Kommunzechen

... für den Rest, der sonst nicht passt.
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geophys
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Kommunzechen

Beitrag von geophys »

Vor einigen Jahren war das mal ein beiläufiges Thema.
Der Zufall wollte es und ich lief an einer solchen vorbei.

Fein säuberlich und fachmännisch akkurat in standfestes Gebirge geschlegelt, zwei hübsche Markscheidertäfelchen mit eingearbeitet, ohne jegliche Aussicht auf Erfolg zum Wohle der Stadt Zwönitz.

Keine Bergschäden, auch die Wismut interessierte sich nie dafür und garantiert keine Brüche und Folgeschäden.

Mustergültiger Bergbau. :D
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markscheider
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Re: Kommunzechen

Beitrag von markscheider »

In Zwickau existier(t)e der Planitz-Bockwaer Communstolln. Das war ein klassischer Wasserlösestolln zur Entwässerung des Planitzer Kohlberges, aufgefahren von Schneeberger Bergleuten zwischen 1604 und 1608. Einfacher Hintergrund: Steinkohle war grundeigen, die Felder gehörten der Gemeinde. Dementsprechend gab es seit dem 16. Jh. auch jeweils die Steinkohlenwerke Altgemeinde Bockwa und Oberhohndorf.
Uran
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

Was hat das eine jetzt mit dem anderen zu tun? :gruebel: Communstolln waren doch so etwas wie ABM. Man hatte die Leute in Arbeit und gekostet hat es nichts. Es wurde ja die sowieso zu entrichtende Tranksteuer verbaut. Wenn man Glück hatte, kam sogar ein kleiner Gewinn. Mir ist allerdings kein Communbergwerk bekannt, das tatsächlich mal Gewinn abgeworfen hat.
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markscheider
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Re: Kommunzechen

Beitrag von markscheider »

Deshalb habe ich ja von diesem anderen Communstolln berichtet, weil es da eben nicht so war.

Schätzungsweise hat man bei Deinen ABM-Maßnahmen auf die alte Bezeichnung zurückgegriffen, weil das schöner klang.
Uran
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

markscheider hat geschrieben:Schätzungsweise hat man bei Deinen ABM-Maßnahmen auf die alte Bezeichnung zurückgegriffen, weil das schöner klang.
Wieso meinen? :gruebel: Ich habe aber keine Ahnung wann der Begriff Communzeche entstanden ist. Damit hier die Frage an das Forum.
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milnaaer
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Re: Kommunzechen

Beitrag von milnaaer »

In meiner Umgebung taucht der Begriff erstmals 1673 auf. Zwei Dokumente dieses Jahres nennen den "Himmelsfürst" zur Mildenau einmal als "Geyersdörffer Communzeche", und einmal als "neue Geyersdorffer Gemeindezech".
Ein "Mildenauer Gemeinstolln" wird 1662 genannt, 1691 gewältigt.
Ab 1703 bis 1764 war für 6 verschiedene Gruben nur noch der Begriff "Communzeche" gebräuchlich.
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axel
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Re: Kommunzechen

Beitrag von axel »

Im Zweifelsfall hier nachzulesen:

Jeromin, Reinhard: Förderung und Finanzierung des sächsischen Erzbergbaus vom Zeitpunkt der ersten Krise bis zur Beendigung des Direktionsprinzips unter besonderer Berücksichtigung des sächsischen Kommunbergbaus (1291 bis 1868). Freiberg 2011.
„Die Stadt Freyberg ist unter allen Meißnischen Städten wohl die größte,
und vor andern berufen, wegen der gesunden Lufft des Bergwercks…“
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markscheider
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Re: Kommunzechen

Beitrag von markscheider »

axel hat geschrieben:Im Zweifelsfall hier nachzulesen:

