Nischen

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hungerlieb
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Nischen

Beitrag von hungerlieb »

"Hornstattnischen"/"Liegendstoßnischen"


Nach einigen Befahrungen mit viel Grübelei und vielen Gesprächen mit bekannten Bergbauinteressierten über jenes Thema – ohne dass wir zu brauchbaren Ergebnissen gekommen sind - nun mal die Frage an die „Öffentlichkeit“:

Wer kennt diese mehr oder weniger markanten Nischen, welche sich im liegenden Stoß von einigen Hornstätten (des Gangerzbergbaus) befinden einen unbekannten Zweck erfüllten, bzw. wer kennt diesen.


Wichtig:

Dieser Leitartikel ist nach Informationsgewinn und Disskusion bereits aktualisiert, bzw. wird dies sicher auch noch mehrfach.
Die Art des Vorgehens ist zwar aus der Not heraus geboren, dass ich/Mitstreiter kaum bzw. keine Zeit haben um im Archiv nach entsprechenden Informationen zu suchen. Davon Abgesehen kann sie aber auch als Versuch gewertet werden, Kenntnisse aus praktischer Befahrertätigkeit überregional zusammen zu fassen, weiterhin als Vorarbeit für theoretische Forschung und einer Zusammenfassung der Problematik.

Es kann sich jeder in diesem Forum unter Beachtung der Regeln, die für dieses Fachdiskusionsforum gelten, beteiligen. Wir freuen uns über jede konstruktive Mitarbeit, auch von Altbergbaufreunden, die mit dieser Problematik keinen direkten Kontakt haben.


Geplante Vorgehensweise:

Nach vortgeschrittenem Informationsgewinn und Diskussion über die verschiedenen Therorien habe ich mich in Absprache mit Helfern entschlossen Merkmale der Vorkommen zu erfassen und hier zu sammeln, um einen besseren Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu bekommen. So können verschiedene Vorkommen/Theorien ausgrenzt werden und zum anderen fehlende Informationen/Schlüsselinformationen besser erkannt werden. Eine zusammenfassender Artikel, mit oder ohne Erkenntnis über den Zweck wird irgendwann folgen.

Jeder kann Informationen beitragen, bzw. andere Vorgehensweisen vorschlagen, gern auch per PN.


Ziel:

- Prinzipiell soll eine Sammlung von praktisch und theoretisch gewonnen Lokalinformationen der einzelnen Vorkommen entstehen.
- Natürlich sollte der Zweck der Nischen geklärt werden.
- Evtl. kann daraus später eine Zusammenstellung entstehen, welche als Publikation auf dieser Seite bereitgestellt werden kann.
- Bergbauforscher aus anderen Revieren sollen animiert werden auf diese oder derartige Sonderheiten zu achten.
- Die Nutzung dieser Plattform für derartig überregionale, spezielle, aber auch komplexe Thematiken zu testen und eine geeignete Vorgehensweise zu erkunden, ist ebenfalls eine Zielstellung.


Merkmale der Nischen:

- im Liegenden der Hornstatt,
- versetzt zu der, für den Haspelknecht herausgeschlägelten Nische im Hangenden, also unmittelbar gegenüber des Rundbaumes der Handhaspel
- markante Form mit ähnlichen Abmaßen (BxHxT - 0,5-1m x 0,6-1m x 0,3-0,5m
- in Silbergruben(-abschnitten) mit vermutlich annähernd gleichem Alter, meist geschlägelte Profile, wahrscheinlich alle vor 1650
- in keinem der Gesenke gibt es Hinweise auf eine automatisierte Wasserkunst (z.B. Kunstrad, Göpel).


Aufzählung der Vorkommen und ihrer Merkmale:

Details zur Grube aus bekannten Gründen nur bei offiziel zugänglichen Anlagen.


Annaberger Revier

Mittlerer St. Briccius Stolln


Lage: Osthang Pöhlberg, Annaberger Revier, Sachsen
Auffahrungszeit: vor 1550
Lagerstätte: Gangerzbergbau auf Kupfer- und Silbererze
zuständiges Bergamt: Geyer, später Annaberg
Anzahl der Nischen: 2 vollendete, eine angefangene
Geometrie der Nischen: Nische 1 - 80 x 80 x 30; Nische 2 - 80 x 80 x 30 - siehe Skizze
Kurzbeschreibung:
Nische 1: Die einmännische Hornstatt befindet sich in einem kurzen Seitenort, das Gesenk hat vermutlich keine Verbindung zu einer tieferen Sohle und ist dementsprechend voll Wasser. Haspelreste haben wir vor Ort gefunden. Lampennischen und Auffahrungstechnik deuten auf eine Auffahrungszeit vor 1600. Die Strecke wird in einem Riss von 1707 schon als verbrochen / verfüllt dargestellt, letzteres war ja auch der Fall. Die in der Nähe gefundenen Spurnagelhölzer wurden auf 1511 datiert. Ob eine Holzbühne eingebaut war, ist schwer zu sagen, da in den Verfüllmassen Hölzer nur „wild“ lagen und nichts brauchbares an Informationen lieferten. Es handelt sich auch hier um eine relativ große Hornstatt. Die Nische befindet sich gegenüber des ehem. Haspelstandorts.
Die Skizze ist aus dem Gedächtinis gezeichnet und soll nur die Situation besser erläutern, d.h. sie stellt kein genaues Aufmaß dar.
Siehe Bild 1 und Skizze 1

