Um die Maxhütte als Industriedenkmal zu erhalten, ist ein Problem zu lösen:
Viele Altlasten, aber keine Investoren
Schon allein für eine oberflächliche Sanierung fallen Millionenbeträge an
Nürnberger Zeitung
RALF MÜLLER
MÜNCHEN/SULZBACH-ROSENBERG (NZ). ? Das Feuer ist in der Maxhütte bei Sulzbach-Rosenberg im Sommer vergangenen Jahres endgültig erloschen, doch die Probleme um das einzige Stahlwerk Bayerns nehmen noch lange kein Ende. Viele Teile des seit 1914 größten Hüttenwerks Süddeutschlands sind nach den Erhebungen der Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege schützenswert, aber auch nur um den Verfall aufzuhalten fehlt das Geld. Schlimmer noch: Auf dem 56 Hektar großen Areal sind so viele Altlasten verteilt, dass schon eine oberflächliche Sanierung dreistellige Millionenbeträge verschlingen dürfte.
Für den bayerischen Generalkonservator Egon Johannes Greipl ist die Maxhütte in mehrfacher Hinsicht ein dicker Brocken. Nicht nur, weil es sich um das größte Einzeldenkmal des Freistaats handelt, sondern auch, weil dessen Schutz sich überaus schwierig gestaltet. Der oberste Denkmalschützer des Freistaats ist Realist genug, um die Schutz-Konzepte ?Dornröschen? (?Zaun um das Ganze und nichts tun?) und ?Schneewittchen? (?Konservierung unter der Käseglocke?) gleich von vornherein auszusondern: ?Ein Museum auf Staatskosten scheidet definitiv aus.? Die einzige Chance sieht Greipl in dem Modell ?Froschkönig?: Eine neue Nutzung des Areals unter Einbeziehung alter Elemente.
Die Denkmalschützer sind begeistert von dem riesigen Hüttenkomplex, der mit dem benachbarten Schlackenberg von weithin sichtbar ist. In den Hallen ? darunter der älteste erhaltene Stahl-Fachwerkbau Bayerns aus dem Jahr 1891 ? arbeitete bis zur Stilllegung 2002 ein Stück lebende Industriegeschichte.
Die bis zuletzt benutzte Maschinenausstattung reicht teilweise bis in das Jahr 1907 zurück. In Deutschland gibt es nur noch im Walzwerk der Saarstahl AG in Völklingen einen vergleichbaren Bestand an dampfbetriebenen Maschinen. Die Maxhütte, schwärmt ein Bericht des Landesamts für Denkmalschutz, habe eine ?herausragende wirtschafts- und industriegeschichtliche Bedeutung?.
Die Maxhütte ist zugleich Höhe- und Endpunkt der industriegeschichtlichen Tradition der Oberpfalz, die bis ins Mittelalter zurückgeht. Erstmals belegt ist der Erzbergbau in dieser Region 1285. Zentrum des ?Ruhrgebiets des Mittelalters? waren Sulzbach und Amberg.
Einen industriellen Aufschwung erlebte die Oberpfälzer Eisenerz-Industrie mit der Gründung der Maxhütte in Haidhof 1851. Zwölf Jahre später wurde ein Zweigwerk in Rosenberg direkt an einer der ersten bayerischen Bahnlinien eröffnet, das sich zum Hauptstandort entwickelte. Den Industrie-Historikern imponiert die Maxhütte heute auch deshalb so sehr, weil sie alle Stationen der Stahlbearbeitung vom Hochofen bis zum Walzwerk umfasst. ?Nur die Maxhütte?, heißt es in der Expertise der Denkmalschützer, ?dokumentiert heute noch, wie in Bayern Eisen und Stahl hergestellt und weiterverarbeitet wurde.?
Politiker am Zug
Kein Wunder, dass die Denkmalschützer große Teile des Komplexes inklusive des Schlackenbergs für schützenswert halten. ?Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht?, sagt Generalkonservator Greipl, ?wir wissen, dass nur zeugnishafte Reste der Anlage zu erhalten sein werden.? Jetzt sei die Politik am Zuge.
Doch die Politik ist von Entscheidungen noch weit entfernt, zumal der Freistaat Bayern ? zuletzt mit 46 Prozent an dem Konkurs gegangenen Industrieunternehmen beteiligt ? nicht im Alleingang bestimmen kann. Auch der Stahlunternehmer Max Aicher und die Saarstahl haben Rechte am Areal.
So hat man gerade erst einmal damit begonnen, den Umfang der Altlasten zu erkunden. Peter Frei, Sprecher des Umweltministeriums, vermutet in den Böden unter dem Werk und im Schlackenberg ?ein ganzes Sammelsurium? an Stoffen, die nach heutigem Verständnis da eigentlich nicht hingehören. Derzeit arbeiten Altlasten-Fachleute an einem Gutachten. Erst danach wird man genauer sagen können, mit welchen Hinterlassenschaften seines größten Industriedenkmals der Freistaat Bayern rechnen muss.
Viele Ideen
Auch wenn dieses Problem gelöst ist, wird die Vermarktung des Areals nicht einfach werden. Der Bedarf an Gewerbeflächen ist zurzeit ohnehin nicht sonderlich ausgeprägt und die Region zwischen Regensburg und Nürnberg gilt als strukturschwach. Aber immerhin gibt es schon sehr schöne Pläne, die unter anderem vom Tirschenreuther Ingenieurbüro Brückner & Brückner entworfen wurden.
So könnte man beispielsweise den Hochofen spektakulär in eine neue Bebauung integrieren. Dass Industriehallen für kulturelle Zwecke genutzt werden können, wurde im Ruhrgebiet schon wiederholt vorexerziert. Die kühnsten Überlegungen sehen vor, moderne Gebäude nach dem ?Haus im Haus?-Prinzip in die alten Hallen zu verpflanzen.
Doch ohne Investoren sind die Anlagen dem Verfall preisgegeben. Der Zahn der Zeit nagt schon gewaltig an der Maxhütte, weshalb Generalkonservator Greipl aufs Tempo drückt: ?Eine Marktanalyse muss her.?