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Erbstollen oder Normaler Stollen?

Verfasst: Di. 30. Aug 05 21:32
von Falk Meyer
Glück auf
Habe schon seit langer Zeit ein kleines Problem mit den Begriffen:
Stolln -- -- Erbstolln

Wo genau ist der Unterschied?

Die einen sagen, dass ein Stollen, der zur Wasserhaltung da war, ein Erbstollen sei; andere wiederum sagen, dass ein Stollenbesitzer, sofern ihm dieser Stollen rechtlich gehörte, und er diesen nach seinem Tode vererben konnte, ein Erbstollen sei.

Wie aber bezeichnet man dann einen stink normalen Stollen? Einfach als "Stollen"?

Nun brauche ich fachlichen Rat, ansonsten verzweifle ich hier noch!! :roll:

Verfasst: Di. 30. Aug 05 22:18
von Karlheinz_Rabas
Hallo Falk,

es gibt ein kleines Buch von meinen Kollegen Tilo Cramm und Joachim Huske: Bergmannssprache im Ruhrrevier, erschienen in der 5. Auflage 2002 im Regio-Verlag, Werne.
Dort steht:

Erbstollen, Hauptstollen
möglichst tief angesetzter, mit mindestens 1 : 400 Ansteigen aufgefahrener Stollen zur Wasser-, meist auch Wetterlösung, angelegt von Erbstöllnern, welche von den gelösten Bergwerken eine Erbstollengebühr (= Stollenneuntel = 10 % des Erlöses für verkaufte Kohlen) erhielten. Damit verbunden bestand auch das Recht, abzweigende Strecken (=Flügelörter) aufzufahren und in nicht verliehenen Feldern im Umgebungsbereich des Erbstollens verwertbare Mineralien zu gewinnen.

Stollen, Stolln
von der Tagesoberfläche in einen Berghang getriebener söhliger Grubenbau.

Mit freundlichem Glückauf
Karlheinz Rabas

Verfasst: Di. 30. Aug 05 22:41
von Björn
Das passt so.

Und wenn irgend jemand einen Stollen baut, der teifer ist als der Erbstollen wird dieser enterbt.
Es ist also immer der tiefste Stollen der Erbstollen.

Glossar lehrbergwerk.de:
"tiefster Entwässerungsstollen in einem Grubenrevier, der den darüber liegenden "enterbt""

Und dann noch was bei wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Erbstollen

Bei annähernd Söhliger Ausrichtung gibt es folgende Def.
Eine Sohle/Strecke besitzt keine Tagesöffnung
Ein Stollen besitzt eine Tagesöffnung
Ein Tunnel besitzt zwei Tagesöffnungen

Abhängig von der Neigung und der Bauart geht das dann über in

-Rampen/Wendeln bzw. Schrägstollen
-Schrägschacht bzw. Tonnenlägiger Schacht (mehr als 20gon, da hier nicht mehr mit Gurtförderer oder LKW gefördert werden kann)
-Saigerschacht

Björn

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 0:25
von micha2
Kurze Ergänzung:
(Ansonsten kann ich mich den Vorrednern/Schreibern nur anschließen)

" Eine Sohle besitzt keine Tagesöffnung":
Die Sohle (Stollen) ohne Tagesöffnung wird auch oft als Strecke bezeichnet.

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 0:27
von Björn
Danke, das hatte ich vergessen.

Björn

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 1:17
von Siggi
Wie siehts den bei der Stollnsohle aus ?
Verbindung nach zu Tage über Stollenmundloch oder Schacht ? :?

GA Siggi

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 3:55
von micha2
@Siggi:
Jaja, die Verwirrung des "Gegners" macht schon Spaß!

@Falk:
Halte Dich an die ersten zwei Beiträge. Das stimmt schon (weitgehenst) !!!

:D

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 9:35
von Siggi
micha2 hat geschrieben:@Siggi:
Jaja, die Verwirrung des "Gegners" macht schon Spaß!
:D
Das iss kein Witz !