Nische 2 und 3 befinden sich in einem langen Stollnflügel, sie sind ca. 20m auseinander.
Nische 2 ist in einer einmännischen Hornstatt, das Gesenk ist durchgebaut, mit Masse verfüllt aber wasserfrei.
Nische 3 ist nur angefangen, das Gesenk ist im engen Querschnitt von 1,6m x 0,8m ebenfalls nur angefangen und ca, 0,5m tief. Dieser Einzelfall könnte die Theorie A bestärken: während keine Spuren einer (angefangenen) Hornstatt vorhanden sind, steht das Herstellen der Nische im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Beginn des Gesenkteufens.
Siehe Bild 2, Skizze 2, Bild 3 und Bild 4 - Fotos privat

Annaberg
Nische 1 im S. Stolln - Streckenprofil, Schlegelspuren, Lampennischen deuten auf einen Zeitraum vor 1700. Es handelt sich um eine enge Hornstatt. Haspelstandort ist eindeutig und genau gegenüber der Nische. Eine Nische für den Haspelknecht ist seperat im Hangendeden vorhanden. Die Nische ist verhältnismäßig groß: ca. 1m x 1m x 0,4m.
Siehe Bild 5 - Foto: H. Lausch

Nische 2 im S. Stolln - Die Nische hat eine eher kantig geschlagene Rückseite, während die anderen oft eine halbrunde Rückseite haben. Großes Streckenprofil. Es handelte sich hier um eine zweimännische Haspel. Die Nische ist zum Teil verfüllt die genaue Größe ist unbekannt.
Siehe Bild 6 - Foto: privat

Cunersdorf, Dorotheastolln
Silbergrube 16 Jhd.
Nische 1 - Zitat sehmataler:
Hier mal ein seltenes Beispiel einer mit 2,3 m relativ langen Haspelgesenk-Liegendstoßnische. Diese hätte als "Sitzgelegenheit" für 3 normalgewichtige Förderknechte locker ausgereicht. Dokumentiert 1993 im Dorotheastolln Cunersdorf, etwa 270 m vom Mundloch entfernt.
Zur genauen Beschreibung siehe Beitrag von sehmataler auf Seite 4.


Marienberger Revier

Marienberg/Wolkenstein

Altbergbaustolln auf Silber mit einer Hornstattnische. Auffahrungszeit ist hier auf alle Fälle vor 1765, aber vermutlich auch um 1600. Das Gesenk ist verfüllt, Haspelstandort schwer zu deuten. Eine relativ große Hornstatt. Nischenmaße: 1,1m x 1,1m x 0,45m (geschätzt, wird noch nachgemessen)
Siehe Bild 7 - Foto: privat

Marienberg/Wolkenstein
Silberstolln 16Jh.
Bei der ersteren Nische spricht die Größe und Formgebung der Sohle wieder für die Fördertheorie.
Soweit es auf der schnelle nachvollziehbar war (das Gesenk ist mit Einbauten aus der jüngsten Bergbauperiode - SAG Wismut - überprägt) ist sie ebenfalls gegenüber dem Standort der historischen Handhaspel.
Siehe Bild 8 - Foto: privat

Die Hornstatt in der sich die zweite Nische befindet ist bis ca. 0,5m mit Massen aufgefüllt. Deshalb kann man die ware Höhe und den Abstand zur Sohle nur schätzen.
Der Standort ist hier aufgrund der historischen Einbauten genau fest zu machen. Wie bei allen nachvollziehbaren Beisbielen ist er gegenüber der Handhaspel.
Siehe Beitrag hungerlieb Seite 4

Wolkenstein
Silbergrube 16. Jhd.
Zitat Robi: Die Nische (siehe unten) wurde genau vermessen und eine Sitzprobe gemacht. Man kann dort prima sitzen und durch die gebrochenen Kanten drückt es bei Belastung der Beine die Kante nicht in die Oberschenkel. Man sitzt wie in einem Sattel. Die Bretter muß man sich wegdenken. Sattdessen ruhten die Füße auf dem 20cm breiten Sims.
Siehe Beitrag von Robi - Seite 4


Schneebergber Revier

Da die Grubenanlagen im Stadtgebiet Schneeberg viele Ähnlichkeiten mit den älteren des Annaberger und Marienberger Reiviers haben, sind im Stadtgebiet wahrscheinlich auch Beispiele zu finden.

Zschorlau
St. Anna am Freudenstein, Silbergrube 16Jh.
Details siehe Beitrag Falk Meyer Seite 4


Deutungsversuche:

Nach neueren Erkenntnissen und ausführlicher Diskussion hat sich folgende Theorie als am wahrscheinlichsten herausgestellt:


Therorie A

Beim Schachtteufen oder beim Beginn des Teufens war keine Hornstatt vorhanden und die Nische war nur eine Erweiterung des Stollns um etwas mehr Platz für eine Förderung ohne Haspel, sondern mittels Seil / Seil+Umlenkung, zu erlangen. Die später entstandene Hornstatt überprägte die Nischen nicht und so können wir sie auffinden.

Für diese Auffahrungstechnologie müssten sich auch gegebenenfalls Belege finden lassen. Sowohl literarisch, als auch praktisch: (kleine) Reste solcher Nischen bei anderen Hornstätten, Hinweise auf eine Seilumlenkung etc.

Argumente dafür:
-Bei einigen Nischen ist eine scheinbare aussparung für die Beine / zumindest eine Abrundung der Kante deutlich ersichtlich.
-Die Nische befindet sich soweit es nachvollziehbar ist immer gegenüber des späteren Standortes der Handhaspel. Oder umgekehrt gesagt wurde der Standort der Haspel dem schon bestehenden Fördertrum angepasst.
-Bei der angefangenen Nische 3 in St. Briccius Stolln ist auch das Gesenk angefangen, jedoch keine Hornstatt vorhanden.

