Freiberger Protest gegen geplanten Frevel an Beständen des B

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MichaP
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Beitrag von MichaP »

der joe hat mich darauf aufmerksam gemacht:

http://www.archiv.net/isy.net/servlet/b ... ewsid=3406
Freiberg: Ein Angriff auf Kulturerbe
vom: 25.11.2003
Raymond Plache kann es kaum fassen. Mit der Forderung des Landesrechnungshofes den Bestand an Archivgut deutlich zu reduzieren, sieht der Leiter des Bergarchivs Freiberg wertvolle Bestände gefährdet. Er spricht von einem „beispiellosen kulturrevolutionären Angriff auf ein national und international bedeutsames Kulturerbe, das von der sächsischen Verfassung geschützt ist“.
Werden Bestände vernichtet, könnte das nicht nur bei Forschungen, sondern auch bei Arbeiten von Unternehmen fatale Folgen haben, glaubt Plache. Beispiele seien Bergbrüche oder die beim Hochwasser 2002 entstandene Gefährdung des Rothschönberger Stollns. Alte Unterlagen würden helfen die Situation unter Tage nachvollziehbar zu machen, um Maßnahmen einleiten zu können. „Rund 106.000 Karten, Pläne und Risse lagern im Bergarchiv, aus denen der Verlauf der Stolln, Strecken und Schächte, Erzgänge oder Flöze hervorgeht“, erklärt Plache. Der älteste bergmännische Originalriss stammt von 1573, die älteste Karte aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Die empfohlene Reduzierung würde die erst 2002 vom sächsischen Innenministerium vorgelegte Archivkonzeption zu Makulatur machen. Von Bestandserhaltung und Schaffung entsprechender Unterbringungsmöglichkeiten für die Staatsarchive in Dresden, Chemnitz und Freiberg ist da die Rede.

„Natürlich platzt das Bergarchiv mit den zwei Stellen am Fuchsmühlenweg und an der Kirchgasse bei fast fünf Kilometer Akten und Amtsbüchern aus allen Nähten, lagert wertvolles Kulturgut schon in den Gängen. Eine Chance wäre die Unterbringung im Schloss Freudenstein, die zur Zeit geprüft wird“, meint Plache. Die Flut von Neuzugängen in den vergangenen zehn Jahren resultiere daher, dass nach der Wende Übernahmen sowie Sicherungen von archivwürdigem Schriftgut anstanden sind, die sonst erst nach Ablauf der behördlichen Aufbewahrungsfristen bis 2020 an die Staatsarchive gegangen wären.

Hierbei sei die Auswahl nach gleichen wissenschaftlichen Kriterien erfolgt wie bei allen Beständen, so dass es „archivierungsunwürdiges“ Gut, wie es im Rechnungsprüfungsbericht heißt, gar nicht gebe. „Mit den kulturpolitisch wie archiv-wissenschaftlichen absurden Argumentationen des Landesrechnungshofes wird die Kompetenz eines ganzen Berufsstandes, der weltweit nach gleichen wissenschaftlichen Grundsätzen arbeitet, in Zweifel gezogen“, empört sich Plache, der in einem deutschlandweit einmaligen Archiv Sachwalter über schriftliche Überlieferungen der Bergverwaltungen sowie Bergbau- und Montanbetriebe Sachsens ist. Das älteste Dokument des 1968 gegründeten Archivs stammt von 1477.

Vorsichtig zieht Plache einen Ordner aus dem Regal. „Den zehnten Erlass bei der St. Francisci-Zeche zu Platten in Böhmen betreffend“ ist darauf zu lesen, ein Dokument des Oberbergamtes von 1781. Bestände der früheren Oberberg- und Bergämter bilden auch den Kern der staatlichen Überlieferung im Freiberger Archiv. Hinzu kommen rund 72.000 Fotos, gedruckte und handschriftliche Bergordnungen und Chroniken sächsischer Bergstädte.

Pro Jahr zählt das Bergarchiv zwischen 1.200 und 1.600 Benutzungen aus wissenschaftlichen Einrichtungen wie der Bergakademie, aber auch Heimatgeschichtsforscher, Denkmalpfleger und Unternehmen nutzen die Unterlagen. „Die Arbeit der Montanunternehmen im Freiberger Raum, die sich im Geokompetenzzentrum zusammengeschlossen haben, würde bei einer Umsetzung der Rechnungshofempfehlungen behindert“, ärgert sich der Chef des Bergarchivs. Unterstützung erhalten die Archive aus dem Innenministerium. An der bisherigen Konzeption nämlich soll laut Joachim Anlauf von der Pressestelle festgehalten werden. Schließlich sei die Lagerung einmaliger Kulturgüter ein „Verfassungsauftrag, der nicht aufgegeben wird“.

