Freiberger Zentralrevier im 15. / 16. Jh.
-
- Foren-Profi
- Beiträge: 1334
- Registriert: Fr. 01. Aug 03 0:00
- Name: Stephan Adlung
- Wohnort: Freiberg
Die theoretische und praktische Erforschung von Gruben des Spätmittelalters und der frühesten Neuzeit, also vor dem 30ig jährigen Krieg gilt als außerordentlich schwierig, wenn nicht unmöglich. Im Freiberger Zentralrevier wird seit einigen Jahren der Versuch dazu von mir unternommen. Bisher ist es zu verblüffenden Ergebnissen gekommen, die aber trotzdem noch in den Kinderschuhen stecken:
1.) Es wurden ca. 5 km rißunkundige Trakte des "Alten Fürstenstollns" entdeckt, aufgewältigt, befahren und grob vermessen. Damit können erstmals Aussagen über den allgemeinen Verlauf und die Geschichte des Stollns gemacht werden. Diese Trakte sind größtenteils nachweislich in das 15. Jh. zu datieren.
2.) Einige weitere alte Stolln konnten nachgewiesen und sachlich vom "Alten Fürstenstolln" getrennt werden, mit dem sie bisher unter dem (falschen) Begriff "Hermser Stolln" zusammengefasst wurden.
3.) Die Geschichte einiger Stolln (-Flügel) des 15. und 16. Jh. ist inzwischen weitestgehend lückenlos zu schreiben.
4.) Bei Archivarbeit konnten etwa 2500 Daten des betreffenden Zeitraumes gesammelt und nach Gruben sowie chronologisch geordnet werden.
5.) Einige wichtige Freiberger Gruben konnten wieder entdeckt oder neu lokalisiert werden. Dabei sind so bedeutende Gruben wie "Dürre Schönberg", "Elsberg", "Abraham" oder "Kippersberg". Letztere Grube wurde nachweislich seit der Stillegung (30ig jähriger Krieg) nicht mehr befahren und war seit dem verschollen. Umfangreiche Keramik- und Gezähefunde belegen dies.
6.) Einige Maschinen und Anlagen des 16. Jh. wurden entdeckt und vermessen. Dabei zwei Haspelreste, viele Pumpenreste und eine vermutliche Tretradstube.
7.) Einige sehr alte Inschriften (1557, 1576, 1603) wurden gefunden, konnten aber noch nicht exakt interpretiert werden.
Trotz bisher mehrjähriger Arbeit ist abzusehen, daß noch Forschungspotential vorhanden ist, um ein vielköpfiges Team mehrere Jahre zu beschäftigen. Dabei wäre ein interdisziplinäres Vorgehen ausgesprochen wichtig. Neben untertägigen Arbeiten stehen einige weitere dringende Probleme an, wie z. B.:
1.) Es wurden bisher so gut wie noch keine archäologischen Grabungen an übertägigen Bergbaurelikten durch staatliche oder andere Institutionen durchgeführt. Eine Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Archäologie wäre anzustreben bzw. vom Gesetz her notwendig um hier ordentliche Arbeit (also nicht bei Nacht und Nebel) zu leisten.
2.) Der Bestand des Hauptstaatsarchivs wurde bisher noch nicht in größerem Umfang ausgewertet. Einige Dokumente wurden zwar von einigen Interessenten abgeschrieben, es fehlt aber der Überblick, welche Arbeiten bereits erledigt wurden (damit nix doppelt gemacht wird!)
3.) Eine Dokumentation von über- und untertägigen Funden fehlt, da aufgrund der Gesetzeslage das meiste wohl im stillen Kämmerlein verschwindet.
4.) Was ist mit den BerSi - Baustellen? Ich befürchte, daß hier eine (aus montanhistorischer Sicht) äußerst unzureichende Dokumentation erfolgt. Das wenige, was dokumentiert wird, ist auch noch nicht ausgewertet. Das betrifft auch die Kleinfunde, die sicherlich bei den BerSi - Mitarbeitern in der Vitrine schlummern (man kann mir zumindest nicht erzählen, daß da nichts gekommen ist!).
