Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

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sehmataler
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von sehmataler »

Im Thread "Bildersuche Niederschlag" hatten wir schon einmal über frühe DDR-Publikationen zum Uranbergbau der Wismut diskutiert. Ein schönes Beispiel fand ich neulich in einem DDR-Schüleratlas von 1960. Auf den Seite 23 war dort bei Gera und im Westerzgebirge sehr deutlich das Symbol für Uranbergbau vermerkt.

Diese Tatsache zeigt, dass der "doch so geheime Uranbergbau der Wismut" mindestens seit 1960 in der DDR als Schulwissen vermittelt wurde.


Atlas der Erdkunde.
Für die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule
3., veränderte Auflage
Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1960.
Seiten 22 und 23:
Deutsche Demokratische Republik und Deutsche Bundesrepublik,
Bergbau und Industrie
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Uran
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Uran »

Ja sicher. War doch kein Geheimnis. Hab gerade mal nachgesehen. 1951 fehlt es noch. :D
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milnaaer
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von milnaaer »

In den alten Schulatlas-Ausgaben 1954 und 56 sind Uransymbole noch Fehlanzeige.
Diese erscheinen mit der Erstausgabe des von @sehmataler genannten "Atlas der Erdkunde" im Jahr 1958. Übrigens ist im selben Atlas auf S. 8/9 (nur DDR - Bergbau u. Industrie) das Uransymbol bei Johannstadt bereits weggelassen. Man ging also durchaus mit der Zeit.
1965 erschien die erste neubearbeitete Auflage, u.a. mit neuer Symbolik. Uran wird nun als schwarzer 6-zackiger Stern in orange-gelbem Quadrat dargestellt, und damit in die Buntmetalle eingereiht.
Spätestens mit der 6. Neuauflage von 1970 erhält auch Königstein seinen Stern im Schulatlas.
Ich habe jedoch in keiner Ausgabe mehr als 3 Uransymbole im Gebiet der DDR gefunden.
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geophys
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von geophys »

Alles ein Kind der jeweiligen Zeit. Einmal hatten andere das Sagen und die Oberhand. Später galt "Sehr her, wir haben auch."
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sehmataler
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von sehmataler »

Zum Mythos der Geheimhaltung der Wismut möchte ich noch einmal einen Autor der neunziger Jahre zitieren:
"Da die Wismut Bestandteil des sowjetischen Atombombenprogramms war, hat man die Geheimhaltung gar nicht erst auf bestimmte Bereiche bezogen, sondern gleich die gesamte S(D)AG Wismut zum Tabu erklärt. In der DDR gab es praktisch gar keine Veröffentlichung zum Uranbergbau, geschweige denn zur Wismut. Nicht einmal in Bibliotheken konnte man etwas über den ostdeutschen Uranbergbau erfahren."
[BELEITES (1992): Altlast Wismut. S. 46]

*"praktisch gar keine" im vorstehenden Text scheint zu bedeuten, dass der Autor keine der nachfolgenden Werke gefunden hat, wie sein Literaturverzeichnis auf den Seiten 166 - 174 zeigt.


Etwa um 1960 kam es in der DDR zu einigen populärwissenschaftlichen Publikationen zum Uranbergbau der Wismut mit diversen Fotos unter- und übertage.
Hermann Heinz WILLE (1960): "Silbernes Erzgebirge." .; Sieber, S. (1958): Uran und Uranbergbau.; HAUBOLD, W. (1962): Zum Problem der Rekultivierung von Halden der SDAG Wismut im Stadtgebiet Annaberg-Buchholz.

Es gab auch damals schon ziemlich hochwertige wissenschaftliche Publikationen mit Ortsbezug zu den Uranlagerstätten der Wismut, wie:
Harlass,Eberhard ; Schützel,Heinz (1965): Zur paragenetischen Stellung der Uranpechblende in den hydrothermalen Lagerstätten des westlichen Erzgebirges.