Jeromin, Reinhard: Förderung und Finanzierung des sächsischen Erzbergbaus vom Zeitpunkt der ersten Krise bis zur Beendigung des Direktionsprinzips unter besonderer Berücksichtigung des sächsischen Kommunbergbaus (1291 bis 1868). Freiberg 2011.
Und Du meinst, da stehen Details zum mittelalterlichen Steinkohlenbergbau drin?
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axel
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Re: Kommunzechen

Beitrag von axel »

markscheider hat geschrieben:
Und Du meinst, da stehen Details zum mittelalterlichen Steinkohlenbergbau drin?
Nein, aber zu dem im Titel des Themas vorgegebenen Betrachtungsgegenstand.
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Uran
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

axel hat geschrieben:Förderung und Finanzierung des sächsischen Erzbergbaus vom Zeitpunkt der ersten Krise
Welche 1. Krise? :gruebel:
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Fummelklotz »

Ich vermute mal mit der ersten Krise ist gemeint das im Rahmen des Dreißigjährigen Krieges die Bergbautätigkeit im Freiberger Revier gegen Null ging.
Uran
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

O.K. Wenn du den Tiefststand mit 1,2 Tonnen Silber im Jahr als 0 betrachtest, hast du recht.
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markscheider
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Re: Kommunzechen

Beitrag von markscheider »

axel hat geschrieben:
markscheider hat geschrieben:
Und Du meinst, da stehen Details zum mittelalterlichen Steinkohlenbergbau drin?
Nein, aber zu dem im Titel des Themas vorgegebenen Betrachtungsgegenstand.
Hi Axel, ich will hier nicht streiten. Ich habe versucht, den etwas eingeengten Blick zu weiten. Was ist denn ein Communstolln anderes als eine Communzeche? Oder zählen demnächst Stölln nicht mehr als Bergwerke? Und wo hat denn geophys das Thema auf Erzbergbau verengt?
Es schadet sicherlich nichts, hin und wieder mal über den Tellerrand hinauszusehen. Es gibt auch sehr alten Bergbau auf Nichterze.
Uran
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

Ja, z.B. bei uns im Döhlener Becken. Erste Urkunde 1542, wobei der Bergbau hier mit Sicherheit schon wesentlich älter ist.
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axel
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Re: Kommunzechen

Beitrag von axel »

Uran hat geschrieben:
axel hat geschrieben:Förderung und Finanzierung des sächsischen Erzbergbaus vom Zeitpunkt der ersten Krise
Welche 1. Krise? :gruebel:
Die Bezeichnung "1. Krise" orientiert sich am Drei-Phasen-Modell des Erzgebirgischen Silber- und Buntmetallbergbaus. (Wenn man die Autarkiebestrebungen des 3. Reichs dazu nimmt kann man auch eine vierte Phase definieren)
Die 1. Kriese (oder Depression oder negative Wachstumsentwicklung ...) wäre demnach am Ende des 13. Jahrhunderts anzusetzen und zog sich bis Mitte des 15. Jahrhunderts.
Der 30jährige Krieg gehört in die zweite Depressionsphase.
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Geophon
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Geophon »

Und ab wann gab trat dann der Communbergbau auf?
Gab es solchen Bergbau nur bei grundeigenen Rohstoffen (Kalk, Kohle)?

Edit: Lutz hatte in einem Artikel über den "Freiberg-Dresdner Gesellschaft-Stolln"
(http://www.unbekannter-bergbau.de/inhal ... stolln.htm)
bei Großschirma geschrieben, dass der steuervergünstigte kommunale Bergbau
für das 18. Jahrhundert typisch sei. Stimmt das?
Es wäre auch von nöthen, eine Strafe auf diejenigen zu legen, die nur auf den
Raub bauen, die Ertze auslochen, die Sümpffe und Schächte loshauen, die tiefsten mit
Bergen ausstürtzen und die Oerter, Strecken und Stölln versetzen...

