bis 12. Juni 2007
Ausstellung "Der Wolkenmacher. Mein Vater auf Kokerei Zollverein." Fotografien von Karlheinz Jardner.
Die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur präsentiert in der Mischanlage der Kokerei Zollverein in Essen die Ausstellung "Der Wolkenmacher. Mein Vater auf Kokerei Zollverein." Gezeigt werden großformatige Werke des Fotografen Karlheinz Jardner aus dem Jahre 1983, als die Kokerei noch richtig viel Koks machte. Die Fotografien laden die Besucher ein, mit dem "Wolkenmacher" Jardner, Otto, Nummer 8211 auf Schicht zu gehen...
Ein Blick in die Löschgleishalle und schon ist man mittendrin, spürt die Glut der Öfen, hört förmlich das Wasser zischen, das auf glühende Koksmassen prasselt und sieht eine riesige Wasserdampfwolke aus dem Löschturm aufsteigen. 70.000 Liter werden gebraucht um die Glut einer einzigen 20 Tonnen schweren Koksladung zu löschen. Vorsichtig nimmt Otto Jardner auf Funkruf Ladung für Ladung aus den Öfen entgegen, fährt dabei immer ganz langsam an, damit der glühende Koks stets in den Löschwagen und nicht aufs Maschinengleis fällt. Nach dem Löschen lässt er den Koks abtropfen und fährt ihn zurück, kippt die Ladung schließlich zum Auskühlen auf eine Rampe. Der nächste Löschvorgang kann beginnen. Pro Schicht transportiert Otto Jardner circa 40 Chargen Koks zum Löschturm, um zusammen mit zwei weiteren, parallel arbeitenden Kollegen in acht Stunden über 120 Mal "Wolken zu machen".
Die Bilderserie dokumentiert ausführlich das Tagewerk eines einzelnen "kleinen" Arbeiters im großen "Räderwerk" der Kokerei und veranschaulicht das Thema Mensch - Maschine - Arbeit auf eine sehr persönliche Weise, die von der Vater-Sohn-Beziehung lebt. Die Vertrautheit von Fotograf und Porträtiertem ist stets spürbar, sie bringt den Betrachterinnen und Betrachtern die Bilder ganz nahe, macht unwirtlich erscheinende Industrieräume als selbstverständliche und alltägliche Gegebenheiten erfahrbar und lässt dabei die riesige Maschine und die Schwere der Arbeit ein wenig vergessen. Hier wird nicht nur der Kokerei-Maschinist ins Blickfeld gerückt, sondern zugleich der Mensch Otto Jardner und vor allem der Vater, der seinem Sohn selbstbewusst Einblicke in seinen mühevollen Arbeitsalltag gewährt.
Die Fotografien von Karlheinz Jardner entstanden 1983 an der Folkwangschule in Essen im Rahmen des Seminars 'Ortserkundung Ruhrgebiet' unter der Leitung des auf Zollverein ansässigen Künstlers Thomas Rother. Insbesondere für die heutige Eigentümerin der Kokerei, die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, sind die Aufnahmen ein historisches Erbe von großer Bedeutung. Ein vergleichbarer Fundus, der so detaillierte Einblicke in einen Arbeitsplatz auf der Kokerei Zollverein gewährt, ist Ursula Mehrfeld nicht bekannt. Die Geschäftsführerin der Stiftung
Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur äußert sich deshalb hoch erfreut über die Wiederentdeckung der Kokereifotos und ist Karlheinz Jardner sehr dankbar dafür, dass er die Bilder an den Ort ihrer Entstehung zurückgebracht hat. Dankbar ist Ursula Mehrfeld aber auch dem Ministerium für Bauen und Verkehr, das durch die finanzielle Förderung nicht nur die Ausstellung, sondern auch den Druck der begleitenden Broschüre ermöglichte.
Für den Fotografen Karlheinz Jardner schließt sich mit der Ausstellung ein Kreis, denn für ihn haben "die Bilder heute, 2007, eine andere Bedeutung. Sie dokumentieren ein Stück Familien- wie auch Industriegeschichte im Ruhrgebiet und machen den Wandel der Strukturen erfahrbar. Der historische Ort der "Schweren Arbeit" ist Weltkulturerbe geworden."
Zur Ausstellung erscheint eine 64 Seiten umfassende Broschüre, die im Infopunkt der Kokerei Zollverein für eine Schutzgebühr von 0,50 EUR erworben werden kann.
Öffnungszeiten:
Di - So 12.00 - 18.00 Uhr, Eintritt frei
Ort:
Kokerei Zollverein (Areal C)
Arendahls Wiese, 45141 Essen