Was wußten die Russen

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Nobi
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Was wußten die Russen

Beitrag von Nobi »

Mal eine Frage an unsere WISMUT-Experten:
Viele (auch ich) sind der Meinung, dass die Russen bei der Aufteilung Deutschlands (im Gegensatz zu den Amerikanern) gewusst haben, dass es im Erzgebirge Uranlagerstätten gibt. Schließlich haben vor dem Krieg auch genug Studenten der Sowjetunion in Freiberg studiert und waren in den Gruben des Erzgebirges unterwegs.
Gibt es eigentliche belegbare, also glaubhafte schriftliche Beweise für diese Vermutung?
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Schluchti
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Schluchti »

Soweit ich weiß, haben derartige Überlegungen keine dokumentierbare Rolle gespielt bei der Aufteilung der Besatzungszonen. Entsprechende Untersuchungen gab es, wenn ich es jetzt aus dem Stegreif richtig erinnere bei

Karlsch/Zeman, Urangeheimnisse. Das Erzgebirge im Brennpunkt der Weltpolitik 1933-1960, Ch. Links Verlag
und

Karlsch, Uran für Moskau. Die Wismut - Eine populäre Geschichte, Ch. Links Verlag

Danach begannen wohl erst nach der Besetzung Sachsens die sowjetischen Militärs und Geologen mit der Sichtung der Unterlagen in Freiberg und dann mit ersten Erkundungsarbeiten. Zwar waren vereinzelte Uranvorkommen bekannt, deren Bedeutung und Abbauwürdigkeit wurde jedoch lange Zeit unterschätzt. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, gab es sogar ein Gutachten eines Freiberger Professors (im Auftrag der Sowjets?), der die Uranvorkommen des sächsischen Erzgebirges als nicht abbauwürdig einstufte. Zur damaligen Zeit lag die Hoffnung auf brauchbare Mengen an Uran wohl eher auf dem Joachimsthaler Bergbau.
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geophys
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Aus dem Stehgreif könnte ich euch beipflichten.

Ich habe allerdings irgendwo gelesen, dass Dr. Karlsch sein neues Betätigungsfeld in der Sichtung alter sowjetischer Akten in Moskauer Archiven gefunden hat. Sein Hauptziel ist wohl, den Zusammenhang zwischen Aufteilung der Besatzungszonen und der sächsischen Uranerzvorkommen zu belegen. Man darf ihm dabei gutes Gelingen wünschen.

Aber ganz von der Hand zu weisen ist die These, dass die Sowjetunion Sachsen unbedingt haben wollte, eben nicht!

Zum einen, wie schon erwähnt, wurden viele sowjetische Nuklear - Wissenschaftler in Freiberg ausgebildet und zum anderen gab es bestehende Uranerzunternehmungen ( Niederschlag - Neu Unverhofft Glück - siehe Publikation & die Schneeberger und Johannstädter Gruben der Sachsenerz AG ). Auch die Dienstverpflichtungen von Führungskräften der Sachsenerz AG war nicht planlos.

Leider habe ich das Werk von Decker "Uranjäger" gerade nicht zur Hand, aber aus meiner Erinnerung war die SU bereits Anfang der 40ziger über das amerikanische "Manhatten - Projekt" informiert. Man hatte einen sehr guten Überblick über den Bedarf an Erzen und dem notwendigen "Zubehör". Man schätzte sogar ein, dass man über keine zeitnah verfügbaren Ressourcen im eigenen Lande verfügen kann ...

Am 25.12.1946 konnte man in einem Moskauer Institut eine erste gesteuerte Kettenreaktion erzeugen und schon im Juni 1948 ging der erste sowjetische Atomreaktor inTscheljabinsk-40 (heute Osjorsk) in Betrieb.

Alleine diese Fakten lassen klar werden, dass derartige Anlagen nicht in 3 Jahren zu errichten sind. Ganz besonders dann, wenn man die Rohstoffbasis nicht kennt.

