Mir hat es schon seit längerem die alte Harzer Bergmannskopfbedeckung, die grüne Mooskappe angetan. Leider findet man zumindest im Internet nur sehr wenig über sie, und es gibt auch nur wenige Bilder. Auch der Wikipedia-Artikel ist recht kurz: man liest zwar, daß die Mooskappe im Harz und im Barsinghäuser Revier getragen wurde, aber leider erfährt man z. B. nichts über ihre Ursprünge und ihre Entstehungszeit: gab es sie erst seit dem 19. Jahrhundert oder schon früher? Und wie lange wurde sie denn noch im Bergbau getragen? Da die Mooskappe unzweifelhaft praktisch war – sie wärmte und bot zudem auch einen gewissen Kopfschutz – frage ich mich, warum es sie nicht auch andernorts gab. Schließlich gab es Wolle überall und die Technik des Filzens ist ja auch landauf und landab verbreitet. Vielleicht weiß einer der Foristen ja hier mehr.
Ich bin auf eine wirklich empfehlenswerte Bezugsquelle für Mooskappen gestoßen. Und das Schöne ist: es handelt sich dabei nicht um eine im schlechten Englisch etikettierte „Moos-Cap, Original Harz style, made in Bangla Desh“. Nein, diese Mooskappen stammen tatsächlich aus der alten Bergstadt St. Andreasberg im Harz, wo sie von der Filzerin Brigitte Rieger in Handarbeit angefertigt werden. Sie verwendet dafür Merinowolle, die sie im klassischen Walkfilzverfahren mit Wasser und Seife und viel Händedruck bearbeitet, sodaß die Wollfasern aufquellen und dann verfilzen.
Und so sieht dann die fertige Mooskappe nach dem Trocknen. aus.
http://www.allerlei-filzerei.de/.cm4all ... p_500_500/
Die Konsistenz der beiden Lagen des Wollfilzes entspricht ungefähr der eines leichten Walkjankers.
Das Schöne an der Mooskappe ist, daß sie zwar ein spezifisches Bergbauutensil ist, aber daß man sie auch ganz zwanglos im Alltag und auf der Straße tragen kann (das wäre z. B. mit dem alten Lederhelm, den mein Opa untertage trug und den ich heute besitze, nicht so gut möglich ).
Sie bedeckt die Ohren nicht, sondern liegt auf. Wer das spezifisch Bergmännische betonen mag, kann noch ein Schlägel- und Eisen-Abzeichen daran befestigen, aber nötig ist das nicht. Denn die Mooskappe sieht in ihrem fröhlichen Grün schmuck aus, sie ist originell und sie hat, wie ich finde, durchaus etwas Ursprüngliches und Archaisches. Da sie nicht steif ist, kann man sie auch in der Tasche mitführen, und gerade jetzt in der Herbst- und dann beginnenden Winterzeit ist sie angenehm warm am Kopf. Man sollte sie wohl gut vor Motten schützen, denn auch die wissen Merinowolle zu schätzen.
Der Preis für eine Mooskappe beträgt 55,- Euro (plus Versand), was für eine echte und sich über Tage hinziehende Handarbeit, gefertigt aus hochwertiger Wolle, nun wirklich nicht zuviel ist.
Normalerweise schreibt man nur allzu gerne Kritiken, wenn man wieder meckern will - ich bin da auch keine Ausnahme. Aber ich finde, Frau Rieger hat wirklich diese lobende Besprechung verdient - und so ganz nebenbei sorgt sie mit ihrer Handwerkskunst dafür, daß ein Stück Bergmannskultur nicht verschwindet.
Brigitte Rieger
Katharina-Neufang-Str. 42 b
37444 St. Andreasberg
Telefon: 0 55 82 / 14 95
E-Mail-Adresse: info@allerlei-filzerei.de
Website: http://www.allerlei-filzerei.de
Nachtrag: die Filzoberfläche verhindert das schnelle Eindringen von Staub und Dreck und von Flüssigkeiten, und Filz nimmt auch kaum Gerüche an, sodaß eine intensive Reinigung gar nicht nötig ist. Und selbst wenn die Mooskappe mal richtig dreckig sein sollte (z. B. wenn man sie wirklich untertage trägt), eines darf man NIE tun: sie in der Waschmaschine waschen.
Alles weitere gibt es hier:
http://www.monofaktur.de/skin/frontend/ ... llfilz.pdf
Bezugsquelle für Harzer "Mooskappen"
Bezugsquelle für Harzer "Mooskappen"
Zuletzt geändert von Wadenberg am Fr. 28. Okt 16 10:55, insgesamt 1-mal geändert.
- georgagricola
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Re: Bezugsquelle für Harzer "Mooskappen"
Ich beziehe mich jetzt auf die Frage, ob die Mooskappe noch außerhalb des Harzes verwendet wurde und ab wann die Mooskappe verwendet wurde.
