Man kommt zu nichts... hier noch ein paar Eindrücke von einem Abstecher nach Falun. Beeindruckend war schon die Fahrt, weil das Navi mich 40km der 160km Strecke über Waldwege führte. Was ich zuerst für einen Irrtum hielt, scheint nicht ganz falsch gewesen zu sein, jedenfalls hatte ich auf dem Waldweg teilweise regen LKW-Gegenverkehr mit Tempo 100
In Falun fallen schon bei der Fahrt in die Stadt die knallroten Halden mitten in der Stadt auf. Hierbei handelt es sich um die auf 95 Jahre angelegten Produktionsvorräte für die Falu Rödfärg-Fabrik, welche die bekannte dunkelrote Farbe für die schwedischen Holzhäuser herstellt.
Wer die zweispurigen Kreisverkehre überlebt, landet schnell beim Besucherzentrum der Grube. Beim Aussteigen fällt schnell der Schwefelgestank auf, der sich auf dem Grubengelände noch verstärkt. Falun gehört übrigens zu den wenigen Besucherbergwerken in Schweden, die nicht nur im Hochsommer geöffnet sind. Der erste Blick auf die "Stora Stöten" - eine im Jahr 1687 eingestürzte Pinge von 300x400x100m Abmessung - lässt einen erstmal die Kinnlade kippen.
Stora Stöten, Blick in Richtung Hauptgebäude
Stora Stöten, entgegengesetzte Blickrichtung. Rechts ist die Rampe zu erkennen, unten sind zwei riesige Radlader zu erahnen.
Ausbaureste im Randbereich der Pinge
Aussichtsplattform, welche über eine untertägige Rampe mit der "Anfart" (s.u.) verbunden ist. Von hier geht es weiter ins Besucherbergwerk.
Neuer Schacht.
Hauptgebäude, welches heute das Grubenmuseum beherbergt - bei meinem Besuch leider geschlossen...
Da müsste man sich mal austoben können...
Die Anfart. Das Gebäude wurde 1812 über einem Schacht errichtet und war seitdem Hauptzugang zur Grube. Hier brannte eine "ewige Flamme", an der Bergleute ihr Geleucht entzünden konnten. Elektrisches Licht gab es in der Grube übrigens erst in den 60er Jahren!
Interessant sind die Symbole am Gebäude. Die Zeichen über dem Portal sind die alchemistischen Zeichen für die geförderten "Elemente". Von links nach rechts: Eisenvitriol, Schwefel, Zink, Eisen, Kupfer, Gold, Silber, Blei, Stahl (?), Kupfervitriol, Rote Farbe. In Schweden ist das uns geläufige Bergbauzeichen unbekannt, in der Regel wird eines der obigen Zeichen benutzt.
Ebenfalls verbreitet ist ein Zeichen aus Schlägel, Kienspanbündel und Fackel - letzere als Zeichen für das überall anzutreffende Feuersetzen.
Für wenig sparsame 16 EUR konnte ich mich dann noch knapp an die englischsprachige Führung um 14 Uhr dranhängen. Die Gruppe war mit 7 Teilnehmern überschaubar. Als Glücksgriff erwies sich unsere Führerin, eine Schauspielstudentin aus Stockholm, mit beeindruckenden Kenntnissen von Altbergbau. Natürlich gab es auch die üblichen Touri-Geschichten mit Berggeistern, Toten etc. aber was solls's. Dem deutlich gesprochenen Englisch der Führerin war übrigens besser zu folgen als so manchem deutschsprachigen Führer im Erzgebirge
Nett erzählt war auf jeden Fall die Geschichte vom Fetten Mats, dessen Leiche 1719 in einem alten Mann gefunden wurde. Seine Witwe konnte den Leichnam 42 Jahre nach seinem Verschwinden identifizieren, da das Vitriol eine Verwesung verhindert hatte. Die Regierung erklärte seinen Körper zum Mineral und stellte die Leiche als Touristenattraktion aus. Erst um 1900 (erinnere ich gerade nicht genau) setzte sich die Kirche durch und man begrub den Leichnam auf dem Faluner Friedhof, wo das Grab heute noch zu sehen ist.
Interessant war auch die Information, dass Bergwitwen zur Versorgung die Berechtigung erhielten, in Falun einen "Pub" (O-Ton) zu errichten - am Ende soll es über 100 davon gegeben haben.
Um es kurz zu machen: Falun war eine der schönsten Befahrungen in Besucherbergwerken, die ich je gemacht habe. Riesige Abbaukammern und aufgrund des Vitriols über Jahrhunderte erhaltene Werkzeuge, Fahrten und Ausbauten lassen einem immer wieder die Kinnlade klappen.
Nach einer Stunde war die Führung dann viel zu schnell zu Ende. Mein skeptischer Blick beim abschließenden wir-machen-jetzt-mal-alle-Lichter-aus-und-gucken-wie-schrecklich-wenig-Licht-die-armen-Bergleute-hatten beschert mir noch eine radebrechende Diskussion (schon mal auf Englisch über Altbergbau gefachsimpelt?) zum Thema.
In diesem Kübel am Hauptschacht hätten bequem zwei Leute Platz nehmen können. Das damalige Förderseil soll übrigens 600 Ochsen das Leben gekostet haben - der Entstehungsgrund für die lokale Wurstspezialität Falukorv. Die hölzerne Trennwand in der Schachtmitte soll zeitweise die höchste Holzkonstruktion der Welt gewesen sein.
Abbaukammer. Die Dimensionen kommen wegen der ungewöhnlich grossen Leiter hier leider richtig richtig rüber - jeder Stamm hat ungefähr einen halben Meter Druchmesser. Die Stämme sind auf etwa 300 Jahre datiert und aufgrund des Vitriols immer noch tragfähig.
Auf dieser Wand haben sich fast alle schwedischen Könige seit Gustav Wasa verewigt.
Etwas enttäuschend war alleine der Shop im Besucherzentrum. Außer einem englischssprachigen Buch über die Dalarna-Reise Carl von Linnés (welches ein Extrakapitel über die Bergwerke enthielt) war nichts Brauchbares an Literatur zu finden.
"
Wer Falun nicht gesehen hat,
hat Schweden nicht gesehen!"
Olof Nauclér, Wissenschaftler, 1702