Für die russischsprachige Literatur sei auf ein Standartwerk zum Erzgebirge verwiesen:
Дымков Ю.М. (1960г.): Урановая минерализация Рудных Гор. Атомиздат, Москва.
Zuletzt geändert von sehmataler am Mo. 04. Mai 15 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Uran »

Naja. Beleites ist ja nun mal nicht gerade eine Sternstunde der Literatur. :x
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markscheider
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von markscheider »

Beleites ist ein Öko. Die zwingen alles in ihr Narrativ.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Mannl »

Die wissenschaftlich technische Information konnte jeder weg tragen ...
Die Sprengtechnische Tagung fand alle zwei Jahre statt, ebenfalls mit Tagungsband ...
Also Unsinn, dass es keine Literatur gab.
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Friedolin
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Friedolin »

Das war so Geheim, dass der Uranerzbergbau Unterrichtsstoff in Erdkunde und Geschichte war.
Ich kann mich noch gut dran erinnern, wenn es auch mehr als 40 Jahre her ist.
Sprachlos...
Glück Auf !
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von BindiAE1 »

Glück Auf an Alle!

In der achten Klasse (1979) kamen zwei Herrn von der SDAG Wismut in unsere Schule, unweit Ronneburg. Es fiel eine Stunde aus, die Mädchen hatten frei. Uns Jungs wurde das Werbevideo der Wismut gezeigt (in Farbe). Es gipfelte alles in den Worten "Kommt zu uns, werdet Bergbaufacharbeiter der SDAG Wismut"... Es wurden vorgedruckte und frankierte Postkarten ausgegeben die wir, nach Rücksprache mit unseren Eltern, bei Interesse abschicken sollten.

So bin ich Bergmann geworden... (Grubenelektriker im BB Paitzdorf).. das erwähnte Video ist heute in Ronneburg in der "Bogenbinderhalle" erhältlich....

Soooo geheim wars also nicht...

Glück Auf!!!
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geophys
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von geophys »

Es ist mühseelig, die Feinheiten der Geheimhaltung nach so langer Zeit zu ergründen. Es ist eine Frage der weltpolitischen Situation, die sich in den Anfangsjahren anders darstellte, als nach dem Bau der
Mauer, wo man die Sache "im Griff" hatte. Da kann es durchaus sein, dass man die Sache lockerer sah.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Mannl »

Das wäre mal ein Thema:
"Stufen der Geheimhaltung im Verlauf der zeitlichen Entwicklung"
und die Möglichkeiten deren Umgehung ... o.ä.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Geomartin »

Im Geopolitischen Atlas von Haack Gotha aus den 1970er Jahren waren die 3 grossen Uranbergbaustandorte auf der Wirtschaftskarte auch eingetragen. Im Begleittext wurde der Uranbergbau aber mit keinem Wort erwaehnt - meiner Erinnerung nach der relativ unbedeutende Nickelbergbau bei Callenberg schon. Man hat den Uranbergbau wohl nicht mehr verschwiegen, aber eben auch nicht an die grosse Glocke gehaengt.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Bergbaumonographie zu den BiCoNi Erzen von Schneeberg, welche auf der Dissertation von Ulrich Lipp beruht. Dort wird dargelegt, dass die Arbeit zur Verschlusssache erklaert wurde und er dadurch den angestrebten Doktortitel nicht erhielt - er durfte wohl nichteinmal ein Exemplar behalten.
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markscheider
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von markscheider »

Geomartin hat geschrieben:Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Bergbaumonographie zu den BiCoNi Erzen von Schneeberg, welche auf der Dissertation von Ulrich Lipp beruht. Dort wird dargelegt, dass die Arbeit zur Verschlusssache erklaert wurde und er dadurch den angestrebten Doktortitel nicht erhielt - er durfte wohl nichteinmal ein Exemplar behalten.
Auch merkwürdig, da es durchaus Dissertationen und Promotionen im VS-Bereich gab, beispielsweise bei der Stasi.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Mannl »

Alle mir bekannten Kollegen erhielten ihre Doktortitel. Promoviert mit "Wismutthemen".
Es wäre da zu hinterfragen, ob es andere Gründe für die Nichterteilung gab.
Sonst alles nur Mutmaßungen ....
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markscheider
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von markscheider »