5.) Eine umfangreiche Serie von dendrochronologischen Untersuchungen an Grubenhölzern müßte durchgeführt werden. Aber wer kann das bezahlen?! Das betrifft auch die archäometrische Untersuchung von Schlacken, Aufbereitungsrückständen oder Gezähe.
6.) Mit alten Hüttenstandorten, Bergschmieden, Aufbereitunganlagen etc. hat sich noch niemand befaßt.
Soweit nur einige der wichtigsten Punkte, die neben unzähligen Befahrungen erledigt werden müßten um zu komplexen Ergebnissen zu kommen. Deshalb sind Mitarbeiter ebenso willkommen, wie auch der Erfahrungsaustausch mit Leuten die im gleichen Zeitraum in anderen Revieren forschen oder geforscht haben.
Glück Auf!
Stephan (alias Falafel)
1.) Es wurden ca. 5 km rißunkundige Trakte des "Alten Fürstenstollns" entdeckt, aufgewältigt, befahren und grob vermessen. Damit können erstmals Aussagen über den allgemeinen Verlauf und die Geschichte des Stollns gemacht werden. Diese Trakte sind größtenteils nachweislich in das 15. Jh. zu datieren.
2.) Einige weitere alte Stolln konnten nachgewiesen und sachlich vom "Alten Fürstenstolln" getrennt werden, mit dem sie bisher unter dem (falschen) Begriff "Hermser Stolln" zusammengefasst wurden.
3.) Die Geschichte einiger Stolln (-Flügel) des 15. und 16. Jh. ist inzwischen weitestgehend lückenlos zu schreiben.
4.) Bei Archivarbeit konnten etwa 2500 Daten des betreffenden Zeitraumes gesammelt und nach Gruben sowie chronologisch geordnet werden.
5.) Einige wichtige Freiberger Gruben konnten wieder entdeckt oder neu lokalisiert werden. Dabei sind so bedeutende Gruben wie "Dürre Schönberg", "Elsberg", "Abraham" oder "Kippersberg". Letztere Grube wurde nachweislich seit der Stillegung (30ig jähriger Krieg) nicht mehr befahren und war seit dem verschollen. Umfangreiche Keramik- und Gezähefunde belegen dies.
6.) Einige Maschinen und Anlagen des 16. Jh. wurden entdeckt und vermessen. Dabei zwei Haspelreste, viele Pumpenreste und eine vermutliche Tretradstube.
7.) Einige sehr alte Inschriften (1557, 1576, 1603) wurden gefunden, konnten aber noch nicht exakt interpretiert werden.
Trotz bisher mehrjähriger Arbeit ist abzusehen, daß noch Forschungspotential vorhanden ist, um ein vielköpfiges Team mehrere Jahre zu beschäftigen. Dabei wäre ein interdisziplinäres Vorgehen ausgesprochen wichtig. Neben untertägigen Arbeiten stehen einige weitere dringende Probleme an, wie z. B.:
1.) Es wurden bisher so gut wie noch keine archäologischen Grabungen an übertägigen Bergbaurelikten durch staatliche oder andere Institutionen durchgeführt. Eine Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Archäologie wäre anzustreben bzw. vom Gesetz her notwendig um hier ordentliche Arbeit (also nicht bei Nacht und Nebel) zu leisten.
2.) Der Bestand des Hauptstaatsarchivs wurde bisher noch nicht in größerem Umfang ausgewertet. Einige Dokumente wurden zwar von einigen Interessenten abgeschrieben, es fehlt aber der Überblick, welche Arbeiten bereits erledigt wurden (damit nix doppelt gemacht wird!)
3.) Eine Dokumentation von über- und untertägigen Funden fehlt, da aufgrund der Gesetzeslage das meiste wohl im stillen Kämmerlein verschwindet.
