Seltsamer Eimer

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Quertaucher
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Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Liebe Freunde,

ich war in den letzten Jahren selten hier am posten, weil es unter Wasser weiterhin viel zu entdecken gibt und ich ja vieles einfach nicht veröffentlichen kann, ohne Probleme zu entfachen. Nun möchte ich hier eine Frage an das Fachpersonal stellen und da hat mir ja dieses Forum beim Kolben eines Harzer Pumpensatzes schon einmal sehr schön geholfen.

Die beigefügten Fotos zeigen ein beständig abgesoffenes Bergwerk im Osterzgebirge. Näheres möchte ich vorerst nicht mitteilen. Ich durfte auf Anfrage hier zwei Mal tauchen und schon auf dem ersten Video fiel ein rundliches Gefäß auf, das beim 2. TG näher begutachtet werden sollte. Man muss dazu sagen, dieses Bergwerk ist aus dem 16. Jh. und später lange Jahre verschüttet gewesen, also nicht mehr überformt, sehr wilder Bergbau. Die Vermutung lag also nahe, dass es sich nicht um einen neuzeitlichen Eimer aus dem Baumarkt handelt, den schludriges Aufwältigungspersonal vergessen hatte.
Ich hatte deshalb auch ein Zentimetermaß (mit Blei) dabei, um wenigstens grob einen Maßstab zu erfassen von der Größe des Objektes. Nach der Befragung von De Re Metallica kam für mich nur die beigefügte Zuordnung als Teil einer Wasserhebekonstruktion infrage, zumal der Henkel sonst in dieser Form im gesamten Buch eher nicht zu finden ist. Die Gefäße im Buch aus Holz ähneln alle der Machart des Eimers.
Meine Frage: kennt jemand solche Eimer und weiß jemand, zu welchem Zwecke sie gedient haben können? Es könnte sich auch um einen Wasserschöpfeimer handeln, aber die haben im Buch alle eine verlängerte Halterung und keinen Henkel. Das Bergwerk hat viele Gefluder, Rinnen, also schon zur Betriebeszeit reichlich zusitzendes Wasser. Einen Hauptschacht gabe es, dazu mehrere Ebenen. Das Objekt (Eimer) liegt nun ca. 400-500 Jahre unter Wasser und sollte auch dort verbleiben, damit es weiter erhalten bleibt.
Für Eure Hinweise bin ich schon jetzt dankbar!

dER qUERTAUCHER
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DSC07295-Schöpfeimer-w.jpg
DSC07289-Hist.-Eimer-w.jpg
DSC07206-Hist-Eimer w.jpg
DSC04699-Wasserkunst-mit-Schöpfeimern-De-Re-Metallica--w.jpg
Langer
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Langer »

Hallo, schau mal bitte unter "seltsames Holzteil" in dieser Rubrik, da gibt es von 2011 eine Antwort auf Deine Fragen. Schöner Fund übrigens, nur hat es dem Fass leider den Boden ausgehauen. Woraus bestand eigentlich die Umspannung des Pottes, wäre für mich interessant, da ich den meinigen noch "original" ergänzen möchte.

Glück Auf! aus Halsbrücke A. Benthin
Quertaucher
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Hallo Langer,

Danke für die interessanten Verweise. Mit Interesse habe ich die Artefakte aus dem Trockenbereich gesehen und denke, dass das die Reste eines solchen Gefäßes sein sollten. Respekt für die Rekonstruktion. Allerdings sehen sie alle nicht so aus wie dieser Eimer und die bei Agricola in der Zeichnung (F Kannen), auch nicht das Teil auf dem Gemälde. Dort ist eher der umgelegte Behälter so wie dieser Eimer. Die obere und untere Halterung vermute ich aus Weidenruten oder Hanfseil, wobei ich keine wirkliche Ahnung habe, woraus diese Eimer gebaut worden sind. Das Bergwerk muss deshalb permanent abgesoffen gewesen sein, sonst kommen ja die Verfallsprozesse in Gang.
Der Boden ist übrigens drin und ich würde sagen, der Eimer ist voll funktionstüchtig - und das nach den vielen Jahren. Er wurde auch ganz vorsichtig aus der In Situ - Lage (Foto 3) aufgestellt und dezent von Sediment befreit. Die bräunlichen Verfärbungen könnten auf ehemalige Eisenringe schließen lassen.
GA
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Nobi
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Nobi »

Die Kanne ist oben schmal, damit nichts rausschwappt, der "Eimer" eher oben breit, damit man leicht einfüllen kann. Da sich auch der Griff am unteren (schmalen) Ende des Gefäßes befindet, könnte es durchaus zum Schöpfen gedient haben.