Ich das alles aus dem Stehgreif und ohne genaue Quellenangaben geschrieben und hoffe, wir finden noch einige Interessierte, die hier genaueres sagen können.

Randbemerkung:
Die sowjetischen Wissenschaftler waren nicht ausschließlich Russen! Auch verallgemeinernd sollte man den Begriff Russen nicht verwenden, denn er ist meist falsch. Die Sowjetunion hatte bis zu 15 Unionsrepubliken mit ungezählten Nationalitäten. Besonders bei Recherchen im Bereich Wismut ist das nicht ganz uninteressant, wenn man den Werdegang dieses oder jenen belegen möchte :cool:
Zuletzt geändert von geophys am Mi. 17. Jun 09 11:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Friedolin
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Friedolin »

Sehr interessante Antworten, mit Hand und Fuß!
Von mir mal ein ganz unwissenschaftlicher Antwortversuch:
Das es im Erzgebirge Pechblende gibt ist seit Urväterzeiten bekannt. Da es dieses Mineral nun ausgerechnet nicht in der SU gab, war es doch erstmal nicht interessant in welcher Qualität es im Erzgebirge ansteht. Zumal wenn man betrachtet welche Priorität die SU den Nuklearprojekten zugewiesen hatte, alles musste dahinter zurückstehen.
Aus diesem Betrachtungswinkel steht für mich ziemlich fest, das die Russen mit bedacht auf das Erzgebirge Wert gelegt haben.
Die Gegenfrage ist natürlich, auch die Amis müssen es gewusst haben, aber die hatten auch eigene Vorkommen bzw. Bezugsquellen. Vielleicht haben sie in dem Punkt einfach nicht weit genug vorausgedacht.
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Nobi
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Nobi »

Friedolin hat geschrieben:Das es im Erzgebirge Pechblende gibt ist seit Urväterzeiten bekannt. Da es dieses Mineral nun ausgerechnet nicht in der SU gab, war es doch erstmal nicht interessant in welcher Qualität es im Erzgebirge ansteht.
...
Die Gegenfrage ist natürlich, auch die Amis müssen es gewusst haben, aber die hatten auch eigene Vorkommen bzw. Bezugsquellen. Vielleicht haben sie in dem Punkt einfach nicht weit genug vorausgedacht.
Naja, ggf. haben die AMIs nur nicht gewusst, dass es in der Sowjetunion damals keine verwertbaren Vorkommen gab und somit den erzgebirgischen Lagerstätten keine Bedeutung gaben. Also eine Denkfehler oder auch Desinformation ...
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geophys
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

... Na ja, Pechblende vielleicht nicht, aber vielleicht andere Uranverbindungen (??). Aber eben nicht erschlossen und schon gar nicht vor der Haustür! Die SU betrachtete, wie ich vermute, die ausgezeichnete "arzgebirg'sche" Infrastruktur, als idealen Standortvorteil.
In Erinnerungen von sowjetischen Kollegen der 40ziger/50ziger Jahre spielen Eisen- und Autobahn immer eine Rolle.
Bedenke bitte, was notwendig wäre, um 10000 km Schienen, Straßen, Telefonleitungen und Wohnsiedlungen in die Tundra zu verlegen. Das hatte man hier alles "frei Haus".

Zum Thema "Vereinigte Staaten von Amerika - 1945":
Ich hege nicht den leisesten Zweifel, dass der große Knallbum in Deutschland ( Schwarzenberg wäre dann vielleicht ein taktisch kluges Ziel gewesen ) stattgefunden hätte, wenn man rechtzeitig fertig geworden wäre. Und ehrliche Absichten unterstelle ich ihnen auch nicht. Man schätzte die Weltsituation ganz nüchtern ein und wollte die No. 1 bleiben. Sie schienen auch sehr überrascht, dass Stalin's Mannen den Widersacher so schnell niederringen konnten.