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Uran
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

Ja was verstehst du unter typisch. :gruebel:
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Geophon
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Geophon »

Auch wenn es sich speziell auf das Königreich Sachsen bezieht, in
"Der Staat und der Bergbau" von C. F. G. Freiesleben (Leipzig, 1839)
steht auf den Seiten 166 - 168 etwas zu der Rechtsform des
Communbergbaus. Das mit dem "typisch" für 1700 nehme ich zurück,
aber interessanterweise wurden um 1783-89 einige neue Regulierungen
für die "Tranksteuerdifferenzien" beim Communbergbau erlassen,
vielleicht weil es gerade um diese Zeit ein wichtiges Thema war?

Die erste Erwähnung des Communbergbaus im oben genannten
Werk ist ein Bergdekret von 1624, in dem es darum geht, dass
die Hälfte der Trank- und ein Teil der Landsteuer verbaut werden
soll.
Zuletzt geändert von Geophon am Do. 27. Feb 14 12:15, insgesamt 1-mal geändert.
Es wäre auch von nöthen, eine Strafe auf diejenigen zu legen, die nur auf den
Raub bauen, die Ertze auslochen, die Sümpffe und Schächte loshauen, die tiefsten mit
Bergen ausstürtzen und die Oerter, Strecken und Stölln versetzen...

Simon Bogner 1562
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

Saufen war schon immer ein wichtiges Thema. :D Ich meine für den Fiskus.
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axel
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Re: Kommunzechen

Beitrag von axel »

Der Begriff Communstolln (Communzeche, Communbergbau) wurde im allgemeinen Sprachgebrauch für ein Bergwerk verwendet, das auf Grundlage steuerlicher Vergünstigungen (betraf nicht nur die Tranksteuer) durch eine Commune (Stadt, Gemeinde) betrieben wurde. Dabei war vor allem seit dem 17./18. Jahrhundert nicht die Commune selbst der Betreiber der Bergwerke, sondern die Einwohner/Bürger der Commune betrieben mit ihrem jeweils eingesparten Steueranteil die Gruben (Die Summe der Steueranteile wurde also als für die Löhne, Materialkosten, Bergamtsgebühren usw. zum Betrieb der Gruben verwendet).

Im Gegensatz zur ABM bestand jedoch der tiefere Sinn dieser staatlichen Unterstützung nicht im Verbessern der Arbeitslosenstatistik, sondern war direkt zur Unterstützung der Bergbautätigkeit (meist auch zur Aufsuchung neuer Erzgänge bzw. zum Betrieb wichtiger Wasserlösungsstolln) und damit zur Mehrung der landesherrlichen Einkünfte aus dem Bergbau gedacht.

Dass es so gut wie nie (oder eben wirklich nie?) einen gewinnbringenden Communbergbau gab, hat sicher mehrere Gründe. Zum einen gab es eine Reihe Communzechen, die in (von heutigem Standpunkt her) aussichtsloser‘ Lage betrieben wurden – also fernab von bedeutenden Vererzungen und Gängen, in der Hoffnung auf einen neuen Gang. Zum anderen wurden Gruben, die auf Erze stießen bzw. Erze lieferten in der Regel fast sofort vergewerkschaftet. Das traf auf die Communzechen genau so zu wie auf Eigenlehnergruben und Gesellengruben. Sobald das erste Erz gefunden wurde, fanden sich auch genügend Gewerken, die in der Hoffnung auf Ausbeute Kuxe kauften und ihre Zubuße zahlten.

@Markscheider: Ich will mich auch nicht streiten, wollte nur den Hintergrund der Literaturangabe erläutern. Ich finde das Beispiel des Planitz-Bockwaer Communstollns durchaus auch sehr spannend, wobei mir die Hintergründe dieses Bergbauunternehmens nicht bekannt sind. Es ist ja durchaus möglich, dass auch hier Steuervergünstigungen für die Auffahrung des Stolln zur Verfügung standen. Das wäre halt zu prüfen.

