Heute vor 100 Jahren - Zeche Lothringen

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Fahrsteiger
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Heute vor 100 Jahren - Zeche Lothringen

Beitrag von Fahrsteiger »

Vor 100 Jahren - Zechen-Unglück Bochum: Das Grubenunglück und ein Kaiser auf Besuch
Von Katja Goebel
Am 8. August 1912 tötete eine Explosion unter Tage 118 Bergleute der Zeche Lothringen. Sogar der Kaiser kam zum Kondolenzbesuch nach Bochum. Jürgen Niedringhausen und Werner Nettler vom Knappenverein "Glück Auf" haben sich durch Archive gewühlt, um 100 Jahre später nochmals an das Unglück zu erinnern.
Es ist 9.20 Uhr, als der Zeiger eines Messgerätes der Bochumer Zeche Lothringen ausschlägt. Der Blick auf die Messskala lässt Schlimmes vermuten: Es muss unter Tage eine Explosion gegeben haben. Nur zehn Minuten später ziehen dunkelbraune Schwaden aus dem Schacht über das Stadtgebiet. Knapp zwei Stunden danach werden die ersten Leichen aus dem Bergwerk geborgen. Das Ausmaß der Katastrophe ist verheerend: Am Ende wird es eine der schwersten Schlagwetterkatastrophen im Ruhrgebiet sein, bei der 118 Bergleute ums Leben kommen. Sogar der Kaiser kommt zum Kondolenzbesuch nach Bochum. Ein glanzvoller aber fragwürdiger Auftritt – wie man später sagen wird.
Jürgen Niedringhausen und Werner Nettler vom Bochumer Knappenverein "Glück Auf Gerthe 1891" sind tief eingestiegen in die Geschichte des Unglücks. Zum 100. Jahrestag wollen die beiden Männer noch einmal an die Katastrophentage erinnern. Werner Nettler war 1952 selbst Bergwerkslehrling auf Zeche Lothringen und musste auch an der Unglücksstelle von damals arbeiten. "Ein komisches Gefühl. Man wusste ja nicht, ob da noch einer liegt." Jürgen Niedringhausen hat die Archivarbeit übernommen. Er hat alte Fotos und Zeitungsausschnitte gesammelt, Beileidsbekundungen von damals studiert sowie die genauen Umstände des Kaiserbesuches nachrecherchiert. Und beide Männer sind sich sicher: Dieses Unglück hätte vermieden werden können.
Als das Grubengas Feuer fing
Was also war passiert, an diesem 8. August 1912? In 360 Meter Tiefe wird in einer Abbaustrecke gearbeitet. An der sogenannten "Ortsbrust", also am Ende der Strecke wird am Unglücksmorgen "geschossen". Ein ganz normaler Vorgang - muss doch Gestein mit gezielt gesetzten Sprengungen gelöst werden, um die Strecke zu erweitern. An dem Tag aber sei mit Dynamit geschossen worden, nicht mit Sicherheitssprengstoff, so Jürgen Niedringhausen. Ein gefährliches Unterfangen, denn die Luft unter Tage mischt sich zu genau dieser Zeit an dieser Stelle mit hoch entzündlichem Methangas. Der Bergmann spricht von "Schlagwetter".
"Eine halbe Stunde vorher ist noch ein Betriebsleiter unten gewesen und hat Schlagwetter festgestellt. So steht es im Bergamtsbericht von damals." Und obwohl die Anweisung kommt, frische Luft zuzuführen, passiert nichts. Die Anordnung wird nicht befolgt, und es wird weitergearbeitet. Ein folgenschwerer Fehler. "Da kamen zu viele unglückliche Faktoren zusammen. Man hat das Risiko unterschätzt, und letztendlich ging es wohl auch um Geld", mutmaßt Niedringhausen.
"Die Bergleute hatte keine Chance"
Das explosive Gemisch entzündet sich in Bruchteilen von Sekunden. "Da wälzt sich eine Druckwelle und eine Feuerwelle durch die Strecke. Da bleibt nichts mehr übrig. Die Leute hatten keine Chance. Durch den Druck platzt die Lunge. Alles, was brennbar war, ist augenblicklich weg", beschreibt Werner Nettler das furchtbare Geschehen.
