Auf den Spuren der Steine und Bergwerke
Glarus bereitet die Aufnahme des «GeoParks» in der Unesco-Welterbeliste vor
Neue Züricher Zeitung
Thomas Veser
Kaum daumendick, durchzieht ein rätselhaftes Gesteinsband die uralten Felsen in der Nähe des Dorfes Schwanden. Wie von Riesenhänden mit einem überdimensionalen Lineal gezogen, trennt die schnurgerade Linie an der Lochsyte im Kanton Glarus über Dutzende von Metern altes von jungem Gestein: Während die untere schieferhaltige Flyschschicht auf 50 Millionen Jahre geschätzt wird, ermittelten Geologen für den darüber verlaufenden Verrucano-Sandstein ein Alter von gut 250 Millionen Jahren. Nirgends lässt sich im Kanton das Phänomen der «Hauptüberschiebung» besser nachvollziehen als an der Lochsyte, nur wenige Meter von der Sernftalstrasse entfernt.
Urzeitliche Gebirgsbildung
Wie durch ein Fenster kann der Besucher dort auf ein wichtiges Kapitel der urzeitlichen Gebirgsbildung zurückblicken: Als sich die Erdteile während der Permzeit aufeinander zubewegten, schob der Südkontinent den europäischen Kontinentalrand allmählich von Süden nach Norden. So entstanden die Alpen. Wie eine scharfe Rille, die einem gigantischen Tabakbeutel gleicht, steigt die rund 35 km lange Verschiebungsfläche vom vorderen Rheintal aus auf 3000 Meter Höhe an und fällt dann in Richtung Norden bis zum Walensee beständig ab. Deutlich erkennbar ist sie oberhalb der Ortschaft Elm in den Tschingelhörnern beim Segnespass und an der Glarner Kärpfbrücke mitten in Europas ältestem Wildschutzgebiet.
Seit zwei Jahrhunderten zählen die Felswände der Lochsyte zu den wichtigsten Forschungsstätten, an denen sich Wissenschafter Aufschluss über die Alpenbildung versprachen. In den neunziger Jahren bat das Naturhistorische Museum in New York die Schweiz sogar um einen Abdruck der Lochsyter Verschiebungslinie für eine Ausstellung über die alpine Deckentektonik. Allerdings liegen an diesem unscheinbaren Ort Höhen und Tiefen der Forschung eng beieinander; dass die Alpen durch Überschiebungen entstanden waren, vermutete erstmals der Schweizer Geologe Arnold Escher von der Linth; er wagte aber nicht, die seit 1841 niedergeschriebenen Beobachtungen zu veröffentlichen, da er befürchtete, «für einen Narren gehalten zu werden».
Damals gaben die «Geognostiker» den Ton an: Laut ihren Theorien entstanden die Alpen, nachdem die heisse Erde abgekühlt war und sich durch Schrumpfung wie bei einem Apfel Falten gebildet hatten. Wider besseren Wissens entwickelte Escher eine abstruse Doppelfalten-Theorie, die Albert Heim, führender Schweizer Geologe seiner Zeit, 1866 fatalerweise übernahm. An diesem Dogma durfte jahrzehntelang nicht gerüttelt werden, und damit verzögerte sich die Alpenforschung um fast 30 Jahre. Nicht etwa im Glarnerland, sondern in der Westschweiz schuf der Geologe Hans Schardt später mit seinen Erkenntnissen die Grundlage für die heutige Theorie zur Entstehung der Alpen.
Und dennoch: Weil sich im Glarnerland dieses Phänomen am besten beobachten lässt und dort ein wichtiges Kapitel der Alpenforschung stattfand, strebt Glarus nun nach höheren Weihen: Mit den Nachbarn St. Gallen und Graubünden lässt man gegenwärtig den Antrag für die Aufnahme der Hauptverschiebung auf die Unesco- Welterbeliste erarbeiten. Er geht an den Bundesrat und anschliessend nach Paris, mit einer Entscheidung kann frühestens 2005 gerechnet werden. Nach der Aufnahme des Jungfrau-Aletsch- Bietschhorn-Gebiets muss das Welterbekomitee in diesem Juni zunächst über die beantragte Aufnahme der fossilen Fundstätte des Monte San Giorgio (Südtessin/Lombardei) befinden. Vor dem Nominierungsvorschlag hatten die drei Kantone 1999 den kantonsübergreifenden «GeoPark» Sarganserland-Walensee-Glarnerland gegründet.
