Nein, komplett gelogen ist das nicht.
Allerdings scheint es diese App nur für Android zu geben, also kann ich sie nicht testen.
Fakt ist aber, daß eine abgeklebte Smartphone-Kamera tatsächlich radioaktive Zerfälle nachweisen kann. Ich habe gestern mal einen ersten Test mit ca. 40 MBq Iod-131 gemacht und siehe da: tatsächlich sieht man einzelne kleine weiße "Pixelblitze" auf dem Handydisplay, wenn die Kamerafunktion aktiv ist. Der Hintergrund ist logischerweise schwarz, da die Kamera für den Versuch abgedeckt werden muß, denn auf einem normalen "Foto" würde man diese kleinen Bildstörungen sicherlich übersehen.
Auf dem schwarzen Hintergrund sieht man aber tatswächlich und reproduzierbar das feine "Schneegestöber", wenn die radioaktive Quelle anwesend ist, und es verschwindet, wenn die Quelle weg ist.
Man muß sich da nur über die Empfindlichkeit und über die Genauigkeit klar sein.
40 MBq Iod-131 sind für eine sinnvolle medizinische Anwendung (Radioiodtherapie, Schilddrüsenerkrankungen) sehr wenig, hier wird üblicherweise mit 10-20 fachen Mengen gearbeitet, bei Krebserkrankungen eher bis 200fach (5-10 GBq).
Dennoch sind diese 40 MBq verglichen mit natürlicher Radioaktivität eine abstrus hohe Menge, die einem in freier Natur nirgendwo begegnen wird, und diese 40 MBq reichen gerade aus um zu sehen "da passiert überhaupt etwas".
Zudem kommt, daß die Handykamera prinzipiell erstmal nur eine Zählrate meßbar macht. Mir ist nicht klar, wie die Kamera die Strahlungsenergie feststellen soll, vermutlich geht das nicht. Das heißt, eine direkte Umrechnung in eine Dosisleistung (mGy/h oder gar mSv/h) ist nicht ohne weiteres zulässig - das Handy weiß ja nicht, WAS da strahlt, es erkennt lediglich, daß überhaupt Strahlung da ist.
Das Bild aus dem Artikel "Handy bei 10 Sv/h" ist zugegeben im Labor sehr eindrucksvoll. Nur kommen solche Ortsdosisleistungen in der Natur zum Glück nicht vor. Und da wo sie sind, hält sich keiner freiwillig auf, da eine einzeitige Ganzkörperbestrahlung von bereits 7 Sv zum sicheren Tod eines Menschen führt.
Das heißt, die Aussage "die App ist für Pilzesucher und Hobbygeologen interessant" ist natürlich Unsinn. In diesem Empfindlichkeitsbereich dürfte die Handykamera nicht kommen, wir reden hier ja im Regelfall nur von ein paar Bq oder allenfalls kBq, 5-6 Zehnerpotenzen unter meinem ersten Versuch mit den 40 MBq. Und wenn irgendwo Pilze ein paar kBq Radioaktivität enthalten, erfährt das Lieschen Müller sofort aus der Bildzeitung, die dann schon von "hochgradiger radioaktiver Verstrahlung" o.ä. spricht - man braucht also kein Smartphone (doch, vielleicht den Webbrowser um die Bild zu lesen

).
Grundsätzlich und prinzipiell gehen tut es also, nur isses in der Praxis sicherlich zu unempfindlich, vor allem in dem Bereich, in dem dem "Normalbürger" Radioaktivität in der Umgebung begegnen wird. Einrichtungen, in denen mit radioaktiven Substanzen gearbeitet wird, mal ausgenommen. Die Radioiodkapsel liegt ja schließlich nicht irgendwo im Wald herum, und im Altbergbau zum Glück auch nicht.
Glück auf
Thomas
PS. am Montag mache ich nochmal nen Test im GBq-Bereich, wenn dabei ein schönes "Bild" herauskommen sollte, stelle ich das hier ein.