[DGfI News:] Geschichte der letzten Eisenerzgrube im Schelderwald
1958 begannen die Schachtarbeiten am "Falkenstein"
Jeder Mann schaffte pro Schicht 8,6 Zentimeter
Dill Post
Dillenburg-Oberscheld. (ul). Vor 30 Jahren, am 31. August 1973, endete die Geschichte der letzten Eisenerzgrube im Schelderwald. Erst kurz zuvor war der "Falkenstein" gebaut worden, nachdem 1952 Probebohrungen Erfolg versprochen hatten. Vor dem Hintergrund, dass die Gruben im Schelderwald, aber auch in Oberhessen, entweder bereits geschlossen worden waren oder sich ihre Erschöpfung binnen weniger Jahre andeutete, entschlossen sich der Vorstand und der Aufsichtsrat der Hessischen Berg- und Hüttenwerke AG damals, auf dem erbohrten Erzvorkommen auf der "Eisernen Hand" zwischen Oberscheld und Eisemroth den "Falkenstein" als völlig neue Grube zu errichten.
Die Rohstoffbasis für die beiden Hochofenwerke in Wetzlar und in Oberscheld zu sichern, war vorrangige Absicht für den Bau des letzten Bergwerks im Schelderwald.
Obwohl die Erze aus dem Ausland damals schon deutlich billiger zu beziehen waren als die aus den Bergwerken vor der eigenen Haustür, waren sich die Manager ein gutes Dutzend Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg noch längst nicht sicher, ob diese dem deutschen Markt künftig immer zur Verfügung stehen würden.
Als günstigster Standort für den neuen Förderschacht wurde eine Stelle am oberen Ende des Rinkenbachtales unweit der historischen "Hohen Straße" ausgesucht.
Nur zwei Kilometer bis zum Hochofen
Das Gelände dort bot die besten Voraussetzungen für den Bau der Brech- und Siebanlage sowie für die Verladebunker. Außerdem waren es von hier nur zwei Kilometer bis zum Oberschelder Hochofen und den Gleisen der Scheldebahn.
Anfangs wurde noch über den Bau einer Seilbahn nachgedacht, wie sie schon seit Jahrzehnten überaus erfolgreich beim Erztransport im Einsatz waren, um diese zweitausend Meter zu überwinden.
Jedoch fiel die Entscheidung schließlich für das Verkehrsmittel, das zu jenem Zeitpunkt schon längst seinen Siegeszug begonnen hatte: Auf Lkw sollten künftig die geförderten Erze verladen werden, um sie dann nach Oberscheld zu bringen.
Im September 1957 begannen die Vorbereitungsarbeiten. Dass für den neuen Zechenplatz mehrere Hektar Wald weichen mussten, war damals für die Öffentlichkeit noch kein Thema.
In den ersten Tagen des Folgejahres, am 13. Januar, begannen bei Frost und Schnee die Abteufarbeiten für den neuen Hauptschacht. Die Hälfte der Schachtmannschaft wurde vom "Königszug" übernommen. Dort hatten die Männer kurz vorher den Ostschacht angelegt - und brachten damit Erfahrungen mit, die sie jetzt nutzbringend einbringen konnten.
Die ersten 50 Meter des runden Schachtes erhielten einen lichten Durchmesser von vier Metern. Die restlichen dreihundert Meter bis zur 350-Meter-Sohle sowie die darunter liegenden 15 Meter "freie Teufe" bis in den Schachtsumpf, wie der Bergmann das untere Ende der Schachtröhre nennt, maßen dreieinhalb Meter im Durchmesser.
Von oben bis unten wurde der Schacht in Beton ausgebaut, mit einer durchschnittlichen Wandstärke von 30 Zentimetern.
Für 75,50 Mark Sprengstoff pro Meter
Rund um die Uhr waren drei Schichten zu je vier Männern mit diesen Arbeiten am Schacht beschäftigt. Pro Mann und Schicht wurden 8,6 Zentimeter an Tiefe gewonnen.
Nicht nur darüber führte der Betrieb genaueste Statistiken. Sie gingen bis hin zu den Sprengstoffkosten, die 75,50 Mark pro Meter betrugen.
Stahlkübel mit 750 Litern Inhalt beförderten das Haufwerk nach oben. Diese Kübel waren auch für die Seilfahrt der Bergleute zugelassen: Jeweils zwei Männer durften darin Platz nehmen.
Gleichzeitig mit dem Schacht wurde der Verladestollen angelegt. Nach 150 Metern stieß dieser auf den Schacht, ein einer Tiefe von 40 Metern. Am Berghang über ihm befand sich die Aufbereitung. Mit dem Stollen war sie über zehn Rollen verbunden - wie der Bergmann diese kleine Schächtchen nennt.
Der Förderturm ging im Januar 1960 in Betrieb
Durch diese Rollen fielen die Erze auf ein Transportband, das sie dann nach draußen auf die Verladung vor dem Stollenmundloch brachte.
Als der Schacht seinen tiefsten Punkt erreicht hatte, wurden das eigens dafür errichtete Abteuf-Fördergerüst umgelegt und ein neuer, 24 Meter hoher Förderturm der Essener Firma Wilhelm zur Nieden sowie eine neue Fördermaschine montiert. Im Januar 1960 ging diese neue Anlage in Betrieb. Zeitgleich fuhren Bergleute die 350-Meter-Sohle auf.