Braunesumpf- Vergessener Schatz im Harz Hüttenröder Edition Nr. 8 des Bergverein zu Hüttenrode e.V.

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Claudia S.
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Braunesumpf- Vergessener Schatz im Harz Hüttenröder Edition Nr. 8 des Bergverein zu Hüttenrode e.V.

Beitrag von Claudia S. »

Der Bergverein zu Hüttenrode e.V. hat seine mittlerweile 8. Publikation zum Hüttenröder Revier veröffentlicht.
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Über den Inhalt des Buches kann man sich im beigefügten Anhang Einblick verschaffen
Inhalt.pdf
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Herr Dr. Klaus Stedingk war so freundlich und hat das Buch rezensiert. Diese Rezension möchte ich an dieser Stelle zitieren:

Andreas PAWEL, Hans SCHAARSCHMIDT & Dieter MUCKE
Grube Braunesumpf -Vergessener Schatz im Harz.- Bergverein zu Hüttenrode e.V. (Hrsg.), Hüttenröder Edition Nr. 8, 302 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Tabellen, Hüttenrode / Plauen 2020.
Herausgeber: Bergverein zu Hüttenrode e.V., Druck: Satzart oHG Plauen,
ISBN 978-3-00-065901-0, Preis: 35,-- €
Im Jahr 2010 erschien mit „1000 Jahre Bergbau im Hüttenröder Revier“ die Hüttenröder Edition Nr. 1. Seitdem ist die Zeit nicht stehengeblieben und die Reihe inzwischen bei der Edition Nr. 8 angekommen. Mit diesen Bänden werden verschiedenste Aspekte und Fakten des traditionsreichen Mittelharzer Montanwesens beleuchtet und damit zugleich vor dem endgültigen Vergessen bewahrt.
Mit dem jetzt erschienenen Band Nr. 8 liegt dem Rezensenten zweifelsfrei ein außergewöhnliches Buch zur Montangeschichte des Harzes vor. In zwölf Hauptkapiteln mit zahlreichen Unterkapiteln werden die Geschichte aber auch der aktuelle Zustand des historischen Eisen- und Manganerzbergbaus bei Hüttenrode aber auch des Hüttenwesens in Blankenburg und Calbe in nahezu alle Richtungen beleuchtet. Hierbei unterscheidet sich das ungewöhnlich gut ausgestattete Buch deutlich von vielen konventionellen Publikationen, wie wir sie von anderen mitteleuropäischen Bergbaurevieren kennen.
Der Schwerpunkt des Buches liegt – wie schon der Titel manifestiert – auf der Grube Braunesumpf. Hier hat der Hauptautor Andreas Pawel buchstäblich jeden Stein umgedreht und darunter geschaut oder auch, wie er selbst schreibt: „unendlich viele persönliche Mitteilungen ehemaliger Bergleute“ festgehalten. Damit ist ein seltenes Zeitdokument entstanden. Auch wenn nicht alle Beiträge qualitativ auf gleicher Höhe stehen, wird hier sein Streben nach Vollständigkeit sichtbar. Die extreme Fülle an Details verlangt dem geduldigen Leser allerdings einiges ab.
In seinen Beiträgen spannt sich der Bogen vom Mittelalter über die Braunschweigische Zeit mit der Geschichte der Harzer Werke zu Rübeland und Zorge, bis zur Epoche des industriellen Bergbaus (1920 bis 1969) und seinen sozialen und zwischenmenschlichen Aspekten. Ausgespart wird hierbei auch nicht der massive Ausbau der Gruben im Dritten Reich bis hin zu den Anstrengungen, den Bergbau unter planwirtschaftlichen Bedingungen weiter zu entwickeln. Dabei werden die Schattenseiten der Reviergeschichte mit den Themen Zwangsarbeit, kriegswichtige Rüstungsprojekte (Klosterwerke) oder das Wirken der DDR-Staatsicherheit nicht verschwiegen oder verharmlost. Im Rückblick erscheint es z.B. bedrückend, dass Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die 1944 einen Großteil der Belegschaft ausmachten, letztlich die Voraussetzungen für den Weiterbetrieb der Grube nach Kriegsende geschaffen haben.
Die letzte Betriebsperiode bis zur Schließung der Grube Braunesumpf (1946 bis 1969) erscheint im Rückblick des Autors als eine Blütezeit des Hüttenröder Reviers, die eng verknüpft war mit der Errichtung des Niederschachtofenwerks in Calbe. Dieses neue Hüttenwerk verarbeitete die sehr unterschiedlichen aber insgesamt armen Eisenerze des Elbingeröder Komplexes und der Tagebaue bei Sommerschenburg und Badeleben durch den Einsatz von Braunkohlen-Hochtemperatur-Koks (BHT-Koks). Hierdurch sparte die DDR Devisen für den Import von Steinkohlenkoks bei gleichzeitiger Erzeugung von dringend benötigtem Eisen für den Wiederaufbau.
Breiten Raum widmet der Autor den technischen und betrieblichen Zusammenhängen. Ein Beispiel hierfür ist der Roherztransport zur Hütte in Blankenburg mit Hilfe der bislang nur wenig beachteten historischen Erzstufenbahn. Diese an alpine Verhältnisse erinnernde Fördereinrichtung zeugt vom Erfindungsgeist der früheren Ingenieure. Sie wurde 1885 durch die heute noch immer wichtige Rübelandbahn ersetzt. Ab 1951 übernahm der über drei Kilometer lange Wilhelm Burchard- (heute Walter Hartmann-) Stollen diese Aufgabe. In diese Zeit fällt auch die Gründung des VEB Harzer Eisenerzgruben. Unter schwierigsten Rahmenbedingungen gelangen in den Folgejahren der Nachweis und Aufschluss neuer Erzvorräte und die Konsolidierung der Betriebsverhältnisse (z.B. Teufen des Blindschachts 2 und des Wetterschachts). Hier berichtetet der Autor über ein spannendes Kapitel der Harzer Bergbaugeschichte in all seinen sozialen, gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Facetten.
