Muntzemän

... für den Rest, der sonst nicht passt.
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Monni
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Muntzemän

Beitrag von Monni »

Liebe Forengemeinde,
einen Kollegen aus dem Trentino beschäftigt ein ungewöhnlicher Grubenname.

1520 erscheint in einem Rechnungsbuch für ein dortiges Revier folgender Eintrag: "zu Unsern Frawen Muntzemon"
1524 schrieb man: "Unser Frawen am Munzamen"
1606: "Bey Sanct Muntzemän"
Dann: "bey Unser Frawen Muntzemän"

Für sachdienliche Hinweise, die zur Identifizierung von Sanct Muntzemän dienlich sind, sei im Voraus gedankt.

Glück Auf
Monni
Harzer06
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Re: Muntzemän

Beitrag von Harzer06 »

Könnte das etwas mit Münzmann/Münzmeister/Münzwesen zu tun haben?

G´Auf
Harzer06
Monni
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Re: Muntzemän

Beitrag von Monni »

Münzmann haben wir in Betracht gezogen.

Schwer vorstellbar bleibt: "Sankt Münzmann" :(
milnaaer
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Re: Muntzemän

Beitrag von milnaaer »

Hallo Monni,

für euch sicher nichts Neues, blieb die Suche in Heiligenregistern und zugehörigen Lokalitäten erfolglos.
Meine Anregung: Könnte das Wort eine altsprachliche Hinterlassenschaft sein?
Vgl. dazu Köbler: "Wörterbuch des althochdeutschen Sprachschatzes" S. 239: "muntman = Schutzbefohlener, Freund, Vormund, Beschützer."
Sowas kenn ich aus meiner Heimat auch. Würde außerdem "zu unsern Frawen" passen.

Glück Auf aus´m Erzgebirge
Heiko
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Naheländer
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Re: Muntzemän

Beitrag von Naheländer »

Handelt es sich um einen Grubennamen oder kann es auch eine kirchliche Abgabe oder Anteil sein?

"Unsern Frawen" könnte vielleicht auf ein Marien-Patrizium hinweisen:
Unser (lieben) Frau(en) / Liebfrauen = mittelalterliche Bezeichnung für Maria, die Mutter Gottes, siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Unsere_Liebe_Frau

Vielleicht war der "Muntzemon" der Schatzmeister oder Verwalter eines entsprechenden Marien Altares oder Marien Kirche, dem das Bergwerk oder Teile davon gehörte. Oder es war eine Abgabe (Xte Pfennig) an den Marien Altar oder Kirche.

Dann macht auch "zu Unsern Frawen Muntzemon" und "bey Sanct Muntzemän" Sinn. Grob übersetzt "geht an den Geldverwalter des Unsern Frauen (Altars)"
Glück Auf!

Daniel
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"Und summa ist der Wein
in diesem Land zu gut
und sind gar vile
holdselig Leut allda"

Bergmeister Thein über die Pfälzer

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Monni
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Re: Muntzemän

Beitrag von Monni »

@Naheländer
Es handelt sich ohne Zweifel um Grubennamen.
Mit "Unseren Frawen" ist natürlich Maria gemeint. Dieser Name wurde oft für Grubennamen verwendet. In betreffendem Revier mindestens drei Mal: "Unseren Frawen Schmittn", "Bey unser Frawen Altenzech" und eben "zu Unseren Frawen am Muntzemon". Muntzemän war also ein Beinamen, der die Grube von anderen Bergwerken mit dem Mariennamen differenziert. Muntzemän könnte seinen Ursprung in einem Flurnamen oder in einem Personennamen haben.
Da sich die Grube südlich der Deutsch - Italienischen Sprachgrenze liegt, muss vermutet werden, dass ein eventueller Flurname aus dem Italieneschen mit eventuellem alpenromanischem Ursprung entstammt. "munt" bedeutet in diesem Fall "Alm, Almweide", "zemon" könnte seinen Ursprung in "cimone" (Gipfel) haben und somit könnte es sich um eine Alm auf einer Anhöhe handeln. Dem widerspricht zum Einem "Sankt" bei dem Grubennamen "Bey Sanct Muntzemän", zum anderen passen die Schreibweisen mit ä und o nicht zusammen.
Es wurde auch über einen "Simons-Berg" (munt simanja) nachgedacht...



@milnaaer
Auch Dein Vorschlag hat etwas für sich... Danke für den Hinweis Heiko.

Wir freuen uns auf weitere Vorschläge oder gar Belege.

Glück Auf
Monni
Uran
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Re: Muntzemän

Beitrag von Uran »

In Trient gab es schon 1185 deutsche Bergleute. Henricus de Porta (Heinrich von Porta), Rodolfus dem Roten (Rudolf der Rote), Wielandus (Wieland) u.s.w. In den lateinischen Urkunden finden wir deshalb eine ganze Reihe deutscher Begriffe, die in ein lateinische Korsett gepreßt wurden. Z.B. Xenkelochus (Senkloch oder Blindschacht), Xurfus (Schurf), Dorslacum (Durchschlag). Der genannte Grubenname kann also durchaus eine Verballhornung sein. An den verschiedenen Schreibweisen sollte man sich nicht aufhalten. Das war damals üblich. Geschrieben wurde wie gehört. Die Nennung von Unsere Frawen, ist deutsch und bezieht sich eindeutig auf Maria. Diese Grubenbezeichnung findet man in Deutschland überall. Für den anderen Begriff biete ich 2 Varianten. Zum einen fand der Bergbau am Montevacino (Kühberg) statt. Möglich wäre also eine Grube Unsere Frauen am Montevacino. Man darf aber nicht vergessen, das es der heutige Name ist. Man muß also den lateinischen Namen aus dieser Zeit herausfinden. Eine andere Möglichkeit ist der Begriff Munichaituht, der Mönchsstolln. Dieser lateinische Begriff taucht in einer Urkunde zum Bergbau in Friesach auf und soll auch in Trient verwendet worden sein.
ich bi noch aaner ven altn Schlog, on bleib aa, wi ich bi.
Monni
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Re: Muntzemän

Beitrag von Monni »

Das Schriftgut des 12. und 13. Jahrhunderts mit Bergbaubezug wurde - wie Uran richtig bemerkt - in lateinischer Sprache abgefasst. Vor allem Fachbegriffe wurden dadurch etwas entstellt. Als wichtigstes Beispiel gilt hier der Kodex des Friedrich von Wangen. Für Stollen - besser gesagt für Wasserlösungsstollen - wurde im Kodex "Actuso" (Actufus) verwendet. Dieser Begriff entstammt jedoch der lateinischen Sprache.
Ab dem 14. Jahrhundert wurde durchweg deutsch geschrieben: Die Verwaltung, viele Gewerken und nicht zuletzt die Facharbeiter waren deutschsprachig. Auch die Gruben im Trentino hatten - soweit mir bekannt - durchweg deutsche Namen.

Die Grube, um die es hier geht, liegt eine schöne Strecke entfernt von Montevaccino. Zudem erlaube ich mir anzumerken, dass eine Umwandlung von Montevaccino zu Muntzemän wohl etwas weit hergeholt wäre...

Die verschiedenen Schreibweisen finde ich sehr wohl wichtig: hier geht es darum, was die (deutschen) Schreiber gehört haben und ob dieser Name oder Begriff vielleicht auch in anderen Gegenden auftaucht. Sollte der Name/Begriff ein Einzelfall bleiben, konzentrieren wir uns weiterhin auf die Flurnamen.

Den Vorschlag von Heiko habe ich zur Abklärung einem Etymologen geschickt.
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