Argumente dagegen:

-soweit halb verschüttete Nischen nicht vermessen werden können kann man ihre Größe nicht als Gegenargument heran ziehen. Auch die geringe Tiefe muss kein Gegenargument sein, duch die teilweiße stattgefundene Überprägung kann sie verringert worden sein.
- sie ist nicht bei allen Gesenken zu finden - siehe Anmerkung - Absatz 2

Anmerkung zu dieser Theorie:
Nicht immmer wurde im Zuge einer Stollnauffahrung sofort ein Gesenk geteuft, umgekehrt kann auch der Stollnvortrieb zugungsten des Teufens geruht haben. So sind die Beispiele 2 und 3 im St. Briccius nur wenige Meter entfernt. Während bei Bsp. 2 ein wasserfreies, verfülltes Gesenk mit unbekannter Teufe und Nische für Haspelknecht vorhanden ist, findet man bei Bsp. 3 nur ein angefangenes, unscheinbares Gesenk, mit ca. 0,5m Teufe und einer angefangenen Liegenstoßnische, hingegen keine Haspelknechtnische. Dies stützt diese Theorie, sollte aber noch nicht als abschließender Beweis gewertet werden.

Auch ist zu beachten (und das könnte die Theorie festigen) ob das ursprünliche Stollnprofil im Zuge der Herstellung einer Hornstatt im liegenden erweitert wurde. Eine Hornstatt kann durchaus nur in eine Richtung erweitert sein, aber natürlich auch ins Liegende und ins Hangende. Bei Bedarf poste ich fotographische Beispiele. Davon ausgehend könnte man folgern, dass alle ins liegende erweiterten Hornstätten theoretisch die ursprünglich vorhandene Nische überprägten. Natürlich soll das nicht heißen, dass immer eine vorhanden war. Denn wenn man z.B. vor hatte einen langen Blindschacht zur nächsten Sohle an zu legen, von welchem aus evtl. auch noch Abbau auf Zwischensohlen erfolgen sollte, schlug man sicher gleich eine (zweimännische) Hornstatt heraus.


Theorie B

Möglich ist, dass es sich um eine sparsame, zweckmäßige Erweiterung der Hornstatt handelt, die die Förderung mit der
Handhaspel, bzw. das auskippen des Fördergefäßes erleichtert.

Agurmente dafür:
Dafür spricht, dass soweit man es deuten kann, die Nische sich immer genau gegenüber dem ehemaligen Haspelstandort befindet – also dort wo der Eimer normalerweise in einen Spurnagelhunt oder einen Laufkarren ausgekippt wird.
In einigen Beispielen ist die Strecke/der Stolln eng, eine Erweiterung scheint sinvoll.
Eine Kippvorrichtung/Halterung etc. wäre natürlich auch denkbar, für so etwas ist mir aber keine Quelle bekannt und deshalb recht spekulativ.

Argumente dagegen:
- bei der ersten Nische im Mittleren St. Briccius und mehreren Nischen in Marienberger Revier ist eigentlich genügend Platz für genannte Tätigkeiten, auch ohne Nische.
- Laufkarren passen nicht in die Nische, Sprunagelhunte hinein zu stellen und sie dann zu füllen um die Spurnagelbahn frei zu haben ist ebenfalls abwegig,


Theorie C

Wie Theorie B, allerdings aus Gründen der Wasserhaltung mittels einer einfachen Hand-/Schwengelpumpe.

Argumente dagegen
Dagegen spricht, dass soweit man es deuten kann, die Nische sich genau gegenüber dem ehemaligen Haspelstandort befindet und sich somit Haspel mit Fördergefäß einerseits und Kunstanlage anderseits im Wege wären.


Kennt jemand mehr von diesen Nischen? Wo, Ähnlichkeiten, besondere Hinweise, Deutungen…. usw.?
Ich werde, soweit ich Zeit und Lust habe, hier weitere Informationen sammeln und ordnen.


Glück Auf
Hungerlieb :roll:
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Zuletzt geändert von hungerlieb am So. 04. Jan 09 15:33, insgesamt 5-mal geändert.
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Sven
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Re: Nischen

Beitrag von alterbergbau.de »

A - Am wahrscheinlichsten erscheint mir, dass es sich um eine sparsame, zweckmäßige Erweiterung der Hornstatt handelt, die die Förderung mit der
Handhaspel, bzw. das auskippen des Fördergefäßes erleichtert.
halte ich für am zweckmäßigsten, wenn die den vollen foerderkuebel versucht haben auf den Hunt (?) auszukippen (das stell ich mir furchtbar schwer vor) wird sicher etwas an Erz neben den hunt gefallen sein. Entweder verklemt das dann oder der Beladevorgang gerät aus dem Gleichgewicht und der Inhalt fällt dann wieder runter. Ich denke die Nische war der gewollte Ort für Schüttgüt was daneben geht.
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Fahrsteiger
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Re: Nischen

Beitrag von Fahrsteiger »

Ich bin zwar nur Steinköhler. Auch im Steinkohlenbergbau hatten wir diese Nischen. Sie dienten als Schutz für den Bergmann. Bei uns besonders in engen Strecken, um bei gleichzeitiger Förderung aus dem Gleis zu kommen.
Die Nischen auf Bild 1 bis 4 deuten darauf hin. Sie sind genau für einen Bergmann geschlägelt. Auf Bild 1 war es sicher der Haspelstand für den Bediener.