Irgendwie will ich auch nicht glauben, dass die USA nichts vom möglichen Berggeschrei rund um Annaberg ( man verzeih mir das jetzt :cool: bitte ) wussten. Schließlich begann schon 1946/47 eine interessante Propaganda - Kampagne. Hatte bislang noch keine Zeit, was drüber zu schreiben, aber ich habe schon einige Räuberpistolen gelesen, die man ganz toll im Archiv der "Zeit" finden kann. Hochinteressant! Wirklich!

Der heiße und kalte Krieg von 1945 an war immer auch einer der Geheimdienste. Und da traue ich den USA schon einiges zu.
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markscheider
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von markscheider »

geophys hat geschrieben:Zum Thema "Vereinigte Staaten von Amerika - 1945":
Ich hege nicht den leisesten Zweifel, dass der große Knallbum in Deutschland ( Schwarzenberg wäre dann vielleicht ein taktisch kluges Ziel gewesen ) stattgefunden hätte, wenn man rechtzeitig fertig geworden wäre.
Was mich in dem Zusammenhang interessieren würde ist, ob an den Gerüchten, daß die Amis ihre Atombomben erst mit dem in Deutschland erbeuteten Uran bauen konnten, etwas dran ist. Z.B. wäre die erste Frage, ob die paar Monate zwischen April und August überhaupt ausreichen, um die Anreicherung durchführen zu können.
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Schluchti »

Nur noch drei Gedanken, die mir so durch den Kopf gehen:

1.Das deutsche Uranprojekt deckte seinen Bedarf an Uran wohl zum Teil auch nur über den Joachimsthaler Bergbau, und zum Großteil über die Erbeutung von Urankonzentraten aus Belgien, die wiederum aus Belgisch-Kongo stammten. Offenbar erschienen die z. T. noch produzierenden einheimischen Vorkommen den Deutschen damals als zu unbedeutend in ihrem Ausbringen.

2. Die Europäische Beratende Kommission, die 1943 in Moskau gegründet wurde, hatte bereits im Januar 1944 die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen und die Zuordnung der östlichen Besatzungszone zur SU vorgeschlagen. In dieser Zeit befand sich das Atomwaffenprojekt der SU jedoch wohl noch in der Phase der Grundlagenforschung, die wohl erst gegen Ende des Krieges abgeschlossen war und in die Umsetzungsphase übergehen sollte. Etwa auch zu dieser Zeit machte man sich in der SU verstärkt Gedanken um die Uranbeschaffung. Im Prinzip war da aber die Aufteilung der Besatzungszonen bereits länger schon beschlossen.

3.
Mir scheinen simple geografische Gründe einleuchtender für die Aufteilung der Zonen. Die SU liegt im Osten, also bekommt sie den östlichen Teil Deutschlands. Das gleiche Muster erkennt man ja auch in er Aufteilung Österreichs in Besatzungszonen, wo die SU ebenfalls den östlichen Teil bekam.
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geophys
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

markscheider hat geschrieben:... an den Gerüchten, daß die Amis ihre Atombomben erst mit dem in Deutschland erbeuteten Uran ...
... gibt es eine Quelle, wo man das nachlesen könnte. Ich wähnte die deutschen Anlagen im brandenburgischen Raum und kenne auch nur die Geschichte, die ich vorhin erwähnte.

Die Teilungsgeschichte ist sicher in den nächsten Monaten bzw. Jahren noch zu diskutieren, wenn man weiß, was in den Akten steht.
Warten wir es einfach mal ab.
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Schlacke »

Kleiner Nachschlag:

Karlsch, R.: Der Uranwettlauf 1939-1949. In: Der Anschnitt, Jg. 50, H. 2/3, Bochum: 1998, S. 46-58

Karlsch, R.: Die Reparationsleistungen der SBZ-DDR im Spiegel deutscher und russischer Quellen. In: K. Eckhart: Die Wirt- schaft im geteilten und vereinten Deutschland - Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung, Bd. 69; Berlin: 1999, S. 9-30

Glückauf!