Für Hessen ist für das Richelsdorfer Gebirge (Kupferschieferbergbau im Raum Sontra) als Kopfbedeckung zweier geschnitzter Bergmusikanten ein grüner, sich nach oben verbreiternder mit waagrechtem Abschluß versehener Schachthut, der aus Filz zu sein scheint, nachgewiesen. Die Figuren sind erhalten in der Pfarrkirche zu Wildeck-Richelsdorf und sind abgebildet in dem Buch: Friedrich, König von Schweden, Landgraf von Hessen-Kassel ... Hrsg. von Helmut Burmeister, Hofgeismar 2003, Abb. 109. Datiert werden die Figuren in das 2. Drittel des 18. Jahrhunderts.
Die hessischen bergmännischen Kopfbedeckungen aus Filz scheinen anders ausgesehen zu haben als die im Harz. Die älteste mir bekannte Abbildung einer hessischen Mooskappe befindet sich in der Kartusche eines Markscheiderriß des Braunkohlenbergwerkes am Meißner (östl. von Kassel), den der Markscheider J. Ludwig Döring 1732 hergestellt hat und der sich im Staatsarchiv Marburg befindet. Abgebildet ist er ebenfalls in dem oben genannten Buch auf S. 408. Die hessischen Mooskappen verjüngen sich nicht nach oben in der Form eines Bienenkorbes, sondern verbreitern sich nach oben zu und haben oben eine waagrechte Fläche. In dieser Abbildung sind die Mooskappen nicht koloriert. Ich habe bis jetzt noch keine hessische Mooskappe im Original gesehen. Selbst im Bestand des für diese Region zuständigen Landesmuseums Kassel (Museumslandschaft Hessen-Kassel) war kein derartiges Stück (2015) nachweisbar. An einem Original bin ich sehr interessiert. Das aus Messing gefertigte Mützenschild befindet sich schon in meiner Sammlung.
Ich habe versucht, den ältesten Hinweis auf eine Verwendung des Begriffs „Mooskappe“ zu finden. VEITH, Heinrich: Deutsches Bergwörterbuch, Breslau 1870, enthält diesen Begriff nicht. „Bergkappe“ oder „Fahrkappe“ bezeichnet den Gugel, den ein Bergmann im 15., 16. und wohl noch am Anfang des 17. Jahrhunderts trug. Der von Veith verwendete Ausdruck ist „Schachthut“ ... „ein hoher Filzhut ohne Krämpe, die gewöhnliche Kopfbedeckung der Bergleute“. Der Quellennachweis für diesen Filzhut ist aus dem 19. Jahrhundert.
Eine kleine Hilfe für die Datierung sind bestimmte Abbildungen in dem Buch „Meisterwerke bergbaulicher Kunst vom 13. bis 19. Jahrhundert, von Rainer Slotta ... Bochum 1990.“ Ein Bergknappe (Abb. 92 auf S. 315) scheint eine Mooskappe zu tragen und ist mit „Sachsen, um 1720“ datiert. Ein Trogträger (Abb. 124 auf S. 353) trägt eine Mooskappe und ist auf die Zeit „nicht nach 1798“ datiert.
Auch in dem Grimmschen Wörterbuch (Bd 1: 1854 ff.) habe ich den Begriff „Mooskappe“ als bergmännische Kopfbedeckung nicht gefunden. Ein Schachthut aus Filz ist nachgewiesen bei JACOBSSON, Johann Karl Gottfried: Technologisches Wörterbuch ... Th. 3. Berlin 1783, S. 543.
Zitat aus dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm (online-Version, abgerufen am 22.10.2016): „schachthut, m. bei den bergleuten, pitteolus fossoris sive margine. Frisch 2, 155b; hut von filz ohne rand, dessen sie sich bedienen, wenn sie in den schacht fahren, auch schachtkappe, schachtmütze. Jacobsson 3, 543a: ziert der schachthut ihn (den jungen bergmann) dann. Zachariä tagesz. 84.“
Glück auf Konrad
Für Hessen ist für das Richelsdorfer Gebirge (Kupferschieferbergbau im Raum Sontra) als Kopfbedeckung zweier geschnitzter Bergmusikanten ein grüner, sich nach oben verbreiternder mit waagrechtem Abschluß versehener Schachthut, der aus Filz zu sein scheint, nachgewiesen. Die Figuren sind erhalten in der Pfarrkirche zu Wildeck-Richelsdorf und sind abgebildet in dem Buch: Friedrich, König von Schweden, Landgraf von Hessen-Kassel ... Hrsg. von Helmut Burmeister, Hofgeismar 2003, Abb. 109. Datiert werden die Figuren in das 2. Drittel des 18. Jahrhunderts.
Die hessischen bergmännischen Kopfbedeckungen aus Filz scheinen anders ausgesehen zu haben als die im Harz. Die älteste mir bekannte Abbildung einer hessischen Mooskappe befindet sich in der Kartusche eines Markscheiderriß des Braunkohlenbergwerkes am Meißner (östl. von Kassel), den der Markscheider J. Ludwig Döring 1732 hergestellt hat und der sich im Staatsarchiv Marburg befindet. Abgebildet ist er ebenfalls in dem oben genannten Buch auf S. 408. Die hessischen Mooskappen verjüngen sich nicht nach oben in der Form eines Bienenkorbes, sondern verbreitern sich nach oben zu und haben oben eine waagrechte Fläche. In dieser Abbildung sind die Mooskappen nicht koloriert. Ich habe bis jetzt noch keine hessische Mooskappe im Original gesehen. Selbst im Bestand des für diese Region zuständigen Landesmuseums Kassel (Museumslandschaft Hessen-Kassel) war kein derartiges Stück (2015) nachweisbar. An einem Original bin ich sehr interessiert. Das aus Messing gefertigte Mützenschild befindet sich schon in meiner Sammlung.
