Kohleabbau oder Naturschutz??
Verfasst: Di. 27. Mär 07 20:17
...."keine einfache Entscheidung" oder "Geld regiert die Welt"....
In der "Freien Presse" auf Seite 18 (Blick nach Böhmen) konnte man am Montag, 26. März 2007 folgendes lesen:
Streit um ein Naturschutzgebiet
Bergbauunternehmen Sokolovska uhelna stellt Unterstützung für Sport und Kultur ein
Von Vladislav Podracky
Sokolov / Falkenau. Die Nachricht hat in Westböhmen Wellen geschlagen: Die Bergbaugesellschaft Sokolovska uhelna stellt vorübergehend die finanzielle Unterstützung für den Sport- und Kulturbereich ein. Das Unternehmen reagiert damit auf einen Antrag der Mitglieder des Vereins Kriticky Klub (Kritischer Club). Diese haben im Februar in einer öffentlichen Beratung über die Naturschutzkonzeption des Kreises Karlovy Vary gefordert, dass das Gebiet der Pingen bei Lomnice / Lanz (Restlöcher des Bergbaus) zum Schutzgebiet erklärt wird. Laut Frantisek Stepanek, dem Generaldirektor der Sokolovska uhelna, würde ein solcher Schritt zum sozialen und wirtschaftlichen Kollaps der gesamten Region um Sokolov / Falkenau führen.
Die Einstellung der finanziellen Unterstützung ist kein unbedeutender Schritt. Das Unternehmen gibt jährlich mehr als 60 Millionen Kronen (mehr als 2,2 Millionen Euro) an Sponsorengeldern. In der Region existiert keine andere Gesellschaft, die deren Wegfall ausgleichen könnte. Am Kohleabbau hängen sprichwörtlich eine ganze Reihe von Vereinen und Organisationen – angefangen vom Extraliga-Eishockeyteam HC Energie Karlovy Vary bis zu den Imkern.
Es gibt mehrere Gründe, warum das Naturschutzvorhaben solche Emotionen weckt. Das Gebiet der Pingen umfasst rund fünf Quadratkilometer in der Nähe von Sokolov. Es handelt sich um ein Areal, das vor rund einem Jahrhundert durch den Einbruch von Schächten entstand. Damals wurde die Kohle in Falkenauer Revier noch teilweise im Tiefbau gefördert. Da der Untergrund nicht stabil ist, konnte das Terrain jahrzehntelang nicht betreten werden. In dieses Gebiet soll nun nach den Plänen des Bergbauunternehmens in den nächsten zehn Jahren der Tagebau Jiri vorrücken.
Die Mitglieder des Kritischen Klubs machen ihrerseits auf die Tatsache aufmerksam, dass sich in diesem Gebiet seltene Tierarten und einmalige Pflanzen angesiedelt haben, zu deren Schutz die Tschechische Republik durch internationale Abkommen verpflichtet sei. Kritisiert wird gleichzeitig, dass die Kohleförderung ausgebaut werden soll, obwohl das Land bereits jetzt Strom exportiere.
Ein weiteres Problem liegt darin, dass unter den Pingen die Kohle nicht mehr in den ursprünglichen Flözen liegen soll, sondern das Abbaugebiet von alten Schächten regelrecht druchlöchert ist. Das bringe die Notwendigkeit mit sich, den Grundwasserspiegel künstlich konstant zu halten.
Die tschechische Regierung hat bereits 1992 das Gebiet der Pingen für die Erweiterung des Tagebaus Jiri eingeplant. 1999 wurde dem Abbauvorhaben auch aus Sicht des Naturschutzes zugestimmt. Der Bergbau in dem Braunkohlegebiet von Sokolov wird derzeit bis zum Jahr 2035 geplant. Eine wichtige Rolle nimmt dabei der Abbau im Gebiet der alten Pingen ein. Falls der Klub mit seinem Einspruch erfolgreich sei, müsste der Kohleabbau früher als vorgesehen eingestellt werden, lautet die Argumentation des Bergbauunternehmens.