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...die unterirdischen Grubengebäude in ihre Schreibstube bringen...
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geophys
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

:top: :top: :top:
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von EnoM »

Das ist nun hier wirklich gaaaaanzz gefährliches Glatteis auf das wir uns hier begeben.

Verlassen wir uns ohne Hinterfragen bzw. Quellenrecherche auf das bisher Veröffentlichte?
Schreiben wir einfach das ab, was bisher nur einzelne Personen in Buchform angeboten haben? IMMERHIN GEHTS UM WELTPOLITISCHE ASPEKTE. Kann man da noch den Autoren alles abnehmen, verhalten sie sich neutral oder ermöglicht denen eine finanzstarke Institution die Arbeit am Buch? Schliesslich wird noch der heutige Zeitgeist hineininterpretiert und fertig ist das Futter für die Masse!
Auch wenn die Arbeit im russischen Archiv erlaubt wird - einen Großteil wird er / man eh noch nicht zu Gesicht bekommen.

Ich will ja nicht nur alles negieren, aber grad die Arbeiten von Dr. Karlsch hinterlassen bei mir so einen faden Beigeschmack.
Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide.
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Nobi
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Nobi »

EnoM hat geschrieben:Verlassen wir uns ohne Hinterfragen bzw. Quellenrecherche auf das bisher Veröffentlichte? Schreiben wir einfach das ab, was bisher nur einzelne Personen in Buchform angeboten haben?
:top:
wenn einer vom anderen abschreibt haben wir in zulunft ein wahrheit, die keine ist und die nur zur wahrheit wird, weil sie dann "viele" quellen hat.

aber wieder zurück zum thema:
wann erfolgte denn die erste nachgewiesene prospektion auf uran durch die sowjets bzw durch von ihr bestellte/verpflichtete personen? ging es erst 1946 los, weil es durch das kriegsende und das anschließende schaffen von strukturen logistisch nicht eher möglich war? wenn sie es wußten und das zeug brauchten, dann sollte man annehmen, sie hätten sie so schnell wie möglich angefangen.
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geophys
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

3x :top: steht in meinem Fall für die exakte Quellenangabe und nicht für den Inhalt dieser Quelle.
Ich finde das Thema sehr interessant und hätte es gern nachgelesen. Dr. Karlsch ist mit Sicherheit nicht auf der Wurstbrühe her geschwommen, aber in seinen Interpretationen eben auch nicht unumstritten. Ganz besonders bei jenen, die wissen, worüber er schrieb ... Mehr will ich dazu an dieser Stelle nicht sagen.
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Also, ich habe mal meine Fühler ausgestreckt und einen hochgeschätzten Freund befragt ...

Die Sache, dass Amerikaner im Raum Bernburg / Köthen in Sachsen - Anhalt eine gewisse Menge Uranerz beschlagnahmten soll überliefert sein. Die Sowjets taten selbiges wie beschrieben in Oranienburg. Jeder auf der von ihm gerade besetzten Seite.

Das die Uranerzvorkommen in Sachsen ausschlaggebend für die Jaltaer Konferenz waren, ist bisher nicht belegbar gewesen.
Das Uranerz im Erzgebirge zu finden war, ist schon sehr viel länger bekannt. Auch hier dürften die Studenten der Sowjetunion eine Rolle gespielt haben.

Die Maßnahmen der Sowjetunion erfuhren durch den Einsatz der amerikanischen Bomben einen starken Schub. Dieses setzte wohl eine Ernüchterungsreaktion von Stalin in Gang. Er befahl, schnellstens eine eigene Bombe zu bauen und sich um Rohstoffe zu kümmern.

Erste Kommandos ermittelten wohl ein Vorkommen von 50 Tonnen, was Stalin zu einem Wutausbruch veranlasste. Er beauftragte ein weiteres ( anderes ) Kommando, welches ihm ein Vorkommen von 120 Tonnen versprach. Dies schien ihn dann zufrieden zu stellen. Man sagt, dass jene Wissenschaftler dafür ausgezeichnet wurden.

