Der Treckejunge

Hier kann man historische Berichte, Geschichten und Legenden aus dem Bergbau veröffentlichen. Auch aktuelle Anekdoten, Befahrungsberichte, Erlebnisse etc. sind hier gut aufgehoben
Antworten
Benutzeravatar
Kamerad Martin
Foren-User
Beiträge: 98
Registriert: Mo. 09. Sep 19 21:32
Name: Schimmeyer Marcel
Wohnort: Helfta

Der Treckejunge

Beitrag von Kamerad Martin »

Hier mal ein kurzer Abriss, über die Treckejungen im Mansfelder Kupferschieferbergbau.

Die am meisten geforderten Kumpel Im Kupferschieferbergbau waren die Treckejungen. Ihnen fiel der verhältnismäßig schwerste Teil aller Arbeit zu. In bis zu 80m langen Fahrten, in flachen Hunten mussten sie Schiefern und Berge zum Füllort trecken. Die Höhe ihrer Fahrt war 16-18 Zoll (40-45 cm) , setzte dich aber infolge des Gebirgsdruckes bald bis auf 14 Zoll (35cm ). In diesem oft schon etwas weniger als 40 cm hohem und ungefähr 80cm breitem Gang war es für einen erwachsenen Menschen fast unmöglich, eine Last von bis zu 5 Zentnern von der Stelle zu bringen. Die idealste Lösung war daher die Beschäftigung von 14- bis 16 jährigen jungen. Nach einer Lehrzeit von einigen wenigen Tagen mussten sie, völlig auf sich selbst gestellt, zusehen, wie sie mit der schwierigen und schweren Arbeit fertig wurden. ,, Trecke oder verrecke “ war nicht nur der Ansporn unvernünftiger Häuer, sondern zeigte in brutaler Offenheit, was von den Treckejungen verlangt wurde. Den schweren Hunt an den nackten Fuß geschnallt, schob und stemmte er sich vorwärts und zerrte die Last am Bein nach. Ehe sich eine genügend starke Hornschicht auf dem Fuß-Spann gebildet hatte, riss und scheuerte der Hunteriemen lange Zeit die Haut bis aufs rohe Fleisch immer wieder auf. Manche Tränen der Verzagtheit und Wut sind von den Jungen vergossen worden, ehe ihr Körper Und auch deren innere Mensch so hart und robust wurden, Um diese Arbeit und Behandlung zu ertragen. Die durch den Druck beim Trecken Oft schwer entzündeten Stellen, durch Salzwasser und Schlamm verdreckt, hinterließen bis ins Alter hinein sichtbare Narben, zumal an eine ärztliche Behandlung der wunden nicht zu denken war.
Schaffte der Junge nicht die nötige Anzahl Hunte, so bekam er unbarmherzig die Leibriemen der Häuer oder den Meterstock des Steigers zu spüren. Das Schichtgeld der Kameradschaft hing doch zumeist von der Leistung der jungen ab. Nicht jeder war so fix und wendig , aber auch so zähe, um immer das verlangte zu schaffen. Hatte er aber so gut getreckt dass das Schichtgeld 1 oder 2 Groschen mehr Betrug, so wurde er am Lohntag mit ,,Knätzchen und Schnaps “traktiert, bekam eine halblange Pfeife, manchmal auch von jedem seine Knappen einen Fünfziger extra. Aber wehe ihm, wenn es im nächsten Monat schlecht ging! Im Nassen wirkte das Wasser, 10 cm und noch höher zum Teil nur als Traufen vom Dach herabtropfend sowie der sich bildende Schlamm noch erschwerend. Naß und mit Schlamm bedeckt, das Salzwasser Arschleder und Hose zerfressend, auf der Haut und noch mehr in den aufgerissenen stellen brennend, war es eine unmenschliche Tortur, bis zum Schichtende auszuhalten. Oft lief dem Jungen beim Trecken das Wasser fast in den Mund. Machten die knappen anderthalb Schichten, so musste der Junge wohl oder Übel mit lang machen. Jugendschutz und der gleichen könnte man nicht und als so etwas ähnliches aufkam, blieb es doch nur auf dem Papier. Die jüngsten hatten wohl das Recht 1 Stunde früher auszufahren, Aber nur, wenn sie ihre Anzahl Hunte geschafft hatten. Sie hetzten deswegen die ganze Schicht, schafften es meist aber doch nicht und fuhren mit den anderen aus. Die Ursachen und Anfänge mancher schwerer Leiden alter Bergleute datieren schon aus ihrer Jugendzeit. Entsprechend dem Alter waren die Jungen in 10, 14 und 16 Groschen- und bis in die jüngste Zeit als 4, 5 und 6 Zehntlerjungen unterteilt. Der Lohn richtet sich nach diesem Verhältnis. Für die 16 Groschen- jungen betrug er durchschnittlich 108 Pfennige. Waren die Jungen dann älter und Schlepper geworden, fuhren sie in die Krauchstrecke. Diese Fahrt war etwas höher, dafür aber die Hunde auch größer und schwerer. In gebückter, halb hockender Stellung rückwärts kriechend zog man den Hunt mit einem Sielengeschirr. Die Sielenkette lief dabei zwischen den Beinen hindurch. Eine andere Knochenmühle war das Karren. An sogenannten Rücken Und größeren Verwerfungen des Flözes wurde das Fördergut mittels eiserne oder hölzerner Karren zum Füllort gebracht. Diese 1m hohen Strecken gingen steil bergan. Das Karrenband lief über die Hüften, die Hände Stürzten sich auf den Karrenkasten beziehungsweise die Last und so ging es in stark gebückter Stellung hinauf. Ehe auch hier die Hüften genügend Hornhaut ansetzten, hat man schon dieses Karren verflucht.
Die Beamten, ob Flügel- oder Obersteiger Waren schnell mit dem Meterstock zur Hand, Wenn es Ihrer Meinung nach nicht schnell genug ging. Trotz dieser Schinderei reichte der verdiente Lohn nicht mal für ein paar Schuhe aus. Die vorhandenen Boden für den Winter aufgespart und im Sommer ging es barfuß zum Schacht bei 40,- Mk. Monatsverdienst eines Schleppers zahlte dieser 33,- bis 36,- Mk. Kostgeld dazu kamen noch die Ausgaben für Geleucht, Seife und dergleichen. Es war schon ein eisernes Muß, mehr als täglich eine Schicht zu verfahren.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Antworten