Freiberg
Verfasst: Fr. 28. Aug 09 22:16
Mit Elektroautos durch Freibergs Unterwelt
Neuer Stollen führt von "Reicher Zeche" zur Innenstadt
Freiberg. Freiberg rüstet sich für das Berggeschrey des 21. Jahrhunderts. Die TU Bergakademie will im gemeinsamen Projekt "Freiberg Basis-Stollen" mit der Stadt einen drei Kilometer langen "Tunnel", einen Bergwerksstollen, quer durch die Stadt graben. Das in erster Linie, um Platz für neue Forschungsflächen zu gewinnen. "Die Zugänge, wie wir sie von der ,Reichen Zeche' und der ,Alten Elisabeth' haben, entsprechen längst nicht mehr dem Stand der Technik", begründet Klaus Grund, Leiter des Lehr- und Forschungsbergwerkes, die Idee für das größte bergbauliche Vorhaben seit Schließung des Bergbaus im Freiberger Revier Ende der 1960er Jahre. Zudem sei die nutzbare Fläche inzwischen ausgereizt. Neben dem Lehrpfad gibt es Forschungsplätze unter Tage. Auch komme man nach Jahren der Flaute mit steigenden Besucherzahlen an logistische Grenzen: "Bei 25.000 Gästen, die pro Jahr einfahren wollen, haben wir nicht mehr viel Spielraum", so Grund.
Von der "Reichen Zeche" aus, so der Plan, wird es auf einer Rampe hinab gehen in 50 bis 150 Meter Tiefe. Fünf Meter breit und dreieinhalb Meter hoch wird der Gang unter Freiberg sein, nutzbar für Forscher und Touristen. Eine richtige Straße wird es dort dann geben. Allerdings, so schränkt Klaus Grund ein, nicht für den öffentlichen Verkehr. Lediglich Elektroautos ähnlich denen auf dem Golfplatz würden für den Personen- und Materialtransport eingesetzt. Zweifel an der Sicherheit unter Tage mit Blick auf den Einsturz des Stadtarchivs in Köln hat Grund nicht: "Dafür gibt es strikte Vorgaben. Außerdem bauen wir keine U-Bahn." Nicht nur der Bergwerkschef, auch der TU-Kanzler Andreas Handschuh will das Vorhaben zügig vorantreiben. 2010 sollte Baustart sein. Beide sind optimistisch, dass 2015, zur 250-Jahr-Feier der Bergakademie, der Bau vollendet sein könnte und 2016 der Forschungsbetrieb beginnt.
Forschungskanal wie in einem Leichtathletikstadion
Mit dem neuen Stollen wäre die Nutzung von Erdwärme für Schloss Freudenstein und des Grubenwassers zur Kälteversorgung von Unigebäuden auf dem Campus kostengünstiger möglich. "Zudem gibt es bereits Anfragen von Wirtschaftsunternehmen, die Forschungskapazitäten unter Tage nutzen wollen", so Handschuh. Das sei gut so, denn Uni und Stadt allein könnten das gigantische Projekt nicht stemmen. Einen ersten Interessenten aus dem eigenen Haus gibt es bereits: Der Lehrstuhl für Strömungsmechanik unter Leitung von Christoph Brücker möchte in der Tiefe einen Forschungskanal einrichten. Für Strömungsprozesse in Umwelt-, Transport- und Energietechnik könnte mit dem Kanal geforscht werden. "Vorstellen muss man sich das als Ringkanal, in Form und Größe ähnlich der 400 Meter Laufbahn eines Leichtathletik-Stadions", erklärt Projektkoordinator Sebastian Kern. Der mit Grubenluft betriebene Forschungskanal sei ausgestattet mit Gebläseeinheit, Schleppantrieb sowie einer geradlinigen Mess- und Prüfstrecke von 100 Metern. Der gesamte Platzbedarf, der mehreren Fußballfeldern entspreche, sei über Tage kaum realisierbar. Außerdem gebe es bei konstanter Luftfeuchte und zwölf Grad Celsius ideale Bedingungen für Messungen. Der Aufbau soll zeitnah mit dem Vortrieb des Stollens erfolgen. Derzeit würden zum Projekt die ersten Studien laufen. Abhängig sei die Nutzung des Kanals von Partnern in der Industrie, so Kern.
20 Millionen Euro sind insgesamt veranschlagt, zehn Millionen allein für den Kanal. Neben der Wirtschaft soll auch der Tourismus Geld bringen. Auf dem Campus in Höhe des Karl-Kegel-Baus an der Leipziger Straße und im Stadtzentrum wird man in die Unterwelt Freibergs einfahren können. Die Förderkörbe hinab sollen jeweils etwa 15 Personen Platz bieten, hat Klaus Grund schon konkrete Vorstellungen. Bei Führungen ist viel von der 800-jährigen Freiberger Bergbaugeschichte zu erfahren. Trotzdem: Bei aller Euphorie ist das Projekt noch ein Plan, der finanzkräftige Partner braucht.