Bei uns gibt es die Funkenstollensohle und wir wissen nicht ob es ein Mundloch dazu gibt (wahrscheinlich nicht).
Diese Stollensohle hat auf Karten nur anbindung an einen tonnlägigen Schacht.
"Gegner" sind in diesem Fall eher die alten Risse und keine Möglichkeit zum befahren

GA Siggi

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 10:46
von Björn
Das es reginale besonderheit gibt ist klar.
Ich habe für Stollen auch schon Fahrschacht gehört.

Die Definitionen von oben stammen aus "Reuther - Lehrbuch für Bergbaukunde" und meinen Vorlesungsunterlagen.

Man kann das beliebig mit Regionalen Begriffen und besonderheiten erweitern.
Ich meine das es bei Rösche zwischen Harz und Erzgebierge auch schon unterscheide in der Definition gibt.

Im Harz ist eine Rösche ein Stollen zu einem Wasserrad.
Aufschalgrösche
Abfallrösche

Und ein "Tunnel" der ein Grabenstück abkürzt ist eine Wasserlauf


Björn

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 11:04
von StefanD
Regionales: Im Siegerland ist die Rösche der Wasserkanal im Stollen. Und der längst verstorbene Kollege Oswald Brenner pflegte zu sagen: "Im Nassauischen heißt die Rösche Saige." :D
Nach Björns Definition wäre der Gelenbeeker Stollen vom Rammelsberg zum Bollrich ein Tunnel. Er hat aber eine recht nette Steigung. Also doch eine Rampe?
Und ein Entwässerungsstollen kann ein Erbstollen sein, wenn er finanziell und rechtlich gesehen eine Bergwerksanlage enterbt. Dagegen würde ich den Roten Bären nicht als Erbstollen bezeichnen, nur weil er die linke Talflanke des Bärener Tals entwässert. Erbstollengerechtsame bestanden hier niemals.
Habe ich jetzt die Definitionen verwässert? :? :D

Stefan

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 11:56
von alterbergbau.de
Da dies ein Fachdiskussionsforum ist beteilige ich mich auch gerne.

Ein tiefer Stollen ist aber nicht immer ein Erbstollen, auch wenn ein solche tiefer Stollen eiinem Bergwerk die "Lösung bringt". (das mag natürlich regional unterschiedlich sein).

Im Ruhrrevier gab es nach meinen Erkenntnissen das alte Recht im Mittelalter "der tiefste treibt den höheren aus". Spricht man da schon von "enterben"?
EDIT: es wurde häufig der begriff erbstollen oder Akeldruft gebraucht. Wie schon oben geschrieben, dienten die Stollen der Lösung der Grubenwässer und Bewetterung.

Das neue Verleihungsrecht sah dann vor, dass man als Gewerkschaft die Verleihung einer Erbstollengerechtigkeit beantragt. Das Bergamt konnte das Vorhaben dann Steuern, z.B. welche Kohlenbänke sinnvollerweise zu lösen seien.

siehe auch hier http://www.untertage.com/forum/viewtopi ... k&start=25

Im märkischen Sauerland beispielsweise gibt es viel seltener Erbstollen.
"Tiefe Stollen", die ein Erzvorkommen tiefer lösen sollten jedoch etliche. Diese wurden sehr oft durch die Bergbehörde mit Zehntfreiheit über einen Zeitraum X gefördert.

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 12:07
von Falk Meyer
Einwandfrei!
Weiß nun endlich, wie ich mit dem Begriff umgehen kann.
Danke nochmals!

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 12:23
von Falk Meyer
Und wenn irgend jemand einen Stollen baut, der teifer ist als der Erbstollen wird dieser enterbt.
Es ist also immer der tiefste Stollen der Erbstollen.

Glossar lehrbergwerk.de:
"tiefster Entwässerungsstollen in einem Grubenrevier, der den darüber liegenden "enterbt""
Aha. Da wäre dann auch z.B. der Weißtaubner Stolln und der Tropper Stollen im Marienberger Revier, als Wasserlösungsstollen ein Erbstollen? :?