Derartige Steuervergünstigungen für Bergorte gab es verstärkt bereits seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Erst ab dem schon erwähnten Bergdekret von 1624 wurden aber die rechtlichen Regelungen des Communbergbaus genauer definiert und anschließend immer weiter ausdifferenziert.

GA Axel
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Ludewig
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Ludewig »

Da habt Ihr ein tolles Thema gefunden......

Mit dem "Saufen" ist aber so nicht richtig! Es geht darum das Bier die einzige Möglichkeit war ein schmackhaftes und vor allem nahrhaftes Getränk - außer Gurkenbrühe - :( :( - über einen gewissen Zeitraum lagern und auch transportieren zu können. Das Bier war für unsere Altvorderen ein Grundnahrungsmittel - heute nur für Alkoholiker! Die Alkoholwerte des einfachen Bieres lagen bei weitem unter dem was wir heute kennen - es ging nur um die Haltbarkeit dieses Getränkes - also bei 1% und weniger. Diskounter gab's wohl noch nich und auch kein Flaschen- oder Büchsenbier und auch keine Cola usw.

Deshalb wurde es von jeher besteuert, weil ja Nahrungsmittel eine gute Einnahmequelle für den Staat war - wie auch heute noch. Man nannte dies beim Bier früher auch "Fassgroschen". Dazu kam noch eine allgemeine Landsteuer - heute Mehrwertsteuer. Zusammen hies das dann "Land- und Tranksteuer" und musste bei letzterem von jedem Brauberechtigten Bürger einer Stadt oder Commun entrichtet werden.

Die Idee über Steuererlässe Projekte zu fördern ist schon ein alter Hut und hat in vielen Fällen auch sehr gut funktioniert. Um mal bei dem Beispiel für diesen Thread zu bleiben - also Zwönitz - da es zur Zeit auch ein aktuelles Thema eines Beitrages auf "ub" ist.

- 1458 erfolgt eine erste Steuerbefreiung der bergbauenden Gewerke von Ehrenfriedersdorf und "Zwenitz"

- Zwönitz wurde 1460 als "Bergstädtlein" erwähnt und war - leider nicht mehr genau belegbar wegen fehlender Archivalien - von der halben Tranksteuer befreit - Grund der erlassene Teil sollte den Bergbau der Stadt - also der Commun - fördern = "Communbergbau"

- Die Steuerbefreiungen wurden regelmäßig auf allerhöchsten Befehl erneuert ohne jegliche gründliche Prüfung des eigentlichen Bergbaus. Das 16./17. Jahrhundert ist voll von Mutungen und Verleihungen, aber außer etwas Eisenstein keine brauchbaren Erze.......Zwönitz lag in einer Region - Erzgebirgische Schieferzone - wo keine erzführenden Gänge vorkamen.

- Der "Communbergbau" von Zwönitz verlagerte sich deshalb nach Geyer in das dortige Greifenbachtal. Die Stolln selber wurden nur mit 1 Steiger, 1 Häuer und 1 Grubenjunge belegt. Dies war auch die Mindestforderung für den Erlass der halben "Land- und Tranksteuer". Man könnte hier auch von Scheinbergbau reden!!!! Diese Stolln hießen auch "Communstolln".

- Zwönitz gerät 1708 ebenso wie Chemnitz in die Untersuchungen anlässlich des bekannt gewordenen „Scheinbergbaus“ in Sachsen und durfte die bergbaulichen Steuerbefreiungen nur unter strengen Auflagen behalten.

- Um 1731 genoss Zwönitz am Erlass der „Land- und Tranksteuer“ etwa 12 Groschen je Fass = etwa 400 Taler jährlich. Davon sind aber nur 160 – 180 Taler wirklich dem Bergbau zugute gekommen, der Rest ging in der Bürgerschaft mit unter! (Recherche Jens Hahn) Dies mal als ein schickes sportliches Beispiel für legale Steuerhinterziehung unserer Altvorderen!

