Die Pyramiden von Ronneburg
Verfasst: Di. 19. Dez 06 10:36
Neues Buch «Die Pyramiden von Ronneburg» erzählt Geschichte des Unternehmens Wismut bis heute
Ronneburg (ddp.djn). Das Wort Uran war tabu. In allen Unterlagen, Arbeitsbesprechungen und Kennziffern wurde es zu DDR-Zeiten durch den unverfänglichen Begriff «Metall» ersetzt.
Das und viel mehr aus dem Innenleben des Unternehmens Wismut erzählt das neue Buch «Die Pyramiden von Ronneburg - Uranerzbergbau in Ostthüringen», das am Dienstag in Gera vorgestellt wird. Herausgegeben vom Bergbautraditionsverein Wismut hat es den Anspruch, von den Anfängen des Uranerzbergbaus nach dem Zweiten Weltkrieg über den «Mythos Wismut» bis hin zur Wandlung zu einem Sanierungsunternehmen zu berichten.
Sinnbildlich für den Uranerzbergbau stehen die im Volksmund gern auch «Titten von Ronneburg» genannten Abraumkegel, die jahrzehntelang die Landschaft rund um die Stadt prägten und die heute nahezu spurlos verschwunden sind. Die jeweils rund 100 Meter hohen Kegel waren weithin sichtbarer Ausdruck des Hungers der Sowjetunion nach spaltbarem Material - nach Uran. Am Anfang standen Ende der 40er Jahre die «umfassenden Aktivitäten der UdSSR, um nach den Abwürfen in Hiroshima und Nagasaki wie die USA in den Besitz einer eigenen Atombombe zu kommen«, heißt es in dem Buch.
Nach »wilden Anfangsjahren« entstand 1954 die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut als zweistaatliches Unternehmen - ein Novum bis zum Ende der DDR. Bis 1990 wurden unter ihrem Namen rund 230 000 Tonnen Uranerz gefördert und in die Sowjetunion geliefert.
Rund 45 000 Menschen waren bei der Wismut beschäftigt. »Staat im Staate« wurde das Unternehmen verächtlich und respektvoll zugleich genannt. Im Innern der Bergbaubetriebe und den dazugehörigen Einrichtungen herrschten noch strengere Sicherheitsvorkehrungen als im übrigen »Arbeiter-und-Bauern-Staat«. Das Ministerium für Staatssicherheit unterhielt eine eigene Niederlassung. Daneben gab es beispielsweise ein »Kontaktverbot mit Bürgern westlicher Staaten für Geheimnisträger und Auslandskader«. Auch die »Einstufung von dienstlichen Informationen« war in Vertraulichkeitsgraden geregelt, erfährt der Leser des Buches. Und: »Sowjetischen Mitarbeitern war es verboten, in der Heimat ihren Arbeitsort in der DDR zu nennen.«
Das Buch dokumentiert - gestützt auf Archivmaterial und Privatquellen - ebenfalls, was den Wismut-Mitarbeiter wegen der schweren körperlichen Arbeit und der durch die Radioaktivität verursachten Gesundheitsgefahren an Vorteilen geboten wurde. Während es in den Gründerjahren »noch Lebensmittel wie Butter, Milch, Käse« waren, ging es später um »Personenkraftwagen und Wohnungen. Diese Vorzüge wurden von der Belegschaft gern angenommen«, urteilen die Autoren. Was die übrigen Bewohner der Region davon hielten, kommentieren die Verfasser so: »Für die Bevölkerung im Umfeld des Unternehmens ergab sich die Erkenntnis, dass es sich bei der Wismut um ein außerhalb der DDR-Gegebenheiten existierendes Gebilde handele.«
Für diese Versorgungsvorteile bezahlten viele Bergleute teuer. Bis 2001 werden in von dem Buch zitierten Wismut-Statistiken rund 36 700 Menschen angegeben, die an Berufskrankheiten litten, darunter rund 16 700 Silikosen und Silikotuberkulosen. Bei rund 8000 Menschen diagnostizierten Mediziner ein Bronchialkarzinom, das durch ionisierende Strahlung ausgelöst wurde. Nicht angegeben wird in dem Buch, wie viele Menschen die Arbeit im Uranbergbau mit dem Leben bezahlten. Es fehlen außerdem Hinweise auf die in den 80er und 90er Jahren wachsende Zahl von Kritikern am ökologischen Raubbau der Wismut, die vor allem aus kirchlich engagierten Kreisen stammten.
Mit der Wende und dem Ende des Kalten Krieges kam das Aus für die unrentable Urangewinnung. Im Dezember 1989 erklärte die sowjetische Regierung, ab 1991 kein Erz mehr abzunehmen. Das Buch berichtet in mehreren Kapiteln vom schwierigen und selten konfliktfreien Wandel des ehemals drittgrößten Uranproduzenten der Welt in ein Unternehmen, das sanierte, was es zuvor verändert, belastet und zerstört hatte. Einer von vielen Beweisen dieser Bemühungen ist das Verschwinden der »Pyramiden von Ronneburg«.
(»Die Pyramiden von Ronneburg - Uranerzbergbau in Ostthüringen», herausgegeben vom Bergbautraditionsverein Wismut, Druckhaus Blochwitz, Zeitz, 25 Euro. Internet: Bergbautraditionsverein-Wismut.de)
ddp.djn/clp/hwa
Quelle: http://foerderland.de/626+M59ce1222279.0.html
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hat da schon jemand reingeschaut und kann etwas dazu sagen/schreiben?
