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Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Do. 09. Aug 07 11:11
von JWE
GLÜCKAUF!

Zur Zeit schreibe ich einige Berichte zum kleinen Johannes da dieses Jahr die 100-Jährige Öffnung und 40-Jährige Schließung der Grube "gefeiert" wird.
Auch ein Buch zum Thema habe ich in Vorbereitung, es wird voraussichtlich im November in Druck gehen.
Hier mal die ersten Auszüge. Natürlich wird es Textlich noch etwas verfeinert, aber ich wüsste gerne mal eure Meinung dazu...
Es wird übrigens mehr ein Bildband mit ca. 300 Fotos auf ca. 120 Seiten.


Gründung der Gewerkschaft bis zur ersten Schließung.

1. Vorgeschichte – Gründung der Gewerkschaft in Arzberg

Von den um das Jahr 1800 im Umkreis von Arzberg liegenden ca. 30 Gruben die auf Eisenerz bauten wurden infolge der sinkenden Stahlpreise immer mehr Gruben Stillgelegt. Grund hierfür waren billigere Stähle aus England und aus dem Rheinland, bedingt durch die Nähe der zur Verhüttung benötigten Kohlevorräte die in Arzberg fehlten.
Um 1860 schlossen sich die verbleibenden 7 bis 8 Gruben zur „konsolidierten Zeche kleiner Johannes“ zusammen, die jedoch wenig später die Erzförderung ganz einstellte.
Bereits am 11. August 1869 lies sich die Prager Eisenindustriegewerkschaft in Wien erneut das Abbaurecht des Grubenbesitzes „kleiner Johannes“ in den Gemarkungen Arzberg und Schlottenhof beim Kgl. Bergamt Bayreuth verleihen.
Grund für den erneuten Aufschwung des Bergbaues war das 1855 in England zur Stahlerzeugung entwickelte Bessemer-Verfahren. Der Großteil des produzierten Stahles wurde damals zur Schienenherstellung für die Bahn verwendet. Die Bahn zog Schienen die nach dem Besemer-Verfahren gefertigt wurden den im Puddel-Verfahren gefertigten aus Qualitätsgründen vor.
Bedingung für das Bessemer-Verfahren waren Phosphorarme Erze, wie die vorkommen um Arzberg.
Durch das 1877 in England entwickelte Thomasstahlverfahren ermöglichte die wirtschaftliche Stahlproduktion auch mit Phosphorreicheren Erzen bei gleicher Qualität.
Da Phosphorreiche Erze gegenüber den Phosphor Armen wesentlich häufiger vorkommen war das Aus für den Arzberger Bergbaues wieder wahrscheinlicher.
Dieses wurde von der Prager Eisenindustriegesellschaft frühzeitig erkannt und die bereits zum Abbau vorgerichteten Grubenbaue wurden 1894 an die beiden Arzberger Bürger Balthasar Weiß und Johann Kaspar Peuschel zu gleichen Teilen verkauft. Die beiden Herren Gründeten eine bergrechtliche Gesellschaft unter dem Namen „Eisensteingewerkschaft kleiner Johannes“ mit Sitz in Arzberg, der Name der Gewerkschaft wurde wegen Einspruch des Bergamtes Bayreuth geändert in „Gewerkschaft Eisensteinzeche kleiner Johannes“.
Als um 1900 die Auserzung der bis dahin vorgerichteten Grubenbaue absehbar war (nach einem Bericht des Bergamtes Bayreuth vom 25. Januar 1902 wäre der Abbau höchstens noch 1 bis 1,5 Jahre möglich gewesen) wurde die Gesellschaft erneut zum Verkauf angeboten.
Am 19. Dezember 1902 wurde der Besitz an Graf Erwein Nostitz-Rieneck und die Firma C. T. Petzold & Co. In Wien verkauft und wurde unter dem Namen „Gewerkschaft Eisensteinzeche kleiner Johannes“ weiter geführt.
Evtl. Bild von Arzberg

