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Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Mo. 28. Feb 05 20:26
von sun-remo
Frage an die Untertage-Spezialisten:
seit wann werden im Bergbau Bohrer genutzt (zum Anlegen von Sprenglöchern), insbesondere im Einflussbereich des Siegerlandes (also auch im Oberbergischen)
Hintergrund:
ein zentnerschweres Fundstück aus der Nähe eines mutmaßlichen alten Bergbaus, darin eine cm-dicke Bleiglanzader sowie ein rund 3 - 5 cm messendes Loch - der Brocken ist jedoch mittig durchgebrochen, d.h. ich kann den ehemaligen Bohrlochdurchmesser nur schätzen...
Trotz der oberflächlichen Verwitterung meine ich, eine recht raue Oberfläche an den Bohrungswänden zu erkennen (daher schließe ich eine moderne Bohrung mit Diamantkronen o.ä. aus...)
Auch Internetadressen / Literaturhinweise willkommen...
Anm. wenns hilft, versuch ich das Stück mal digital abzulichten
Grüsse
Marc
Verfasst: Mo. 28. Feb 05 21:20
von Michael Kitzig (†)
seit wann werden im Bergbau Bohrer genutzt (zum Anlegen von Sprenglöchern)
seit der zeit des 30jährigen krieges.
allerdings kann man mit bohrern nicht nur sprenglöcher, sondern auch vorbohr/befestigungs/drainagelöcher bohren und somit waren diese auch vorher schon in gebrauch.
handbohrlöcher erkennt man an der unglichmäßigen wandung, ggf. kaliberschwankungen und dem profil, welches nie richtig rund, z.T sogar dreieckig ist.
dies im gegensatz zum gleichmässig runden profil maschineller bohrungen so ab etwa 185x (die haben mesit auch ein etwas kleineres kaliber als die alten bohrungen fürs schwarzpulverschießen).
zur datierung taugt das dennoch nicht, da bis weit ins 20.jh hinein im einzelfall auch noch per hand gebohrt wurde...
Verfasst: Mo. 28. Feb 05 22:05
von Falafel
Für das manuelle Bohren waren zwei verschiedene Durchmesser üblich: 1 Zoll für einmännisches Bohren und 2 Zoll für zweimännisches Bohren (einer hält den Bohrer, der zweite haut drauf). Da die Bohrer handgefertigt waren, variiert der Durchmesser natürlich.
Glück Auf!
Stephan
Verfasst: Do. 03. Mär 05 21:44
von Monni
In Schebnitz in Ungarn soll die erste Sprengung Untertage im Jahre 1627 von einem Tiroler Bergmann mit Namen Kaspar Weindl durchgeführt worden sein. Die Methode, die man dabei am Pfunderer Bergwerk (bei Klausen im Eisacktal in Südtirol) entwickelte, war das "Schlenkerbohren", ein Verfahren, bei dem durch Handarbeit tiefe Bohrlöcher für den Sprengstoff herausgeschlagen wurden. Das "Schlenkerbohren" wurde schließlich durch acht "Musterhäuer" aus Villanders und Latzfons im böhmischen Bergrevier Pribam bekannt gemacht. (Aus: Das Pfunderer Bergwerk von Villanders, Kultur und Museumsverein Villanders)
Das Schießpulver war übertage schon viel früher zum Einsatz gekommen. So zum Beispiel bei dem Ausbau des Kuntnerweges (die alte Version der Brennerautobahn) gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Ein gewisser Felix Faber berichtet in seinen Reisebeschreibungen aus dem Jahre 1483: Der Herzog von Österreich (Erzherzog Sigmund) hat jetzt "auf kunstvolle Weise durch Feuer und Schießpulver die Felsen sprengen, die Klippen abtragen und die großen Steine beseitigen lassen, sodass er mit viel Kosten das Unwegsame zu offenenWegen ebnete." (Aus: Kurt Werth, Geschichte der Etsch, 2003)
Glück Auf
Monni
Verfasst: Di. 17. Mai 05 19:00
von georgagricola
Hi,
die Datierung von Bohrlöchern ist recht schwierig. Die erste sicher verbürgte Anwendung von Schießpulver zum Sprengen im Bergbau erfolgte 1627 im heute slowakischen Schemnitz. Danach setzte es sich aber nur langsam durch. Zunächst als Hilfsmittel zur Unterstützung der Schlägel- und Eisenarbeit eingesetzt, war das Schießen durch die unpraktischen Bohrköpfe der eingesetzten Kronen- bzw. Kolbenbohrer, durch die großen Durchmesser der Bohrer, durch das dadurch bedingte zwei-, drei- und viermännische Bohren und den großen Pulververbrauch zu schwerfällig und zu teuer. Dies änderte sich erst mit der Reduzierung des Bohrlochdurchmessers ab dem Ende des 17. Jhs, mit der Einführung des einmännischen Bohrens und des Bohrers mit Meißelkopf im 2. Viertel des 18. Jhs und mit dem Schießen aus dem Ganzen.