Um jetzt mal mit den unsinnigen Wertdiskussionen der letzten Jahre ins Gericht zu gehen.

Meine Ansicht, dass das Erzgebirge gut erschlossen und ganz nah dran am Geschehen war, wurde als zutreffend bezeichnet.
Später erschlossene Lagerstätten ( Kirgiesien ) waren unverhältnismäßig weit von Moskau entfernt, wo sich bekanntermaßen anfängliche Arbeiten stattfanden. Das amerikanische Manhatten - Projekt war von den Sowjets unterwandert und gut "erschlossen". Man konnte dieses Wissen gut verwerten. Die Bomben der Amerikaner waren einfach noch nicht fertig. Ziele wie Ludwigshafen, Dresden etc. wurden aber bereits diskutiert ...

Stalin hätte jeden Preis in Kauf genommen. Es gab nicht viele Erze, die die Sowjetunion hätte kaufen können.

Damit sind die 450 Tonnen Metall, die man aus Annaberg / Niederschlag bekam, eine Menge, die alle Erwartungen übertraf. Mit voranschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen gab es dann Hinweise auf ergiebigere Lagerstätten, die wie wir wissen immer noch nicht ganz ausgebeutet sind. Man wird sich wieder daran erinnern ...

Mir wird heiß und kalt bei diesem Gedanken ...
Zuletzt geändert von geophys am Do. 18. Jun 09 18:22, insgesamt 5-mal geändert.
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Ludewig
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Ludewig »

Wenn ein Wissenschaftler im Reich von "Zar Putin" Archive benutzen und mitunter heikle Akten einsehen darf, wie das Thema "Wismut", dann wird von diesem Wissenschaftler sicher auch ein Ergebnis erwartet, das im Sinne seines "Gönners" ausfällt! Nur wissen wir nicht was von ihm genau erwartet wird? Im Reich Putins herrscht nicht unbedingt die in Deutschland so übliche Meinungsfreiheit. Journalisten haben dort mitunter eine Lebenserwartung die kürzer ist wie die der Eintagsfliege!

Das Zeitgeschichte gezielt korrigiert oder sogar verfälscht wird ist doch ein alter Hut. So wie Stalin seinen entledigten Widersacher Trotzki aus Fotos (bei einem Bild vergas man die Schuhe Trotzkis) und Berichten "entfernen" lies oder Herr Professor Guido K. im Fernsehkanal - auf dem Zweiten sieht man besser- die Geschichte der Deutschen untermalt von Augenzeugen in ein wohl temperiertes gesellschaftskonformes Bild rückt, so wie es von einigen "Herrschenden" gewünscht wird. Oder noch viel deutlicher, wie aus dem aristokratischen Nazi Stauffenberg der "Vorzeigeantifaschist" unserer regierenden Parteien wird. Ernst Thälmann, Georgi Dimitrov usw passen nun mal nicht in das Geschichtsbild einer so Christlich-demokratischen Partei.
So viel zum Thema "weltpolitische Forschung" unter die das Thema Wismut nunmal auch fällt!

Das die Alliierten im 2. WK über die Atomforschung Deutschlands gut unterrichtet war sieht man doch bei einigen Aktionen. Man wußte seit 1942/43 wofür in Norwegen "schweres Wasser" produziert wurde. Die britische Luftwaffe beharkte gezielt diesen Ort, ebenso waren Partisanen darauf angesetzt. Nur waren die Briten und Amis schlauer und konnten auf Grund ihres eigenen Forschungsstandes nachvollziehen wie weit in etwa die Entwicklung in Deutschland war. Das sich der Erbauer des ersten Reaktors in Deutschland bei der Massenberechnung nur verhauen hat oder ob es von ihm Absicht war um das unheilbringende Produkt den Nazis nicht zu liefern, kann nur einer wissen, der Erbauer selbst.