- Um 1756 besuchte Berghauptmann von Oppel das Bergamt in Geyer um die Bergrechnungen zu prüfen. Dabei stellte er eine große Ungleichheit zwischen den erlassenen und verbauten Steuern bei der Stadt Zwönitz fest und forderte binnen von 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme zur Verbauung der unrechtmäßig erhaltenen Steuern auf. Es flammte ein Rechtsstreit zwischen der kurfürstlichen Regierung in Dresden und der Stadt Zwönitz und dessen Bürgerschaft auf der sich bis nach 1780 hinzog.

Zwönitz ist nur ein Beispiel von vielen "Bergstädten" in Sachsen, da wären auch Chemnitz mit dem "Schwindelbergbau" am Harthauer Berg - hier wurden Klüfte mit Rötel gestopft um dem Berggeschworenen etwas vorzugauckeln oder Frankenberg mit dem Bergbau in Sachsenburg. Hier hat man den befahrenden Bergbeamten gleichwohl nach der Befahrung mit diversen "Ergötzlichkeiten" (so in den Zechenregistern vermerkt), wie der obligatorischen "Kanne Bier" und anderen schmackhaften Dingen ein gutes Zeugnis entlockt! die Liste ist zu diesem Thema endlos lang......

So viel zu "Commun - Zechen" und "Schwindelbergbau", die Anzeichen sind hierfür überall gleich, man muss nur sehr aufmerksam die Zechenregister sichten!

Zum Zwönitzer Bergbau noch ein paar Bilder:
Zwönitz - Neues Glück (26).jpg
Zwönitz - Neues Glück (26).jpg (144.72 KiB) 11826 mal betrachtet
Frage: Wo ist der bauwürdige Erzgang - Hoffnungsbau auf einem Erzgang :) in der Commun - Zeche "Neues Glück" zu Zwönitz.
Zwönitz - Neues Glück (5).jpg
Zwönitz - Neues Glück (5).jpg (166.45 KiB) 11826 mal betrachtet
Die einzige "Gangstruktur" als eine graphitische Schieferlage mit etwas Kobaltblüte in der Commun - Zeche "Neues Glück" zu Zwönitz.........
Zwönitz - Neues Glück (19).jpg
Zwönitz - Neues Glück (19).jpg (135.96 KiB) 11826 mal betrachtet
Strecke im "Neuen Glück"....

Glück auf! Lutz
Was war zuerst da, der Durst oder das Bier?

http://www.unbekannter-bergbau.de
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Re: Kommunzechen

Beitrag von Uran »

:meister:
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geophys
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Re: Kommunzechen

Beitrag von geophys »

Also, Hut ab, lieber Lutz, für diese umfängliche Erläuterung!
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markscheider
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Re: Kommunzechen

Beitrag von markscheider »

Ich habe nochmal ein wenig gelesen und kann den Hintergrund etwas erhellen. Bis ins 16.Jh. war die Steinkohle vollständig grundeigen, auch der Landesherr erhob keine Abgaben. Das geht daraus hervor, daß der Zwickauer Bürger Hans Söldner, der Hauptewerke mehrerer Stolln- und Abbaugewerkschaften war, dem Kurfürsten den Zehnten _anbot_, wenn er ihm denn das Recht einräumen würde, die Kohle frei zu verkaufen.