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 14:39
von MichaP
genau. beide sind erbstollen.

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 14:46
von taubes_Gestein
In der Literatur ist bei beiden oben genannten Stolln immer nur die Rede von Entwässerungsstollen, der Begriff Erbstolln wurde meines Wissens nicht verwendet. Der Weißtaubner ist aber der tiefste zumindest im Revier Lauta. Und hat somit auch "geerbt".

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 17:04
von Pochknabe
Zum Thema Rösche habe ich noch folgendes gefunden:

"Eine besonders enge Strecke, welche gewöhnlich nur kurze Zeit benutzt wird, heißt Paß (Wetterpaß, Förderpaß, Schleppaß), in Westfalen auch Rösche, z.B. Wetterösche" aus TREPTOW (1927) Bergbaukunde S. 220

Glückauf!
Achim

Verfasst: Mi. 31. Aug 05 18:11
von Falk Meyer
Habe noch mal in meinen Unterlagen nachgeschaut.
Der Weißtaubner und auch der Tropper Stollen wären laut Deffinition Erbstolln - stimme ich zu und ist mir einleuchtend.
Beim Weißtaubner habe ich jetzt auch einen Bericht gefunden, der dies bestätigt.
Beim Tropper Stollen jedoch nicht.

Aber egal. Danke euch für eure Hinweise.

Verfasst: Sa. 03. Sep 05 22:55
von Privatbefahrer (†)
Auszug aus dem Deutschen Rechtwörterbuch:
Erbstollen, Erbstolle
Erklärung: Stollen, der anderen Schächten Betriebserleichterung schafft.
vgl. Bergstollen, Erbgangstollen, erbhaft (I), erbhaftig (V).

Belegtext: hat ain erbstollen, den man jahr und tag gearbait hat, und einen pau zu hilf bringen will, und luft und wasser nemmen will, jahr und tag freiung
Datierung: 1308 Fundstelle: Lori,BairBergr. 6
Informationen zur Quelle vom Heidelberger Hypertextserver (HDHS)
Belegtext: gelanget und gereicht ... den erbstollen und alle die recht, die eyn erbstolle zu rechte haben sul
Datierung: 1366 Fundstelle: Wutke,SchlesBergb. I 54
Belegtext: der erbstoll ist ein wasserseige under der erden, das man das alde gepirge trucken mache durch des erczes willen, das doselbst ertrunken ist. er heist darumb ein erbstolle, sam das er ewig sei durch der langen czeit willen, underscheid ander slechtes gepirges, di sein sam kurcze zeit
Datierung: 1400 Fundstelle: Zycha,BöhmBgr. II 145
Belegtext: leyhen wir in ainen suchstollen und ainen erbstollen
Datierung: 1475 Fundstelle: Lori,BairBergr. 102
Informationen zur Quelle vom Heidelberger Hypertextserver (HDHS)
Belegtext: ain erbstolln hat das recht, daß er mit seinen stolloerthern der wassersaig nach durch alle zechen und massen, dar zu durch gemessen und ungemessen gepuerg ... frey macht zu fahren, und mit seiner stolln hoch und weit, wo er aerzt antrift ... frey zu hauen
Datierung: 1548 Fundstelle: Lori,BairBergr. 250
Belegtext: dass von denen erbstollen oder auch anderen gruben und deren kluft zu abzäpfung des wassers, gelegentlicher fördernuß und bringung guten wetters denen kluften und zöchen zugestochen und gebauet werden kan
Datierung: 1731 Fundstelle: VorderöstBO. Art. 14
Fundstelle: Jelinek 222ff.

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Erbstollfreiung
Erklärung: Recht, Vorrecht eines Erbstollens.

Belegtext: von erbestoll fryhunge
Datierung: 1408 Fundstelle: ZBergr. 33 (1892) 216

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Erbstollengebühr
Erklärung: die dem Erbstollen zu leistenden Abgaben.

Fundstelle: Scheuchenstuel 68

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Erbstollenrecht
Erklärung: Abgabepflicht gegenüber dem Erbstollen.

