der bedeutung des hauses rückschlüsse ziehen?

Verfasst: So. 13. Mai 07 22:51
von alterbergbau.de
also ich find den punkt mit dem lampenöl interressant, aber ich denke doch, der "hundsläufer" unterscheidet sich so sehr von den anderen Bergleuten.

Wie eine Frau mit Kopftuch? Die Frau bringt dem Bergmann das Essen.

einer der Töpfe hat einen Henkel!, das andere scheint ein Teller zu sein.

Wer zieht denn einen "Hund" (der hier auch noch so niedrige Seitenwände hat) mit einer Leine?

für einen kelch spricht, das das gefäss hoch gehalten wird, um den inhalt nicht zu verschütten.

für eine lampe spricht, das der kelch so hochgehalten wird, dass das licht den weg beleuchtet.Könnte ja auch ein Glas mit Licht sein, hab aber noch nie davon gelesen.

Verfasst: So. 13. Mai 07 23:27
von Marcel Normann
Scheint so, als seien im "Hunt" noch mehr Töpferwaren. Mobile Kantine? Die Dargestellten sehen für meine Begriffe auch alle ziemlich gut genährt aus.

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 7:10
von Nobi
Falk Meyer hat geschrieben:von welchem haus stammt denn das kunstwerk?? kann man vielleicht aus der bedeutung des hauses rückschlüsse ziehen?
Obermarkt 17 in Freiberg

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 8:36
von digger_Martin
@Stephan: Das sieht für mich auf dem Bild nicht wirklich geschlossen aus. Wie ist das ganze auf dem Original im Museum dargestellt? Die UT-Tauglichkeit eines Glases ist noch ein anderes Problem. Dabei dürfte hier aber auch die Frage eine Rolle spielen, was mit der Darstellung beabsichtigt war bzw. was für Aussage gemacht werden sollte. Zumindest Keramikgefäße (Töpfe, Grapen etc.) finden sich ab und an in Grubenbauen des 16. Jhs.

Glückauf,
Martin

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 11:18
von MichaP
ich würde es auch für denkbar halten, das es da mehr um eine eindeutige symbolik ging und nicht die darstellung der realität.
allerdings wundert mich die "essen auf räder" vorstellung... was weiß man dazu?

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 11:31
von kapl
Welche Abgaben mussten zu dieser Zeit von einem Bergmann geleistet werden? Kann es ein Anteil sein?
Oder eine Schenkung? War jemand prominentes zu der Zeit in Freiberg?

Ich würde das Bild und die Frage an den Herrn Slotta schicken!

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 17:34
von Marcel Normann
MichaP hat geschrieben:ich würde es auch für denkbar halten, das es da mehr um eine eindeutige symbolik ging und nicht die darstellung der realität.
allerdings wundert mich die "essen auf räder" vorstellung... was weiß man dazu?
Daß der Schwerpunkt auf der Symbolik und nicht auf der realitätsgetreuen Abbildung liegt, ist bei der mittealterlichen Kunst ja durchaus üblich. Wobei man streiten kann, ob das Jahr 1520 noch zum Mittelalter zu zählen ist.

Da es sich augenscheinlich um die Ausschmückung eines repräsentativen Baus handelt, liegt IMHO die Darstellung von Wohlstand in Form von wohlgenährten Bergleuten nicht allzu fern.

Gruß, Marcel

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 18:21
von Falafel
@ Martin: Die Kopie entspricht dem Original (selbst die Aufteilung der Sandsteine wurde übernommen). Vom Bildaufbau ist die künstlerische Nähe zum Annaberger Bergaltar offensichtlich. Die Sache mit der Keramik stimmt natürlich. In FG tritt Keramik teilweise sogar ziemlich häufig auf, allerdings meist in jüngeren Bauen (ab ca. 1700), aber auch im 16. Jh..

Mir scheint das Relief auch nicht allzusehr von Allegorien behafftet (das kommt dann eher im Barock) sondern - wie Annaberg - ziemlich realitätsnah.
Die These von der "Pausenversorgung" drängt sich irgenwie immer wieder auf, aber mir will es nicht in den Kopf, daß eine solche Sache in einer representativen Darstellung abgebildet wurde, und dazu noch so zentral!
Die Sache mit dem Lampenöl halte ich auch für unwahrscheinlich, weil in dieser Zeit Fettgeleucht (Unschlitt) verwendet wurde.
Über die Geschichte des Hauses werden wir sicher auch nicht weiterkommen (ich glaube, die damaligen Eigentümer waren Kaufleute, aber ich schau noch mal nach!).

Glück Auf!
Stephan

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 19:16
von Petra_S.
Für mich sieht das auch so aus, als würde da Jemand dem arbeitendem Hauer eine "kleine Stärkung" in Form eines nahrhaften Getränkes (Bier?) oder einer Art Suppe / Eintopf bringen. Wohl wirklich so eine frühe Art "Kantine auf Rädern".
Aber warum befinden sich auf dem Wagen, der hinterher gezogen wird, verschiedene Töpferwaren? Vielleicht sind es Essens- Getränkebehältnisse.

Oder ist es ein Verkäufer, der Lampenöl oder Unschlitt an die Bergmänner verkauft??

:? :? :? :?

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 19:56
von alterbergbau.de
das Haus der

Kaufleute = Händler = Konsum ?

Die Kaufleute, welche die Bergleute mit Nahrung und dergleichen versorgen?

Dann wäre doch klar, was die mit diesem Bild darstellen wollen.

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 19:59
von Andi-P
eine sehr stark vereinfachte Darstellung einer Babarastatue ist es wohl auch nicht oder? das würde zumindest die zentrale Stellung im Bild erklären.

