Dammbruch Vale

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markscheider
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Dammbruch Vale

Beitrag von markscheider »

Habt ihr das Video gesehen (https://www.tagesschau.de/multimedia/vi ... 00995.html)?

Was ich in den zwei Sekunden erkennen konnte: offenbar hatte das Absatzbecken einen Schüttdamm, der sich blitzartig in Bewegung setzte. Sah für mich nach einem Setzungsfließen aus, und das würde bedeuten, daß der Dammkörper durchnässt war, was wiederum auf ein Leck in der Abdichtung schließen läßt.
So etwas kann man auch mit einem Oberflächenmonitoring nicht vorhersagen, weil sich der Dammkörper bis zuletzt wenig bis gar nicht bewegt.
Ich bin zuwenig Geotechniker, um wissen zu können, ob es Verfahren gibt, die die Durchfeuchtung permanent überwachen können, vermute aber, daß das so sein könnte. Allerdings würde man so etwas vermutlich nur anwenden, wenn man davon ausgeht, daß es irgendwo ein Leck gibt.
Uran
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Uran »

Wenn u mich fragst, sieht ein Dammbruch anders aus. Hier wurde der Damm offensichtlich am Fuß auf breiter Front unterspült. Bis zum Ende des Videos ist ja der "seeseitige" Teil des Dammes stehen geblieben.
ich bi noch aaner ven altn Schlog, on bleib aa, wi ich bi.
Fördermaschinenbauer
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Fördermaschinenbauer »

Unsere örtliche Trinkwassertalsperre (Obernau) hat zur Überwachung an Grund des Schüttdammes einen begehbaren Stollen (wurde vor dem Aufschütten aus Beton gebaut) im dem an Kontrollbohrungen ständig überwacht wird ob die Wasserseitige Abdichtung (dicke Teerschicht) noch in Ordnung ist. Er verläuft vom Entnahmeturm längs durch den Damm zu einen Ausgang auf der anderen Talseite.
Ohne oder mit nur einzelnen Kontrollbrunnen im Damm wird das eher schwierig sein.
Harzer06
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Harzer06 »

Erinnert ein wenig an die Berichte von 1985 über die Staubecken im Stava-Tal mit Hunderten von Toten. Es wird angenommen, daß eine defekte Drainage und starke Niederschläge die Dämme aufgeweicht hatten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Tesero-Dammbruch

G´Auf
Harzer06
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Jörn
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Jörn »

Uran hat geschrieben: Sa. 02. Feb 19 18:28 Wenn u mich fragst, sieht ein Dammbruch anders aus. Hier wurde der Damm offensichtlich am Fuß auf breiter Front unterspült. Bis zum Ende des Videos ist ja der "seeseitige" Teil des Dammes stehen geblieben.
Für mich sieht das aus wie ein Grundbruch, wie er im Lehrbuch steht. Was nicht ausschließt, dass das Material am Damm landseitig ziemlich wassergesättigt ist. Da bin ich echt mal auf die Ursachenforschung gespannt. Ein Hoch auf den Töff-Süd, der den deutschen Sachverständigen einen Bärendienst erwiesen hat. Vielleicht sollt man wieder dazu übergehen, Autos und Fahrräder auf Verkehrstauglichkeit zu untersuchen und solche Sachen Leuten überlassen, die was davon verstehen.

Glückauf

Jörn
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markscheider
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von markscheider »

Grundbruch würde bedeuten, dass der Damm überlastet war.Hätte dann nicht sofort die Krone und die Schlämme dahinter mitkommen müssen?
Zuletzt geändert von markscheider am Mo. 04. Feb 19 11:34, insgesamt 1-mal geändert.
Mannl
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Mannl »

"Ein Hoch auf den Töff-Süd, der den deutschen Sachverständigen einen Bärendienst erwiesen hat. Vielleicht sollt man wieder dazu übergehen, Autos und Fahrräder auf Verkehrstauglichkeit zu untersuchen und solche Sachen Leuten überlassen, die was davon verstehen."
Man betätigt sich auch in der "Aquisition/Standortbetreuung" bei Mobilfunkbetreibern :D

Was den Damm betrifft - müsste man die Konstruktion kennen. Aus Kostengründen hat man da sicher gespart.
Von Tagebaukippen ist bekannt, das es bei einem Böschungswinkel von 2° noch zu Rutschungen kommen kann !
Für mich sieht es auch nach einem "hydraulichen Grundbruch" aus. Dieser kann z.B. auch durch eine Erschütterung (Sprengung?) ausgelöst werden. Macht man im Tagebau.