Belegtext: hat derselbe andere erbstollen ... das neunde und erbstollnrecht
Datierung: 1673 Fundstelle: Span,Bergurthel 167

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Erbstollensvierung
Erklärung: Gebiet, Bezirk des Erbstollens.

Belegtext: so weren sie, im fall ... ertz ausserhalb deß erbstollns-vierung bricht, sie sich auch mit wasser und bergfördernis deß erbstollnes nicht gebrauchen, kein neundes davon zu geben schuldig
Datierung: 1605 Fundstelle: Span,Bergurthel 164

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Erbstöllner
Erklärung: wer einen Erbstollen besitzt, auch wer darin arbeitet.

Belegtext: ab di erbstollner ercz vinden
Datierung: 1400 Fundstelle: Zycha,BöhmBgr. II 161
Belegtext: wo die erb-stöllner mit ihren oertern in fremde maasen ... kommen
Datierung: 1698 Fundstelle: Span,Bergsp. 283
Belegtext: da ein erb-stöllner in seiner vierung ein ort liegen lässet
Datierung: 1749 Fundstelle: CAug. III 1 Sp. 1414
Fundstelle: Jelinek 229

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Erbstöllnergewerke

Belegtext: die erbstöllner gewercken ... haben keine macht, auf vermessenen und bauhafftigen gängen ... seithalben denselbigen gängen nachzubrechen
Datierung: 1673 Fundstelle: Span,Bergurthel 160

Verfasst: Sa. 05. Aug 06 11:51
von alterbergbau.de
wenn man dem link in dem Rechtswörterbuch folgt, gelangt man zu den digitalisierten Archivbeständen u.a. von Bergrecht-Büchern aus dem 16.JH in denen sehr schön erklärt ist, was ein Erbstollen ist.

es ist nur ein erbstollen, ein erbstollen, der die erbstollengerechtigkeit muthet und verliehen bekommt.

Sinn eines Erbstollen ist, einen Stollen zu bauen, der anderen Zechen Wetter bringt und/oder Wasser nimmt.

Gleichzeitig besteht die Gefahr, selbst durch nachfolgende Erbstollen enterbt zu werden.

Der Erbstöllner, hat die Pflicht, den Erbstollen ständig weiter zu treiben und zu unterhalten, sonst kann er sein Erbstollenrecht verlieren.

Außerdem enterbt der jeden Erbstollen, dem er das Wasser nimmt :>

Vielerorts wird behauptet, dass der Name Erbstollen, vom vererben der Anteile kommt, aber das ist kein Unterscheidungsmerkmal zu normalen Bergwerken.

Verfasst: Sa. 05. Aug 06 12:24
von Michael Kitzig (†)
würde gern mal zwischen den begriffen "Stollen" und "tagesstrecke" differenzieren..

könnte es sein, dass ein stollen nur als solcher bezeichnet wird, wenn der ein gefälle zu tage aufweist?

ga
michael

Verfasst: Sa. 05. Aug 06 13:51
von Falafel
Mir ist die Bezeichnung "Tagestrecke" aber auch schon für die erste Strecke unter der Rasensohle über den Weg gelaufen - auch wenn diese kein Mundloch nach ü. T. hat.
Glück Auf!
Stephan

Verfasst: So. 06. Aug 06 11:25
von alterbergbau.de
Schreiben des Bergamtes von Anno 1831 zu der Belehnung Gottes Segen Stollen in Bochum.

Bezieht sich auf das"Allg. Landesrecht Teil II, Titel 16 in § 221" (hat das jemand?)
das dabei der Ort wo der Stollen angesetzt und das Gebirge in welches er getrieben werden solle bestimmt werden müsse.
Hiernach ist also die Benennung "Erbstollen" in der Muthung und Belehnung kein gesetzliches Requisit zur Erlangung des Erbstollenrechtes, sondern der Stollen erhält erst den Namen Erbstollen, wenn er die Erbteufe eingebracht hat.