Glück Auf
Horst
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Re: Nischen

Beitrag von alterbergbau.de »

ich hab nachgedacht (das war wohl sinn der sache). Wie wird denn aus einem haspelgesenk gefördert. Ich meine fliegt das erz vom kuebel in den Wagen (das stell ich mir unmöglich vor - aber ich bin da unerfahren - das das niveau doch höher oder gleich der haspelrolle ist. oder wird das erz auf die fläche ausgekippt um dann in das streckengefäß verladen zu werden. dann ist die Nische umbedingt nötig, damit genug fläche zum auskíppen ist. Die Nische liegt m. E. laut den Bildern genau da, wo der Haspelkuebel hoch kommt und hochgewuchtet werden muss. 2 Mann halten dann den Haspel und der dritte (und 4.?) tritt hinzu um den kübel nach oben zu heben oder auszuschütten. Stell ich mir das richtig vor?
Falafel
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

Als Arbeitsort für einen Bergmann halte ich es für unwahrscheinlich. Die Vorstellung, daß Jan sich da rein quetscht ...... :D . Selbst wenn's gelingt (siehe unterstes Bild) ist die Haltung so ungemütlich, daß man nicht sinnvoll arbeiten kann bzw. keine wirkungsvolle Kraftübertragung möglich ist.
Also wohl eher ein Platz um bei bestimmten Handgriffen besser "ausholen" zu können.
Noch ein paar Bemerkungen zum Haspeln: Die meisten Schächte der Frühneuzeit sind in mehreren Teilschächten abgesetzt. Es gibt nur recht selten Schächte, die keine Fortsetzung nach oben haben. Deshalb ist das Umfüllen aus dem Haspelgefäß in einen Hunt / Schubkarren kaum anzunehmen. Die Fördergefäße (in Freiberg meist Kübel, im Erzgebirge meist Ledersäcke - Q.: AGRICOLA) dürften also direkt von einem Hasel zum nächsten (oft nur wenige Meter) geschleppt oder geschleift worden sein. Neben den Kaspelknechten sind keine weitern (Förder-)Knechte anzunehmen - den Weitertransport haben die Haspelknechte selber bewerkstelligt, da sich die Haspeln relativ einfach mit einem Stock o. Ä. arretieren lassen um das Fördergefäß abzuhängen. Bei tonnlägigen Schächten war derHaspel oft sogar so geschickt gebaut, daß das Gefäß von alleine ausgeschwenkt ist und nur abgesetzt werden mußte.
Es handelt sich bei den Nischen also wohl um eine eher "zufällige" zweckgebundene Einrichtung. Daß diese Nischen speziell für einen Zeitraum oder Haspeltyp sind glaube ich nicht. Das Vorkommen auch in größeren Hornstätten würde sich so erklären, daß selbige später erweitert wurden und die Nische damit funktionslos wurde.

Glück Auf!
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Nobi
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Re: Nischen

Beitrag von Nobi »

also die niesche im marienberger revier würde ich auf alle fälle in die erste auffahrungsperiode der grube mit reinnehmen, also um/vor 1600 (kurz nach 1600 wurde die grube ja damals aufgegeben). den haspelstandort würde ich dort schon in das hangende legen, obwohl unterhalb der niesche sehr schön die aussparungen für die haspel rausgeschlägelt wurden.

kann irgendwie ein zusammenhang zwischen der niesche und einem gefluder bestehen? ich meine, dass die niesche wie ein gequelle fungiert hat, indem man dort die mit der haspel gehobenen wässer reingeschüttet hat und diese dann in den gefluder gelaufen sind? dann hätte man sie aber auch andersherum raushauen können ... :roll:
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Re: Nischen

Beitrag von alterbergbau.de »

Da sind wir wieder beim auskippen Nobi :) Also eine Zweckmäßige Nische zum Auskippen. Ich hab hier ein altes Schaubild gefunden. Leider hat der Verfasser keine Quellenangabe. Darauf wird das HAspelgefäß ausgekippt und von einem anderen dann mit Kratze und Erztrog wieder aufgenommen und in den daneben stehenden Hunt verladen. Auf dem Schaubild steht der Haspelschacht quer zur Fahrtstrecke (als einziger auf dem Bild), damit Platz zum ausladen ist. Das Bild zeigt also sehr anschaulich warum dort die Nische sein muss.
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Roby
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Re: Nischen

Beitrag von Roby »

Hallo,

da die Nischen alle oben einen Radius haben, könnte die untere ebene Fläche z.B. als Anschlag für einen Balken / Brett gedient haben, der im gleichen Radius von oben in die Nische fährt (90° zum Stoß).
Der "Balken" könnte zum arretieren der Haspel verwendet worden sein. Ein Zusammenhang mit einer Kippvorrichtung würde mir auch logisch erscheinen.

Gibt es auch Nischen, die schmäler sind ? (z.B. 20-25cm)


Glück auf!
Roby
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hungerlieb
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Re: Nischen

Beitrag von hungerlieb »

@ fahrsteiger:
Um vom "Gleis" zu kommen brauchte man sie eher nicht, denn in der Zeit als sie geschaffen wurden kamen nur Spurnagelhunte oder Laufkarren. Diesen konnte man auch so ausweichen, da sie langsam waren. Beim Briccius ist der Stolln 6m nach der Hornstatt vor Ort, also auch das spricht dagegen. Wenn du dir Bild 1 anschaust und dir den Rundbaum mit Seil und Haspelhorn auf den 2 Trägern vorstellst, wirst du sicher einsehen, dass der Haspelknecht nicht genau gegenüber stehen kann. Er stand am rechten vorderen Bildrand. Seine Nische ist leider nicht mit auf dem Bild.

@ altbergbau.de:
Es handelt sich um Schächte bei denen man davon ausgehen kann, dass die verfügbaren Seilqualitäten keine Fördergefäße zulassen deren Gewicht 2 Mann benötigt, auch die schätzungsweiße anfallende Fördermenge spricht dagegen.
D.h. wenn das Material (Erz oder taubes Gestein) nicht wie von Stephan beschrieben den nächsten Schacht hinauf muss, dann nahm man ganz einfach den Eimer oder den Ledersack, wenn er oben angekommen war und kippte ihn in den Spurnagelhunt/Laufkarren.
Die Förderung zusätzlich zu brechen und das Gefäß auszukippen um das Material erneut zu sacken, ist ökonomisch gesehen eher absurd.
Wenn ich morgen Zeit habe suche ich mal nen geeignetes Bild mit einer neuzeitlichen und einer historischen Ansicht der Situation in der Hornstatt. Die von dir beschriebene erscheint mir trotzdem unnachvollziehbar.

