DgfI Gesch. des Chiemgaus als Bergbauregion

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kapl
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Beitrag von kapl »

350 Jahre lang teilten Bayern und Salzburg Erzvorkommen im Grenzgebiet unter sich auf
Völkerverständigung mit Hacke und Hammer
Zwei kleine Museen in Bergen und Achthal zeugen von der langen Geschichte des Chiemgaus als Bergbauregion

Süddeutsche Zeitung
Heiner Effern

Bergen/Achthal ? Wenn man an der Hochfelln-Seilbahn im Chiemgau vorbeifährt und der engen Straße hinauf in das Tal der Weißache folgt, steht man nach einer scharfen Kurve plötzlich vor einer alten Industriehalle. Ein etwa 30 Meter hoher Schlot aus roten Backsteinen ragt empor. Auf dem Dach prangt noch groß ein altes Firmenlogo, kleiner und unscheinbarer steht auf einem Schild seit vergangenem Jahr der neue Name: Museum Maxhütte Bergen. In der ehemaligen Dreher-Halle sind 350 Jahre Arbeit am Hochofen und in der Gießerei dokumentiert. Schwerter, Werkzeuge, ein Balkon, Tonnen schwere Sägemaschinen und Granaten-Hülsen aus dem Ersten Weltkrieg sowie Schautafeln und Videofilm belegen deutlich: Der Chiemgau und der benachbarte Rupertigau bildeten über Jahrhunderte eines der bedeutendsten Zentren für den Abbau und die Verhüttung von Eisenerz in Bayern und Salzburg.

Dass die Berge der Voralpenregion reich an Erzen sind, wussten schon die Römer. Doch erst Pankraz von Freyberg zu Hohenaschau und Wildenwart begann im Jahr 1561, das Metall systematisch abzubauen. Der gewiefte Politiker, der als Hofmarschall des bayerischen Herzogs Albrecht V. großen Einfluss besaß, sicherte sich das wichtige Abbaugebiet und errichtete in Bergen am Fuße des Hochfelln einen Hochofen. Dieser lag mehr als zehn Kilometer entfernt vom eigentlichen Bergwerk, denn dort war das Holz für die Verhüttung leichter verfügbar. Das Werk blühte in kürzester Zeit auf und entwickelte sich mit Modellschreinerei, Gießerei, Schmiede-Werkstätten und der weit bekannten Hütten-Schänke für einen Zeitraum von 350 Jahren zum industriellen Mittelpunkt der Region. 1824 besuchte König Maximilian I. die Hütte und verlieh dem Unternehmen seinen Namen: Maxhütte. Doch schon Mitte des 19.Jahrhunderts leiteten die Technisierung und die Erz-Einfuhr aus der Oberpfalz und dem Ruhrgebiet den Niedergang der Maxhütte ein. Im Jahr 1881 wurde die Grube still gelegt, zwei Jahre später der Hochofen. 1925 erfolgte der letzte Guss in Bergen und wenig später wurde die Maxhütte dann für immer geschlossen.

Steigt man nach einem letzten Blick auf das umfangreiche Gebäude- Ensemble aus der Maxhütten-Zeit wieder ins Auto und fährt in Bergen auf die Autobahn in Richtung Salzburg, liegt rechts hinter der Ausfahrt Traunstein/ Siegsdorf der Kressenberg. In dem unscheinbaren grünen Hügel liegt das Erz, das sich Salzburg und Bayern teilen mussten. Denn genau über dem Abbaugebiet verlief die Landesgrenze, und der nächste Ort, Neukirchen, befindet sich auf historisch österreichischem Gebiet. Von der dortigen Autobahn-Ausfahrt geht es auf der Landstraße ein enges Flusstal hinab, bis an der Seite die ehemalige Hütte Achthal steht. Direkt an der Straße befindet sich das ehemalige Verwaltungshaus, heute das Bergbaumuseum Achthal.

Neben Original-Werkzeugen und einer Sammlung aus gusseisernen Kunstwerken dokumentiert eine umfangreiche Karten- und Urkundensammlung die Geschichte des Bergbaus auf österreichischer Seite. Besonders die Urkunden zeugen davon, dass Bayern und das Erzbistum Salzburg ein Beispiel für funktionierende Völkerverständigung geben können. Die beiden Staaten teilten sich das gemeinsame Erzvorkommen fast 350 Jahre lang, ohne sich deswegen jemals mit Spitzhacke und Schmiedehammer die Schädel einzuschlagen. Und das, obwohl die Politiker des Wiener Kongresses 1815 die österreichische Hütte Achthal dem damaligen Königreich Bayern zuschlugen.

Das Museum Maxhütte ist vom 1.Mai bis 31.Oktober täglich außer montags von 10 bis 16Uhr geöffnet. Das Bergbaumuseum Achthal ist von 4. Mai bis 30.September dienstags bis samstags von 13 bis 16Uhr und sonntags von 10 bis 12Uhr zu besichtigen.
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