Erfüllte Prophezeiung - Silbergruben bei Vöhrenbach

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Till
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Erfüllte Prophezeiung - Silbergruben bei Vöhrenbach

Beitrag von Till »

Nahe bei Vöhrenbach liegt das Michaelskirchlein, im Volksmund Siebenfrauenkapelle genannt. Ungezählte Wallfahrer sind schon dorthin gepilgert, meist junge Mädchen, die oft in Gruppen zu siebt miteinandergehen, um hier oben zu beten, oder die Quelle aufzusuchen, die neben der Kapelle entspringt und der man Wunderkräfte zuschreibt. Im Innern der Kirche erzählt ein uraltes Votivbild vom Feuertod der sieben Jungfrauen, auf die der Name „Siebenfrauenkapelle“ zurückgeht.
Als in Vöhrenbach noch ein Götzentempel stand, kamen einst sieben christliche Jungfrauen ins Bregtal und führten in der Nähe des Schwarzwaldstädtchens ein klösterliches und heiligenmäßiges Leben. Lange schon war es den Anhängern des alten Götzenglaubens ein Dorn im Auge, dass die Jungfrauen Männer, Frauen und Kinder der christlichen Religion zuführten. Besonders der Schultheiß Mändle sann Tag und Nacht darüber nach, wie er die frommen Einsiedlerinnen von ihrem Tun abbringen könne. Endlich konnte ein falscher Zeuge gedungen werden, der die Jungfrauen der Hexerei bezichtigten sollte. Viel Volk hatte sich auf dem Platze vor dem Rathaus zusammengeschart, als der Prozeß begann. Schultheiß Mändle ließ den Zeugen vortreten, der aussagte, er habe die Jungffrauen als Hexen zum Tanz auf den Galgenbühl reiten sehen, er wisse auch ganz genau, dass die Kuh des Vogtbauern von ihnen verhext worden sei und deshalb keine Milch mehr gäbe, und dass auch das Kind der Huberin nur dieser Frauen wegen tot geboren worden sei. „das mag uns genügen“, fiel ihm der Schultheß in die Rede. „Die Gründe sind so gewichtig, daß wir die Jungfrauen zum Feuertod verurteilen müssen.“ Zwar versuchten die Angeklagten ihre Unschuld zu beweisen und sich mit guten Gründen zu rechtfertigen, sie wurden aber von den Anhängern des Götzenglaubens niedergeschrien und zum Scheiterhaufen geschleppt.
Doch ehe dieser entzündet wurde, begann die erste der frommen Frauen: „Wir sind unschuldig, so gewiß, als ‚Vöhrenbach dreimal in Flammen aufgehen wird!“
Die zweite rief: „Ja, so gewiß, als euer Stadtrat kein Jahr vollzählig bleibt und das Geschlecht der Mändle ausstirbt!“
Die dritte führ fort: „So gewiß, als Vöhrenbach das Hochgericht verliert!“
„Eure Silbergruben nichts mehr abwerfen“, rief die vierte.
Die fünfte fügte hinzu: „und eure Obstbäume keine Früchte mehr tragen!“
„So sicher sind wir unschuldig, als euer Götzentempel stürzen wird“, schloß die sechste.
Ungeachtet dieser Prophezeiungen wurde der Scheiterhaufen angezündet und die sechs Jungfrauen auf ihm verbrannt. Nur die siebente verschonte der Schultheiß, in der Hoffnung, dass er sie doch mit der Zeit ihrem Glauben abspenstig machen könnte. Alle Versprechungen und Drohungen blieben vergeblich. – Im Traum waren der Jungfrau ihre sechs hingemordeten Gefährtinnen in himmlischen Glanze erschienen. Durch dieses Traumbild gestärkt, erklärte sie, selbst angesichts des Scheiterhaufens, den man später für sie errichtete, todesmutig: „Niemals werde ich meinem Glauben abschwören. Ihr könnt mir alle irdischen Güter versprechen, was sind sie gegen die himmlischen Seligkeiten, die mich erwarten. Ihr mögt mich mit allen irdischen Qualen erschrecken, sie verblassen gegen jene der Hölle. Ich sterbe unschuldig, so gewiß als dort, wohin ich diese goldenen Schlüssel werfe, ein klarer Quell entspringen wird. In seinem Wasser wird jedes siebente Jahr am Karfreitag vor Sonnenaufgang ein Fisch erscheinen, der in seinem Maul die Schlüssel trägt. Doch nur wer frei ist von jeder Sünde kann den Fisch sehen.“ Mit diesen Worten warf die Jungfrau die Schlüssel zur Erde, aus der alsbald eine Quelle hervorsprudelte. Ungeachtet des Wunders zerrte man die Schuldlose auf den Scheiterhaufen. Qualm stieg auf, Funken stoben empor, aber aus Rauch und Flammenklang es noch lange wie frohlockender Gesang.
Die Prophezeiungen der sieben Schwestern sind alle in Erfüllung gegangen. Dreimal wurde Vöhrenbach ein Raub der Flammen, jedes Jahr wurde ein Ratsherr in die Ewigkeit abberufen, lange schon tagt das Hochgericht nicht mehr, die Silbergruben wurden so leer wie die Obstbäume und längst ist der Götzentempel verfallen. Nur der Brunnen spendet noch heute sein Wasser, und den Fisch mit den goldenen Schlüsseln hat einmal ein Kind gesehen, weil es frei von Sünde war.

Aus „Sagen und Schwänke vom Schwarzwald“ Max Rieple, Rosengarten-Verlag Konstanz, 1981
wer mit offenen Augen wandert kann in einem Sandkorn das Universum erkennen
Schlacke
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Re: Erfüllte Prophezeiung - Silbergruben bei Vöhrenbach

Beitrag von Schlacke »

An alle, an den Silbergruben von Vöhrenbach interessierten Bergwerksliebhaber:

Der Vöhrenbacher Silberbergbau gehört wohl des Sage an. der in sog. "Silberacker" zwischen dem Friedhof und der oberen Walk gelegene Stollen, später als Keller benützt, kann nicht die 'alte reiche Silbergrube' von Vöh- renbach sein. Die Gänge von Vöhrenbach entalten Schwerspat mit stark manganhaltigem, teils faserigem, teils dichtem und stalaktitischen Brauneisenerz vergesellschaftet.... schreibt Henglein, Erz- und Minerallagerstätten des Schwarzwaldes, Stuttgart: 1924, S. 66 (Pflichtlektüre!!!)

Glückauf!

Elmar Nieding
...die unterirdischen Grubengebäude in ihre Schreibstube bringen...
Héron de Villefosse (1774-1852), Bergingenieur im Dienste Napoleons.
(H. Dettmer, 2014)
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