Dazu ein kleiner Exkurs: Bis zu diesem Zeitpunkt war Kohle linksmuldisch auf den Feldern des Rittergutes Planitz, im Kommunwald der Gemeinde Bockwa sowie rechtsmuldisch in Bockwa, Oberhohndorf und Reinsdorf gefunden worden. Als Rudolf v. d. Planitz 1499 mit dem Gut belehnt wurde, gehörte ein Kohlberg dazu. Bockwa gehörte dem Kloster Grünhain, Reinsdorf den Wildenfelsern. Diese drei Herrschaften (bzw. nach der Säkularisierung des Klosters die Gemeinde Bockwa an dessen Stelle) vereinbarten über die Jahre mehrere Kohlenordnungen, die die Reiheladung regelten. D.h. wie beim Bierbrauen, so ging auch hier das Recht, Kohle zu verkaufen, unter den Berechtigten reihum. Der Preis wurde festgelegt.
Daher war es für Außenstehende schwierig, hier reinzukommen, und auch Söldner hatte zeitlebens mit dem Widerstand der übrigen Bergbautreibenden zu kämpfen.
Söldners erste Gewerkschaft kaufte daher das Kohlenunterirdische von 10 Bockwaer Gütern, dann kam der Schmalkaldische Krieg, danach mußte ein Stolln (linksmuldisch, Name nicht überliefert) getrieben werden und dann war die Gewerkschaft am Ende.
Anscheinend war das eine normale Insolvenz, denn kurze Zeit später gründete er mit drei neuen Gewerken eine zweite Gewerkschaft, die die Gerechtsame der ersten übernahm, und weitere Grundstücke und Kohlenunterirdisches aufkaufte.
Jetzt wirds interessant: Söldners Gewerkschaft versuchte, von den anderen Grubenbesitzern eine Art Stollneuntel zu erheben, und zwar wollte man eine höhere Quote bei der Reiheladung (May spricht von 20 anstatt 7 Fuder) sowie das zehnte Fuder als Stollnsteuer, und zwar in bar. Das gab einigen Zwist mit den Planitzern, der Wildenfelser Herrschaft und den Oberhohndorfer Bauern, die sich allesamt weigerten, für einen Stolln zu zahlen, der ihnen nichts nützte. (Zur Erinnerung: der Stolln lag linksmuldisch, die Oberhohndorfer, Reinsdorf war viel zu weit entfernt und rechtsmuldischen Bockwaer Bauern hatten sowieso nichts davon, und die Gruben des Rittergutes Planitz lagen weiter oben; vermutlich hatten die noch genug Vorräte oberhalb des Grundwassers.) Zum Schluß wurde der Fall in der zweiten Kohlenordnung (1551) geregelt, lediglich die Bockwaer Grubenbesitzer zahlten die Stollensteuer, allerdings nicht in bar, wie gewünscht, sondern in natura. Ohne eine höhere Absatzquote wird der Söldner davon nicht viel gehabt haben...

Das war der Hintergrund, zu dem Angebot an den Kurfürsten, gegen Zahlung des Zehnten freien Kohlenverkauf zu gewähren. Der ging 1554 darauf ein, indem er allen Kohlenwerksbesitzern (das wird nochmal wichtig) erlaubte, gegen Abgabe des Zehnten ihre Kohlen frei zu verkaufen, was natürlich den anderen Grubenbesitzern nicht schmeckte, da das de facto die Kohlenordnung aushebelte.
Also begannen die, beim Landesherrn zu lobbyisieren, und mit dem Argument, daß der Zehnte doch häufig hinterzogen werde und man die ganze Sache doch nicht recht kontrollieren könne, wurde die Reiheladung bereits zwei Jahre später wieder eingeführt.
Der Zehnte blieb natürlich.
Dumm gelaufen - bis nach dem ersten Weltkrieg, als die Kohle unter Staatsvorbehalt kam, zahlten nun alle sächsischen Kohlenwerke den Zehnten.

Nach Söldners Tod verkauften die anderen Gewerken 1569 das Eigentum der Gewerkschaft an die Gemeinde Bockwa und lösten die Gewerkschaft auf. Nunmehr gehörte der Söldnersche Stolln und Kohlberg zur Bockwaer Allmende. Und das ist der Grund, warum der Stolln zum Communstolln und der Söldnersche Kohlberg zum Gemeindekohlberg wurde.

