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Unbekanntes Stollenprofil
Verfasst: Di. 29. Aug 06 13:40
von galenit
Hallo zusammen!
Erster Beitrag von mir hier im Forum - und gleich eine Frage an alle Altbergbauforscher:
Anbei zwei Fotos eines Stollens aus dem Schwarzwald. Erstaunlich ist das Profil: Kastenförmig, knapp 2 m hoch und ca. 1,5 m breit. Alles ist mit Sicherheit in Schlägel- und Eisenarbeit gehauen worden (...leider schlecht zu erkennen auf den Fotos). Nebengestein ist ein recht standfester Gneis, aufgefahren wurde der Stollen auf eine kleine, nicht sehr reiche Eisen - Vererzung.
Fraglich ist die
zeitliche Stellung dieses Stollens. Aus dem Mittelalter ist mir ein solches "Kastenprofil" nicht bekannt, in neuerer Zeit wäre wohl kaum noch mit S. & E. in dieser Grösse gearbeitet worden...
Wer kann etwas beitragen zur Lösung? Hat jemand schon einmal so ein Profil gesehen, welches mit Sicherheit zeitlich einzuordnen ist?!? Gab es sowas im Mittelalter?
Freue mich über Eure Antworten!
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Verfasst: Di. 29. Aug 06 15:17
von digger_Martin
Garantiert nicht mittelalterlich, dafür aber ca. 18. Jh., maximal noch Ende 17. Jh.
Verfasst: Di. 29. Aug 06 15:29
von galenit
Müssten dann nicht auch schon Schießspuren (Bohrpfeifen etc.) vorhanden sein?!
Die fehlen gänzlich in der Grube...
Verfasst: Di. 29. Aug 06 17:50
von digger_Martin
Spuren von Bohren und Schießen im 17./18. Jh. nicht unbedingt vorhanden sein. Das kann mehrere Gründe gehabt haben. Allerdings müßte man dafür jetzt wissen, in welchem Revier (Freiamt, Münstertal, Sulzburg, Kinzigtal u.a.), um welches Bergwerk es sich handelt etc. Unabhängig davon bleibt aber die Datierung in 17./18. Jh.
Glückauf,
Martin
PS: Du kannst mir gerne auch eine PN schicken.
Verfasst: Di. 29. Aug 06 18:07
von AdM_Michael
Ich schliesse mich Martin an. Zumindest auf dem linken Bild sieht der linke Stoss etwas unsauber gearbeitet aus. Gibt es dort noch irgendwo Bohrpfeifen?
Verfasst: Di. 29. Aug 06 18:09
von AdM_Michael
Sorry, hat etwas laenger gedauert um die Antwort zu erstellen. Vor drei Stunden war der Informationsstand noch etwas anders.
Verfasst: Di. 29. Aug 06 18:39
von galenit
Zu den Bohrpfeifen:
Auf dem linken Bild sieht man, dass eine kleine, vererzte Zone angefahren wurde (es handelt sich dabei um störungskontrollierte, limonitische Fe-Mineralisationen, die auch das Nebengestein intensiv imprägniert haben). Diese haben die "Alten" an dieser Stelle etwas genauer untersucht, daher ist das saubere Profil zerstört.
Zusätzlich läuft hier eine kleine Störung durch, so dass später auch Gestein nachgebrochen sein wird.
Und, wie gesagt: Im ganzen Stollen KEINE einzige Bohrpfeife, auch hier nicht.
Verfasst: Di. 29. Aug 06 21:18
von digger_Martin
Wenn ich mir das Bild so ansehe und Dein letztes Statement dazu nehme, handelt es sich um eine stark hydroxidhaltige Störungszone, an der entlang der Stollen aufgefahren wurde. Das war einfach üblich, nicht nur im Schwarzwald. Die Stelle auf dem linken Bild sieht für mich so aus, als wäre sie einfach nur ausgebrochen und nicht noch zusätzlich untersucht. Ist auf einem Foto natürlich schwer zu erkennen. Ähnliche Befunde kenne ich aus dem Schauinsland, dem Teufelsgrund, der Grube Caroline bei Sexau und der Grube Segen Gottes bei Haslach-Schnellingen und einigen Bergwerken bei Schiltach, um nur einige aus dem Schwarzwald zu nennen. Konkret zu Deinem Stollenprofil finden sich gute Parallelen in der Grube Carilone bei Sexau und bei Keppenbach (beides Freiamt).
@Michael: Macht nichts. Deine Beiträge haben ja nun mal einen längeren Weg zurückzulegen!
Glückauf,
Martin
Verfasst: Di. 29. Aug 06 21:37
von galenit
Glück auf Martin!
Schön, dass eine gute Diskussion zustande gekommen ist!
Alle von Dir genannten Befunde aus anderen Bergwerken sind natürlich richtig - allein, alle gehen auf die Verwitterung sulfidischer Erze (hpts. Pyrit/ Kupferkies, aber noch viele andere) zurueck und sind somit sekundäre Fe - (hydr-)oxide (am schönsten immer noch die "Zapfen" in der Segen Gottes, hmmm...!). In unserem Fall sind sowohl primäre Fe - Erze als auch sekundäre Neubildungen, wie an den Stollenwänden im linken Foto zu sehen, vorhanden. Der Stollen ist senkrecht auf die Vererzung aufgefahren.
