Bergbau in St. Joachimsthal (Jáchymov) vor 1516?
Verfasst: Mi. 28. Mai 08 21:26
Gab es bei St. Joachimsthal (Jáchymov) in Böhmen bzw. bei der Vorgängersiedlung Conradsgrün vor dem Jahr 1516 schon nennenswerten Bergbau?
Der Hintergrund meiner Frage ist folgender:
Ich lese gerade eine etwas ältere aber interessante Publikation zur Geschichte der kurpfälzischen Bergordnungen:
Silberschmidt, W. (1913): Die Regelung des pfälzischens Bergwesens – Nach archivalischen Quellen dargestellt. Wirtschafts- und Verwaltungsstudien mit besonderer Berücksichtigung Bayerns XLIV. Herausgeber Georg Schanz [Deichertsche Verlagsbuchhandlung] Leipzig, 164 S.
In dieser Schrift erwähnt der Autor für den Zeitraum 1472-73 Beziehungen der Kurpfalz zum St. Joachimsthaler Bergbau (Textpassage am Ende dieses Beitrags). Dies macht mich stutzig, denn es ist mir aus der offiziellen Geschichtsschreibung bekannt, dass der Beginn des Bergbaus und die Gründung des Ortes St. Joachimsthal erst im Jahr 1516 erfolgte. Die Anlegung bzw. Betrieb eines Stollens deutet auch auf einen umfangreicheren und kapitalintensiven Bergwerksbetrieb hin
Daraus ergeben sich drei Fragen bzw. Thesen:
1.) Der Autor hat sich bei der Zuordnung und Datierung geirrt. Dagegen spricht, dass dem Autor eigentlich die Geschichte der Stadt St. Joachimsthal als Bergordnungs- und Gewerkschaftsforscher (die kapitalistische und montane Variante der Gewerkschaft ist hier gemeint) bekannt gewesen sein müsste.
2.) Es gab zu dem Zeitraum einen (weiteren) Bergbauort namens St. Joachimsthal im Erzgebirge oder böhmischen Raum, der heute nicht mehr existiert oder umbenannt worden ist.
3.) In oder bei Conradsgrün gab es vor dem großen „Bergeschrey“ und der Gründung der Stadt St. Joachimsthal 1516 bereits einen Bergbaubetrieb, der aber noch nicht so erfolgreich Ausbeute brachte wie die Silberfunde von 1516 (siehe Zubußeforderung). Der Autor kennt die Vorgeschichte von St. Joachimsthal und gebraucht als Ortsangabe für den weniger bekannten Namen Conradsgrün der verlassenen Vorgängersiedlung den ab 1516 etablierten Namen St. Joachimsthal.
Für diese These spricht z.B. dass in Marienberg wohl auch vor der bekannten Gründung um 1521 bereits Bergbau betrieben wurde und Grubennamen bzw. die Existenz von Bergmeistern belegt ist (Meyer, Falk (2007): Der Marienberger Bergbau um 1600, in: Tagungsband zum 10. Internationalen Montanhistorik Workshop).
Da ich den Autor leider nicht mehr befragen kann, wende ich mich an das Forum. Vielleicht ist einem Kenner der böhmischen Montangeschichte im Erzgebirge vielleicht ein Stollen/Grube oder Gewerkschaft namens „Reichschatzer“ oder etwas zum Bergbau bei Joachimsthal vor 1516 bekannt und kann damit zur Aufklärung beitragen.
Der betreffende Textabschnitt auf den Seiten 19-20 über St. Joachimtshal in der oben genannten Publikation von Silberschmidt:
„Über die Oberpfalz, wahrscheinlich auch auf Veranlassung Bargsteiners (Anmerkung des Beitragschreibers: Jakob Bargsteiner oder Partsteiner, Kastner und Bürger zu Amberg, Gewerke und Hauptförderer des Bergbaus in der Pfalz um 1468 bis 1479, Berater des Kurfürsten Friedrich I der Siegreiche, Kurfürst von der Pfalz 1452–1476, in Bergbausachen), unterhält Kurfürst Friedrich Beziehungen zu den Bergwerken der Bergstadt St. Joachimsthal. Der Schichtmeister in St. Joachimsthal, Melchior Neumohn, übersendet seine Register über den Reichschatzer Stollen an den Bergmeister des Stifts Waldsassen und verlangt Zubuße; der Bergmeister berichtet darüber an den Kurfürsten." 1)
1) Bad. Generallandesarchiv. Pfalz Generalia. Bergwerke außer der Pfalz Akt. Nr. 656.