@ Nobi:
Deine Wassertheorie hatten wir auch schon besprochen und als abwegig eingeschätzt, da das Wasser eigentliche auch gleich in den Gefluter oder bergauswärts gekippt werden kann. Zumal im B. das Gesenk höher als die Sohle ist - siehe Bild - und somit das Wasser so oder so nicht zurück fließen könnte.

@ Robby - schmälere sind mir nicht bekannt nur die aufgezählten.

Mfg hungerlieb
Glück Auf!
Sven
alterbergbau.de

Re: Nischen

Beitrag von alterbergbau.de »

ok. mal angenommen es war kein Kübel, sondern eine art kasten, der ähnlich den deutschen hunten hier im Pott im Gesenk hochgeghaspelt wurde, um dann in der Strecke weitergefahren zu werden. Dann musst Du diesen Hunt aber rausziehen und dann quasi rangieren.

Also gerade rausziehen und dann drehen und dann bräuchte man die Nische zum rangieren?

Was sind denn für Gefäße überliefert?

ähnlich diesem?

Bild
(aus dem Befahrerhandbuch)
Zuletzt geändert von alterbergbau.de am So. 22. Aug 10 13:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Roby
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Re: Nischen

Beitrag von Roby »

Im Wolkensteiner Revier ist mir schon mal so eine ähnliche Nische aufgefallen. Sie befindet sich aber nicht unmittelbar über der Sohle und ist ca. 35 x 70 cm groß (kann man im Bild leider schlecht erkennen). Genau gegenüber von einem abgesoffenen Gesenk. Obwohl sie etwas anders ist, dürfte sie wohl den gleichen Zweck wie die größeren gehabt haben.


Nachtrag: Diese Nische liegt zwar gegenüber einem Gesenk, hat aber mit den anderen nichts zu tun und einen eigenen bisher unbekannten Sinn.
Dateianhänge
ubs2.JPG
ubs2.JPG (92.91 KiB) 18989 mal betrachtet
Zuletzt geändert von Roby am Mi. 15. Okt 08 21:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Falafel
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

@alterbergbau: betr. Fördergefäße bitte meinen Beitrag oben lesen. Bei Deiner Skizze steht der Haspelknecht auf der falschen Seite.

Glück Auf!
Stephan
Falafel
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

Mal eine ganz andere Idee: Wenn die Alten einen Schacht geteuft haben, werden sie sicherlich nicht als erstes den Haspel gestellt haben, sondern die ersten 5 oder 10 m Förderung nur mit der Hand bewältigt haben; also das Fördergefäß direkt am Seil gezogen. Könnte damit die Nische zusammenhängen? Das würde erklären, daß sie direkt mittig vor dem Schacht ist.
Ich habe übrigens in FG ein Beispiel für handgezogene Förderung aus dem 14. Jh.; hier stand der Förderknecht aber quer zum Streichen des Ganges. Da der Schacht fast saiger ist war das technologisch möglich. Dadurch war keine Nische notwendig. Aber man sieht noch heute, wie schön die Schachtkante rund geschliffen ist.

GlückAuf!
Stephan
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Re: Nischen

Beitrag von alterbergbau.de »

Dann kommt auch das Wasserziehen wieder ins Spiel. Aber Du sagst doch selber, dass eure Seile nix aushalten.
Falafel
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

Wer sagt wo und wann etwas über die Qualität der Seile? :gruebel: Da drüber (zumindest in diesem Zeitraum) gibt's meines Wissens nach keine Untersuchungen.
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Re: Nischen

Beitrag von hungerlieb »

@ Altbergbau
Ich (hungerlieb-Sven Schreiter - nicht Falafel-Stephan A.) wollte mit der Aussage über die Seilqualitäten bloß verdeutlichen, dass man mit einer Haspel deren schwächste Teile gerade mal knapp über 1 Zoll stark sind, wahrscheinlich nicht ein Fördergefäß verwendete, welches gefüllt über 50kg wiegt und dementsprechend auch keine weiteren Knechte erforderlich sind um es wegzunehmen, auszukippenes usw., zumal die Abmaße der Hornstatt auch gegen einen großen Kübel sprechen!

@ Falafel
Diese Therorie klingt wirklich interessant, wir haben auf den ersten metern auch keine Haspel verwendet und Platz brauch man ohne fast mehr als mit, da man sich automatisch rel. breitbeinig hinstellen muss.

Mfg
Sven
Glück Auf!
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Re: Nischen

Beitrag von alterbergbau.de »

Es handelt sich um Schächte bei denen man davon ausgehen kann, dass die verfügbaren Seilqualitäten keine Fördergefäße zulassen deren Gewicht 2 Mann benötigt, auch die schätzungsweiße anfallende Fördermenge spricht dagegen.
oben auf den fotos sind nur in einem fall tatsächlich reste der haspeleinrichtung zu sehen.