Aber das schweift zu stark ab: Angenommen, der Stollen ist aus dem 18./ 19. Jhdt - warum würde man ein solches Profil fahren?
Verfasst: Mi. 30. Aug 06 6:35
von AdM_Michael
Koennte fast ein Fall von:
"Das haben wir schon immer so gemacht und das machen wir auch weiterhin so!"
sein.
Querschlaegig aufgefahrene Stollen bis in die abbauwuerdigen Bereiche der Lagerstaette sind im Gangerzbergbau eher die Regel (allerdings keine Regel ohne Ausnahmen)
Verfasst: Mi. 30. Aug 06 12:08
von digger_Martin
Hallo Galenit,
auf dem Foto ist leider nicht gut zu erkennen, ob es sich um primäre oder sekundäre Erze handelt. Zu sehen sind von der Farbe vor allem Eisenhydroxide. Daher wäre es vielleicht ganz den Namen der Grube und das Revier zu erfahren, damit wir hier auf dem gleichen Stand sind.
Was das Stollenprofil angeht, das übrigens ins 17./18. Jh. datiert, kann ich Michael im großen und ganzen zustimmen. Das Profil wurde als das günstigste angesehen, zumindest wohl für die Förderung. Statisch ist es eher das schlechteste. Wie sich die einzelnen Profile verbreitet haben, ist etwas schwieriger. Dazu muß natürlich eingerechnet werden, daß sie unterschiedlich lange in den einzelnen Revieren ausgeführt wurden.
Aber wie gesagt, es wäre nett, ein paar mehr Infos zum Bergwerk zu erhalten.
Glückauf,
Martin
Verfasst: Do. 31. Aug 06 19:20
von galenit
Glückauf Digger_Martin!
Bitte habe Verstaendnis dafuer, dass ich die genaue Lokalitaet der Grube aus einer Vielzahl von Gruenden nicht nennen kann, jedenfalls so lange nicht, wie sich daran (an den besagten Gruenden) nichts geaendert hat.
Da ich noch nicht lang hier im Forum dabei bin, weiss ich nicht, ob sowas hier komplett unueblich ist. Wenn also Fragen bez. Bergwerken ohne genaue Ortsangabe nicht gewuenscht sind, bin ich gerne bereit das Thema zu loeschen, dafür kenn ich mich hier noch zuwenig aus (vielleicht kann mal ein "Profi" was dazu sagen?!?)
Meine Erfahrung lehrt mich, leider, dass es nicht immer klug ist, alles gleich weiterzugeben - zuviele Bergwerke sind schon "verlorengegangen" weil das Wort darueber zu schnell die Runde machte... Wahrscheinlich können da viele hier mitreden. Ich hoffe, du kannst das verstehen!
Glückauf
Galenit
Verfasst: Do. 31. Aug 06 19:42
von micha2
Hallo Galenit,
selbstverständlich sind hier Fragen zu Gruben ohne genaue Ortsangaben erwünscht!!!
galenit hat geschrieben:
Meine Erfahrung lehrt mich, leider, dass es nicht immer klug ist, alles gleich weiterzugeben - zuviele Bergwerke sind schon "verlorengegangen" weil das Wort darueber zu schnell die Runde machte... Wahrscheinlich können da viele hier mitreden. Ich hoffe, du kannst das verstehen!
Das sehen wir hier genauso! Wir haben bei kritischen und gefährdeten Objekten auch schon Ortsangaben aus Beiträgen gelöscht.
Sollte zur Klärung einiger Fragen die genaue Lage unbedingt notwendig sein, so ist es sinnvoll, wenn sich die interessierten Diskussionspartner darüber per PN bzw. Mail austauschen.
Es geht dabei nicht darum, daß man den Befahrerkollegen den eigenen Besuch missgönnt, sondern darum, daß man eine Grube vor der Verwüstung und Endverwahrung schützt.
GA
Michael Krumrei
Verfasst: Do. 31. Aug 06 20:15
von digger_Martin
Ich hatte eigentlich auch eine PN gedacht. Sorry, daß ich es nicht ausdrücklich dazu geschrieben habe. Werde das nächste Mal dran denken.
Glückauf,
Martin
Verfasst: Sa. 02. Sep 06 21:57
von Falafel
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen (wir hatten glaube ich, ein ähnliches Thema schon mal im Forum):
Im sächsischen Erzbergbau wechselte das Stollnprofil Anfang des 18. Jh. vom rechteckigen zu ovalen Profil (weil statisch günstiger, wie Martin schreibt). Allerdings findet sich das rechteckige Profil besonders in kleineren und abgelegeneren Revieren noch später.
Beachtlich ist bei obrigem Beispiel die Querschnittsgröße. Ein Lachter (also etwa 2 m) Höhe sind schon im Spätmittelalter durchaus üblich. Aber 1,5 m Breite ....!?
Das Fehlen der Bohrlochpfeifen will nichts besagen. Das Schießen hat sich erst im 19. Jh. als vorherrschende Technologie durchgesetzt. Zum Beispiel ist in Freiberg eine mittlere Grube (ca. 40 Beschäftigte) pro Woche mit ca. 5 Schüßen hin gekommen.
Glück Auf!
Stephan