Jetzt stellt sich aber die Frage, ob die Grubensituation den Einsatz eines solchen Pfützeimers oder gar einer entsprechenden Wasserhebemaschine zulässt? Bei Letzterem müssten sich ja noch andere Teile finden lassen und der Schacht sollte entsprechend dimensioniert sein.

Evtl. kann man über die Lage der Gefluder rausbekommen, wie das Wasser gelöst wurde und ob der Einsatz eines Pfützeimers wirklich in Betracht kommt. Oft wurden ja entsprechend flache Pfützschüsseln zum direkten Schöpfen verwendet. Hängt eben vom Sumpf ab, den man hat.
Ansonsten kann der Eimer auch als Gefäß zu allem Möglichen gedient haben ...
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Uran
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Uran »

Naja, :gruebel: Ich bin etwas skeptisch das Teil als Kanne zu bezeichnen. Bei einer Höhe von ca. 30 cm und einem Durchmesser "oben" von ca. 30 cm, wahrscheinlich schwierig zu handhaben. Rein rechnerisch passen ca. 14 l in das Teil. Das ist schon ein großer Eimer. Die Eimer von Agricola auf dem Bild haben ja auch einen Henkel.
ich bi noch aaner ven altn Schlog, on bleib aa, wi ich bi.
Quertaucher
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Hallo Nobi, hallo Uran,

Pfützeimer/Schöpfeimer erscheint mir schlüssig. Ich denke auch, dass er zum Sümpfen des Bergwerks diente. Darauf weisen auch diverse Gefluder (Rinnen und Rohre hin, die überall verteilt zu finden sind. Nur ein Pumpensatz etc. war bisher nicht zu sehen. Aber die Grube ist auch erst zu Teilen erforscht. Der Eimer lag auf 4 m Wassertiefe. Die tiefste bisher erreichte Stelle liegt bei 16 m.
Langer
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Langer »

Hallo in die Runde, ich habe den meinigen Pott mal so hingestellt, wie in etwa die Situation auf Bild 2 ist. Bei dem Unterwasserfund ist eindeutig die mittels Grundhobel ausgearbeitete Nut des Bodens zu erkennen, das heißt, dass auf dieser Seite mal der Boden drinnen gewesen sein muss. Auch die Anordnung des Griffes lässt erkennen, dass das Ding auf dem Kopf steht. Ist es sicher, dass auf der schmalen Seite ein "Boden" drin ist ?, da sich das Gefäß aufgrund der Griffanordnung ja eigentlich so nicht handhaben ließe. Vielleicht ist ja auch ein "Deckel" drauf, den ich ich allerdings das erste Mal bei solchen Pötten sehen würde. Gibt es halbwegs genaue Maße zu dem Gefäß, irgendwie sehen die sich sehr ähnlich, Es bleibt spannend.

Glück Auf!
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Nobi
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Nobi »

Die Ähnlichkeit ist unverkennbar und es ist die Frage, ob sich ein Boden an der "dünnen" Seite des Gefäßes, also dort wo der Griff ist, befindet. Das ist leider auf dem Bild nicht zu erkennen.

Der obere Randbereich der dem Henkel gegenüberliegenden Seite auf dem breiteren Ende des Gefäßes hat etwas mehr gelitten. Das könnten Abnutzungen sein, wenn man damit geschöpft hat.
Aber das ist alles Theorie und ggf. standen in dem Eimer nur die Blumen zum "Tag des deustchen Bergmanns" ...
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Quertaucher
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Hallo Nobi,

das ist doch herzig: Aber das ist alles Theorie und ggf. standen in dem Eimer nur die Blumen zum "Tag des deutschen Bergmanns" ...

Ich werde nachsehen, wenn ich da mal wieder hinkomme und prüfen, ob ich den Boden finde. Dann gibt es auch weitere Fotos. Versprochen.