2. Erste Aktivitäten in Pegnitz

Aufgrund der nur noch geringen Erzvorräte im Arzberger Revier wurden weiter Abbaugebiete gesucht, so wurde am 28. August 1907 „in einem Waldgrunde in der Gemeinde Buchau“ auf einem 200 Hektar großen Feld mit dem Namen „Sonya“ Mutung eingelegt.
Bei einer Befahrung des Bergamtes Bayreuth am 25. September 1907 wurde in einem 7,5m tiefen Versuchsschacht ein ca. 0,6m mächtiges Roteisenoolithflöz (Eisenerz) mit einem Eisengehalt von 29,87 Prozent.
Am 13.01.1908 wurde für das Grubenfeld „Konrad“, am 27. April 1908 für das Grubenfeld „Erwein Süd und Nord“ mit einer Fläche von je 200 Hektar pro Feld – Mutung eingelegt.
Durch weiteren Erwerb von Grubenfeldern in der Umgebung von Pegnitz betrug der Grundbesitz der Gewerkschaft Ende des Jahres 1908 eine Gesamtfläche von 2147 Hektar.
Am 01. März 1909 wurden weitere 1000 Hektar Mutung auf das Feld „Friedrich“ verliehen.
Die Untersuchungsarbeiten wurden am 20. August 1909 abgeschlossen.
Einige Pegnitzer Bürger und vor allem die Firma Armaturen- und Maschinenfabrik – Abteilung Pegnitzhütte (der Hauptsitz der Firma war damals in Nürnberg, heutige KSB) waren von den Bergbauaktivitäten gar nicht begeistert da sie um ihre Wasserversorgung fürchteten.
Am Zipser Berg war eine Quelle (Plan-Nr: 1519) und in dem Firmengelände ein Brunnen, dieser existiert heute noch (artesischer Brunnen). Mann befürchtete der Wasserausfluss werde durch den Bergbau beeinträchtigt oder bleibt ganz aus.
Ende 1909 wurde die Auffahrung des Erweinstollens („Erwein 2“, da es bereits ein Feld Erwein bei Kaltenthal gab) begonnen. Bereits am 25. Januar 1910 betrug seine Länge 85m und im Dezember 1910 bereits 288m.
Am 06. März 1911 teilte die Gewerkschaft dem Bergamt mit das die Aufschlussarbeiten vorübergehend eingestellt wurden.
Im Januar 1914 wurde das Erzflöz bei Kaltenthal durch einen 26m langen Stollen untersucht.
Im Februar 1914 wurde ein Versuchsabbau von ca. 100m² im Erweinstollen durchgeführt.
Evtl. ersten Grubenplan
Die Gewerkschaft besitzt zu diesem Zeitpunkt folgende Grubenfelder und Gruben:

- Eingetragen im Grundbuch des königlichen Bayerischen Amtsgerichtes in Pegnitz, die Felder:
Conrad, Buchau I, III, und IV, Erwein I und II, Amalienzeche, Josefine, Eichenberg, Sonya, Friedrich
- Eingetragen im Grundbuch des königlichen Bayerischen Amtsgerichtes in Weismain, die Felder: Concordia, Kaiser
Wilhelm, Prölitz, Silberleithe
- Eingetragen im Grundbuch des königlichen Bayerischen Amtsgerichtes in Pottenstein, die Felder: Elsa, Herbert
- Eingetragen im Grundbuch des königlichen Bayerischen Amtsgerichtes in Lichtenfels, die Felder: Johannes II, Försters
Johanneszeche, Grüne Tanne, Bleibgetreu, Germania, Josef, Helene, Konkordia
- Eingetragen im Grundbuch des königlichen Bayerischen Amtsgerichtes in Staffelstein, die Felder: Bürgerzeche,
Hümmerszeche, Pauserzeche, Romansthalzeche, Vierzehnheiligen I, II und III, Heinrichszeche, Aligundis, Germania,
Kilianszeche, Ludwig, Engelbert, Leonhard II, Körner II, Reinkens II, Fürst Bismarck, Albert
- Verleihungsurkunde des Bergamtes Bayreuth, die Gruben: Walburga bei Namsreuth (1885), Leonhard (1891), Alte
Hoffnung (1870), Ludwig (1870), Carl Wilhelm (1870), Wilhelm (1874), Burgschlag (1888), Gottes Glück (1944), Einigkeit II
(1888)
- Verleihungsurkunde des Bergamtes München, die Gruben: Elisabeth (1905), Engelbertzeche (1909), Johanneszeche (1909)
- Verleihungsurkunde des Bergamtes Regensburg, die Gruben: Siegfried (1875), California (1875)
- Verleihungsurkunde des Bergamtes Steben (heute Bad Steben), die Gruben: Wilder Mann (1868)

3. Übernahme durch die Donnersmarckhütte
(Oberschlesische Eisen- und Kohlenwerke Aktien-Gesellschaft)