Ich habe versucht, den ältesten Hinweis auf eine Verwendung des Begriffs „Mooskappe“ zu finden. VEITH, Heinrich: Deutsches Bergwörterbuch, Breslau 1870, enthält diesen Begriff nicht. „Bergkappe“ oder „Fahrkappe“ bezeichnet den Gugel, den ein Bergmann im 15., 16. und wohl noch am Anfang des 17. Jahrhunderts trug. Der von Veith verwendete Ausdruck ist „Schachthut“ ... „ein hoher Filzhut ohne Krämpe, die gewöhnliche Kopfbedeckung der Bergleute“. Der Quellennachweis für diesen Filzhut ist aus dem 19. Jahrhundert.
Eine kleine Hilfe für die Datierung sind bestimmte Abbildungen in dem Buch „Meisterwerke bergbaulicher Kunst vom 13. bis 19. Jahrhundert, von Rainer Slotta ... Bochum 1990.“ Ein Bergknappe (Abb. 92 auf S. 315) scheint eine Mooskappe zu tragen und ist mit „Sachsen, um 1720“ datiert. Ein Trogträger (Abb. 124 auf S. 353) trägt eine Mooskappe und ist auf die Zeit „nicht nach 1798“ datiert.
Auch in dem Grimmschen Wörterbuch (Bd 1: 1854 ff.) habe ich den Begriff „Mooskappe“ als bergmännische Kopfbedeckung nicht gefunden. Ein Schachthut aus Filz ist nachgewiesen bei JACOBSSON, Johann Karl Gottfried: Technologisches Wörterbuch ... Th. 3. Berlin 1783, S. 543.
Zitat aus dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm (online-Version, abgerufen am 22.10.2016): „schachthut, m. bei den bergleuten, pitteolus fossoris sive margine. Frisch 2, 155b; hut von filz ohne rand, dessen sie sich bedienen, wenn sie in den schacht fahren, auch schachtkappe, schachtmütze. Jacobsson 3, 543a: ziert der schachthut ihn (den jungen bergmann) dann. Zachariä tagesz. 84.“
Glück auf Konrad
Re: Bezugsquelle für Harzer "Mooskappen"
Vielen Dank für diese nicht nur ausführliche, sondern auch informative Antwort!
Sie zeigt zweierlei:
1. Man findet hier im Forum selbst zu "entlegenen" Themen Menschen, die wirklich kompetent, belesen und erfahren sind und die dann aber auch noch enthusiastisch genug sind, andere daran teilhaben zu lassen. Als ich z. B. letztes Jahr in der Rubrik "Equipment und Technik" für unser Besucherbergwerk nach "Herstellern für Bergmannskleidung etc." suchte, da war es der Forist "Pochknabe", der die entscheidenden Hinweise gab.
2. Im Falle der Mooskappe geht es sogar noch weiter: denn diese Informationen entstammen einem intensiven und damit zeitaufwendigem Quellenstudium. Das Internet ist sicherlich eine große Hilfe, so daß wir "Normalos" aber nur allzu leicht in den Glauben verfallen: "Wenn's nicht im Netz zu finden ist, dann gibt's das auch nicht". Aber das Internet ist eben oftmals nur der Einstieg in die Materie, das vergesse auch ich einfach zu leicht.
Also noch mal vielen Dank für die Antwort - und vor allem für die Mühe!
Glückauf... im ursprünglichen Sinne von "Möge sich das Glück vor Dir auftun"!
Sie zeigt zweierlei:
1. Man findet hier im Forum selbst zu "entlegenen" Themen Menschen, die wirklich kompetent, belesen und erfahren sind und die dann aber auch noch enthusiastisch genug sind, andere daran teilhaben zu lassen. Als ich z. B. letztes Jahr in der Rubrik "Equipment und Technik" für unser Besucherbergwerk nach "Herstellern für Bergmannskleidung etc." suchte, da war es der Forist "Pochknabe", der die entscheidenden Hinweise gab.
2. Im Falle der Mooskappe geht es sogar noch weiter: denn diese Informationen entstammen einem intensiven und damit zeitaufwendigem Quellenstudium. Das Internet ist sicherlich eine große Hilfe, so daß wir "Normalos" aber nur allzu leicht in den Glauben verfallen: "Wenn's nicht im Netz zu finden ist, dann gibt's das auch nicht". Aber das Internet ist eben oftmals nur der Einstieg in die Materie, das vergesse auch ich einfach zu leicht.
Also noch mal vielen Dank für die Antwort - und vor allem für die Mühe!
Glückauf... im ursprünglichen Sinne von "Möge sich das Glück vor Dir auftun"!