Im Agricola steht, das man 3 von den Ledersäcken aufeinmal rausgehaspelt hat. Und zwar im Revier Freiberg.
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Fahrsteiger
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Re: Nischen

Beitrag von Fahrsteiger »

Irgendwie scheint hier die einiges ganz kräftig durcheinander geworfen zu werden.
Der eine spricht von zu dünnen Seilen, der andere von 1" Brettern und dann wiederum von 50kg Fördergefäßen. Die Haspelseile und der Aufbau der Häspel war für Teufen von gut 50m ausgelegt. Das Gewicht der beladenen Fördergefäße betrug oft über 200kg.
Hier scheint kaum jemand zu wissen, wie schwer Mineralien sind.
Als Beispiel bei einem 60l Gefäß ( 30x40x50), vergleichbar mit einem Sack:
> Kohle 70kg
> Schiefer 150 kg
> Feldspat 140 kg
> Metallerze mehr als 200kg

Noch einmal, der Rest der Lagerstätte und die Grubenbaue geben Hinweise auf das Geschaffene!
Glück Auf
Horst
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

Ich bin sogar mal ganz frech und stelle mal die These (bitte: wirklich nur eine These!) auf, daß der Haspel u. U. erst nach Fertigstellung des Schachtes gestellt wurde. Begründung: Ein Häuer schafft bei S&E-Arbeit durchschnittlich mal als Richtwert 85000 qcm pro Schicht. Das entspricht etwa 8,5 normale Eimer - und die sind auch mit Hand schnell gezogen. Es ist also möglich, daß das Stellen eines Haspels sich erst lohnte, wenn vom Gesenk aus weitere Strecken bzw. Abbaue aufgefahren wurden.
Eine weitere Idee: Wenn ich diese Arbeit machen müßte, würde ich irgendwie eine Spreize über dem Schacht befestigen, über die ich das Seil umlenken könnte. Die zusätzliche Seilreibung kann man bei täglich 8 Eimern wahrscheinlich in Kauf nehmen. Also in Zukunft bei derartigen Hornstätten mal auf entsprechende Pfalze o. ä. achten!

Glück Auf!
Stephan
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

@Fahrsteiger: In Sachsen beträgt die Förderlänge bei Handhaspeln in der Frühneuzeit max. 40m. In der Praxis oft nur 15 - 20m. Die Fördergefäße wurden sicherlich nicht immer in ihrem Volumen ausgereitzt. Wie Du schon schreibst - dann wären wir schnell bei 200 kg, und die bewegt niemand mehr in der Horizontalen. Aber der Horizontaltransport mit den Fördergefäßen fand definitiv statt. Ich habe genügend Befunde, bei denen es wirklich nicht anders ging.

Glück Auf!
Stephan
Falafel
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

Noch ein Nachtrag: Es gibt genügend Nachbauten von Haspeln in Besucherbergwerken. Versucht doch mal mit einem durchschnittlichen zweimännischen (vom einmännischen wollen wir mal gar nicht reden) Haspel ein 200 kg - Gefäß zu ziehen. Ich schaff es nicht!
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Re: Nischen

Beitrag von Fahrsteiger »

Im Steinkohlenbergbau lagen die beladenen Fördergefäße bei gut 100kg. Ich habe mehrere dieser Gefäße nachbauen lassen, ebenso einen zweimännischen Haspel ( Fotos folgen ). Maße sind in den Unterlagen überall nachlesbar, ebenso die verwendeten Materialien.

Glück Auf
Horst
Dem Bergbau verschworen. Im Bergbau geschafft. Zum Bergmann erkoren mit stählerner Kraft.
Falafel
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Re: Nischen

Beitrag von Falafel »

@Horst: Da können wir dann wirklich mal vergleichen! Ich habe einige Unterlagen bzw. Befunde der Frühneuzeit (und um die geht es ja hier vor allem)
hungerlieb
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Re: Nischen

Beitrag von hungerlieb »

alterbergbau.de hat geschrieben:
oben auf den fotos sind nur in einem fall tatsächlich reste der haspeleinrichtung zu sehen.
Und du denkst ich will euch einen Bären aufbinden, wenn ich sage, dass in allen Fällen eine Handhaspel gestanden hat? Ich wiederhole mich, wenn ich schreibe dass im Fall Briccius Haspelreste gefunden wurden.
alterbergbau.de hat geschrieben:
Im Agricola steht, das man 3 von den Ledersäcken aufeinmal rausgehaspelt hat. Und zwar im Revier Freiberg.

Ja, im Acricola sind auch Kehrräder beschrieben, welche noch größere Fördergefäße mit großen Fördermengen heben konnten. Darum geht es hier aber nicht. Wenn die Angaben des Fragenden prinzipiell in Frage gestellt werden, kommen wir nicht wirklich voran. Ich streite mich auch bestimmt nicht rum, aber wenn ich sage für die Gruben kommen keine 200m Seile und 500kg Fördergefäße in Frage könnt ihr mir schon glauben, ich will ja zu einem Ergebnis kommen.
Du fragtest nach überlieferten Gefäßen, Stefan antwortete und du zweifelst es immer wieder an - in meinen Augen dekonstruktiv.
Ich stelle auch keine Wilden Thesen über die Kohle auf und gebe immer Wiederwort, ohne je in betroffene Gruben gewesen zu sein. Bitte konstruktiv diskutieren und lieber mal ne Frage mehr stellen.
Fahrsteiger hat geschrieben:Irgendwie scheint hier die einiges ganz kräftig durcheinander geworfen zu werden.
Der eine spricht von zu dünnen Seilen, der andere von 1" Brettern und dann wiederum von 50kg Fördergefäßen. Die Haspelseile und der Aufbau der Häspel war für Teufen von gut 50m ausgelegt. Das Gewicht der beladenen Fördergefäße betrug oft über 200kg.
Hier scheint kaum jemand zu wissen, wie schwer Mineralien sind.
Als Beispiel bei einem 60l Gefäß ( 30x40x50), vergleichbar mit einem Sack:
> Kohle 70kg
> Schiefer 150 kg
> Feldspat 140 kg
> Metallerze mehr als 200kg

Noch einmal, der Rest der Lagerstätte und die Grubenbaue geben Hinweise auf das Geschaffene!
Glück Auf
Horst
Die Hinweise über die restlichen Grubenbaue habe ich mir eben erspart, da ich auf das Vertrauen der anderen Forenteilnehmer gebaut habe.
Wie gesagt, in den betreffenden Gesenken wurde Silber- und max. noch Arsenerze gefördert. Aber eben, wie Stefan sagt, rel. geringe Mengen, so dass die Benutzung von sehr großen Fördergefäßen keinen Sinn macht.

