Unvergessene Kali-Zeiten in Bleicherode
Thüringer Allgemeine
Margit LORENZ
Grün sind die Kalihalden nahe Bleicherode. Bewachsen von Gras und Buschwerk. Seit einem Jahrzehnt ziehen die Förderkörbe das weiße Gold nicht mehr aus der Tiefe. Dennoch ist die Stadt vom Bergbau geprägt. Der Stolz und die Würde der Menschen offenbaren sich beim traditionellen Bergmannsfest. Am Wochenende wurde dieses Fest um einen Höhepunkt bereichert - das Bleicheröder Bergwerks-Blasorchester feierte den 100. Geburtstag.
Das Wetter hätte nur günstiger sein müssen, bedauerte Werner Päseler gestern. Seit 1996 ist er der Vorsitzende des Bergmannsvereins, dem 57 Mitglieder (davon drei Frauen) angehören. Dennoch sei das Bergmannsfest in Bleicherode wieder ein schöner kultureller Höhepunkt geworden, zu dem aus nah und fern viele Gäste kamen.
Tradition ist es, dass die Kalikumpel vor Festeröffnung als Formation zum Gedenkstein ziehen und sich im Gedenken vor den verstorbenen Kameraden ehrend verneigen. Ein Zeichen dafür, dass sie die aufopferungsvolle Tätigkeit der Kumpel nie vergessen - in den Männern um Werner Päseler keimt die Hoffnung, dass ihr Vorbild dazu dient, dass in den nächsten Jahrzehnten auch ihre Enkel so an sie denken werden. Das ist das Schicksal des Bergmannsvereins, so Päseler. In naher Zukunft werden wir aussterben. Er sei froh, dass zwei Drittel der Vereinsmitglieder noch im Beruf stehen. Sie sind im Entsorgungsbergbau tätig, und dieser interessiert viele. Traditionell werden Grubenbefahrungen sowie geführte Haldenbegehungen am Bergmannsfest-Wochenende angeboten - die Nachfrage ist ständig höher. Etwa 100 Interessierte waren am Samstag im Kalischacht, erzählte Werner Päseler. Die einfahrenden Frauen und Männer sehen nicht nur die seit Jahrzehnten ungenutzte Technik im Stollen, ihnen werden die modernen Maschinen in Aktion an den Kippstellen und der Versatz mit Big Bags vorgeführt. Am Schluss gibt es für jeden Gast noch ein Tiefendiplom.
Wie ist den Kumpeln zumute, dass sich nur noch Gäste in den tief gelegenen Stollen für ihre einstige Arbeit interessieren? Was fühlen sie, dass sie nur noch Gesteine für den Versatz in den Stollen schürfen? Könnten irgendwann die Harz-Kalisalze wieder abgebaut werden? Das wäre wohl für immer vorbei, sagte Werner Päseler. Die Big Bags, in denen Filterstäube, Schlämme und Schlacken zusammengepresst sind, versperren jeglichen Zugang zum weißen Gold. Da unten, so der Bergmann, ist alles umgestaltet. Und es ist für keinen förderlich, darüber nachzudenken.
Das traditionelle Bergmanns- ist ein Volksfest geworden. Die Bleicheröder Kult-Rockband Emma spielte für die jungen Leute zum Tanz auf. Der Festplatz wurde drei Tage lang zum Ort der Begegnung. Die Älteren labten sich an den in die Beine fahrenden Rhythmen, die die Musiker des Bergwerks-Blasorchesters unter Leitung von Jürgen Müller spielten. Die Laune stieg noch mehr in Richtung Fröhlichkeit, als zur großen Blasmusikschau mehrere Orchester rhythmische Kostproben ihren Könnens gaben. Viele Gäste zog es auch gestern Nachmittag zum Festplatz - hier überzeugten Géraldine Olivier und Gitti Götz mit ihren Shows.
Doch nicht nur der Bergbau prägte die Stadt - auf die Leistungen in der Landwirtschaft verwiesen am Samstag die Landwirte, Mähdrescher-Kapitäne und Traktoristen der Altis. Mit einem Hoffest brachten sie sich als Anziehungspunkt ins Bergmannsfest ein. Auf ihrem Terrain sorgten die Hainleite-Musikanten für Stimmung. Die Kinder durften auf Ponys reiten oder sich hinter die Lenkräder von Mähdrescher oder Raupenschlepper klemmen. Unter Tage ist die Arbeit vorbei - doch über Tage sollte von allen Südharzer Bürgern die Arbeit der Bauern anerkannt werden.
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