Das Rittergut Planitz kam 1572 an Joachim v. Beust, der damit auch Planitzer Bergherr wurde. Sein Sohn Heinrich ließ nun den Planitz-Bockwaer Communstolln anlegen, der nunmehr auch beurkundet den Namen Communstolln trug. Dieser Stolln wurde wie ein Erbstolln behandelt, und da so ein adliger Rittergutsbesitzer möglicherweise ein besseres Durchsetzungsvermögen als ein einfacher Bürger und Gewerke hatte, so zahlten die Bockwaer Bauern freudig das Stollnneuntel, den fünften Pfennig ihres Ertrages und der Herr v. Beust erhielt selbstverständlich auch den Stollnhieb. Na, vielleicht auch nicht ganz so freudig wie erwartet, denn der Berghauptmann v. Schönberg mußte vermittelnd eingreifen.

Aus dem Bockwaer Gemeindekohlberg mit den auf dem linken Muldenufer gelegenen Communschächten ging schließlich das Steinkohlenwerk Altgemeinde hervor, das 1913 vom Erzgebirgischen Steinkohlen-Aktienverein (Breithaupts Gründung) erworben wurde, aus dem 1946 das VEB Steinkohlenwerk "August Bebel" wurde. Der Abbau im rechtsmuldischen Grubenfeld der Altgemeinde ging noch bis Ende der 50er Jahre um.
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oldstone
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Re: Kommunzechen

Beitrag von oldstone »

In Hohenstein- Er. und in Thalheim hatten die Communstolln den Nebeneffekt der Wasserversorgung der Gemeinden mit zu gewährleisten. Es wurden sogar Wasserteiler und - entnahmeregelungen getroffen.
Glück Auf Frank
P.S.: gleiches gilt auch für Zwönitz ( lt. Mario Beierlein /Vereinsvorsitzender v. Zwönitzer Verein)
Rostig wird die Grubenschiene, wenn kein Hunt darüber läuft;
frostig wird des Bergmanns Miene, wenn er ab und zu nicht säuft.
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Re: Kommunzechen

Beitrag von milnaaer »

oldstone hat geschrieben:In Hohenstein- Er. und in Thalheim hatten die Communstolln den Nebeneffekt der Wasserversorgung der Gemeinden mit zu gewährleisten. Es wurden sogar Wasserteiler und - entnahmeregelungen getroffen.
Das gilt nicht nur für Communstolln, sondern für alle bergmännisch verursachten Entwässerungen. Jedermann, und auch jede Kommune, konnte Mutung auf Stollnwässer einlegen. Dafür wurde jährlich zu Martini ein Stollnwasserzins (meist 2 oder 4 Gr.) fällig. Besonders mit Rückgang des Bergbaus Anfang 18. Jh. scheint dies als wichtiges Zubrot für das Bergamt in Mode gekommen zu sein. Allein für meinen Heimatort gibt es über 30 Beispiele. In einigen Fällen waren normal gefasste Brunnen nachträglich "nach Anzeige des Geschworenen ... " als Stollnwasser erkannt und bergamtlich bestätigt worden.
Das Stollnwasserrecht erlosch in aller Regel nur bei Wiederaufnahme der bergmännischen Tätigkeit, auch dafür ist ein Fall bekannt.
Das Wasserrecht konnte geteilt und weiter geteilt werden, ich kenne Fälle, die zahlen noch heute auf ein Sechzehntel Stollnwasser ihr jährliches Wassergeld nach Freiberg. Auch ist mir ein sogenannter Teilerstein noch gut in Erinnerung, bis ihn die beiden Besitzer vor Jahren zwecks Erneuerung ihrer Wasserfassung im Stolln entfernten. Der in Waage gesetzte, gleichseitig behauene Stein verteilte das Wasser gleichmäßig in die parallel davor gesetzten Holzröschen.

GA Heiko
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