Am Beispiel des Briccius - ganz kurz: es lag Spurnagelbahn, alle mir bekannten, gefundenen Spurnagelhunte, sind vom Volumen unter 150l, also mit 7 Eimern zu je 20l gefüllt.
Wenn ich nicht genau in jener Grube schon genau jene Arbeiten durchgeführt hätte, wir uns über den Hunt, die Haspel, die Förderung usw. den Kopf zerbrochen hätten, würde ich mich nicht so wehement gegen die Theorie des großen Fördergefäßes wehren.

Stefans Theorie scheint mir im Augenblick am plausibelsten.
Das die Ausbuchtung nur für das bessere Auskippen von großen Fördergefäßen diente, scheint mir abwegig.

Mfg Sven
Glück Auf!
Sven
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Nobi
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Re: Nischen

Beitrag von Nobi »

ja, stephans theorie hat was.
ich versuche die mal weiterzuspinnen und gehe mal davon aus, dass die haspel stand. wenn ich zwischen den haspelböcken also eine spreize/ eine pfoste einbringe, so könnte diese unabhängig von dem geruckel der haspel bei der förderung sein. jetzt die frage: wozu wäre sowas sinnvoll (befestigung von ???) und gab es erkennbare widerlager gegenüber der niesche?
GLÜCK AUF | NOBI

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Fahrsteiger
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Re: Nischen

Beitrag von Fahrsteiger »

Sven,
ich stelle nichts in Frage. Wenn man versucht, irgendetwas zu deuten oder zu erklären, sollte man wie ein Bergmann der damaligen Zeit mit all seinen " primitiven " Hilfsmitteln denken. Gerade wegen der räumlichen Enge und der Schwere der Arbeit waren unsere Vorfahren erfinderisch. Man hat Arbeiten aus Unkenntnis der Lagerstätte sicher umsonst gemacht > auch wir sind beim Aufwältigen unserer Grube schon in die " verkehrte " Richtung marschiert, aber keine der Arbeiten wurde als Zeitvertrieb oder Spassfaktor ausgeführt.
Ich spreche auch nicht von " großen " Fördergefäßen, sonder vom Standard zwisch 20 und 60l.
Du sprichst von 500kg - Fördergefäßen, das sind gerade einmal Gefäße mit einem Inhalt von weniger als 200l, also ein heutiges normales Öl- oder Chemikalienfaß.
Die großen Kehrräder wurden meistens mit Ketten betrieben. Die schlechteste aller Lösungen ( Reissfaktor durch das Eigengewicht, gilt auch für Stahlseile ).
Anbei ein typischer zweimännischer Handhaspel des Ruhrgebietes für einen zweitrümmigen Schacht.
Glück Auf
Horst
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Re: Nischen

Beitrag von Andi-P »

ich (als Jugendlicher) finde es ja immer wieder lustig, wie ihr (erwachsene) euch wegen einer wirklich interessanten bergbauwissenschaftlichen diskussion so "in die haare" bekommen könnt...
Glück Auf,
Andi
hungerlieb
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Re: Nischen

Beitrag von hungerlieb »

Als erstes schließe ich mich der Bitte von Stefan an: Admin bitte alles irreführende löschen.

Zweitens: Möchte ich bei diesem Thema irgendwann zu einem Ergebinis kommen und bitte alle Teilnehmer zur sachlichen Disskusion, für alles andere gibt es den Füllort.
Drittens:
@ altbergbau: Ich habe diesen Beitrag gerade deshalb ins öffentliche Forum gestellt, weil ich auch die Meinung von revierfremden Personen hören möchte.
Deine Ideen habe ich mir aufmerksam durchgelesen, nur ist es mir zu müselig, dir meine Grundannahmen bis aufs letzte zu belegen, wenn du mit diesen nicht leben kannst ist es dein Bier.
Auf deutsch: kommste nächstes Jahr mal vorbei, schaust dir die Sache an und du wirst mich verstehen, andere haben dies auch ohne Ortskenntnis geschafft.
Wenn du dich falsch behandelt fühlst, schreib dies doch, aber ohne selbst jemanden anderes anzugreifen. Ich wollte dich nur von deinem Irrglaube wegbringen.

