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Kerbhölzer
Verfasst: Mi. 15. Jun 11 9:51
von Nobi
Aus dem Mannsfeldischen ist mir bekannt, dass dort Kerbhölzer verwendet wurden, um die Anzahl der geförderten Hunte abzurechnen. Unklar ist mir jedoch, wer die Kerben in das Holz geschnitten hat, auf welche Art Hunte es sich bezogen hat (Strebhunte, Streckenhunte oder Sonstiges) und wie lange dieses System beibehalten wurde. Hat da zufällig jemand Infos?
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Mi. 15. Jun 11 11:35
von Wolfo
Das "Kerbholz-System" war bis ins frühe 19. Jahrhundert anstelle des Rechnungswesens auf Papier allgemein in vielen Ecken Deutschlands Verwendung.
Dokumentiert wurden damit m.W. Erzeugnisse und Schulden, teilweise auch Besitztümer.
Übrigens nicht Bergbauspezifisch, an der Küste ebenso verbreitet,
z.B. früher in unserer Dorfschmiede.
Ganz grob wurde dass System dann wohl für alle Hunte angewandt, die dem Bergman in irgendeiner Form vergütet wurden.
Somit also wohl alle "Erzhunte" in der Förderung.
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Mi. 15. Jun 11 12:20
von Nobi
Wolfo hat geschrieben:Ganz grob wurde dass System dann wohl für alle Hunte angewandt, die dem Bergman in irgendeiner Form vergütet wurden. Somit also wohl alle "Erzhunte" in der Förderung.
Dann müsste man wissen, wie sich der Lohn der Bergleute im Mansfeldischen zusammengesetzt hat.
- Leistungslohn
Der Bergmann wurde nur nach Leistung bezahlt (Anzahl der Hunte auf dem Kerbholz)
- Grundlohn + Leistungslohn
Der Bergmann hatte ein Fixgehalt und wurde zusätzlich nach Leistung bezahlt (Anzahl der Hunte auf dem Kerbholz)
- Lohn
Der Bergmann hatte einen festen Lohn und über das Kerbholz wurde nur "kontrolliert"
Klar dürfte aber sein, dass es sich nur um Erzhunte gehandelt haben dürfte, da der Rest gleich wieder im Streb versetzt wurde (fast immer jedenfalls).
Kerbholz im Bergbau: siehe "K" auf
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... Karren.jpg
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Do. 16. Jun 11 12:23
von Schlacke
...hier dürften eindeutige Aussagen zum Kerbholz sein:
Winkelmann, A.: Kerbholz und Anschnitt im Bergbau; in: Der Anschnitt, Jg. 9, H. 5, S. 24; Bochum: 1957
Glückauf!
Elmar Nieding
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Do. 16. Jun 11 13:02
von Nobi
Danke Elmar.
Hat das Heft jemand aus dieser Runde zufällig (digital)?
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Fr. 17. Jun 11 16:19
von Naheländer
Das Lexikon "Alte Maße, Münzen und Gewichte" erklärt sehr gut die Funktionsweise des Kerbholzes:
"
Kerb: altertümliches Zählmaß, das in Verbindung mit einem Kerbholz verwendet wurde. Dieses Kerbholz war ein 30 bis 35 cm langer Holzstab, der geteilt wurde war. Zum „Eintrag“ wurden beide Teile aneinandergedrückt und die Kerbe über beide Teile geführt. Ein Teil behielt der Käufer, das andere der Händler bzw. Lieferant. War das Holz voll, wurde abgezählt, bezahlt, das voll Kerbholz zerbrochen und ein neues verwendet.“
Aus: Kahnt, H. & Knorr, B.: Alte Maße, Münzen und Gewichte. VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1987, S. 140

- Kerbholz
- Kerbholz.jpg (88.51 KiB) 9910 mal betrachtet
Hinzugefügt am 18.06.2011:
In dem besagten Beitrag Winkelmann, A.: Kerbholz und Anschnitt im Bergbau; in: Der Anschnitt, Jg. 9, H. 5, S. 24; Bochum: 1957 heißt es noch, dass die Rechnungslegung der Kerbhölzer als "Anschnitt halten" bezeichnet wurde. Das "A" im Wort "Anschnitt" im Titelblatt der Zeitung "Der Anschnitt" ist übrigens symbolisch als Kerbholz mit entsprechenden Kerben dargestellt.
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Sa. 18. Jun 11 0:35
von [BGVR]Oliver
Im Ruhrbergbau wurden die Grubenbesitzer verpflichtet (1632) , wöchentlich ein richtiges Verzeichnis ... durch einen Kerbstock beim Bergschreiber einzuliefern.
Anscheinend wurde diese Aufgabe dann von den Schichtmeistern durchgeführt. Bis Alle Schichtmeister lesen und schreiben konnten, waren Kerbstöcke im Ruhrbergbau noch lange üblich.
Quelle: Sandor Rolf Krause, " die reichshaltigste und ergiebigsten Bergwerke der Grafschaft Mark"
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Sa. 18. Jun 11 0:37
von [BGVR]Oliver
Wenn noch nicht geholfen wurde, kann ich Dir den Anschnitt besorgen. Bitte schicke mir eine PN.
Re: Kerbhölzer
Verfasst: So. 19. Jun 11 12:21
von Karlheinz_Rabas
@ nobi
Ich habe den Aufsatz von Anne Winkelmann digital in der Bergbausammlung Rotthausen vorliegen. Dort gibt es auch einen Nachbau eines solchen Kerbholzes.
Karlheinz Rabas
Re: Kerbhölzer
Verfasst: So. 19. Jun 11 12:32
von Schlacke
...noch ein Kerbholz:
Bauer, E.: Kerbhölzer; in: Wittgenstein, Jg. 78, Laasphe: 1990, S. 145-148
GA
Elmar Nieding
Re: Kerbhölzer
Verfasst: So. 19. Jun 11 12:43
von Nobi
Ich habe den Artikel aus dem "Anschnitt" inzwischen bekommen - vielen Dank. Ich muss nun versuchen zu verstehen, wie das Ganze im Untertagebetrieb funktioniert hat.
Re: Kerbhölzer
Verfasst: So. 19. Jun 11 15:49
von Karlheinz_Rabas
@ Nobi
Kannst Du davon ein Foto hier einstellen?
Karlheinz Rabas
Re: Kerbhölzer
Verfasst: So. 19. Jun 11 17:00
von Nobi
Karlheinz_Rabas hat geschrieben:
Kannst Du davon ein Foto hier einstellen?
Bitteschön

Re: Kerbhölzer
Verfasst: So. 19. Jun 11 23:24
von [BGVR]Oliver
Toll erhalten !
Gibts eine Information, wo untertage der gefunden wurde ?
Re: Kerbhölzer
Verfasst: Di. 06. Sep 11 13:47
von Nobi
Inzwischen habe ich noch Informationen zum Kerbholz bekommen:
Mit dem Kerbholz wurden die geförderten Strebhunte (Erz) einer Kameradschaft aus ihrem Streb gezählt und über den Steiger abgerechnet. Den abzubauenden Streb konnten die Kameradschaften gegen Zahlung "erwerben" (mehr Zahlung bedeutet "besseren" Streb). Zeitlich ist es im 19. Jahrhundert anzusiedeln.