Merkwürdig ist die Tour eines deutschen U-Bootes noch vor Kriegsende über den Nordatlantik nach Kanada. Während der Überfahrt war übrigens der 8. Mai und man fuhr einfach weiter, in Richtung "Ziel". Auch ist merkwürdig das die ganze Ankunft noch gefilmt wurde? Die Ladung soll aus einer halben Tonne (die Angaben sind widersprüchlich) Uran bestanden haben. In welcher Aufbereitungsstufe das Uran war ist nirgends erwähnt. Es gibt diverse Militärforen und auch entsprechende Literatur. Mir viel dabei immer die heroisierende Sprache und fehlende Quellen auf, die nicht immer ein gutes Omen für Wahrheit und Realitätstreue sind.

Die Frage von Nobi läßt sich auf keinen Fall genau und vielleicht richtig beantworten. Hat der Russe nichts gewußt, so stellt er sich ein "Armutszeugnis" aus, hat er darüber bescheid gewußt, birgt es die Frage warum er nicht gehandelt hat! Meine Meinung dazu ist, sie habens gewußt, aber nicht den genauen Entwicklungsstand in der deutschen Kernforschung und daher als nicht bedeutend eingestuft! Die heutige Geschichtsforschung wird dazu wohl nur eine der jetzigen politischen Situation entsprechende Antwort als Forschungsergebnis präsentieren.

Erst als US Präsident Truman am 17.07.1945 auf der Potsdamer Konferenz vor den anwesenden Alliierten den ersten erfolgreichen Atombombentest in Alamogorde vom 16.07. bekannt gegeben hat, wird Stalin (dem schlief das Gesicht ein) gemerkt haben wo die Rüstungsindustrie der USA steht und im nach hinein welche Rolle die Deutsche Wissenschaft da gespielt hat! Dieser Tag ist ja auch der Beginn des "Kalten Krieges" und der brachialen Aufrüstung der ehemaligen Waffengefährten SU und USA.

Glück auf! Lutz Mitka
Was war zuerst da, der Durst oder das Bier?

http://www.unbekannter-bergbau.de
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Ludewig hat geschrieben:... im Reich von "Zar Putin" ...
Genau, deswegen sollte man(n) sich andere Gesprächspartner suchen und nicht allzu viele Bücher lesen ... :cool:
Damit will ich es hier bewenden lassen. Aber ein sehr interessantes Thema ...
Man trifft mich wieder im heimischen Annaberger Thread :) .
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Schlacke »

@ geophys

Mein Bestreben ist immer so zu zitieren, dass der Interessent nachlesen kann. Danke für die Blumen! Als Nicht-Historiker steht mir keine Beurteilung des jeweils erwähnten Textes zu.

@ EnoM

Man sollte nicht nur R. Karlsch berücksichtigen, sondern auch u. a. die Arbeit von R. Engeln. Eine Rezension findet sich im Anschnitt, H. 2/2003, S. 116-117, verfasst von Wächtler. Dem Eintrag im Verbundkatalog GBV ist eine weitere Besprechung angefügt.

Engeln, R.: Uransklaven oder Sonnensucher? Die Sowjetische Aktiengesellschaft Wismut in der SBZ-DDR 1946-1953.
(Diss. Bochum, 1998), Veröffentlichungen des Instituts für soziale Bewegungen, Schriftenreihe A, Darstellungen Bd. 19, Essen: 2001, 297 S., weiterführende Literatur S. 279-291

Glückauf!

