Mittwoch, 28. Januar 2009, 19.00 Uhr
Die Radbod-Katastrophe von 1908
Vortrag über Explosionsrisiko im LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall
Über das Explosionsrisiko und Schutzmaßnahmen im industriellen Steinkohlenbergbau berichtet Dr. Michael Farrenkopf vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum am 28. Januar im LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe lädt um 19 Uhr zu dem Vortrag in sein Wittener Industriemuseum ein. Er findet statt im Rahmen des umfangreichen Begleitprogramms zur Sonderausstellung "Grubenunglück Radbod 1908. Die Aufzeichnungen des Einfahrers Moritz Wilhelm", die noch bis zum 30. Juni in Witten zu sehen ist. Ab 18 Uhr haben Besucher die Möglichkeit, die Ausstellung bei freiem Eintritt zu besichtigen.
Aufgrund einer kombinierten Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion kamen am 12. November 1908 auf der Schachtanlage Radbod in Hamm 350 Bergleute zu Tode. Es war das bis dahin folgenschwerste Explosionsunglück in der Geschichte des deutschen Steinkohlenbergbaus. Der Vortrag behandelt die sicherheitstechnischen und gesellschaftlichen Hintergründe der Katastrophe und ordnet sie in die historische Entwicklung von Explosionsrisiko und bergbaulichem Explosionsschutz ein.
Die Radbod-Katastrophe war für die Zeitgenossen ein Schock. Als klar wurde, dass es keine Überlebenden mehr geben konnte, wurde schon am frühen Abend des Unglückstages die Schließung und Flutung des Bergwerks beschlossen. Es folgten insgesamt zwei Jahre andauernde Aufräum- und Bergungsarbeiten, die das Unglück präsent hielten und den Diskussionen um die Ursachen immer wieder neue Nahrung gaben.
Die mit hoher Sachkompetenz durchgeführten Unfalluntersuchungen ließen eine eindeutige Bestimmung des Explosionsauslösers nicht zu, so dass die gerichtlichen Prozesse nicht zur Verurteilung der Angeklagten aufgrund fahrlässigen Verhaltens führten. Aber die Radbod-Katastrophe wirkte dennoch so tief, dass nachhaltige Veränderungen im deutschen Steinkohlenbergbau einsetzten. Zum Beispiel wurde die Schlagwetter- und Kohlenstaubforschung intensiviert und eine Hauptstelle für das Grubenrettungswesen im Ruhrbergbau eingerichtet. Mit der Novellierung des Berggesetzes im Jahr 1909 wurden schließlich die seit langem geforderten Sicherheitsmänner aus den Reihen der Arbeiterschaft
eingeführt.
Zur Person
Dr. Michael Farrenkopf leitet das Montanhistorische Dokumentationszentrum mit den Bereichen Bergbau-Archiv, Bibliothek/Fotothek und Museale Sammlungen beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum. Als Forschungsleiter für die Montangeschichte seit der Industrialisierung zählt die historische Unfall- und Katastrophenforschung im Bergbau seit längerem zu seinen Forschungsschwerpunkten.
Veranstaltungsort:
LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall
Nachtigallstraße 35, 58452 Witten-Bommern
http://www.lwl.org/LWL/Kultur/wim/S/witten/