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 20:36
von Falafel
Hier noch ein Link zum Gebäude:
http://www.gupf.tu-freiberg.de/freiberg ... kt_17.html

Glück Auf!
Stephan

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 20:36
von digger_Martin
@ Stephan: Mir ging es bei dem Vergleich Original-Kopie vor allem um das Glas. Der Teufel steckt eben im Detail und ich habe das Original leider nicht mehr so gut in Erinnerung. Den Realitätsgehalt kannst Du natürlich besser beurteilen, da Du die Befunde und Funde vor Ort in- und auswendig kennst. Ich habe ähnliche Erfahrungen mit den Bergbaudarstellungen des 14. Jhs. in den Fenstern des Freiburger Münsters, die im übrigen auch sehr realitätsnah sind.
Wie steht es mit der Beteiligung der Besitzer des Hauses am Bergbau? Gibt es dazu irgendwelche Informationen in den Büchern zum Baudenkmalbestand der Stadt Freiberg bzw. in den Archiven? In welcher Weise haben sie sich eventuell engagiert? Das Tympanon lässt ja durchaus auf eine Verbindung zum Bergbau schließen. Ohne Grund wird ein Kaufmann wohl kaum diese Ausgestaltung gewählt haben, vor allem bei der zeitgenössischen, in der Regel negativ beurteilten direkten Beteiligung am Bergbau.

@ Petra: Die Töpferwaren könnten durchaus auf den Transport von Speisen oder Flüssigkeiten hindeuten. Das kann zumindest aus zeitgenössischen Darstellungen und den Haushalts- und Kochbüchern des 16. Jhs. geschlossen werden. Bei einigen Gefäßen sind auch andere Verwendungen denkbar. Die Darstellung auf dem Tympanon dürfte aber durchaus mit dem Transport einer Stärkung für den Hauer zu tun haben. Es gibt aber immer noch zu wenige montanarchäologische Untersuchungen, die hier mehr Aufschluss bringen könnten. Die Schriftquellen schweigen ja leider mal wieder.

Glückauf,
Martin

Verfasst: Mo. 14. Mai 07 21:14
von Falafel
Noch kurz, was ich auf die Schnelle über den Bauherrn gefunden habe:
Georg (Jorg) Lißkirchner erwirbt, aus Regensburg stammend, 1525 das Bürgerrecht. 1527 tritt er als Ratsherr, 1530 als Stadtrichter auf. 1546 hat er lt. Steuerregister ein Vermögen von 6000 fl. und ist damit zweitreichter Bürger Freibergs. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, daß er zumindest einen Teil seines Vermögens als Gewerke am Bergbau verdient hat. Allerdings war in der ersten Hälfte des 16. Jh. Bergbau und Bergbaudarstellungen in Freiberg "Mode", denn gerade in diesem Zeitraum hat es hier tüchtig "gebrummt". Nicht jeder, der etwas in dieser Richtung schaffen ließ, hatte also direkten Bezug zum Bergbau.

Glück Auf!
Stephan

Verfasst: Di. 15. Mai 07 5:55
von digger_Martin
Ist etwas über die geschäftlichen Aktivitäten in Regensburg und Freiberg bekannt? Teilweise haben es Kaufleute vermieden, sich als Gewerken direkt am Bergbau zu beteiligen, gerade im 16. Jh.

Glückauf,
Martin

Verfasst: Di. 15. Mai 07 18:11
von Roby
Regensburg war damals ein großes Handelszentrum, daß Beziehungen bis in die fernsten Länder hatte.
Vielleicht hat er sein Geld erst mit dem Eisenhandel verdient. Zu der Zeit war die Oberpfalz das "Ruhrgebiet des Mittelalters" und er wollte dann mit Silber noch mehr Geld machen ...

Glück auf!
Roby

Verfasst: Do. 17. Mai 07 20:50
von digger_Martin
Vielfach ist eine mittelbare Beteiligung der Kaufleute am Bergbau zu beobachten, z.B. über Pfandinhaberschaft. Der bekannteste Fall sind die Fugger. Beispiele lassen sich aber auch schon im Spätmittelalter finden. Daneben brauchten die Bergbaubetriebe natürlich auch Betriebsmittel und andere Versorgungsgüter. Diese Geschäfte waren wesentlich weniger risikoreich als eine direkte Beteiligung als Gewerke. Was den Metallhandel in Regensburg angeht, sind ersteinmal Recherchen notwendig. Es geht hier schließlich nicht mehr um das Mittelalter, sondern um die frühe Neuzeit. Gerade in 16. Jh. gab es auch in Regionen mit Bergbau zahlreiche Rechtsstreitigkeiten zwischen Städten und Bergwerksverwandten/Bergrichtern u.a. auch wegen der Metalle. Das ganze ist eine spannende Sache und ich kann nur wünschen, dass es zu Konflikten gekommen ist und die Dokumente erhalten geblieben sind. Erfahrungsgemäß enthalten sie vielfältige Informationen.

Glückauf,
Martin

Verfasst: Sa. 19. Mai 07 23:19
von Fahrsteiger
Ich hoffe dass, auch wenn ich mehr in Russland weile, ich noch nicht jeglichen Bezug zur Realität und zum alten Bergbau verloren habe. Der Mann auf dem Relief ist doch wohl eindeutig Bergmann. Er trägt Knieschoner und das unverzichtbare Arschleder. Was er hinter sich her zieht scheint eine Schleppbahn für eine Schubkarre oder einen Spurnagelhunt zu sein. Den Pott in der Hand deutet ich als " künstlerische Freuheit ".
Glück Auf
Horst