Anmerkung: Dies muss nach chronologischer Reihenfolge im Zeitraum 1472-73 geschehen sein.
Glück auf!
Daniel
Der Hintergrund meiner Frage ist folgender:
Ich lese gerade eine etwas ältere aber interessante Publikation zur Geschichte der kurpfälzischen Bergordnungen:
Silberschmidt, W. (1913): Die Regelung des pfälzischens Bergwesens – Nach archivalischen Quellen dargestellt. Wirtschafts- und Verwaltungsstudien mit besonderer Berücksichtigung Bayerns XLIV. Herausgeber Georg Schanz [Deichertsche Verlagsbuchhandlung] Leipzig, 164 S.
In dieser Schrift erwähnt der Autor für den Zeitraum 1472-73 Beziehungen der Kurpfalz zum St. Joachimsthaler Bergbau (Textpassage am Ende dieses Beitrags). Dies macht mich stutzig, denn es ist mir aus der offiziellen Geschichtsschreibung bekannt, dass der Beginn des Bergbaus und die Gründung des Ortes St. Joachimsthal erst im Jahr 1516 erfolgte. Die Anlegung bzw. Betrieb eines Stollens deutet auch auf einen umfangreicheren und kapitalintensiven Bergwerksbetrieb hin
Daraus ergeben sich drei Fragen bzw. Thesen:
1.) Der Autor hat sich bei der Zuordnung und Datierung geirrt. Dagegen spricht, dass dem Autor eigentlich die Geschichte der Stadt St. Joachimsthal als Bergordnungs- und Gewerkschaftsforscher (die kapitalistische und montane Variante der Gewerkschaft ist hier gemeint) bekannt gewesen sein müsste.
2.) Es gab zu dem Zeitraum einen (weiteren) Bergbauort namens St. Joachimsthal im Erzgebirge oder böhmischen Raum, der heute nicht mehr existiert oder umbenannt worden ist.
3.) In oder bei Conradsgrün gab es vor dem großen „Bergeschrey“ und der Gründung der Stadt St. Joachimsthal 1516 bereits einen Bergbaubetrieb, der aber noch nicht so erfolgreich Ausbeute brachte wie die Silberfunde von 1516 (siehe Zubußeforderung). Der Autor kennt die Vorgeschichte von St. Joachimsthal und gebraucht als Ortsangabe für den weniger bekannten Namen Conradsgrün der verlassenen Vorgängersiedlung den ab 1516 etablierten Namen St. Joachimsthal.
Für diese These spricht z.B. dass in Marienberg wohl auch vor der bekannten Gründung um 1521 bereits Bergbau betrieben wurde und Grubennamen bzw. die Existenz von Bergmeistern belegt ist (Meyer, Falk (2007): Der Marienberger Bergbau um 1600, in: Tagungsband zum 10. Internationalen Montanhistorik Workshop).
Da ich den Autor leider nicht mehr befragen kann, wende ich mich an das Forum. Vielleicht ist einem Kenner der böhmischen Montangeschichte im Erzgebirge vielleicht ein Stollen/Grube oder Gewerkschaft namens „Reichschatzer“ oder etwas zum Bergbau bei Joachimsthal vor 1516 bekannt und kann damit zur Aufklärung beitragen.
Der betreffende Textabschnitt auf den Seiten 19-20 über St. Joachimtshal in der oben genannten Publikation von Silberschmidt:
„Über die Oberpfalz, wahrscheinlich auch auf Veranlassung Bargsteiners (Anmerkung des Beitragschreibers: Jakob Bargsteiner oder Partsteiner, Kastner und Bürger zu Amberg, Gewerke und Hauptförderer des Bergbaus in der Pfalz um 1468 bis 1479, Berater des Kurfürsten Friedrich I der Siegreiche, Kurfürst von der Pfalz 1452–1476, in Bergbausachen), unterhält Kurfürst Friedrich Beziehungen zu den Bergwerken der Bergstadt St. Joachimsthal. Der Schichtmeister in St. Joachimsthal, Melchior Neumohn, übersendet seine Register über den Reichschatzer Stollen an den Bergmeister des Stifts Waldsassen und verlangt Zubuße; der Bergmeister berichtet darüber an den Kurfürsten." 1)
1) Bad. Generallandesarchiv. Pfalz Generalia. Bergwerke außer der Pfalz Akt. Nr. 656.
Anmerkung: Dies muss nach chronologischer Reihenfolge im Zeitraum 1472-73 geschehen sein.
Glück auf!
Daniel