@ andi p - Danke

@ Fahrsteiger:
Fahrsteiger hat geschrieben:Sven,
ich stelle nichts in Frage. Wenn man versucht, irgendetwas zu deuten oder zu erklären, sollte man wie ein Bergmann der damaligen Zeit mit all seinen " primitiven " Hilfsmitteln denken. Gerade wegen der räumlichen Enge und der Schwere der Arbeit waren unsere Vorfahren erfinderisch. Man hat Arbeiten aus Unkenntnis der Lagerstätte sicher umsonst gemacht > auch wir sind beim Aufwältigen unserer Grube schon in die " verkehrte " Richtung marschiert, aber keine der Arbeiten wurde als Zeitvertrieb oder Spassfaktor ausgeführt. Du sprichst von 500kg - Fördergefäßen, das sind gerade einmal Gefäße mit einem Inhalt von weniger als 200l, also ein heutiges normales Öl- oder Chemikalienfaß.
Habe ich von Spass als Ursache gesprochen, nein, ich habe nur angezweifelt, dass die Größe der Fördergefäße ausschlaggebend war, für die Existenz der Nischen. Eben wegen der räumlichen Enge, können es keine 60l gefäße gewesen sein! Es waren 30l max. bei diesen kleinen Schächten, nach einem praktischen Versuch würdest du mir sicher recht geben (aber glaube ist halt nicht so einfach, vorallem gegenüber der Jugend, welche UT noch kein Geld verdient hat, sondern nur ehrenamtlich arbeitet, keinen Dipl Ing. hat...).
Fahrsteiger hat geschrieben:Die großen Kehrräder wurden meistens mit Ketten betrieben. Die schlechteste aller Lösungen ( Reissfaktor durch das Eigengewicht, gilt auch für Stahlseile ).
Mit diesem Beispiel wollte ich altbergbau doch blos klar machen das die allg. Erwähnung nicht bedeutet, dass es überall so und nicht anders war. In diesem Fall hast du mich bestimmt mißverstanden.
Als beleg mal ne Skizze vom Balthasar als Anhang, welche ebenfalls in betreffende Zeit passt, nämlich vor 1700. Nur ein ganz normaler kleiner Eimer. Den man zum Nächsten Schacht schaffen musste (Markierung und dies konnte eben auch weiter weg sein, wie Stefan schon beschrieb) oder eben wie ich es dir in dem einen Beispiel durch Logig belegen kann, das Material auf kleine Spurnagelhunte verladen wurde!

Falk M. ist mit Kohlebergbau und dem Erzgebirgischen Altbergbau um den es geht vertraut, ihn würdet ihr sicherlich eher noch glauben als mir, Falk deine Meinung?
Es kann sich natürlich auch ein anderer neutraler User äußern.

hoffnungsvoll
Sven
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Zuletzt geändert von hungerlieb am Fr. 28. Dez 07 9:57, insgesamt 1-mal geändert.
Glück Auf!
Sven
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Re: Nischen

Beitrag von Falk Meyer »

Hallo werte Forengemeinde,

auch diese Nieschen geben Rätsel auf.

Ich hab mir jetzt zügig die vorangegangene Diskussion durchgelesen.

@Fahrsteiger: im erzg. Altbergbau wurden keinesfalls derart große Fördergefäße verwendet. Bei den Platzverhältnissen kannst du keine 200 kg schweren Eimer hochziehen...

Die richtig Alten Schächte hatten eine Teufe von 20-40 m, eher aber 20m. Ich habe mehrmals Befahrungen im erzg. Altbergbau erlebt, bei denen wir Schächte (so um 1600) hochgeklettert sind, die sogar nur 5-10 m Teufe einbrachten. Ich weis, was im Agricola steht. Im Freiberger Revier mag das auch zutreffen. Man muss hier aber immer auch die jeweiligen Platzverhältnisse in den Gruben betrachten.

Diese Nieschen sind mir und anderen Befahrern aus dem Forum nicht fremd. Ich glaub jedes 2. Gesenk hat so eine Niesche. Dies lässt auf einen wichtigen und häufigen Verwendungszweck schließen.

Wenn diese Nieschen nicht so groß wären und die Höhe nicht so differieren würde, würde ich meinen, dass eine Art Aufbau (Tragwerk) darin verkeilt wurde.

Auf der Abbildung von Agricola meine ich weiter zu sehen, dass die Bergleute sitzen. Ebenso steht die Haspel nicht auf der Sohle, sondern auf einem Gerüst am Schachtrand.
Hat sich mal jemand die gegenüberliegenden Seite des Schachtes /Gesenkes angesehen? Vielleicht finden sich auch dort Bühnenlöcher.

Eine Vorrichtung, die auf eine Wasserhaltung schließen lässt, halte ich für unwahrscheinlich. Ebenso für ein Gefluder oder Gequelle.

Die Theorie von Falafel ist interessant. Beim anfänglichen Schachtteufen stellt man keine Haspel. Die versperrt den Platz. Wann stellt man eigentlich eine Haspel. Ab welcher Teufe wird es schwierig allein mit der Hand, ohne Hilfsmittel zu fördern? Vielleicht dienten eben diese Nieschen am Anfang der Schachtteufe als Befestigung für ein Gerüst über dem Schacht?

Das sind vorläufig ein paar Gedanken. Ich bin heute bei der Maja. Wir werden bestimmt darüber sprechen.
Mein Erzgebirge,
hoch über dunklen Schächten lauscht deiner Halden wilde Einsamkeit.
Still raunen sie von guten Himmelsmächten,
von Berggeschrei aus längst vergangener Zeit.

Edwin Bauersachs

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Re: Nischen

Beitrag von Fahrsteiger »

Wenn ihr euch einmal mein Foto vom nachgebauten Haspel anseht, dann seht ihr Übereinstimmung zur obigen Zeichnung. Die Größe ist entsprechend, das Fördergefäß ( etwa 60l ) passt und auch der Haspel ist auf einem Gestell.
Der Transport im Ruhrrevier zum Haspel hin wurde erst mit Schlitten, später mit schienengebundenen Wagen durchgeführt. Der Transportweg sollte laut Freiherrn vom Stein dabei auf max. 100m begrenzt sein um noch einigermaßen effektiv arbeiten zu können.
@Sven,
ich finde es toll, dass es immer wieder junge Leute gibt, die den alten Bergbau nicht in Vergessenheit geraten lassen wollen. Wir haben damit ein Problem, in unserer Gegend, dem Ruhrpott fehlen die " jungen ".
Viele Bergwerke an der Ruhr > ab 1700 aufwärts wurden mit Bergleuten aus dem Erzgebirge betrieben. Der einzige, in unserem Bergwerk tödlich verunglückte Bergmann war Johan Gottlieb Schwarz, 28 Jahre aus Sachsen. Der Unfall geschah am 1.12.1752.
Glück Auf
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