Sachsens verborgene Schätze
Dresdner Wirtschaftsministerium prüft 105 Rohstoffvorkommen, ob sich die Ausbeutung einzelner Lagerstätten lohnen könnte
Leipzig/Freiberg. Angesichts kontinuierlich steigender Rohstoffpreise besinnt sich der Freistaat Sachsen auf seine Böden und die darin verborgenen Schätze. Anfang 2008 will das Sächsische Wirtschaftsministerium eine Neubewertung der Erz- und Spatvorkommen zwischen Vogtland und Lausitz abschließen. Insgesamt 105 Vorkommen werden erfasst. Ausgewählte Lagerstätten sollen näher untersucht werden. „Nachdem die Preise für Kupfer, Wolfram, Zinn sowie Fluss- und Schwerspat in den letzten drei Jahren stark gestiegen sind, könnte die Gewinnung einzelner Vorkommen möglicherweise attraktiv werden“, so das Ministerium. Ob die Bodenschätze tatsächlich abgebaut werden, entscheidet die Bergbauindustrie selbst.
Nach den ersten neuen Untersuchungen zeichnen sich sechs interessante Lagerstätten ab. In Gottesberg bei Morgenröthe-Rautenkranz vermutet das Sächsische Oberbergamt in Freiberg 47 Millionen Tonnen Zinnerz im Boden. Voraussichtlich 121 000 Tonnen reines Metall sind zu gewinnen, sagt Martin Herrmann, Abteilungsleiter Altbergbau und Recht beim Oberbergamt. Das Gebiet ist bislang noch nicht erkundet. Die größten Zinnminen der Welt befinden sich in China, Südostasien und Südamerika. Der Preis für das Metall kletterte seit 2004 von etwa 4500 Dollar (rund 3400 Euro) pro Tonne auf 8000 Dollar (6000 Euro).
Den größten Preisanstieg verzeichnete bislang aber Wolfram: Binnen drei Jahren erhöhte sich der Preis pro Tonne von 5000 (3800 Euro) auf 17 000 Dollar (13 000 Euro). Hauptproduzent mit einem Weltmarktanteil von über 80 Prozent ist China. Immer stärker liege der Rohstoffhandel – egal ob Öl, Gas oder Erz – in der Hand nur weniger Anbieter, sagte Andreas Goldthau, Ökonom von der Stiftung für Wissenschaft und Politik, beim Zweiten Rohstofftag in Freiberg. „Das Problem, ist nicht, dass die Rohstoffe knapper werden, sondern, zu welchen Konditionen wir Zugriff auf sie erlangen können.“
Auch in Sachsen lagert Wolfram. Zwischen Pöhla und Globenstein nahe Schwarzenberg vermutet das Oberbergamt in 450 Metern Tiefe rund 50 000 Tonnen reines Wolfram – das entspricht fast dem Weltjahresverbrauch. Auch Zinn kommt dort im Boden vor. Das Erkundungsrecht ist bereits erteilt. Unternehmen können sich um das Abbaurecht bewerben.
Groß sind die Mengen an Flussspat, die im Vogtland und Erzgebirge unter der Erde schlummern. In Schönbrunn nahe Oelsnitz sind vermutlich rund 1,7 Millionen Tonnen abzubauen. Ein Eigentümer der nach der Wende geschlossenen Lagerstätte existiert bereits, er ist aber noch nicht aktiv. „Es ist weltweit so, dass sich Unternehmen erst Rechte sichern, um später abzubauen“, sagt Herrmann.
Auch in Niederschlag bei Oberwiesenthal werden große Vorräte an Flussspat vermutet, die aber noch nicht näher beziffert werden können. Im Thüringer Wald wurde bereits 2005 eine stillgelegte Mine wieder eröffnet: Im Schorletal bei Ilmenau lohnt der Abbau. Herrmann kann sich auch vorstellen, sächsische Zinnminen wieder aufzuschließen. Ehrenfriedersdorf und Altenberg nennt er als Beispiele.
Geologisch sicher ist, dass sich ein ganzer Gürtel Kupfererz von Brandenburg durch Sachsen bis nach Liegnitz in Polen zieht. In Spremberg wurde Anfang des Jahres eine große Lagerstätte entdeckt, in der laut Prognose in bis zu 1500 Metern Tiefe 1,5 Millionen Tonnen reines Kupfer gewonnen werden könnten. Das Oberbergamt glaubt, dass mindestens die gleiche Menge auch auf sächsischer Flur im Boden ruht. Vier Unternehmen haben bislang einen Antrag auf Erkundung des Gebiets gestellt. Das Bergamt entscheidet nach den wirtschaftlichen Konzepten der Firmen. „Im Bergbau brauchen Unternehmen einen langen Atem und viel Kapital“, sagt Herrmann. „Erst zehn bis 15 Jahre nach der ersten Investition wird Geld verdient.“ Ines Rutschmann
Quelle: LVZ (
http://www.lvz.de)