Zwei deutsche Zechen werden 2006 geschlossen. Die Kamp-Lintf

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kapl
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Pfeifen in der Grube

Zwei deutsche Zechen werden 2006 geschlossen. Die Kamp-Lintforter mühen sich, nicht dabei zu sein.

NRZ Rheinberg
PETER VOSS

Ankündigen heißt im Bergbau seit vielen Jahren, von Rückzugsgefechten zu berichten. Nicht anders in diesen Tagen, wenn das Bergwerk West in Kamp-Lintfort zu einem Gespräch über die allgemeine und die spezielle Situation lädt. Die spezielle sieht so aus, dass die Werksdirektion in diesen Tagen die Genehmigung für den Sonderbetriebsplan Annaberg erwartet - um dann postwendend mit dem Abbau unter Rheinberg zu beginnen. Unter Berücksichtigung aller Auflagen und ständiger Information der Bevölkerung, betont die Werksleitung. Die allgemeine Perspektive muss nach den Diskussionen um die Verminderung der Steinkohlesubventionen ebenfalls neu beleuchtet werden. Reinhard Fox, Leiter des Bergwerks West: Bestandsschutz für Bergwerke gibt es derzeit nicht. Die Auswirkungen durch die Verringerung der Jahresfördermenge von heute 26 auf 16 Millionen Jahrestonnen bis zum Jahr 2012 seien nicht abzusehen. Es steht noch nicht fest, welche zwei Bergwerke 2006/7 geschlossen werden.

Der Ruf ist angekratzt

Die Kamp-Lintforter setzen alles daran, länger als bis zu diesem Zeitpunkt zu arbeiten. Dazu gehört einerseits, durch verbesserte Öffentlichkeitsarbeit über aktuelle oder zukünftige Abbaugebiete den angekratzten Ruf in der Region aufzubessern. Der hat nach den heftigen Diskussionen vor allem um den Abbau unter dem Rhein mächtig gelitten. Erstmals stellten sich sehr viele Menschen gegen ein Unternehmen, das die Region einst ernährte. Zum Überlebenskampf des Bergwerks West gehört, auf die immer noch wichtige Rolle des Bergbaus hinzuweisen.

Pfeifen in der Grube

Als Arbeitgeber beispielweise. Über 3900 Menschen sind im Bergwerk West beschäftigt, mehr als 70 Prozent davon wohnen im Kreis Wesel. Der Vorstandsvorsitzende der Muttergesellschaft RAG, Werner Müller, sprach von insgesamt 50 000 direkten und indirekten Arbeitsplätzen, die bis 2012 im deutschen Bergbau wegfallen würden. Wie viele davon hier wegfallen würden, kann Fox nicht sagen. Planbar ist nur, dass bis Ende 2005 die Belegschaft 3580 Mitarbeiter groß sein soll. Gleichwohl bildet der Bergbau immer noch aus, zum 1. September werden wieder rund 100 Auszubildende neu eingestellt. Denn, so Fox, auch wenn keine Übernahme garantiert werden könne, seien Berufe wie Energieelektroniker, Industriemechaniker und Mechatroniker auch außerhalb des Bergbaus stark gefragt. Mit zurzeit 238 Auszubildenden ist das Bergwerk größter industrieller Ausbilder im Kreis.

Ungeachtet der schweren langfristigen Prognose - wegen der Schließung zweier deutscher Bergwerke 2006/7 - sieht es kurzfristig gut aus. Wir können Kohle ohne Ende absetzen, sagt Fox. Grund: Wegen der Dürre in Europa und des Wassermangels sind derzeit 14 Atomkraftwerke abgestellt. Strom wird verstärkt in Kohlekraftwerken erzeugt. Nachfrage kommt aus Rheinberg, Duisburg, Leverkusen, Uerdingen, Bottrop, Marl-Hüls und Herne. Dazu wird die qualitativ hochwertige Fettkohle sogar bis Heilbronn, München, Braunschweig und Berlin verfrachtet. Auch die Industrie frage genügend Esskohle ab.

Neue Techniken entwickeln

Trotz des Personalabbaus soll eine Leistungsteigerung mit Hilfe technischer Neuerungen erreicht werden. Die Leitung des Bergwerks West versteht sich hier als Vorreiter, als High-Tech-Betrieb, der Innovationen auch importieren kann. Dazu gehört die Entwicklung eines 430 Meter langen Strebs, der zu Nachahmern in den USA führte. Oder eine neue Antriebstechnik sowie eine neue Teilschnittmaschine, AVSA (Alternatives Vortriebssystem Schneiden und Ankern) genannt. Die wird bereits in Rossenray eingesetzt.
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