In der monographie steht folgendes:
Siegfried Flach hat geschrieben:Leider war es Ulrich Lipp nicht vergönnt, dass seine
anliegende Dissertation mit dem angestrebten akademischen
Titel gekrönt wurde. Infolge der damaligen Verhältnisse
wurde seine Arbeit, die in vier Exemplaren angefertigt
wurde, von seinem Arbeitgeber, der Sowjetisch-
Deutschen Aktiengesellschaft WISMUT eingezogen und
mit der Nummer 9/2162 am 23. März 1971 zur Vertraulichen
Verschlusssache erklärt.
Am 11. November 1970 musste Ulrich Lipp noch eine drei
Seiten umfassende Erklärung abgeben, die praktisch eine
Verteidigung seiner Dissertation darstellt. Leider im anderen
Sinne. Einige Passagen daraus sollen genannt sein:
1.) „Die einzelnen Abschnitte der Dissertation selbst tragen
nicht vertraulichen Charakter. Ihre Anfertigung erstreckte
sich über einen längeren Zeitraum.
2.) In den Hauptabschnitten 3 und 4 habe ich weitgehend
auf Veröffentlichungen in der Fachliteratur,
die ebenfalls nicht vertraulich sind, zurückgegriffen
und im Wesentlichen nur in den Abschnitten 4.5, 4.6
und 4.9 ergänzende eigene Ergebnisse dargelegt.
Meine Untersuchungsergebnisse bilden den Hauptabschnitt
5 der Dissertation.
3.) Als ich im Herbst 1967 mit dem Schreiben des
Manuskriptes der Dissertation begann, besaßen Angaben
über Begleitkomponenten keinen vertraulichen
Charakter. Diese wurde erst 1970 zur Vertraulichen
Verschlusssache erklärt.
Nach Fertigstellung der Reinschrift der Dissertation habe
ich diese einer Fachkommission des BB 09 vorgelegt. Die
Kommission stellte fest, dass die einzelnen Abschnitte
keinen vertraulichen Charakter haben. Die Gesamtarbeit
jedoch den Charakter einer Vertraulichen Verschlusssache
besitzt.
Ich möchte noch betonen, dass ich in der genannten
Zeit, in der ich an der Dissertation arbeitete und schrieb,
niemandem Einblick in die vorliegende Arbeit gab.
Meinem Betreuer an der Bergakademie Freiberg, Herrn
Prof. Dr. rer. nat. habil. H. J. Rösler, gab ich bei meinen
Rücksprachen nur mündlich Rechenschaft und informierte
ihn nur in allgemeiner Form über den Fortgang der
Arbeiten und über die Art der vorgenommenen Untersuchungen.
Detaillierte Angaben über die gewonnenen
Ergebnisse sowie Einblick in die Arbeit selbst, einschließlich
des graphischen Materials erhielt er nicht von
mir."
Erst am 19. April 1988 wurde die Dissertation von Ulrich
Lipp zur Dienstsache herabgestuft und ein Exemplar
nebst Unterlagen an Ulrich Lipp wieder ausgehändigt,
nachdem die Verschlussabteilung 1989 aufgelöst wurde.
Im Sommer 1990 lernte ich Ulrich Lipp kennen, und es
entwickelte sich eine intensive Freundschaft, die bedingt
durch eine schwere Berufskrankheit mit seinem plötzlichen
Tod am 19. Juli 1996 ihr Ende fand.
Besondere Anmerkungen, die nicht in der Dissertation
enthalten sind, heben sich vom Originaltext durch „Kursiv-
schrift" ab. Die umfangreichen Abbildungen wurden, da
sie teilweise in nicht druckfähiger Bildqualität vorlagen,
nachgearbeitet bzw. ersetzt. Das gilt insbesondere für
Abbildungen von Mineralen, die aus meiner Sammlung
stammen.
Da, weil zur damaligen Zeit verboten, keine Fundortangaben
im Uranerzbergbau gemacht werden durften,
habe ich die Aufzeichnungen von Ulrich Lipp durchgearbeitet,
und es gelang mir, bei einem Großteil der
Abbildungen genaue Fundortangaben nachzutragen.
Sein großes Wissen über die Uranerzlagerstätte Schlema-
Alberoda, sowie seine umfangreichen Aufzeichnungen
sollten nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb danke ich
dem Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie
und dem Sächsischen Oberbergamt für die großzügige
Aufnahme seiner Dissertation in die Reihe der Bergbaumonographien
des Freistaates Sachsens.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Uran »