Gegen den Vorschlag des Klubs gibt es deshalb Widerstand seitens der Kommunen und zahlreicher Firmen der Region, ebenso von der Bergbaugesellschaft. Falls der Naturschutz Vorrang vor der Wirtschaft habe, so deren gemeinsamer Tenor, hätte dies katastrophalen Einfluss auf die gesamte Region. Man befürchtet, dass vorzeitig nicht nur die rund 4500 Beschäftigten bei Sokolovska uhelna arbeitslos würden, sondern auch mehrere tausend Mitarbeiter von Firmen, die derzeit als Subunternehmer für Sokolovska uhelna tätig sind.
Das Bergbauunternehmen plant den Bau des Industriegebietes in Nähe von Sokolov. Dort sollen nach dem Ende des Bergbaus neue Arbeitsplätze entstehen. Aber das Projekt ist erst für 2035 geplant. Bis zum Jahr 2015 sei es nicht möglich, das Industriegebiet und den geplanten Technologiepark zu errichten. Für dessen Bau will das Unternehmen einen Teil des Geldes einsetzen, das mit der Kohleförderung verdient werden soll.
Der Sprecher des Klubs, der frühere Senator der Freiheitsunion und ehemalige Bürgermeister von Loket / Elbogen, Jan Hadrava, behauptet dagegen, dass es ich um einen typischen Streit handelt, in dem auf der einen Seite die Interessen des Naturschutzes stehen und auf der anderen die Gewinne der Aktionäre von Sokolovska uhelna. Die Erklärung der Kommunen und Gewerkschaften bezeichnet Hadrava als vergleichbar mit den Praktiken aus Zeiten des Sozialismus. Die Bürgermeister aus dem Raum Sokolov konterten mit dem Vorwurf, dass es ihrem früheren Kollegen um nichts anderes gehe, als um eigene Publizität – ohne Hinsicht darauf, welche Schäden er damit anrichte.
Die endgültige Entscheidung über das Abbaugebiet wird Ende März erwartet. Dann soll der Kreistag Karlovy Vary über die Konzeption des Naturschutzes in der Region abstimmen. Von dessen Entscheidung hat es das Bergbauunternehmen abhängig gemacht, ob die Unterstützung von Sport, Kultur und weiteren gemeinnützigen Projekten fortgesetzt wird.
In der "Freien Presse" auf Seite 18 (Blick nach Böhmen) konnte man am Montag, 26. März 2007 folgendes lesen:
Streit um ein Naturschutzgebiet
Bergbauunternehmen Sokolovska uhelna stellt Unterstützung für Sport und Kultur ein
Von Vladislav Podracky
Sokolov / Falkenau. Die Nachricht hat in Westböhmen Wellen geschlagen: Die Bergbaugesellschaft Sokolovska uhelna stellt vorübergehend die finanzielle Unterstützung für den Sport- und Kulturbereich ein. Das Unternehmen reagiert damit auf einen Antrag der Mitglieder des Vereins Kriticky Klub (Kritischer Club). Diese haben im Februar in einer öffentlichen Beratung über die Naturschutzkonzeption des Kreises Karlovy Vary gefordert, dass das Gebiet der Pingen bei Lomnice / Lanz (Restlöcher des Bergbaus) zum Schutzgebiet erklärt wird. Laut Frantisek Stepanek, dem Generaldirektor der Sokolovska uhelna, würde ein solcher Schritt zum sozialen und wirtschaftlichen Kollaps der gesamten Region um Sokolov / Falkenau führen.
Die Einstellung der finanziellen Unterstützung ist kein unbedeutender Schritt. Das Unternehmen gibt jährlich mehr als 60 Millionen Kronen (mehr als 2,2 Millionen Euro) an Sponsorengeldern. In der Region existiert keine andere Gesellschaft, die deren Wegfall ausgleichen könnte. Am Kohleabbau hängen sprichwörtlich eine ganze Reihe von Vereinen und Organisationen – angefangen vom Extraliga-Eishockeyteam HC Energie Karlovy Vary bis zu den Imkern.