GLÜCK AUF

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Kamerad Martin
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Kamerad Martin »

Mal angenommen! Er wurde zum schöpfen genutzt, und beim letzten schöpfen sind unten durch starken gebrauch die 2-3 Dauben gebrochen. Der Eimer schlug Leck weil der Boden rausgefallen ist. Man legte ihn dann in die Kiste weil man sowas dann mit übertage nahm zur Reparatur. Jetzt liegt er da unten und wartet noch immer auf den Küfer der ihn heile macht. Diese Geschichte ist Frei erfunden und kann passiert sein.
Quertaucher
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Hallo,

weil hier die Frage kam, wie der Eimer hergestellt worden sein könnte, habe ich mal im Netz gesucht. Es gibt ja auf Youtube heute sogar Tutorial zum Schnürsenkelbinden, warum auch nicht zum Holzeimerbauen nach Mittelalterart.

Dies hier finde ich sehr naheliegend und der Böttcher hat Haselnussruten sehr geschickt verwendet, um die Dauben zusammenzuhalten. Dieses Material könnte auch beim Fundobjekt Verwendung gefunden haben:

https://www.youtube.com/watch?v=nPb98qOzjRM

GA

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Quertaucher
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Hallo,

ich war am Samstag wiedermal im Erzgebirge mit meinen unschlagbaren Supportern. Leider habe ich vergessen, den o.g. Eimer nochmal zu prüfen, weil ich einen noch unbetauchten engen Schacht explorieren wollte. Das ging mehr schlecht als recht aber irgendwie doch, hat aber nur einen überschaubaren Raum offenbart.
50 Meter weiter liegt eine weitere sehr alte abgesoffene Grube, die wir die "Steile Grube" nennen. Dort war ich zur Überraschung der Kollegen nun schon 3x in einem nahezu unberührten komplett abgesoffenen kleinen Bergwerk tauchen. Es ist 15,5m maximal tief, 35m Länge tonnlägig mit mehreren Bergfesten und einer Unmenge Holz mit Gerennen und Holzröhren. Irgendwo liegt ein Sägebock rum und es ist auch gleich am Einstieg Verzug verbaut. Der Plan war, ein Video zu drehen, um anhand dessen später einen Riß oder mindestens eine bessere Zeichnung zu schaffen. Diesmal war ich ohne Fotoapparat ganz entspannt unterwegs und habe auf dem Rückweg eine für mich bedeutende Entdeckung gemacht. Ein alter Schöpfeimer lag neben Spurlatten des Fördertrums und von weiteren Holzlatten verdeckt. Ich habe ihn drei Meter weiter in einer Nische geparkt, um ihn vernünftig zu fotografieren. Und das kleine Wunder: bis auf einen Weidenreifen, der am Verschluss aufgegangen ist, ist der Eimer soweit sehr gut erhalten. Anbei ein Foto und ein paar Vergleichsfotos aus dem Agricola-Buch. Ein ganz exaktes Abbild habe ich nicht gefunden. Der Ort muss unerklärt bleiben, damit dieses Objekt nicht unerwünschten Besuch erhält.
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DSC09669-Schöpfeimer-w.jpg (90.98 KiB) 988 mal betrachtet
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DSC09672--C-Wasserkanne-w.jpg (41.33 KiB) 988 mal betrachtet
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Quertaucher
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Re: Seltsamer Eimer

Beitrag von Quertaucher »

Hallo in die Runde,

zuerst mal der neue Eimer. Ich war vor einiger Zeit wieder in der Grube im Erzgebirge tauchen und habe weitere Fotos mit einem Zollstock gemacht. Es ist ein kleiner Schöpfeimer, der aber mit dem Griff sicher sehr nützlich war.

Und dann war ich noch in der anderen Grube, wo der größere Eimer/Kanne liegt (siehe Anfang dieses Beitrags). Hier habe ich nun endlich mal nachgesehen und festgestellt, dass "Langer" völlig richtig vermutet hat, dass hier der Boden fehlt. Anbei also einige Fotos. In der Grube habe ich vor längerer Zeit noch ein Pumpenrohr mit drinsteckendem Schwengel fotografiert. Sowas hatte ich auch noch nie unter Wasser. Über Wasser ohnehin nicht, denn da wären 400-500 Jahre alte Holzteile bereits zerfallen. So jedenfalls meine Erfahrungen beispielsweise aus den Altbergbaubereichen der Grube Büchenberg im Harz.

GA

dER qUERTAUCHER
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DSC08620-Schöpfeimer-ohne-Boden-w.jpg
DSC08621-Schöpfeimer-ohne-Boden-w.jpg
DSC08592-Schöpfeimer-mit-Zollstock-w.jpg
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