4.) Was ist mit den BerSi - Baustellen? Ich befürchte, daß hier eine (aus montanhistorischer Sicht) äußerst unzureichende Dokumentation erfolgt. Das wenige, was dokumentiert wird, ist auch noch nicht ausgewertet. Das betrifft auch die Kleinfunde, die sicherlich bei den BerSi - Mitarbeitern in der Vitrine schlummern (man kann mir zumindest nicht erzählen, daß da nichts gekommen ist!).
5.) Eine umfangreiche Serie von dendrochronologischen Untersuchungen an Grubenhölzern müßte durchgeführt werden. Aber wer kann das bezahlen?! Das betrifft auch die archäometrische Untersuchung von Schlacken, Aufbereitungsrückständen oder Gezähe.
6.) Mit alten Hüttenstandorten, Bergschmieden, Aufbereitunganlagen etc. hat sich noch niemand befaßt.
Soweit nur einige der wichtigsten Punkte, die neben unzähligen Befahrungen erledigt werden müßten um zu komplexen Ergebnissen zu kommen. Deshalb sind Mitarbeiter ebenso willkommen, wie auch der Erfahrungsaustausch mit Leuten die im gleichen Zeitraum in anderen Revieren forschen oder geforscht haben.
Glück Auf!
Stephan (alias Falafel)
Glück Auf, Falafel!
Zunächst erstmal meine Hochachtung vor der von dir bisher geleisteten Arbeit. Ich weiß, wovon ich rede. Seit vielen Jahren versuche ich durch Archivarbeit die Gruben des Annaberger Reviers (ohne Buchholz und Wismut ausgenommen) zusammenzutragen und zu lokalisieren. Mittlerweile bin ich bei 1126 Gruben angelangt. Da ich auf diesem Gebiet ein Einzelkämpfer bin, wäre ich an einem Erfahrungsaustausch mit dir schon interessiert. Z. B. würde mich interessieren, wie man an Befahrungsberichte der Bersi herankommt. Wie bewertest du die Arbeit von Johann Carl Freiesleben (1848)?
Billy
Zunächst erstmal meine Hochachtung vor der von dir bisher geleisteten Arbeit. Ich weiß, wovon ich rede. Seit vielen Jahren versuche ich durch Archivarbeit die Gruben des Annaberger Reviers (ohne Buchholz und Wismut ausgenommen) zusammenzutragen und zu lokalisieren. Mittlerweile bin ich bei 1126 Gruben angelangt. Da ich auf diesem Gebiet ein Einzelkämpfer bin, wäre ich an einem Erfahrungsaustausch mit dir schon interessiert. Z. B. würde mich interessieren, wie man an Befahrungsberichte der Bersi herankommt. Wie bewertest du die Arbeit von Johann Carl Freiesleben (1848)?
Billy
Glueckauf Falafel ich erforsche hier in gleicher oder aehnlicher weise wie Du, die Geschichte und lokalität aller bergwerke und somit auch den weg der Erze im Sauerland.
Die meisten Schriftquellen gibts es eigentlich bei uns ab dem 30jaehrigen . in diesem Krieg lag hier alles still. Davor gab es nur gelegentliche quellen, wenn es entweder ein so eintraegliches Bergwerk war dass sich leute drum stritten oder der Landesherr gefragt wurde um es verliehen zu bekommen. Falls ich helfen kann gerne
Die meisten Schriftquellen gibts es eigentlich bei uns ab dem 30jaehrigen . in diesem Krieg lag hier alles still. Davor gab es nur gelegentliche quellen, wenn es entweder ein so eintraegliches Bergwerk war dass sich leute drum stritten oder der Landesherr gefragt wurde um es verliehen zu bekommen. Falls ich helfen kann gerne
Glückauf zusammen,
wie macht ihr das mit der Zuordnung der Grubennamen zu den lokalen Gegebenheiten (Altbergbau; Pingen ...).
Wir haben hier in Andreasberg für das 16. Jh. viele Gruben im Bergzettel beschrieben; die Ortsbezeichnungen sind aber so ungenau, das immer gleich mehrere Grubennamen für vorgefundenen Altbergbau in Frage kämen.
