Fehlgeschlagene Markscheidekunst

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milnaaer
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Fehlgeschlagene Markscheidekunst

Beitrag von milnaaer »

Eine Begebenheit Ende des 17. Jahrhunderts.
Nicht immer waren es die allgemein bekannten Gründe, wie z.B. erhöhte technische Aufwendungen in größerer Teufe, welche als Ursachen für die Einstellung eines Grubenbetriebes gelten können. Manchmal war es ganz einfach nur menschliches Versagen.
Die Fehlmessung eines Markscheiders hatte mitunter weitreichende Folgen.
Der nachfolgend teilweise wiedergegebene Grubenbericht macht die hohe Verantwortung der Markscheider deutlich.

Grubenbericht St. Andreas zur Mildenau 1713:
" ... 1712 vom Erblehnrichter aufgenommen und die meisten Kuxe unter die Gemeinde verteilt, jedoch auch eynige von landlustigenn Gewercken verlaßen, von jenen behalten worden. Von vormaligen Steiger Siegmund Franz Stolln im Streichen 11 Uhr gegen mittag, vor uralten Zeiten in die 400 Lr. ins Feld getrieben, dann wieder liegen laßen, vor 29 Jahren aber von der damaligen Gewerckschaft aufgewältigt. Von einem Markscheider unrecht angegebenen Tagschacht, mit welchem sie auf eine große feste kommen, ist einige Zwistigkeit und Streit entstanden, darauf wieder aufflässig worden.
Nach einigen Jahren hatte ihn Johann Friedrich Poetius und davon wieder gute Nachricht gehabt und Gewerke mit gewesen, dann auch wieder einige Zeit in Fristen gehalten und mit guter Hoffnung 30 Lr. vom Mundloch ein Tieffstes, aber voll Waßer stehet. Unteren Stolln außn liegenden ein schön Gang heraus, so den Tieffsten übersetzt, in solchenn noch feine Ertze worin viel Silber gemacht worden. 70 Lr. vor diesen Tieffsten wieder gegen das Stollort zu, gienge zwar ein Tagschacht von 16 Lr., er läge aber voll Berge, und noch 15 Lr. von diesen Schacht fort setzte wieder ein schön Gang über, auf welchen hübsche Schwärzen und weißgülden Ertz bräche und nach Prob hat es 1 Mark 14 Loth Silber gehalten ... St. Annaberg 15.7.1713".

Quelle: BA Freiberg. Protokoll der Aufstände und Grubenberichte im Bergamtsrevier Annaberg 1713.

Offensichtlich führten vor allem die Fehlmessungen des Markscheiders zur vorläufigen Auflassung der höffigen Silbergrube. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, wie Zwist und Streit damals beigelegt wurden.
Ich gehe davon aus, dass die Gewerkschaft die Kosten zu begleichen hatte. Mit Sicherheit litt in solchen Fällen zumindest auch das Ansehen des Markscheiders.
Wurde er an den Kosten beteiligt?
Mich würden vergleichbare und ausgewertete Fälle aus dieser Zeit interessieren.

Glück Auf!
Falafel
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Re: Fehlgeschlagene Markscheidekunst

Beitrag von Falafel »

Da könnte das Bergschieds- und Vertragsbuch, wenn vorhanden, weiterhelfen.
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axel
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Re: Fehlgeschlagene Markscheidekunst

Beitrag von axel »

Dass Markscheider zur Kasse gebeten wurden für ihre Fehler, dafür ist mir kein Beispiel bekannt. Ggf. mussten sie bei schweren Fehlern mit dem Verlust ihrer Stellung bei der Bergbehörde rechnen.

Ein weiteres Beispiel ganz aus Deiner Nähe hätte ich noch:

Der bereits umfangreich diskutierte Riss vom Pöhlberger Bergbau (vgl. http://forum.untertage.com/viewtopic.php?f=4&t=6299) ist ein Ergebnis markscheiderischer Fehler. So vermerkte man im Jahr 1717, dass der Briccier Stolln bereits mehrmals vermessen und gezeichnet wurde, „iedennoch deßen Orthung noch niemahlen richtig angegeben“ und dadurch vergebliche Kosten und Zeitaufwand entstanden sind. Ein kurfürstlicher Befehl wies deshalb das Bergamt Annaberg an: „ihr wollet auch den Marckscheider Wolffrum des förderlichsten gedachten Briccier Stolln und übrige darzu gehörige Gebeude mit Fleiß und adhibirung richtiger Instrumente ex officio alß eine Unß abzulegende zuverläßige Probe, abzihen auch darüber Grund und Sayger Riße fertigen laßen, zu Anhaltung der Schnuren aber ihme einen Unserer Stipendiaten so hierzu tichtig und das Einschreiben zugleich nebst dem Markscheider iedoch absonderlich zu verrichten habe, zuordnen“.

Im Ergebnis der Vermessung wurden große Differenzen zwischen dem neuen Riss des Markscheiders Wolffrum und einem 1711 durch den Markscheider Tromler gefertigten Riss festgestellt. Das Bergamt schlug deshalb vor, das ganze Gebäude noch einmal abziehen zu lassen, damit man schauen kann, welcher der genannten Risse der genauere sei. Deshalb wurden 1718 der Markscheider des Bergamts Glashütte (Johann Emanuel Stephani) und der Marienberger Markscheider (Schneider) verpflichtet die Grube nochmals zu vermessen und zu zeichnen.

Während der Riss von Tromler (1711) wohl nicht mehr vorhanden ist, sind die Risse von Wolffrum, Stephani und Schneider im Bergarchiv Freiberg vorhanden.

GA axel
„Die Stadt Freyberg ist unter allen Meißnischen Städten wohl die größte,
und vor andern berufen, wegen der gesunden Lufft des Bergwercks…“
J.J.Winckler 1702
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markscheider
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Re: Fehlgeschlagene Markscheidekunst

Beitrag von markscheider »

axel hat geschrieben: Im Ergebnis der Vermessung wurden große Differenzen zwischen dem neuen Riss des Markscheiders Wolffrum und einem 1711 durch den Markscheider Tromler gefertigten Riss festgestellt. Das Bergamt schlug deshalb vor, das ganze Gebäude noch einmal abziehen zu lassen, damit man schauen kann, welcher der genannten Risse der genauere sei. Deshalb wurden 1718 der Markscheider des Bergamts Glashütte (Johann Emanuel Stephani) und der Marienberger Markscheider (Schneider) verpflichtet die Grube nochmals zu vermessen und zu zeichnen.

Während der Riss von Tromler (1711) wohl nicht mehr vorhanden ist, sind die Risse von Wolffrum, Stephani und Schneider im Bergarchiv Freiberg vorhanden.
Und, passen sie zusammen?
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axel
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Re: Fehlgeschlagene Markscheidekunst

Beitrag von axel »

markscheider hat geschrieben:Und, passen sie zusammen?
Das habe ich nicht weiter überprüft.

GA Axel
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