Ronneburg (ddp.djn). Das Wort Uran war tabu. In allen Unterlagen, Arbeitsbesprechungen und Kennziffern wurde es zu DDR-Zeiten durch den unverfänglichen Begriff «Metall» ersetzt.
Das und viel mehr aus dem Innenleben des Unternehmens Wismut erzählt das neue Buch «Die Pyramiden von Ronneburg - Uranerzbergbau in Ostthüringen», das am Dienstag in Gera vorgestellt wird. Herausgegeben vom Bergbautraditionsverein Wismut hat es den Anspruch, von den Anfängen des Uranerzbergbaus nach dem Zweiten Weltkrieg über den «Mythos Wismut» bis hin zur Wandlung zu einem Sanierungsunternehmen zu berichten.
Sinnbildlich für den Uranerzbergbau stehen die im Volksmund gern auch «Titten von Ronneburg» genannten Abraumkegel, die jahrzehntelang die Landschaft rund um die Stadt prägten und die heute nahezu spurlos verschwunden sind. Die jeweils rund 100 Meter hohen Kegel waren weithin sichtbarer Ausdruck des Hungers der Sowjetunion nach spaltbarem Material - nach Uran. Am Anfang standen Ende der 40er Jahre die «umfassenden Aktivitäten der UdSSR, um nach den Abwürfen in Hiroshima und Nagasaki wie die USA in den Besitz einer eigenen Atombombe zu kommen«, heißt es in dem Buch.
Nach »wilden Anfangsjahren« entstand 1954 die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut als zweistaatliches Unternehmen - ein Novum bis zum Ende der DDR. Bis 1990 wurden unter ihrem Namen rund 230 000 Tonnen Uranerz gefördert und in die Sowjetunion geliefert.
Rund 45 000 Menschen waren bei der Wismut beschäftigt. »Staat im Staate« wurde das Unternehmen verächtlich und respektvoll zugleich genannt. Im Innern der Bergbaubetriebe und den dazugehörigen Einrichtungen herrschten noch strengere Sicherheitsvorkehrungen als im übrigen »Arbeiter-und-Bauern-Staat«. Das Ministerium für Staatssicherheit unterhielt eine eigene Niederlassung. Daneben gab es beispielsweise ein »Kontaktverbot mit Bürgern westlicher Staaten für Geheimnisträger und Auslandskader«. Auch die »Einstufung von dienstlichen Informationen« war in Vertraulichkeitsgraden geregelt, erfährt der Leser des Buches. Und: »Sowjetischen Mitarbeitern war es verboten, in der Heimat ihren Arbeitsort in der DDR zu nennen.«
Das Buch dokumentiert - gestützt auf Archivmaterial und Privatquellen - ebenfalls, was den Wismut-Mitarbeiter wegen der schweren körperlichen Arbeit und der durch die Radioaktivität verursachten Gesundheitsgefahren an Vorteilen geboten wurde. Während es in den Gründerjahren »noch Lebensmittel wie Butter, Milch, Käse« waren, ging es später um »Personenkraftwagen und Wohnungen. Diese Vorzüge wurden von der Belegschaft gern angenommen«, urteilen die Autoren. Was die übrigen Bewohner der Region davon hielten, kommentieren die Verfasser so: »Für die Bevölkerung im Umfeld des Unternehmens ergab sich die Erkenntnis, dass es sich bei der Wismut um ein außerhalb der DDR-Gegebenheiten existierendes Gebilde handele.«
Für diese Versorgungsvorteile bezahlten viele Bergleute teuer. Bis 2001 werden in von dem Buch zitierten Wismut-Statistiken rund 36 700 Menschen angegeben, die an Berufskrankheiten litten, darunter rund 16 700 Silikosen und Silikotuberkulosen. Bei rund 8000 Menschen diagnostizierten Mediziner ein Bronchialkarzinom, das durch ionisierende Strahlung ausgelöst wurde. Nicht angegeben wird in dem Buch, wie viele Menschen die Arbeit im Uranbergbau mit dem Leben bezahlten. Es fehlen außerdem Hinweise auf die in den 80er und 90er Jahren wachsende Zahl von Kritikern am ökologischen Raubbau der Wismut, die vor allem aus kirchlich engagierten Kreisen stammten.
Mit der Wende und dem Ende des Kalten Krieges kam das Aus für die unrentable Urangewinnung. Im Dezember 1989 erklärte die sowjetische Regierung, ab 1991 kein Erz mehr abzunehmen. Das Buch berichtet in mehreren Kapiteln vom schwierigen und selten konfliktfreien Wandel des ehemals drittgrößten Uranproduzenten der Welt in ein Unternehmen, das sanierte, was es zuvor verändert, belastet und zerstört hatte. Einer von vielen Beweisen dieser Bemühungen ist das Verschwinden der »Pyramiden von Ronneburg«.
(»Die Pyramiden von Ronneburg - Uranerzbergbau in Ostthüringen», herausgegeben vom Bergbautraditionsverein Wismut, Druckhaus Blochwitz, Zeitz, 25 Euro. Internet: Bergbautraditionsverein-Wismut.de)
ddp.djn/clp/hwa
Quelle: http://foerderland.de/626+M59ce1222279.0.html
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