Kontakt:
Sächsisches Bergarchiv Freiberg
Kirchgasse 11
09599 Freiberg
03731/372-250
03731/372259

Fuchsmühlenweg 7
09599 Freiberg
03731/30079-0

e-mail für beide Häuser:
bergafg@archive.smi.sachsen.de

Quelle: Freie Presse online, 24.11.2003
http://www.archiv.net/isy.net/servlet/b ... ewsid=3426
Freiberger Protest gegen geplanten Frevel an Beständen des Bergarchivs
vom: 04.12.2003
Nach den öffentlich gewordenen Forderungen des Landesrechnungshofes zur Reduzierung des Bestandes der sächsischen Staatsarchive reißt die Empörung in Freiberg nicht ab (siehe vorigen Bericht). Es wäre ein Kulturfrevel, wenn historisch wertvolle und einmalige Unterlagen aus dem Bergarchiv auf Mikrofilm gebannt und danach im Reißwolf enden würden, hält der Rektor der TU Bergakademie Freiberg, Georg Unland, allein die Formulierung für völlig aus der Luft gegriffen. „Schließlich sind das einmalige Kulturschätze, die ähnlich den Museumsbeständen von Gemäldegalerie oder Grünem Gewölbe zu schützen sind“, meint der Chef der Universität, die zu den Hauptnutzern des Bergarchivs mit seinen Dokumenten aus über 500 Jahren zählt.

Auch der Vorstandsvorsitzende des Geokompetenzzentrums, Horst Richter, hat „große Sorge, dass das, was im Bericht des Landesrechnungshofes niedergeschrieben ist, bei den Finanzleuten auf fruchtbaren Boden fällt. Viele der über 60 Firmen des Zentrums würden den regionalen Vorteil des Bergarchivs nutzen und in Größenordnungen hier arbeiten. Ob bei Auswirkungen der Flut oder beim Altbergbau, im Bergarchiv hätten die Firmen schnell Zugriff, was für schnelles Handeln und Untersuchungen von entscheidendem Vorteil ist. Das Freiberger Archiv biete auch Unterlagen, die für die Sicherung des Altbergbaus der Wismut bedeutsam sind. Das von Staatsregierung und Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt wäre schwieriger zu realisieren, wenn Originalunterlagen fehlen. „Die Forderungen sind nicht seriös. Hier wird versucht, an der falschen Stelle zu sparen“, so Richter. Man sollte vielmehr die Dokumente in geeigneter Form einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Werde Schloss Freudenstein die neue Heimstatt des Archivs, könnten Ausstellungen zum Bestandteil der Angebote gehören.

„Vergessen wir nicht, es gab schon einmal eine Zeit, und die liegt gar nicht weit zurück, da nahm manches Kulturgut den Weg zu finanzstarken Sammlern. Was nützt uns heute in Archiven und Museen das auf ein Foto gebannte wertlose Exponat“, fragt Knut Neumann, 1. Vorsitzender der Historischen Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft. Als langjähriger Nutzer des Bergarchivs hat er die Empfehlung des Rechnungshofes mit Verwunderung aufgenommen. Oft könne man von einem Original mehr erfahren als von der besten Kopie. Bei dem Archivgut handele es sich nicht nur um festgehaltene Erkenntnisse der Vergangenheit, sondern um Zeitzeugen von unersetzbarem Wert.

„Das Bergarchiv Freiberg ist ein unverzichtbarer Bestandteil nicht nur der sächsischen, sondern insbesondere der Freiberger Identität. Er ist verwurzelt mit den Bergbautraditionen unserer Vorfahren, zu denen sich die Freiberger Bevölkerung bewusst bekennt. Diese Wurzeln schrittweise zu kappen, führt zu Konsequenzen, die in Geld nicht mehr zu messen sind“, wendet sich der Vorstand des Fremdenverkehrsvereins der Stadt an die Verantwortlichen des sächsischen Landtages und der Staatsregierung. So berechtigt die Bemühungen des Rechnungshofes zur Reduzierung der Kosten im öffentlichen Bereich seien, so sollte der Respekt vor den wissenschaftlich-technischen und kulturellen Leistungen der sächsischen Geschichte eine Grenze setzen, heißt es. Bisher habe es keine Generation gewagt, Hand an Originaldokumentationen der durch Wissenschaft und Technik geprägten Vergangenheit zu legen.

Kontakt:
Sächsisches Bergarchiv Freiberg
Kirchgasse 11
09599 Freiberg
03731/372-250
03731/372259

Fuchsmühlenweg 7
09599 Freiberg
03731/30079-0

e-mail für beide Häuser:
bergafg@archive.smi.sachsen.de

Quelle: Freie Presse online, 3.12.2003
Glück auf!

Michael
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Falafel
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Beitrag von Falafel »

Sturm im Wasserglas - inzwischen hat sich manches normalisiert. Da waren wohl einige Finanzbeamte etwas blind-übereifrig. Seit einigen Wochen ist der Bestand des Archivs sogar soweit "gesichert", daß der geplante Umzug in das Freiberger Schloß so ziemlich amtlich ist. Als Datum geht in der Gerüchteküche das Jahr 2006 um. Wenn derartige Investitionen, wie die Sanierung / Rekonstruktion des Schloßes, bestätigt wurden, wird es wohl kaum an die Substanz des Archivs gehen.
Glück Auf!
Stephan
GeoBerg
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Beitrag von GeoBerg »

Ich denke auch, dass sich das Thema größtenteils erledigt hat. Freiberg wird sich nicht das Schloss für Millionen sanieren und sich als der Geostandort rühmen und gleichzeitig die Bestände des Archivs minimieren.
Wie immer ist man auch in Freiberg (meiner Meinung nach) viel zu optimistisch, was den Bezug des Schlosses angeht. Die erste Mineralienausstellung soll dort schon Anfang 2005 stattfinden! Gute Träume, gute Nacht...
Und ob für das Archiv 2006 realistisch ist, mag ich bezweifeln.

GA

Lutz.
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