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Ein Bergwerk für kleine Kumpel
Mockauer Kindertagesstätte Fröbelchen zeigt, wo die Kohle herkommt
Ein Bergmann darf nicht zimperlich sein. „Das ist schmutzig, ich fass das nicht mehr an“, erklärt Loris (6) nach seinem Kontakt mit einem Stück Rohkohle, einem schmierigen schwarzen Klumpen von der Größe eines Brotes. Das handliche Brikett gefällt den Kindern schon besser, auch ein Stück versteinertes Holz wird interessiert bestaunt. Im Integrationskindergarten Fröbelchen in Mockau bereitet sich die Arbeitsgemeinschaft Bergbau zum Einfahren in den Friedrichstollen vor. Die Kita verfügt als einzige Deutschlands über ein Kinderbergwerk: Einen kleinen Hügel mit Schacht und Stollen, an dem Kindergartenleiter Matthias Haring die Grundzüge des Bergarbeiterwesens erfahrbar macht.
Heute soll Kohle gefördert werden. Wozu die gut ist, wissen die acht Knirpse schon. „Man braucht das zum Feuermachen“, weiß Etienne. Haring nickt. „Und wozu noch?“, fragt er und knipst das Licht aus. Danach erklärt er, dass Strom aus der Kohle kommt, ohne den es kein elektrisches Licht gibt. Zur Demonstration zündet er zwei Kerzen an einem Holzleuchter an. „Ist das schön“, flüstert eine Kinderstimme. Doch um Helme und Werkzeug zu finden, ist es jetzt zu dunkel. Also wird das Licht wieder angeknipst, die Helme werden aufgesetzt, zwei kleine Hammer gegriffen und los geht es. Mit dem Bergmannsgruß â€žGlück auf“ machen sich die Kinder an die Arbeit.
Ursprünglich war der Friedrichstollen nur ein Erdhügel auf dem Gelände des freien Trägers Fröbel Leipzig gGmbH, ein Rodelberg, im Sommer ein brauner Schandfleck, der gestaltet werden sollte. Eines der vorgeschlagenen Konzepte trug den Titel Bergwerk, eine Art Spielhöhle, erzählt Haring. „Da dachten wir, wenn schon Bergwerk, dann aber richtig.“ Die Technische Universität Clausthal-Zellerfeld spendierte Grubenlicht, die Bergakademie Freiberg bot eine Führung für die Betreuer an, um sie für die Fragen der Kinder fit zu machen. Im Mai 2005 fuhr die erste Gruppe in den Stollen ein. „Wir leben in einer Bergbauregion, und haben Kontakte zu den Firmen“, begründet Haring das Angebot, dank dessen sich die Kita jetzt auch als „erster Montankindergarten Deutschlands“ bezeichnet.
Vermischt mit Ton und Abraumstücken stehen die Klumpen eingemauert in einer Kiste im Schacht. Die Kinder klopfen sie aus dem Lehm, Jara (6) zieht sie den Schacht hinauf, Jonas (5) und Celina (4) transportieren sie an einer Rutsche den Hügel hinunter, wo sie zerkleinert werden. Loris und Justin bedienen die Pumpe an der Erzwaschanlage. Die ist für die Kohle eigentlich nicht nötig, aber „wir können ja auch die Kohle waschen, damit sie nicht mehr so schmutzig ist“, überlegt Loris.
„Die Kinder wollen selbst etwas leisten“, erläutert Haring, und beruft sich dabei auf das pädagogische Konzept Friedrich Fröbels, Namensgeber des Trägers und des Kinderbergwerks. „Sie lernen, Kohle, Lehm und andere Materialien zu unterscheiden und eignen sich spielerisch einen Fachwortschatz an.“ In der Schule seien diese Eindrücke dann bereits abrufbar. „Das Interesse wird jetzt geweckt, das ist wie mit einer Modelleisenbahn.“ So kann einer der Knirpse schon grob einen Stromkreislauf erklären. „Man unterschätzt Kinder immer“, findet Haring. Cornelia Kästner
Quelle: Leipziger Volkszeitung, 27.10.2006