Man sollte hier anmerken, das diese Arbeit über die BiCoNi Formation zu einer völlig neuen Einstufung der verschiedenen Abfolgen führte, die allerdings offensichtlich bis heute von der Fachwelt kaum wahrgenommen werden.
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sehmataler
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von sehmataler »

Die Geheimhaltungswelle in den Siebzigern war wirklich ein Rückschritt. So durfte in der DDR zB. über das Tertiär (wegen der energiestrategischen Bedeutung der Braunkohle) nichts publiziert werden.

Nach der Wende konnte man sich wieder mal kurz über das Tertiär auslassen.

Seit 2000 ist der Begriff Tertiär von der International Commission on Stratigraphy abgeschafft worden. Wer heute etwas darüber schreiben möchte, und bei der ICS nicht anecken will, muss die Begriffe Paläogen und Neogen bemühen (nicht zu verwechseln mit Paläozän und Eozän).
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Uran »

:x
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Geophon
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Geophon »

sehmataler hat geschrieben: Seit 2000 ist der Begriff Tertiär von der International Commission on Stratigraphy abgeschafft worden.
Off topic: Das hat aber nichts mit Geheimhaltung zu tun.

Die Bezeichnungen Tertiär und Quartär stammen von Abraham Gottlob Werners Versuch,
die Geologische Zeit in vier große Epochen einzuteilen, was nicht wirklich funktioniert hat.
Natürlich ist die Umbenennung subjektiv, aber das Konzept der Wernerschen Chronologie
hat sich schon lange als falsch herausgestellt. Nur die Begriffe Tertiär und Quartär haben
sich als Anachronismen gehalten.
Heute spricht ja auch niemand mehr vom Primär oder Sekundär.
Es wäre auch von nöthen, eine Strafe auf diejenigen zu legen, die nur auf den
Raub bauen, die Ertze auslochen, die Sümpffe und Schächte loshauen, die tiefsten mit
Bergen ausstürtzen und die Oerter, Strecken und Stölln versetzen...

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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Uran »

Geophon hat geschrieben:Heute spricht ja auch niemand mehr vom Primär oder Sekundär.
Natürlich. Primärvererzung und Sekundärvererzung z.B. Auch in der Fachliteratur wird von Primär- und Sekundärquellen gesprochen.
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Geophon
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Geophon »

Uran hat geschrieben:
Geophon hat geschrieben:Heute spricht ja auch niemand mehr vom Primär oder Sekundär.
Natürlich. Primärvererzung und Sekundärvererzung z.B. Auch in der Fachliteratur wird von Primär- und Sekundärquellen gesprochen.
Aber nicht im Sinne einer geologischen Zeiteinteilung.


Nach Werner und Konsorten gab es vier Zeitabschnitte:

1) Das Primär (=Grundgebirge),
bestehend aus Granit, Gneis, Tonschiefer, Glimmerschiefer und Basalt,

2) Das Sekundär (=Übergangsgebirge)

3) Das Tertiär (=Flözgebirge)

und 4) das Quartär, bestehend aus Alluvium und Diluvium.

Edit: Der Link war falsch.
Es wäre auch von nöthen, eine Strafe auf diejenigen zu legen, die nur auf den
Raub bauen, die Ertze auslochen, die Sümpffe und Schächte loshauen, die tiefsten mit
Bergen ausstürtzen und die Oerter, Strecken und Stölln versetzen...

