Wettertüren im Altbergbau

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Kleinerhungerlieb(†)
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Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von Kleinerhungerlieb(†) »

Vor Kurzen ist uns bei einer Befahrung eine interessante Konstruktion bzw. deren Rest aufgefallen. Im Folgenden versuche ich die Lage vor Ort an Hand der Skizze möglichst genau und wesentlich zu beschreiben, da der Sinn und Zweck nicht eindeutig erkennbar sind.

Wer kann bei diesem Thema weiter helfen oder hat ähnliches bereits gesehen?

Die benannte Konstruktion befindet sich etwa 40m saigere Teufe und 200m in horizontaler Richtung im Berg. Das Alter ist nicht zu ermitteln, da in der Nähe eine Jahreszahl eingeschlagen ist (1730, bergeinwärts), jedoch eine dendrochronologische Untersuchung des Holzes kurz vor der Wetterlenkeinrichtung noch vor 1500 (bergauswärts) liegt. Der Hauptwetterstorm (Sommer) folgt der Hauptstrecke bergeinwärts (sichtbare Vortriebsrichtung), entgegengesetzt der Fließrichtung des Wassers (keine Wasserseige).
In Höhe der gestrichelten Linie ist Tragwerk (Querhölzer) eingebracht, es liegt doppelt, es ist eindeutig von zwei Betriebsperioden auszugehen. Das Tragwerk war wahrscheinlich nicht dicht, somit kann unter dem Tragwerk kein getrennter Wetterstrom (schlechte Wetter) geflossen sein.
Die erste vertikale Sperre ist durchgängig von Firste zu Sohle an beiden Stößen 10cm tief und 10cm breit eingeschlagen, Lettenreste von der Dämmung sind eindeutig zu erkennen. (Könnte es sich um einen Damm gehandelt haben?)
Die zweite vertikale Sperre ist ca.40cm dahinter nur 4cm tief und breit eingeschlagen und endet in Höhe des Tragwerks.
Der hintere Teil Richtung Schacht musste um 1730 für Abbauzwecke (Schießarbeiten) mit frischen Wettern versorgt werden.

Wozu bedurfte es dieser Konstruktion?

Skizze 2:
HW= Hauptwetterstrom
TW= Teilwetterstrom
WLE= Wetterlenkeinrichtung
Knackpunkt ist der Abbau hinter dem Schacht 1730, dort wurde geschossen und dementsprechend frische Wetter benötigt. Es deutet einiges darauf hin, dass der Schacht abgeteuft wurde und nicht von ut nach üt getrieben wurden ist. Die WLE scheint auf dem ersten Blick der Bewetterung aber nicht dienlich gewesen zu sein.
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Zuletzt geändert von Kleinerhungerlieb(†) am Mi. 20. Aug 08 18:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Jörn
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von Jörn »

Könntest Du mal eine GROBE Skizze des Grubengebäudes anhängen, so dass man den Wetterweg nachvollziehen kann, ggf. mit den "Betriebspunkten", wo geschossen wurde? So aus dem ff ist da natürlich wieder viiiiel Spekulatius :keks: möglich...

Jörn
Zuletzt geändert von Jörn am Mi. 20. Aug 08 10:47, insgesamt 1-mal geändert.
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MichaP
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von MichaP »

Interessantes Thema, ich denke aber auch das wir noch mehr infos und fotos brauchen. Im moment kann ich die situation noch nicht wirklich visualisieren.
Glück auf!

Michael
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Nobi
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von Nobi »

die beiden aussparungen werden aber sicherlich miteinander in verbindung stehen und zur selben zeit entstanden sein. kann der zwischenraum zwecks abdichtung/stabilität noch mit irgendwas zusätzlich gefüllt gewesen sein?

ich habe schon eine ganze menge dieser aussparungen gesehen aber noch nie zwei hintereinander. oft waren diese auch nicht ganz bis zur firste hochgehauen. im wolkensteinischen revier haben wir letztens eine gesehen, wo kurz über der sohle in die aussparung für den damm bzw. die wettertür eine art scharnier gehauen wurde.
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von hungerlieb »

Besser habe ich die Situation vorerst nicht.
Skizze folgt.
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von hungerlieb »

ca. 50m bergeinwärts und ca 5m vor dem Wetterführenden Schacht findet man ein ebenfalls unklares "Wettertürkonstrukt" vor.