Von Gabriele Fleischer - freiepresse.de
Erschienen am 28.08.2009
Glück Auf
Horst
Neuer Stollen führt von "Reicher Zeche" zur Innenstadt
Freiberg. Freiberg rüstet sich für das Berggeschrey des 21. Jahrhunderts. Die TU Bergakademie will im gemeinsamen Projekt "Freiberg Basis-Stollen" mit der Stadt einen drei Kilometer langen "Tunnel", einen Bergwerksstollen, quer durch die Stadt graben. Das in erster Linie, um Platz für neue Forschungsflächen zu gewinnen. "Die Zugänge, wie wir sie von der ,Reichen Zeche' und der ,Alten Elisabeth' haben, entsprechen längst nicht mehr dem Stand der Technik", begründet Klaus Grund, Leiter des Lehr- und Forschungsbergwerkes, die Idee für das größte bergbauliche Vorhaben seit Schließung des Bergbaus im Freiberger Revier Ende der 1960er Jahre. Zudem sei die nutzbare Fläche inzwischen ausgereizt. Neben dem Lehrpfad gibt es Forschungsplätze unter Tage. Auch komme man nach Jahren der Flaute mit steigenden Besucherzahlen an logistische Grenzen: "Bei 25.000 Gästen, die pro Jahr einfahren wollen, haben wir nicht mehr viel Spielraum", so Grund.
Von der "Reichen Zeche" aus, so der Plan, wird es auf einer Rampe hinab gehen in 50 bis 150 Meter Tiefe. Fünf Meter breit und dreieinhalb Meter hoch wird der Gang unter Freiberg sein, nutzbar für Forscher und Touristen. Eine richtige Straße wird es dort dann geben. Allerdings, so schränkt Klaus Grund ein, nicht für den öffentlichen Verkehr. Lediglich Elektroautos ähnlich denen auf dem Golfplatz würden für den Personen- und Materialtransport eingesetzt. Zweifel an der Sicherheit unter Tage mit Blick auf den Einsturz des Stadtarchivs in Köln hat Grund nicht: "Dafür gibt es strikte Vorgaben. Außerdem bauen wir keine U-Bahn." Nicht nur der Bergwerkschef, auch der TU-Kanzler Andreas Handschuh will das Vorhaben zügig vorantreiben. 2010 sollte Baustart sein. Beide sind optimistisch, dass 2015, zur 250-Jahr-Feier der Bergakademie, der Bau vollendet sein könnte und 2016 der Forschungsbetrieb beginnt.
Forschungskanal wie in einem Leichtathletikstadion
Mit dem neuen Stollen wäre die Nutzung von Erdwärme für Schloss Freudenstein und des Grubenwassers zur Kälteversorgung von Unigebäuden auf dem Campus kostengünstiger möglich. "Zudem gibt es bereits Anfragen von Wirtschaftsunternehmen, die Forschungskapazitäten unter Tage nutzen wollen", so Handschuh. Das sei gut so, denn Uni und Stadt allein könnten das gigantische Projekt nicht stemmen. Einen ersten Interessenten aus dem eigenen Haus gibt es bereits: Der Lehrstuhl für Strömungsmechanik unter Leitung von Christoph Brücker möchte in der Tiefe einen Forschungskanal einrichten. Für Strömungsprozesse in Umwelt-, Transport- und Energietechnik könnte mit dem Kanal geforscht werden. "Vorstellen muss man sich das als Ringkanal, in Form und Größe ähnlich der 400 Meter Laufbahn eines Leichtathletik-Stadions", erklärt Projektkoordinator Sebastian Kern. Der mit Grubenluft betriebene Forschungskanal sei ausgestattet mit Gebläseeinheit, Schleppantrieb sowie einer geradlinigen Mess- und Prüfstrecke von 100 Metern. Der gesamte Platzbedarf, der mehreren Fußballfeldern entspreche, sei über Tage kaum realisierbar. Außerdem gebe es bei konstanter Luftfeuchte und zwölf Grad Celsius ideale Bedingungen für Messungen. Der Aufbau soll zeitnah mit dem Vortrieb des Stollens erfolgen. Derzeit würden zum Projekt die ersten Studien laufen. Abhängig sei die Nutzung des Kanals von Partnern in der Industrie, so Kern.
20 Millionen Euro sind insgesamt veranschlagt, zehn Millionen allein für den Kanal. Neben der Wirtschaft soll auch der Tourismus Geld bringen. Auf dem Campus in Höhe des Karl-Kegel-Baus an der Leipziger Straße und im Stadtzentrum wird man in die Unterwelt Freibergs einfahren können. Die Förderkörbe hinab sollen jeweils etwa 15 Personen Platz bieten, hat Klaus Grund schon konkrete Vorstellungen. Bei Führungen ist viel von der 800-jährigen Freiberger Bergbaugeschichte zu erfahren. Trotzdem: Bei aller Euphorie ist das Projekt noch ein Plan, der finanzkräftige Partner braucht.
Von Gabriele Fleischer - freiepresse.de
Erschienen am 28.08.2009
Glück Auf
Horst