Presseecho zum Gedenken an das Grubenunglück:
Mitteldeutsche Zeitung vom 03.02.2011:
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Unachtsamkeit löst Katastrophe in 500 Meter Tiefe aus
VON SUSANNE WEIHMANN, 03.02.11, 17:45h, aktualisiert 03.02.11, 18:45h
ASCEHRSLEBEN/ILBERSTEDT/MZ. Die schwarze Jacke sitzt wie angegossen, der Schulterkragen liegt gerade und die Gold farbenen Knöpfe leuchten in der Sonne. Beinahe festlich sieht es aus, wenn Winfried Günther die Uniform der Bergleute anhat, aber in festlicher Stimmung ist der Vorsitzende der Bernburger Bergknappen nicht, ebenso wenig wie die anderen (ehemaligen) Kumpel und Besucher auf dem Ilberstedter Friedhof an diesem Mittwochmittag. Es ist ohnehin mehr als eine Uniform. Die Bergkittel symbolisieren den Stolz ein Bergmann zu sein. Und sie werden nur an besonderen Tagen getragen. Am Mittwoch war ein solch besonderer Tag, denn an jenem Tag jährte sich das Grubenunglück in Ilberstedt mit zahlreichen Toten und Schwerverletzten zum 90. Mal.
Bewusstlos im Förderkorb
"Als am 2. Februar 1921 - es war ein Mittwoch - gegen dreiviertel sieben der letzte mit 30 Bergleuten aus Aschersleben und Bernburg besetzte Förderkorb in den 565 Meter tiefen Schacht einfuhr, ahnte niemand, dass derselbe Förderkorb schon wenige Minuten später mit 28 bewusstlosen und zwei kaum ansprechbaren Bergleuten wieder an der Tagesoberfläche erscheint", berichtete Günther während der Gedenkfeier auf dem Ilberstedter Friedhof. Ziemlich genau beschrieb er die Geschehnisse jenes verhängnisvollen Tages vor 90 Jahren. Durch die Unachtsamkeit eines Hauers, der mit seiner Grubenlampe einen Teil des Sprengsalpeters und der Zündschnüre in Brand gesetzt haben soll, muss es zu einer ersten Explosion gekommen sein, beschrieb Winfried Günther die Ereignisse damals. Diese habe daraufhin die im oberen Bereich des Abbaus angesammelten Gase als "Schlagwetterexplosion" entzündet. Eine in der Nacht zuvor geschlossene Wettertür habe zudem das Abführen des Methangases verhindert.
Lange galt die Grube in Ilberstedt als schlagwettersicher (unter Tage austretendes Grubengas). Es wurde mit offenem Geleucht und ohne Sicherheitslampen gearbeitet. Damit unterlief man bergpolizeiliche Vorschriften, in denen ausdrücklich das Ableuchten mit der Sicherheitslampe vorgeschrieben ist. All das erkannte man aber erst nach dem Unglück.
Schwierige Rettung
Die Rettung nach dieser Katastrophe gestaltete sich nach Schilderungen von Günther schwierig, denn die gesamte Grube sei von giftigen Schwaden erfüllt gewesen und Männer aus den ersten Rettungstrupps wurden ebenfalls bewusstlos, auch Rettungsgeräte fehlten. Erst viel später hat man Rettungsgeräte und Wetterlampen vom Schacht Anhalt beschafft. Auswertige Rettungskräfte seien gegen halb elf eingetroffen und um drei Uhr nachmittags bereits elf tote Bergleute geborgen worden. "Ein zwölfter Bergmann starb einen Tag später an den Folgen seiner schweren Vergiftungen", sagte Günther. Zudem wurde ein weiterer Bergmann tot geborgen. "Er muss im letzten Moment versucht haben, auf den Förderkorb zu kommen und ist dabei abgerutscht." Die Namen jener bekannten 13 Bergleute, die bei diesem Unglück ihr Leben verloren, las Günther an der Grab- und Gedenkstätte auf dem Ilberstedter Friedhof vor. Wie viele wirklich starben, ist bis heute nicht 100-prozentig geklärt.
Vermeidbare Katastrophe
Günther jedenfalls ist sich sicher, dass diese Katastrophe vermeidbar gewesen wäre, hätte man aus vorherigen Ereignissen Konsequenzen gezogen und mehr für die Sicherheit getan. "Wenn wir heute vor dieser Grabstätte stehen, wissen wir, dass es auch in jetziger Zeit, in der vieles für die Gefahrenabwendung getan wird, wichtig ist, einen gewissen Respekt dem Berg gegenüber zu bewahren."