Wie in fast allen ehemaligen Erzrevieren Mitteleuropas diskutiert der Autor auch die Frage nach der Perspektive zur Wiederaufnahme des Bergbaus verbunden mit einer wirtschaftlichen Nutzung der noch vorhandenen und z.T. nur vermuteten Reserven Eine nüchterne Analyse für das Revier Braunsumpf zeigt, dass ein Vorkommen von 6 Erzlagern, mit 23 Erzkörpern, Bilanzvorräten von etwa 12 Mio. Tonnen und im internationalen Vergleich extrem niedrigen Eisengehalten auch für kommende Jahrhunderte ohne ökonomischen Belang sein dürfte. Diese klare Erkenntnis wird in dem Buch leider nicht deutlich.
Einen Wert an sich stellen die Bilderstrecken und Impressionen von Untertage aus Befahrungen nach 50 Jahren seit der Stilllegung dar. Diese z.T. meisterhaften Aufnahmen aus dem heute noch zugänglichen Altbergbau dar. Diese Bildauswahl ermöglicht unmittelbare Einblicke in die Arbeitswelt vor Ort und die ihre technischen Entwicklungen bis hin zu den aktuellen Verwahrungsarbeiten.
Für das Kapitel Mineralfunde aus dem Hüttenröder Revier wurde Hans Schaarschmidt gewonnen. Der ausgewiesene Kenner und ehemalige Obersteiger der Grube Braunesumpf kennt wie kaum ein Zweiter „seine“ Lagerstätte und die wirksamen Vorgänge und chemischen Bedingungen, unter denen sich die vorkommenden Mineralien bilden konnten. Auch wenn Stufen aus dem Hüttenröder Revier eher selten in den Sammlungen anzutreffen sind, überzeugen die abgebildeten Mineralien und Gesteinspräparate mit ihrer Ästhetik.
Unerwartet in diesem Band und beinahe akademisch-lehrbuchhaft mutet der mit 35 Druckseiten ungewöhnlich ausführliche Beitrag Dieter Muckes „Geologie und Erzbildung“ an. Dabei ist festzuhalten, dass Dieter Mucke, der seit den frühen 1970er Jahren im Elbingeröder Komplex forschend tätig ist, umfangreiche Fakten und Erkenntnisse der Lagerstätten des Mittelharzes besitzt. Der Autor unternimmt hier den Versuch, den devonischen Vulkanismus und die Entstehung der Eisenerze im Mittelharz allgemeinverständlich darzustellen. Trotz aller Bemühungen gleiten dabei seine modellhaften Ausführungen oft weit ab in abstrakte geowissenschaftliche Abbildungen und Theorien, die den „normalen Leser“ überfordern müssen. Von einigem Interesse sind seine lagerstättenkundlichen Ausführungen zu den vergessenen Eisenerzvorkommen bei Badeleben und Sommerschenburg (Landkreis Börde), weil über diesen Bergbau, der das Niederschachtofenwerks in Calbe belieferte, nur verstreut in der Literatur berichtet wird.
An einigen Stellen überrascht es, dass der Autor seine fundierten Kenntnisse nicht zum Ausdruck bringt. So vermisst der Reszensent z.B. einen geologischen Schnitt durch die Hüttenröder Mulde, den Dieter Mucke vor vielen Jahren im Auftrag des Landesamts für Geologie und Bergwesen angefertigt hat. Diese Darstellung wäre für das Verständnis seiner Ausführungen sehr wertvoll gewesen. Weitere Beispiele zu Ungenauigkeiten oder fehlerhaften Zitaten ließen sich anführen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hüttenröder Edition Nr. 8 in erster Linie eine hochwillkommene Ergänzung zu den bereits an anderer Stelle erschienenen Abhandlungen über die Gruben Büchenberg und Drei Kronen und Ehrt / Einheit bei Elbingerode bildet. Dabei erhebt das Buch keinen Anspruch auf exakte Wissenschaft, sondern möchte die Montangeschichte von ihren Wurzeln her und in ihrer sozial-zwischenmenschlichen Einbettung beleuchten. Dieses Vorhaben ist nach Meinung des Rezensenten sehr weitgehend gelungen und tröstet den über die leider recht zahlreichen Dopplungen und einige Sach- und Schreibfehler hinweg. Der neuen Hüttenröder Edition ist deshalb eine weite Verbreitung zu wünschen.

Klaus Stedingk (Schkopau-Ermlitz)


Weiterhin konnte Herr Ministerpräsident Haseloff gewonnen werden, ein Vorwort für das Kompendium zu verfassen
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Um dem geneigten und interessierten Leser einen Einblick in das Buch zu verschaffen, sein die angehängten Leseproben empfohlen.
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Das Buch ist direkt über den Verein http://bergvereinhüttenrode.de/kontakt/ oder über martin-pawel@gmx.net zu beziehen.

Mit kräftigem Glück Auf! aus Hüttenrode

Claudia Schreiter
Claudia
Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat. Mark Twain
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