Während beim zwei- und dreimännischen Bohren in der Regel (es gab auch hier manchmal Anfangs-, Mittel- und Abbohrer) die Bohrstange über ihre ganze Länge durchgängig das gleiche Maß hatte, wurde beim einmännischen Bohren ein dickerer Anfangsbohrer, ein dünnerer Mittelbohrer und ein noch dünnerer Abbohrer verwendet. Mit dem maschinellen Bohren wurden die Bohrlöcher wieder dicker und tiefer. 1857 erfand Sommeiller die Mont-Cenis-Maschine zum Stoßen von Sprenglöchern und Anfang 1861 wurde sie dann praktisch eingesetzt. Das bedeutet, zuerst war das Bohrloch recht groß, dann wurde der Durchmesser reduziert. dann nahm der Durchmesser wieder zu. Das alte, breite "händisch" eingetriebene Bohrloch unterscheidet sich von dem späteren, maschinell angelegten durch seine Ungleichmäßigkeit. Dies ist an den "Bohrpfeifen" ganz gut zu erkennen.
Das Maßverhältnis der Bohrer war sehr verschieden. Dreimännische Bohrer hatten einen Durchmesser von 2 - 2,5, selten 3 Zoll (4,76; 5,95; 7,14 cm) . Zweimännische Bohrer hatten einen Durchmesser von 1,5 bis 2, höchstens 2,25 Zoll (3,57 bis 5,36 cm). Beim einmännischen Bohren hatte im sächsischen Bergbau der Anfangsbohrer eine Kopfbreite von 7/8 bis 1 1/8 Zoll, der Mittelbohrer eine Kopfbreite von 3/4 bis 1 Zoll und der Abbohrer eine Kopfbreite von 5/8 bis 7/8 Zoll. Im Detail kann man dies nachlesen bei Gätzschmann, M.F.: Die Lehre von den bergmännischen Gewinnungsarbeiten. Freiberg 1856, S. 360-370. Der Durchmesser der Bohrlöcher selbst war natürlich immer ein wenig größer.
Glück auf Konrad Wiedemann Kassel
Re: Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Di. 04. Sep 07 14:27
von alterbergbau.de
Ich habe gestern in einem Buch von Simmersbach, Geschichte des Siegerländer Bergbaues gelesen, das die Technik "Bohren und Schiessen" 1613 im Freiberger Bergbau erfunden worden wäre und 1687/88 durch das bohren der Löcher verbessert worden wäre. Kann das hinkommen?
oder gibts bessere quellen?
Re: Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Di. 04. Sep 07 14:40
von Falafel
Da wäre doch mal interessant aus welcher Quelle der Autor das her hat.
Glück Auf!
Stephan
Re: Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Di. 04. Sep 07 16:46
von Matthias
In dem Buch "Der Silberbergbau" von Eberhard Czaya steht geschrieben, daß die Schießarbeit 1627 in Schemnitz und 1643 in Freiberg eingeführt worden ist. Christoph Bartels erklärt in seinem Buch "Vom frühneuzeitlichen Montangewerbe zur Bergbauindustrie - Erzbergbau im Oberharz 1635 - 1866", daß bereits um 1574 erste Versuche mit der Schießarbeit in dem venezianischen Bergrevier von Schio (Italien) stattfanden.
Re: Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Mi. 05. Sep 07 10:45
von Schlacke
Hallo,
zur Geschichte der Bohr- und Sprengtechnik einige Literaturhnweise:
Ludwig, K.: Die Innovation des bergmännischen Pulversprengens. Schio 1574, Schemnitz 1627 und die historische Forschung. in: Der Anschnitt, Jg. 38, H. 3/4, S. 117-122
Wild, H.: Anfänge und Entwicklung der bergmännischen Bohr- und Sprengtechnik. in: Vorträge des 4. Erzberg-Symposiums in Eisenerz/Stmk. 19. - 22. Okt. 1988 = Leobbener Grüne Hefte, N.F. 10, Wien: 1992, S. 77-103
Gröbl, W.: Das Schlenkerbohren im Vergleich zum gewöhnlichen Handbohren. in: Österreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, Jg. 29, Wien: 1881, S. 478-481
Mache, H.: Über Hämmer mit krummen Stielen, eine technologische Sonderheit aus den alten Gasteiner Bergwerks- betrieben. in: Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines, Bd. 94, Nr. 5, Wien: 1949, S. 76-79
Glückauf!
Schlacke
Re: Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Mi. 05. Sep 07 17:45
von alterbergbau.de
ist halt die frage ob die technik, pulver in löcher einzufüllen, zu verschließen und dann anzuzünden, tatsächlich erst 1613 erfunden wurde, und ob das Sprengen vorher, nicht vielleicht den Türkischen Mineuren aehnelte. Holzfässer mit Sprengstoff in den Hohlraum zu stellen und anzuzünden
Re: Frage zu Abbaumethoden: Bohrlöcher - seit wann womit ?
Verfasst: Mi. 05. Sep 07 20:13
von Andi-P
alterbergbau.de hat geschrieben:Holzfässer mit Sprengstoff in den Hohlraum zu stellen und anzuzünden
mit der Methode bringt man einen Stollen wohl eher zum Einsturz, als ihn dadurch weiter vorzutreiben.