Durch einen Vertrag vom 03. Mai 1915 wurde der gesamte Grubenbesitz an die Donnersmarckhütte in Oberschlesien zum Preis für 850.000 Mark verkauft. Der Sitz der Gewerkschaft wurde am 21. Juni 1916 nach Pegnitz verlegt.
Um einen Maschinellen Abbau zu ermöglichen wurde im Juli 1915 eine Maschinenhalle (20x8m) mit einem 15PS-Lokomobil (= Dampfmaschine) mit Drehstromdynamo (Hochspannung) errichtet und in der Hauptstrecke des Erweinhauptstollens bei der Länge von 300m ab Stollenmundloch ein untertägiger Maschinenraum mit Kompressor zur Drucklufterzeugung installiert.
Ab August 1915 arbeiteten 23 Mann zu 9 Stunden in der Grube.
Am 12. November brannte das Zechenhaus ab, vermutlich durch die Glut eines Holzofens.
Bereits am 13. Dezember war auf dem selben Platz ein neues Zechenhaus errichtet (=Holzbaracke).
Es wurde eine Erzaufbereitung „mit reduzierender Röstung und Schwachfeld-Magnetscheidung“ errichtet die bereits 1918 den Betrieb aufnahm. Die Erzgewinnung erfolgte im Pfeilerrückbau, die erzeugte Erzmenge der Aufbereitung betrug 50-120t Erzkonzentrat pro Tag mit einem Eisengehalt von 46 bis 49%. 1916 waren 54 Arbeiter, darunter 19 Kriegsgefangene beschäftigt.
In den folgenden Jahren gab es Kriegsbedingt immer wieder Schwierigkeiten mit der Bereitstellung von Eisenbahnwagen zum Erztransport. Diese wurden meist nicht in ausreichender Menge und meist nicht zur gewünschten Zeit durch die Reichsbahn gestellt.

Funktionsbeschreibung der Aufbereitung (Originaltext, 05.11.1917)

Die aus der Grube kommenden Roherze werden in der Vorzerkleinerungsanlage bis zur etwa Haselnussgröße zerkleinert; sie gelangen in diesem Zustand in den Röstofen, den sie von oben nach unten auf schrägen Rutschplatten passieren. Auf diesem wege werden die Erze zunächst getrocknet und es wird ihnen das Wasser entzogen, das die Erze in einer Menge von 8-10% enthalten. Darauf werden die Erze bei einer Temperatur von etwa 600 bis 800 Grad geröstet um die magnetischen Eigenschaften zu stärken.
Das so vorbereitete Erz wird der Separation zugeführt, in der es zunächst weiter zerkleinert wird bevor es zu den Separatoren gelangt. In den Separatoren findet die Scheidung zwischen dem eigentlichen Erz und den beigemengten Sandmengen statt in der Weise, dass das Erz infolge seiner magnetischen Eigenschaften durch das magnetische Feld hindurch getragen wird während der unmagnetische Sand durch sein Gewicht nach unten ausfällt. Das ausgeschiedene Erz wird in Silos gesammelt und aus diesem den Eisenbahnwagen zugeführt.

Aufgrund der hohen Brennstoffkosten für die Röstung und der hohen Transportkosten des Erzes nach Oberschlesien erfolgte im Inflationsjahr 1923 die Betriebsstilllegung.
Der Hauerlohn betrug 1916 trotz Kriegsbedingt mangelnder Arbeitskräfte nur 4-5 Mark.

Die Donnersmarckhütte hat den Betrieb in Pegnitz nicht wieder aufgenommen, sondern an die beiden größten bayerischen Montsanunternehmen, die BHS (Bayerische Berg- Hütten- und Salzwerke München) und an die Maximilanshütte in Sulzbach-Rosenberg am 10. August 1928 verkauft.
Die Grube wurde von 1923 bis 1928 bis zum Verkauf mit ca. 3 Mann unterhalten, danach erfolge die endgültige Stilllegung.

Re: Chronik der Eisensteinzeche "Kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Do. 09. Aug 07 17:32
von Schlacke
Hallo und Glückauf!

Über den Pegnitzer Bergbau gibt es eine weniger bekannte Veröffentlichung:
Irene Lenk u. Klaus Volz: Bergbau in Pegnitz - Erwein, Konrad u. Friedrich
Pegnitz: 1992,
mit reichhaltigem (s/w) Bildmaterial aus der Betriebszeit von 1910 bis 1969.