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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Nobi »

Nobi hat geschrieben:wann erfolgte denn die erste nachgewiesene prospektion auf uran durch die sowjets bzw durch von ihr bestellte/verpflichtete personen? ging es erst 1946 los, weil es durch das kriegsende und das anschließende schaffen von strukturen logistisch nicht eher möglich war?
:meister: sagt es mir
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Nobi hat geschrieben:
Nobi hat geschrieben:wann erfolgte denn die erste nachgewiesene prospektion auf uran durch die sowjets bzw durch von ihr bestellte/verpflichtete personen? ging es erst 1946 los, weil es durch das kriegsende und das anschließende schaffen von strukturen logistisch nicht eher möglich war?
:meister: sagt es mir
Na, mit den paar Werken, die ich gelesen habe, war als Beginn Sommer 45 vermerkt. Ich müsste mal wieder mein eigenes Gekriksel lesen.
Quellenverweise beachten, dann erklärt sich deine Frage ... ( namhaft verrufene Märchenerzähler wurden da weniger zitiert ) Aber warum ist dir das so wichtig?
Zuletzt geändert von geophys am Do. 18. Jun 09 18:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Nobi »

das wäre ja dann vor den abwürfen in japan ...
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Lies es selbst HIER.

Sommer (Definition): HIER

Jetzt ist aber Schluß, bin in Annaberg ... :cool:
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von markscheider »

Sag mal, 14.3. Oranienburg - da kann doch was mit der Zeitschiene nicht stimmen, oder? Wann war nochmal die Schlacht um die Seelower Höhen?
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Hmm ...
Der Sache gehe ich nach, ich melde mich wieder, könnte mich ja vertippt haben ...
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von hebbel »

Die Befreiung des Oranienburger Stadtgebietes durch die RA wird in nachgenannter Chronik für den 23./24. April 1945 angeführt.
http://www.oranienburg-inside.de/stadti ... chorbg.htm

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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

sorry, ich kam nicht gleich dazu ...

Hatte in meinen Unterlagen den 13.04.45 hinterlegt, der trotzdem falsch sein muss.
Das es nicht genau auszumachen ist, werde ich meine Publikation auf April 45 ändern.

Danke für deinen Tipp.
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Bergzwerg »

Glück Auf. Will mich mal net zu weit aus dem Fenster lehnen,da ich neu bin.Ab 1936 arbeiteten Deutsche und Amerikanische Wissentschaftler an der Möglichkeit,Atome für sich arbeiten zu lassen. Die Amis haben meines erachtens den besten Schritt gemacht.Die haben das Wissen mitgenommen!Was nützt ein Stück Pechblende,wenn ichs net Aufbereiten kann? Die Russen hatten nie die Fähigkeit etwas zu entwickeln!Dazu kam die Ausrottung ihrer eigenen Intelligenz. Erst nach Hiroshima ist den Russen bewußt geworden, daß sie keine Kriege ohne Atomwaffen gewinnen können! Heut is dies anders. Wenn ich Geld hab,kauf ích mir das Wissen.
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von geophys »

Stimmt irgendwie. Oder man klaut es einfach. Die Chinesen sind da leuchtendes Besipiel.
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geophys
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Bergzwerg
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Bergzwerg »

Geklaut is zu einfach! Deutschland wurde doch erst für de Amis wichtig,als amerikanische Wissenschaftler auf die Idee kamen,Einsteins Theorie nachzuweisen! Hitler war denen zu weit voraus! Kernspaltung,Raketenforschung und Militärtechnik.Das erste was de Amis leergeräumt haben,war der Mittelbau Dora,das Jonastal und die Urananhäufungen. Die haben gewußt was Stalin wollte!
Uran
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Re: Was wußten die Russen

Beitrag von Uran »

Hallo

Die erste Prospektion begann 1945. Ende 1945 waren z.B. der Frisch-Glück-Schacht (1) und der Schaarschacht (18) schon bis zur 78 Lachter-Sohle rekonstruiert. Die erste Einschätzung der Johannstädter Uranreserven im März 1946 durch die "Sächsische Erz-Suchabteilung" weist 22,2 t Uran aus. 1946 wurden in Johannstadt 7,6 t Uran gefördert. Um die Frage welches Revier nun tatsächlich das erste Erz gefördert hat Schneeberg, Oberschlema oder Johannstadt, streiten sich die Alten seit langer Zeit. Offiziell ist es Johannstadt.
ich bi noch aaner ven altn Schlog, on bleib aa, wi ich bi.
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