Nach einem kurzen Blick in die Literatur, "Dammbau", habe ich das Gefühl, als hätte man da einfach nur Dreck hingekippt ... :gruebel:
Zu Markscheider: Es kann sein, dass die Schlämme schon entwässert waren und damit rel. "standfest". Vielleicht war auch das die Ursache der Unterspülung ?

Kolloquium "Bodenmechanik, Grundbau und bergbauliche Geotechnik" 2008 -

"Geomechanische Untersuchung eines Schadensfallsan einer industriellen Absetzanlage" Dr. Ing. Holmer Tscheschlok, Dipl. Ing. Ralf Plamnitzer (Bernburg 3.2.2007 - Kalkteiche
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Mannl
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Mannl »

Nicht ganz das Thema - Aber mal so zum Vergleich wie ein Damm entsteht und überwacht wird …

KONTROLLPRÜFUNGEN IM WASSERBAU AM BEISPIEL „DEICH LÖDDERITZ“ IN SACHSEN-ANHALT

SCHRICKEL, M.; FABIAN, H.; MÜLLER, M.; FRITZ, E. DBI-EWI GmbH Halsbrücker Str. 34 09599 Freiberg T: +493731/365255; F: +493731/365271; E: freiberg@dbi-ewi.de
Grundlage des Projekts „Deichrückverlegung Lödderitzer Forst“ ist das Naturschutzgroßprojekt Mittlere Elbe. Die Finanzierung wird anteilig vom Bundesumweltministerium (75 %), dem Land Sachsen-Anhalt (15 %) und der Umweltstiftung WWF Deutschland als Projektträger(10 %) gesichert. Das Großprojekt liegt im Biosphärenreservat „Mittelelbe“, das aus der Fortentwicklung des Gebietes „Steckby-Lödderitzer Forst“ hervorgegangen ist. Im Landesentwicklungskonzept von Sachsen-Anhalt wurde der Bereich Lödderitzer Forst auch als Vorranggebiet für Hochwasserschutz festgelegt. Es wurde eine Deichtrasse gesucht, die möglichst große Waldflächen wieder in eine echte Überflutungsaue zurückführt und einen modernen Hochwasserschutz durch einen DIN-gerechten Deichaufbau und optimale Verteidigungsmöglichkeiten sicherstellt. Die wesentliche Umsetzung der Baumaßnahme begann in 2010 und ist in mehrere Baulose unterteilt. Die Gesamtlänge der Deichrückverlegung bzw. des Deichneubaus beläuft sich auf ca. 7,5 km. Im Rahmen der Qualitätssicherung erfolgt durch den Vorhabensträger (Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt) die Einbindung eines externen qualifizierten und unabhängigen Kontrollprüfers (DBI-EWI GmbH). Das Aufgabenspektrum umfasst insbesondere die baubegleitenden bodenmechanischen und -chemischen Kontrollen der einzelnen Komponenten des Deiches (z. B. Gründungssohle, Deichkern, Stützkörper, Dränagekörper, Dichtungssporn, Dichtung wasserseitige Böschung, Deichverteidigungsweg, Oberboden). Zusätzlich werden durch die DBI-EWI GmbH projektbegleitende Beratungsleistungen erbracht. Herausforderung für die kontinuierliche Qualitätssicherung im Rahmen dieses Projektes besteht u. a. im Management und der Überwachung der bauherrenseits vorhandenen Bodengewinnungsstelle und deren differenzierten Stoffströme sowie Aufbereitungstechnologien. Dies wird durch eine enge Zusammenarbeit des Planungsbüros (PROWA Neuruppin Planungsgesellschaft für Wasserbau und Wasserwirtschaft mbH) und des Kontrollprüfers (DBI-EWI GmbH) gewährleistet. Gleichfalls erweist sich die parallele Ausführung unterschiedlichster Komponenten des Gesamtsystems in verschiedenen Abschnitten innerhalb eines Bauloses und baulosübergreifend als anspruchsvolle ingenieurtechnische Aufgabe. Die DBI-EWI GmbH gewährleistet eine derartige heterogene Kontrollprüfung (Qualitätssicherung) auf Basis der Erstellung eines projektspezifischen Prüfplans und der ingenieurtechnischen Begleitung.