Es gibt mehrere Gründe, warum das Naturschutzvorhaben solche Emotionen weckt. Das Gebiet der Pingen umfasst rund fünf Quadratkilometer in der Nähe von Sokolov. Es handelt sich um ein Areal, das vor rund einem Jahrhundert durch den Einbruch von Schächten entstand. Damals wurde die Kohle in Falkenauer Revier noch teilweise im Tiefbau gefördert. Da der Untergrund nicht stabil ist, konnte das Terrain jahrzehntelang nicht betreten werden. In dieses Gebiet soll nun nach den Plänen des Bergbauunternehmens in den nächsten zehn Jahren der Tagebau Jiri vorrücken.
Die Mitglieder des Kritischen Klubs machen ihrerseits auf die Tatsache aufmerksam, dass sich in diesem Gebiet seltene Tierarten und einmalige Pflanzen angesiedelt haben, zu deren Schutz die Tschechische Republik durch internationale Abkommen verpflichtet sei. Kritisiert wird gleichzeitig, dass die Kohleförderung ausgebaut werden soll, obwohl das Land bereits jetzt Strom exportiere.
Ein weiteres Problem liegt darin, dass unter den Pingen die Kohle nicht mehr in den ursprünglichen Flözen liegen soll, sondern das Abbaugebiet von alten Schächten regelrecht druchlöchert ist. Das bringe die Notwendigkeit mit sich, den Grundwasserspiegel künstlich konstant zu halten.
Die tschechische Regierung hat bereits 1992 das Gebiet der Pingen für die Erweiterung des Tagebaus Jiri eingeplant. 1999 wurde dem Abbauvorhaben auch aus Sicht des Naturschutzes zugestimmt. Der Bergbau in dem Braunkohlegebiet von Sokolov wird derzeit bis zum Jahr 2035 geplant. Eine wichtige Rolle nimmt dabei der Abbau im Gebiet der alten Pingen ein. Falls der Klub mit seinem Einspruch erfolgreich sei, müsste der Kohleabbau früher als vorgesehen eingestellt werden, lautet die Argumentation des Bergbauunternehmens.
Gegen den Vorschlag des Klubs gibt es deshalb Widerstand seitens der Kommunen und zahlreicher Firmen der Region, ebenso von der Bergbaugesellschaft. Falls der Naturschutz Vorrang vor der Wirtschaft habe, so deren gemeinsamer Tenor, hätte dies katastrophalen Einfluss auf die gesamte Region. Man befürchtet, dass vorzeitig nicht nur die rund 4500 Beschäftigten bei Sokolovska uhelna arbeitslos würden, sondern auch mehrere tausend Mitarbeiter von Firmen, die derzeit als Subunternehmer für Sokolovska uhelna tätig sind.
Das Bergbauunternehmen plant den Bau des Industriegebietes in Nähe von Sokolov. Dort sollen nach dem Ende des Bergbaus neue Arbeitsplätze entstehen. Aber das Projekt ist erst für 2035 geplant. Bis zum Jahr 2015 sei es nicht möglich, das Industriegebiet und den geplanten Technologiepark zu errichten. Für dessen Bau will das Unternehmen einen Teil des Geldes einsetzen, das mit der Kohleförderung verdient werden soll.
Der Sprecher des Klubs, der frühere Senator der Freiheitsunion und ehemalige Bürgermeister von Loket / Elbogen, Jan Hadrava, behauptet dagegen, dass es ich um einen typischen Streit handelt, in dem auf der einen Seite die Interessen des Naturschutzes stehen und auf der anderen die Gewinne der Aktionäre von Sokolovska uhelna. Die Erklärung der Kommunen und Gewerkschaften bezeichnet Hadrava als vergleichbar mit den Praktiken aus Zeiten des Sozialismus. Die Bürgermeister aus dem Raum Sokolov konterten mit dem Vorwurf, dass es ihrem früheren Kollegen um nichts anderes gehe, als um eigene Publizität – ohne Hinsicht darauf, welche Schäden er damit anrichte.
Die endgültige Entscheidung über das Abbaugebiet wird Ende März erwartet. Dann soll der Kreistag Karlovy Vary über die Konzeption des Naturschutzes in der Region abstimmen. Von dessen Entscheidung hat es das Bergbauunternehmen abhängig gemacht, ob die Unterstützung von Sport, Kultur und weiteren gemeinnützigen Projekten fortgesetzt wird.