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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von sehmataler »

Geophon hat geschrieben:Das hat aber nichts mit Geheimhaltung zu tun.
Das stimmt; aber in Analogie zum Tertiär ist auch manche Einstufung der biconi von U. Lipp nach nunmehr 45 Jahren nicht mehr ganz aktuell. Ich wollte damit nur verdeutlichen, dass der Zeitverzug einer wissenschaftlichen Publikation doch ziemlich gemein sein kann.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von geophys »

Kürzlich hatte ich Gelegenheit, mit einem Zeitzeugen der Annaberger Wismut Jahre zu sprechen. Dieser berichtete mir, dass er als Kind im Keller seines Wohnhauses Bohr- und Sprenggeräusche vernehmen konnte. Wir waren uns ziemlich schnell einig, dass dieses so um 1955 herum gewesen sein muss. Ich habe mir also zwei Skizzen angefertigt und dort aufgetragen, was gerade um ihn herum in den Gruben geschah. Gehört hatte ich das bereits von meinen Eltern, die ganz in der Nähe wohnten. Ich frage mich dennoch, ob das so sein konnte.

Was gut möglich wäre, dass sich Schall noch durch alten Bergbau in der Nähe übertrug.
Bildschirmfoto-6.png
Kartenquelle http://www.bing.de

Der Kreis stellt das Wohnhaus dar. Die Linien stellen die in den Jahren 54/55/56 bearbeiteten Aufgaben in seinem näheren Umfeld dar.

Hier nocheinmal ein Schnitt durch Sehmatal, wo ich das Niveau über NN auftrug.
Bildschirmfoto-7.png
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von geophys »

Ergänzend dazu möchte ich bemerken, dass Solches aus den ganz frühen Wismut-Tagen in Annaberg weniger bekannt ist, obwohl hier nahezu tagesnah gearbeitet wurde. Mag sein, dass das Equipment dafür nicht zur Verfügung stand oder das es keine Zeitzeugen mehr dafür gibt.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Mannl »

Hier meine "Mutmaßung" ...
Die Übertragung von Schallwellen hängt von der Dichte des "Mediums" ab, hier Festgestein.
Bohrgeräusche sind aus meiner Erfahrung heraus recht weit hörbar, ich sag mal 100 m mindestens. Sprenggeräusche/ Erschütterungen mehre 100 m. Auch Wasser kann die Ausbreitung begünstigen.
Alte Abbaue (ohne Standwasser) eher nicht, da hier Dämpfung durch Luft / Versatz.
Meine Mutmaßung entspringt meinen Erfahrungen beim Bohren/Sprengen.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von geophys »

Nach meinen Berechnungen dürfte der Weg bis zum Ort des Geschehens mindestens 500 Meter sein, wenn man annimmt, dass die Ursache die Vortriebsarbeiten gewesen sind. Derzeitzeuge betonte, dass man im Keller das Gefühl hatte, dass es unmittelbar unter ihm geschah, was ich mit keinem mir bekannten Bau in Zusammenhang bringen konnte.
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Mannl »

"Ja das Gefühl - eines Laien ...."

Bei einem Abstand von 500 m halte ich es durchaus für denkbar, dass man die Sprengung noch deutlich wahrnimmt. Bei Bohrarbeiten bin ich eher skeptisch.
Durch eine Reflektion der "Wellen" könnte es durchaus sein das o.g. "Gefühl" zu erzeugen ....
Der Entstehungsort ist in der Regel gefühlsmäßig nicht lokalisierbar (eigene Erfahrung)
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von markscheider »

Mir ist aus Altunterlagen bekannt, daß sich Anwohner in Deuben ~1925 beschwerten, unter ihrem Haus würde illegal abgebaut bzw. vorgetrieben. Die Teufe war wesentlich geringer, kaum mehr als 30 m, doch der Vortrieb erfolgte mit Breithaue und Schaufel im Flöz. Deck"gebirge" war Sand und Kies.

Es gab eine offizielle Untersuchung, die ergab, daß sich die in Rede stehende Strecke nicht unter dem Grundstück befand, noch nicht mal richtig in der Nähe.
Der Beschwerdeführer alledrings wollte nachts deutlich die Geräusche gehört haben...
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Re: Wismut - Bergbau in und um Annaberg - Buchholz

Beitrag von Salzhase »

Na ja, manche hören halt die Flöhe husten.
Wenn in Unterbreizbach zum Schichtwechsel gesprengt wird,
hören das manche bei uns im Dorf auch, wie das gehen soll bei ca. 850 m Teufe ist mir schleierhaft
Es grünet die Tanne,es wachse das Salz,Gott halte uns allen das Wasser vom Hals
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