Bergeinwärts einer "normalen" Wettertür, von der auch noch Spuren erhalten sind, befindet sich eine ca. 0,8m lange, ca. 1m hohe und deutliche Vertiefung im Stoß, jedoch nur einseitig.
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Falafel
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von Falafel »

Ich habe derartige Schlitze mehrfach in Bauen des 16. Jh. auch mit "Füllung" gesehen. Mit quer eingeschobenen Brettern und Lehmabdichtung wurden höhenverstellbare (Halb-)Verspünden gebaut. Beobachtet habe ich solche Schlitze aber auch noch um 18. Jh.
Das würde zumindest auf den linken Schlitz in Deiner Skizze zutreffen. Für den rechten Schlitz liegt tatsächlich eine Wettertür nahe. Es könnte aber auch ein begonnenes Verspünden sein, das wegen irgendwelchen Gründen (Gesteinsfestigkeit ...) nicht fertiggestellt wurde.

Glück Auf!
Stephan
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sehmataler
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von sehmataler »

Also das Grundprinzip zur Bewetterung mundlochferner Blindgrubenbaue ist auf das Saigerrissschema ohne weiteres anwendbar. Ich war mal so frei, die Skizze zu vervollständigen. Die Kombination Wettertür + dicht geschlagenes Tragwerk ist mir aus Berichten vor allem des 18. Jh. bekannt (Annaberger Revier). Würde mich sehr wundern, wenn das hier nicht der Fall gewesen wäre. So was wurde oft vom BA bei Wettermangel vorm Stollnort angewiesen. Voraussetzung war natürlich ein zweiter Tagesgrubenbau mit einer gewissen Niveaudifferenz.
Die abschnittsweise Wetterleitung über die vom oberen Stollnprofil abgetrennte Wassersaige war natürlich nach neuen Durchschlägen oft nicht mehr erforderlich und bei Reko's wurde das Tragwerk nicht mehr dicht geschlagen. Deshalb sieht man oft keine Spuren mehr davon. Übrigens könnte man auch eine Wettertür im gesamten Profil mit einer Luttentour aus Holzröhren kombinieren. Das funktioniert dann auch ohne dicht geschlagenes Tragwerk. Ob das üblich war, kann ich nicht sicher sagen. Ich kenne diese Variante mit Holzlutten nur in Verbindung mit "Wettermaschinen".
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Jörn
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von Jörn »

Die Ausführungen von sehmataler machen Sinn, würde mich dem anschließen. Der in den Skizzen linke von der Firste bis zu Sohle durchgehende Schramm könnte vielleicht dazu dienen, den Bereich HW bei Nicht-Belegung abzudämmen und nur die Betriebspunkte TW zu bewettern. Ob das chronologisch überhaupt Sinn macht, müsste man durch Aktenrecherche herausfinden.

Jörn
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von alterbergbau.de »

Du meinst die Tür ist zusätzlich um die Bewetterung des ganzen hinteren Teiles zu unterbinden ? Je nach Bedarf.

und wenn die tür geöffnet wird, werden die Wetter am boden durch den wetterscheider bis zur Ortsbrust geleitet.
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sehmataler
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Re: Wettertüren im Altbergbau

Beitrag von sehmataler »

Hm, die Bewetterung hinter der Tür zu unterbinden oder zumindestens stark zu drosseln reicht ein simpler Holzdeckel für den Wassersaigenquerschnitt. Dafür braucht es keine zweite Tür.
Mit zweiter Wettertür und offenem Wassersaigen- oder Luttenquerschnitt würde die Konstruktion natürlich dichter.
Bei dem von Firste zur Sohle durchgehenden Schram könnte es sich aber auch um ein Verspünden handeln.
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