Ferner ist der Aufsatz von P. Halbach lesenswert, er umfasst die Lagerstätte, Erzinhalt, Mineralogie, Abbau und Aufbereitung des Pegnitzer Erzvorkommens.
Zu finden im Geologischen Jahrbuch, Reihe D, Heft 10, Hannover: 1975, S. 168 ff.
Titel: Das Eisenerz im Hauptflözhorizont des Dogger-Beta in den Grubenfeldern der Gewerkschaft Eisensteinzeche "Kleiner Johannes" bei Pegnitz.

GA

Schlacke

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Fr. 10. Aug 07 17:40
von JWE
Hallo Schlacke!

Kennst Dich ja gut aus in der Ecke! Woher kommts?
Muss natürlich als Waschechter Pegnitzer sagen, dass ich das von Dir aufgezählte schon kenne und besitze.
Aber besser so als wenn es was geben würde was ich nicht wüsste!
Wie kommt Deine Kenntniss von Pegnitz?

GLÜCKAUF!

Jörg

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Fr. 10. Aug 07 17:43
von kapl
JWE hat geschrieben: Wie kommt Deine Kenntniss von Pegnitz?
http://www.montan-litbank.de steht bei ihm im Profil ;)

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Fr. 10. Aug 07 23:12
von Schlacke
Hallo und danke für die Blumen,
wenn man sich mit dem Montanwesen der Oberpfalz beschäftigt, kann man 'Pegnitz' nicht übersehen.
Die erwähnten Hinweise sind noch nicht alles, es finden sich noch weitere Zitate über den ehemaligen Eisenerzbergbau Pegnitz in meiner Datenbank.
Hier verfüge ich nach ca. 27 Jahren Beschäftigung mit dem Berg-, Hütten- und Salinenwesen über rd. 53'000 Hinweise zum Montanwesen, eine wahre Fundgrube. Wenn mich ein Thema besonders interessiert, wie im Moment das Berg- und Hüttenwesen des Chiemgaus, dann habe ich inzwischen doch noch einige Quellen, aus denen ich schöpfen kann.

Fazit: Auf eine Frage gibt es immer eine zufriedenstellende Antwort.

P.S. Die Datenbank steht für Recherchen vom 3.10 bis 7.10.07 auf dem Montanhistorik-Workshop zur Verfügung.

Glückauf!

Schlacke

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Mi. 22. Aug 07 12:20
von JWE
GLÜCKAUF!

Ich möchte alle interessierten am Tag des offenen Denkmals (09.09.) am Erweinstollen in Pegnitz einladen.
Führungen gibt es von 10.00 bis 18.00 Uhr. Leider ist nicht mehr besonders viel von unserer Grube übrig geblieben, ich denke eine weite Anreise lohnt nicht wirklich - leider.
Trotzdem, für alle aus der näheren Umgebung - ich würde mich sehr freuen!

GLÜCKAUF!

Jörg

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Sa. 15. Mär 08 10:18
von sailgeneration
Ist in Pegnitz mittlerweile ein Besucherbergwerk eingerichtet?

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: So. 16. Mär 08 18:13
von sailgeneration
JWE hat geschrieben:GLÜCKAUF!

Ich möchte alle interessierten am Tag des offenen Denkmals (09.09.) am Erweinstollen in Pegnitz einladen.
Führungen gibt es von 10.00 bis 18.00 Uhr. Leider ist nicht mehr besonders viel von unserer Grube übrig geblieben, ich denke eine weite Anreise lohnt nicht wirklich - leider.
Trotzdem, für alle aus der näheren Umgebung - ich würde mich sehr freuen!

GLÜCKAUF!

Jörg

Glück Auf Jörg!

Findet so etwas wieder einmal statt?
Bin sehr interessiert!

Gruß Jochen

Re: Chronik der Eisensteinzeche "kleiner Johannes" in Pegnitz

Verfasst: Mo. 17. Mär 08 9:54
von JWE
Hallo Jochen,

nein, kein Besucherbergwerk ist das wohl nicht. Lediglich der fordere Teil des Stollens wurde zu einem "stillen Museum" hergerichtet und der Besucher kann durch das vergitterte Stollenmundloch hinein schauen. Durch einen Bewegungsmelder geht auch Lich an.
Geöffnet hat der Stollen nur ein mal im Jahr, am Tag des offenen Denkmals im September.
Wenn interesse besteht kann ich aber am Wochenende mal eine Führung machen, aber erwarte nicht zu viel.

Glückauf aus Pegnitz,

Jörg

Hier ein paar Bilder vom letzten "Tag des offenen Denkmals" 2007