Ich gehe davon aus, daß die Technik durch die Römer in Deutschland eingeführt wurde, allerdings kaum in nennenswertem Umfang, denn der größte Römertunnel hierzulande, der durch den Drover Berg bei Düren (1700 m) wurde im Qanat-Verfahren aufgefahren. Im Frühmittelalter war die Technik gewiß nicht verbreitet, da es überhaupt nur einen einzigen nennenswerten Tunnel in unseren Breiten gab, den am Laacher See in der Eifel.
Auch bei dem von dir angesprochenen "Tunnel", dem sgn. "Fulbert-Stollen" gibt es einige Argumente, die darauf hindeuten, das er älter ist, als es die bisherige Lehrmeinung vertritt. Allgemein ist man der Meinung, das der Fulbertstollen dazu diente einen Teil des Sees zu entwässern um damit Land zu gewinnen. Der Stollen wurde im 17 Jh. durch den Deliusstollen ersetzt, der wiederum tiefer liegt, was einen weiteren Landgewinn erbrachte. Die Zuordnung zu dem Abt Fulbert (1152-1157) erfolgte aufgrund dendrochronologischer Datierungen von Eichenbalken an der Abtei, die Spuren zeigten, das es, nennen wir es einmal, Wasserhaltungsprobleme an der Abtei gegeben hat. Deshlab wurde geschlussfolgert, das hier ein Wasserabflussstollen gebaut werden musste, sonst wäre die Abtei untergegangen. (So zumindest beschreibt es Otto)
Dieser Heimatforscher, Gerd Otto, vertritt in seinem Buch "Auf den Spuren der Römer in der Osteifel (Sutton Verlag) folgende Argumentationskette, warum der "Fulbert-Stollen römischen Ursprung haben muss:
1) Es gibt (seiner Meinung nach) eine Villa rustica am Rand des heutigen Laacher Sees, auf er gleichen Höhe wie die heutige Abtei. Also auch für diese hätte schon zur römischer Zeit ein Wasserproblem bestanden. Sprich sie wäre unter Wasser gestanden.
2) Die Römer waren in der Lage ein solch aufwendiges Bauwerk technisch und finanziell zu meistern, siehe einen Tunnel bei Brey (der auf Gegenortbetrieb zu prüfen wäre, der ist teilweise zugänglich und ebenfalls in Qanat-Verfahren aufgefahren) und eine Wasserleitung bei Soller (NRW).
3) Berechnungen des Wasserzuflusses in den Laacher See zeigen, das schon zur Gründung der Abtei im Jahr 1093 ein Wasserabfluss bestanden haben muss. Ansonsten wäre die Baustelle unter wasser gewesen.
4) Knappe 100 Jahre nach dem vermeintlichen Bau des Fulberstollens mussten Fremdarbeiter her, um den eingestürzten Stollen wiederherzustellen, da die Mönche diese Technologie verlernt haben.
Ich hatte im letzten Winter die Gelegenheit den Deliusstollen und den darüberliegenden, mit dem Deliusstollen verbundenen Fulberstollen zu befahren. Bilder werde ich im nächsten Winter nachholen.
Die Qanatbauweise und der damit verbundene Gegenortbetrieb ist gut erkennbar. Was mich wundert sind die viereckigen, nicht runden Schächte. Leider gibt es kaum oder eher keine Abbauspuren, da das Gestein unglaublich weich ist und das Wasser die Wände geglättet hat. Evtl. müssten man die Schächte einmal hochklettern und an den dortigen Wänden nach Inschriften suchen. Ob man das Alter dieses Stollens jemals klären kann?
Habt ihr Ideen?
Glückauf!