Zahlreiche Bedenken
Mit dem attraktiven Unesco-Label, so der Geologe David Imper, «GeoPark»-Projektleiter, versprechen sich die Initiatoren bessere Chancen für einen gemeinsamen Auftritt. Zunächst mussten jedoch Bedenken aus der Welt geschafft werden: Land- und Forstwirtschaft befürchteten im Falle einer Nominierung mögliche Einschränkungen, Naturschutzvertreter wiesen darauf hin, dass die Bestimmungen zum Naturschutz doch schon jetzt völlig ausreichten. Die Fremdenverkehrsbranche schloss nicht aus, dass der weiteren touristischen Erschliessung dann enge Grenzen gesetzt würden. Mittlerweile «scheint die Basis, die während zweier Jahre Einwände bei Versammlungen zum Ausdruck bringen konnte», so David Impler vorsichtig, «jedoch einverstanden zu sein». Im rund 300 km[2] grossen Perimeter der geplanten Weltnaturerbestätte haben laut seinen Angaben alle 19 Gemeinden ihre Zustimmung signalisiert. In einem Glarner Ort müsse Ende Mai noch über ein vorgesehenes Skiliftprojekt befunden werden.
Schon bei der Parkgründung und nun auch beim Nominierungsvorschlag hat sich Glarus klar als Zugpferd erwiesen; Tourismusdirektor Sascha Antenen hofft auf eine bessere Vernetzung der Geologie- und Bergbau-Stätten seines Kantons mit den Nachbargebieten. Dazu zählt vor allem der Landesplattenberg in Engi, wo bis zur Schliessung 1961 Schiefer gefördert wurde. Mit diesem Material, das man in Engi seit 1500 zunächst im Tagbau gewann, entstanden früher Schiefertische und Dachbedeckungen. Weil die meisten Bergarbeiter chronisch an Quarzstaublungen litten, verschärften die Krankenkassen ihre Auflagen, Versicherungsprämien wurden so stark erhöht, dass sich der Wirtschaftszweig nach dem Zweiten Weltkrieg immer weniger lohnte. Heute dient der Stollen mit seinen raffinierten Beleuchtungseffekten und einer Sammlung prähistorischer Fossilien als Museum, in dessen natürlichen Sälen Besucher bisweilen klassischen Konzerten lauschen können.
Noch viel stärker auf Schiefer fixiert war die Nachbargemeinde Elm, in der von 1100 Bewohnern über ein Zehntel ihr Auskommen im Bergbau fanden. Elmer Schiefer, der bis 1935 gefördert wurde, war weicher als das Material aus Engi, er eignete sich vorzüglich für Schultafeln, die früher in die ganze Welt exportiert wurden. Wie viel Unglück das tonhaltige Gestein jedoch über die Elmer gebracht hatte, lässt sich an einer Gedenktafel am reformierten Gotteshaus erahnen: Am 11. September 1881 verloren 114 Einwohner bei drei nacheinander erfolgten Bergstürzen ihr Leben, obwohl ein Bannwart die Bewohner vor den drohenden Gefahren ihres unsachgemäss betriebenen Schiefertagbaus gewarnt hatte.
Neue Stadtführung in Glarus
Weniger dramatisch verläuft hingegen eine für die kommende Saison geplante Stadtführung im Hauptort Glarus, der nach einem verheerenden Brand im 19. Jahrhundert auf regelmässigem Grundriss neu erbaut wurde. Als Ergänzung zu den klassischen Führungen, die sich auf historische Persönlichkeiten und Ereignisse beziehen, entwarf der Geologe Mark Feldmann einen Stadtspaziergang, in dessen Mittelpunkt die bei den Gebäuden und Brunnen verwendeten Natursteine stehen. So schärft Feldmann den Blick für die in einer Steinplatte eingeschlossenen Zähne eines urzeitlichen Hais oder lenkt die Aufmerksamkeit auf glitzernde Edelsteine im Soldatendenkmal, das in den 1950er Jahren aus einem Kalksilikatfels gemeisselt worden war. Er stammt aus dem Tessin, wo die Urkontinente einstmals aufeinander geprallt waren.
Informationen: GeoPark, Untergasse 19, 8888 Heiligkreuz, Tel. 081 723 59 13; http://www.geopark.ch
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Hallo Karsten
zunächst einmal vielen Dank für Deine stete Nachrichteneinstellung auf dieser Seite. So etwas schwebte mir schon seit lamgem einmal vor, aber irgendwie hatte ich immer Probleme mit dem cut and paste der Nachrichten.
Zwei Fragen noch :
1. Was bedeutet eigentlich DGfl (Deutsche Gesellschaft für...?)
2. In den eingestellten Texten gibt es immer viele Fragezeichen zu sehen. Wie kommts ??
Nochmals vielen Dank und ein herzliches Glück Auf
Thomas
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Kein problem!Hallo Karsten
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DGfI
ist Deutsche Gesellschaft für Industriekultur
(wir sind mit Ihnen auch verlinkt!)http://www.industriekultur.de/dgfi.htm
Der Geschäftsführer (Dr. Wolfgang Ebert, Vorsitzender) hat dazu das Okay gegeben...
Die Fragezeichen werden wohl Zeichen sein, die Outlook Express oder der Mailprovider von DgfI nicht lesen kann!
GA
karsten
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