Leopold Bleibtreu und der Berggeist
Leopold Bleibtreu leitete ab 1799 als Berginspektor, bald als Bergmeister, die Rheinbreitbacher Kupfer-Bergwerke St.Marienberg, Virneberg und die kleinere Grube Carlsglück. Er wohnte einige Jahre in der gepachteten Unteren Burg. In seinen Lebenserinnerungen findet sich eine schöne Geschichte aus der damaligen Zeit.
„Nach meiner Gewohnheit zuweilen nach der Reveille um halbdrei Uhr Morgens die Gruben zu besuchen, ging ich einst in einer von Mondschein erhellten Winternacht nach dem Carlsglücker-Stollen.
Ich erstieg das Gebirge und gelangte über die Breite Heide wandernd und die Schlucht herabgehend vor dem Stollenmundloch an. Schauerlich sauste der Wind in dem dürren Laube der nahestehenden Bäume und Sträucher, ferne auf dem Virneberger Zechenhaus verhallte das Gebelle des wachsamen Hundes, und finstere Nacht verbarg den inneren Stollen, an dessen Gezimmer am Stollenmundloch ich mich sorglos anlehnte, in meinem Mantel mich hüllte und mich auf den Säbel stützte, als plötzlich von der inneren Stollenmündung her, aus weiter Ferne ein Getöse sich mir nahte, ähnlich der Reibung eines Laufkarren-Rades auf den Bohlen der Stollensohle. Ei, dachte ich, so sind ja die Bergleute schon angefahren, doch vergebens suchte mein Auge den Schimmer des blassen Grubenlichts, die vermeintlichen Laufkarren kamen mir in ihrem unverkennbaren Getöse der Reibung auf den Bohlen immer näher, zuletzt so nahe, daß der Karrenläufer hätte lebendig vor mir stehen müssen, als plötzlich das Geräusch in einem ziehenden Wind sich verwandelnd durch die Wasserröhre des Stollens unter meinen Füßen durchzog und sich in dem sausenden Wind des Gesträuches verlor, von welchem die dürren Blätter in ihrem rauschenden Abwehen melancholisch in diese mir unerklärbare Naturerscheinung einstimmten, welche nach ihrem soeben beschriebenen Vorübergang einen eiskalten Schauer in mir erweckte.
Nur wenige Augenblicke nachher kamen die anfahrenden Bergleute – es waren der Gedinghäuer Hembach und ein Karrenläufer – den Berg herunter, und als wir uns „beglückauft“ hatten, war meine Äußerung: „ich glaubte, ihr befändet Euch schon im Stollen, nach dem Geräusch der Laufkarren.“ „Heh, heh!“ antwortete Hembach, „haben Sie das auch einmal gehört, das Karrenlaufen!“ und nun erzählte er mir, wie er und sein Schlägergeselle Peter Westhofen zuweilen mit ihrem Karrenläufer diese Anmeldung des Berggeistes – denn nichts Anderes, als der im Glauben der Bergleute feststehende Herr Kabutzer oder Schieferling sollte es gewesen sein – deutlich wie ich, vernommen hätten.“ Bei der Befahrung des Stollens fand sich alles in Ordnung und blieb die merkwürdige, wohl auf Ausströmen von Gasen und Wasser zurückzuführende Erscheinung, die von den Bergleuten im unerschütterlichen Glauben für das Wirken des Berggeistes angesehen wurde, unerklärt.“
Anmerkungen:
Das Bergwerk Carlsglück befand sich ca. 300m nordwestlich des Virnebergs bei Rheinbreitbach (Siebengebirge, Nähe Bonn). An der Grube waren 1805 ca. 10–12 Bergleute beschäftigt. Es bestand aus den um die 50m tiefen Schächten Leopold-Schacht, Tag- u.Förderschacht, sowie dem etwa 300m langen Abrahamstollen (oder Carlsglücker-Stollen) aus einem von Nord nach Süd verlaufendem Seitental. Bei der Namensgebung standen Carl Bleibtreu und seine beiden Söhne Leopold und Abraham Pate. Die Kupfererzvorkommen, ein Nebengang des Virnebergs, wurden etwa um 1800 entdeckt. Wie lange die Grube betrieben wurde ist nicht genau bekannt. Die Bleibtreus zogen sich vor 1820 von Virneberg, bzw. 1830 St.Marienberg zurück und widmeten sich dem Braunkohleabbau und der Allaungewinnung bei Bonn/Oberkassel. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Grube Carlsglück mit St.Josephsberg konsoludiert (vereinigt).
Zu Beginn des 19.Jahrhunderts wurde zum Wecken um 2 Uhr Morgens die Trommel gerührt (Reveille). Um 3.30 Uhr waren die Bergleute an der Grube, fuhren ein und begannen um 4 Uhr mit der 8-stündigen Frühschicht bis Mittag. Es folgten dann die ebenfalls 8-stündige Tagschicht und die Nachtschicht.
Leopold Bleibtreu trug eine von ihm selbst entworfene schwarzgrüne Bergmannsuniform mit besonderen Abzeichen und einem Säbel. Für die Knappschaft führte er ebenfalls die neuen Uniformen, medizinische Versorgung und eine Kasse für Notfälle ein.
Quellen:
Paul Overbeck, Bleibtreu Familien-Chronik, Bonn 1886
Dr. Max Muß, Leopold Bleibtreu Biographie, Essen 1920
Ferdinand Wurzer, Taschenbuch zur Bereisung des Siebengebirges, Köln 1805
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Leopold Bleibtreu und der Berggeist
Bergmeister Bleibtreu bevorzugte die einheimischen Bergleute, weil „diese wohlfeiler arbeiteten, mehr Ungemach vertragen konnten und bei ihnen der unruhige Geist nicht so vorhanden sei“. (Virneberg um 1805)