Eindeutige rißliche Unterlagen mit entsprechend genauen Zuordnungen gibt es erst seit ca. Mitte 17. Jh.
Wenig oder keine Probleme bereiten nur die praktisch ohne Unterbrechung betriebenen oder unter gleichem Namen wieder aufgenommen Gruben.
Grüße Uwe
wie macht ihr das mit der Zuordnung der Grubennamen zu den lokalen Gegebenheiten (Altbergbau; Pingen ...).
Wir haben hier in Andreasberg für das 16. Jh. viele Gruben im Bergzettel beschrieben; die Ortsbezeichnungen sind aber so ungenau, das immer gleich mehrere Grubennamen für vorgefundenen Altbergbau in Frage kämen.
Eindeutige rißliche Unterlagen mit entsprechend genauen Zuordnungen gibt es erst seit ca. Mitte 17. Jh.
Wenig oder keine Probleme bereiten nur die praktisch ohne Unterbrechung betriebenen oder unter gleichem Namen wieder aufgenommen Gruben.
Grüße Uwe
-
- Foren-Profi
- Beiträge: 1334
- Registriert: Fr. 01. Aug 03 0:00
- Name: Stephan Adlung
- Wohnort: Freiberg
In FG haben wir das gleiche Problem. Lösbar nur dadurch, daß sämtliche (!) relevanten Schriftquellen in den Archiven gesichtet werden. Dabei alle Info´s ohne Ausnahme nach Grubenamen ordnen. Wenn genug Material zusammen ist (bei mir sind es inzwischen mehrere Tausend Daten bis auf das Jahr 1600) kann man anfangen bestimmte Grubenamen für z. B. einen Schacht auszuschließen bis am Ende immer weniger übrig bleiben. Hat man erst man eine Grube lokalisiert löst sich eine Region manchmal recht schnell auf. Es ist eine echt mühselige und langwierige Archivarbeit. Dabei immer wieder mit der Vor-Ort-Situation vergleichen. Wenn man dann ein Schriftstück unter Tage nachvollziehen kann (z.B.: "... der Stolln, der in der dritten Maaß 12 Lachter gegen Mitternacht vom Gesprenge einkommt...") ist das natürlich unbezahlbar.
Glück Auf!
Stephan
Glück Auf!
Stephan
- Falk Meyer
- Foren-Profi
- Beiträge: 1536
- Registriert: Do. 01. Mai 03 0:00
- Wohnort: Flöha
- Kontaktdaten:
Also ich würde mir so ein Gruselloch schonmal anschauen...
Mein Erzgebirge,
hoch über dunklen Schächten lauscht deiner Halden wilde Einsamkeit.
Still raunen sie von guten Himmelsmächten,
von Berggeschrei aus längst vergangener Zeit.
Edwin Bauersachs
http://www.imkerei-meyer.com
hoch über dunklen Schächten lauscht deiner Halden wilde Einsamkeit.
Still raunen sie von guten Himmelsmächten,
von Berggeschrei aus längst vergangener Zeit.
Edwin Bauersachs
http://www.imkerei-meyer.com
- Nobi
- Foren-Profi
- Beiträge: 4306
- Registriert: Di. 01. Okt 02 0:00
- Name: Nobi
- Wohnort: Leipzig
- Kontaktdaten:
schlimmer als in manchen höhlen kann es ja auch nicht werden.
wenn also mal "tag des offenen drecklochs" ist, wäre ich auch dabei
wenn also mal "tag des offenen drecklochs" ist, wäre ich auch dabei
- Dateianhänge
-
- hoehle.gif (66.41 KiB) 10771 mal betrachtet
GLÜCK AUF | NOBI
Der Berg ist frei.
Wo eyn man eynfahrn will
mag her es thun mit rechte.
w w w . b e r g b a u s h i r t . d e
Der Berg ist frei.
Wo eyn man eynfahrn will
mag her es thun mit rechte.
w w w . b e r g b a u s h i r t . d e