Schon bald strömen über 100 Retter aus allen Himmelsrichtungen heran. Auch die Grubenwehren anderer Zechen sind im Einsatz. In Schichten geht es runter zur Unglücksstelle. "Nach einer Stunde mussten die Einsatzkräfte auswechselt werden, weil die Atemgeräte heiß liefen. Das war ein heldenhafter Einsatz. Die sind ja immer in der Hoffnung da runter gegangen, jemanden lebend retten zu können." Das Ausmaß der Katastrophe kann da keiner erahnen. "Noch am Nachmittag um 17 Uhr rechnete man höchstens mit 40 bis 50 Toten und Verletzten."
Der Kaiser in Bochum
Sie werden später in Bochum 118 Tote zählen und ein Telegramm an Kaiser Wilhelm II schicken. Darin bittet die Zechenverwaltung um "die Gnade eines kurzen Besuches". Der Kaiser nämlich weilt zur selben Zeit in der Nachbarstadt Essen, um dort das 100-jährige Bestehen der Firma Krupp zu feiern. Am Abend greift er das Unglück zunächst in einer Rede auf und kann sich dabei den Militärjargon nicht verkneifen: "Es ist vom Armeekorps der Kohle, das im Kampf mit der Erde steht, von Gefahren und Wettern umgeben, eine tapfere Schar wieder von bösen Wettern dahingerafft." Erst am Nachmittag des nächsten Tages macht sich der Kaiser tatsächlich nach Bochum auf.
"Mit sechs offenen Wagen ging es im Triumphzug durch Gerthe. Eigentlich ging es nur um ihn und das bekloppte Volk hat ihm zugejubelt. Hinterher sprachen alle immer nur noch vom Kaiserbesuch, aber nicht von den 118 Toten", bilanziert Niedringhausen nüchtern.Für seinen Kondolenzbesuch nimmt sich der Kaiser nur 50 Minuten Zeit. Die Szene auf dem Zechenplatz wird 1913 vom Düsseldorfer Schlachtenmaler Theodor Rocholl festgehalten. Dort ist ein Kaiser mit wichtigen Anzugträgern zu sehen, die Retter aber stehen abseits. "Der Maler hat nach Anweisung gemalt." Das Gemälde löst einen Proteststurm unter den Arbeitern aus. Schließlich wird 1914 eine zweite Version des Bildes von der Zechendirektion in Auftrag gegeben. Dabei wird die Rettungsmannschaft in die erste Reihe gerückt – in Augenhöhe mit dem Kaiser. "Nur vier Monate zuvor hatte der Kaiser beim großen Bergarbeiterstreik im Ruhrgebiet noch auf die Kumpel schießen lassen", erzählt Niedringhausen. Heute hängt das Kaiserbild im Bochumer Bergbaumuseum.
Die Toten der Schlagwetterkatastrophe werden zunächst auf dem Zechengelände aufgebahrt, um später auf dem Gerther Friedhof beigesetzt zu werden. Transportiert werden die Verstorbenen penibel nach Konfessionen getrennt. "Das muss man sich mal vorstellen. Dabei waren unter Tage doch alle Bergleute Brüder", sagt Nettler. An der Trauerfeier nehmen 15.000 Menschen teil. "Da war das einfache Volk auf den Beinen." Noch heute kann man dort das steinerne Denkmal auf dem Massengrab besuchen. Die Zeche Lothringen macht 1967 schließlich dicht. Heute ist in der ehemaligen Maschinenhalle ein Kulturbetrieb untergebracht.
Glück Auf
Horst
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Dem Bergbau verschworen. Im Bergbau geschafft. Zum Bergmann erkoren mit stählerner Kraft.
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Deistergeist
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Re: Heute vor 100 Jahren - Zeche Lothringen

Beitrag von Deistergeist »

Danke!


Glückauf! Thomas
Durch des Stollen weite Länge,
Durch das Labyrinth der Gänge
Wandern wir den sichern Weg.
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