Abbildung 1: Regelprofil / Deichquerschnitt des Deiches Lödderitz [LHW Sachsen-Anhalt]
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markscheider
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von markscheider »

Naja Mannl - Deich nach DIN, und Geld spielt keine Rolle. Das sind schon etwas andere Voraussetzungen als ein Schlammteich im brasilianischen Dschungel.
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Björn
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Björn »

markscheider hat geschrieben: Sa. 02. Feb 19 18:22und das würde bedeuten, daß der Dammkörper durchnässt war, was wiederum auf ein Leck in der Abdichtung schließen läßt.
Wenn es ein Upstream Damm war, gibt es nicht mal eine Abdichtung...
https://www.klohn.com/blog/best-practic ... am-design/
http://www.tailings.info/disposal/conventional.htm

Sowas gibt es hier bei uns in Deutschland auch noch im Altbestand...

Björn

Edit:http://www.vale.com/EN/aboutvale/news/P ... -dams.aspx

http://www.vale.com/indonesia/EN/aboutv ... -2016.aspx
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markscheider
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von markscheider »

"A state official told Reuters that all evidence suggested the dam burst was caused by liquefaction - a process by which a solid material such as sand loses strength and stiffness and turns to liquid.

The BBC's Julia Carneiro says liquefaction was the cause of a separate dam collapse three years ago in Mariana, owned by a Vale subsidiary. Both structures are upstream dams, mostly built with dried mining waste or tailings, a mixture of sand and clay-like mud. " https://www.bbc.com/news/world-latin-america-47096011

Also: Upstreamdamm, und Verflüssigung des Dammes - wie ich ganz oben schon vermutete. Wenn die BBC recht hat.
Mannl
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Mannl »

Alles gesagt ...
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markscheider
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von markscheider »

Was mich auch interessiert, ist die Chemie. Bin ja kein Aufbereiter, also warum wird bei derartigen Ereignissen in den Medien immer von Giftschlamm geschrieben? Bei einem Goldbergwerk ist das klar, auch bei dem grade wieder in den Schlagzeilen befindlichen Ereignis in Ungarn vor 9 Jahren (https://www.n-tv.de/panorama/Manager-mu ... 42459.html). Aber bei Eisenerz?
Brechen, Mahlen, Magnetscheidung und villeicht noch ein paar Tenside, wenn flotiert wird - das kann ich mir vorstellen. Das ist aber nicht ernsthaft giftig.
Harzer06
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Re: Dammbruch Vale

Beitrag von Harzer06 »

Moin,

"giftig" ist ein dehnbarer Begriff, der sich Fachfremden leider nicht immer in seiner ganzen Bedeutung erschließt. Die bisherige Kennzeichnung nach der Gefahrstoffverordnung unterschied dabei sehr giftig, giftig, mindergiftig (mitunter auch als gesundheitsschädlich bezeichnet) und reizend, neben weiteren Gefährdungsmerkmalen. Wobei einen allerdings auch ein "mindergiftig"-Stoff unter geeigneten Umständen durchaus umbringen kann. Schon das ist dem in der Mehrzahl chemisch unerfahrenen Zeitungsleser*in kaum noch zu vermitteln. Mit dem Übergang zum GHS-System ist das nicht übersichtlicher geworden. Es sind neue Gefährdungsklassen hinzugekommen und die Einstufungskriterien entsprechen nicht unbedingt dem bisherigen europäischen System.

Ich weiß natürlich nicht, wie der Inhalt der fraglichen Schlammteiche zusammengesetzt war, aber falls die eine Flotation betrieben haben sollten, dürfte es über Tenside weit hinausgehen. Es geht ja nicht nur um das Schäumen, sondern um das selektive Schäumen. Da werden Salze zugesetzt, der pH-Wert mit Säuren und Laugen eingestellt, möglicherweise außer Luft auch andere Gase eingeleitet. Die genaue Rezeptur bleibt normalerweise Betriebsgeheimnis. Ein Zeitungsredakteur muß somit über etwas schreiben, das er höchstens in Ansätzen kennt.

Und so harmlos sind auch Tenside nicht. Fische und andere Wasserorganismen mögen es im Allgemeinen nicht, wenn man ihnen Spüli ohne Kläranlage ins Wasser kippt. :wink:

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Harzer06
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