Kohle ist nicht "tot"

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Fahrsteiger
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Kohle ist nicht "tot"

Beitrag von Fahrsteiger »

Ein lesenswerter Artikel aus der Forbes vom 23. Januar 2019 über die Kohle
Der Autor Jude Clemente ist Direktor der JTC Energy Research Associates LLC
Kohle ist nicht tot – China beweist es
Chinas Abkehr von der Kohle geht annähernd nicht so schnell wie manche es behaupten. Die Wirklichkeit zeigt, dass Kohle bei weitem nicht „tot“ ist, wie Kohlegegner behaupten.
China fördert 46 % der Kohle weltweit und verbraucht 51 % der gesamten Weltförderung. Bei der Nachfrage verwechseln viele den entscheidenden Unterschied zwischen „langsamerem Wachstum“ oder „sehr starkem Auftrieb“ gegenüber „schrumpfen“ oder „rückläufig“. Ähnlich wie die Nachfrage nach Öl in den USA stimmt der Kohleverbrauch in China mit den ersten beiden Begriffe überein. Zwar könnte man sagen, dass die chinesische Kohlenachfrage seit Jahren relativ gering ist, hat im absoluten Sinne jedoch nicht abgenommen. Die Kohleförderung lag mit 5,2 % (3,55 Mrd. t) höher als 2017 und hat damit den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht. Das Land hat 2018 neue Tagebaue und Bergwerke in Förderung genommen und die Förderung hochgefahren. Wegen Verknappung der inländischen Gasversorgung wurde das Verbot von Kohleheizungen wieder gelockert. 2018 wurden für 5,91 Mrd. Euro neue Tagebaue und Bergwerke genehmigt. Die Kohleimporte stiegen 2018 um 9 %.
2019 könnte Chinas Plan, die Wirtschaft mit neuen Fördermaßnahmen in Schwung zu bringen, zu einem weiteren Anstieg des Kohleverbrauchs führen. 60 % der Energieversorgung und 65 % der gesamten Elektrizität werden aus Kohle erzeugt.
Wenn man nach vorne schaut und die vergangenen Boomjahre nicht betrachtet, besteht in China noch ein erhebliches Potential nach mehr Kohle.
Carbon Brief berichtete, dass China die Kohlekraftwerksleistung um 210.000 MW oder 25 % erhöht hat. Die gute Nachricht: Diese Anlagen sind überkritisch oder sogar ultra-überkritisch, sind dadurch effizienter durch weniger Kohleverbrauch.
Die Liste der nachgewiesenen falschen Vorhersagen durch Forschungsorganisationen, führenden Universitäten und Umweltgruppen vom Erreichen der Spitze des Kohleverbrauchs liest sich wie eine Sammlung von Who is Who in den Nachrichten.
Obwohl die Förderung von Kohle nur geringfügig gestiegen ist, ist die Energieerzeugung aus Kohle in den letzten Jahren um 6 % gestiegen – ein starker Anstieg für ein Land, in dem 100 % der Bevölkerung Zugang zu Strom hat und der Pro-Kopf-Verbrauch in etwa dem der EU entspricht.
China erzeugt 47 % des weltweiten Kohlestroms. 2010 waren es 37 %.
China steht im Mittelpunkt eines weiteren Themas, das sich leise für diejenigen abzeichnet, die „die“ Welt Kohlefrei machen wollen.
Das Institut für Energiewirtschaft und Finanzanalyse berichtet, dass Chinas Finanzinstitute aktuell 32,6 Mrd. Euro für Kohlekraftwerksprojekte außerhalb des Landes zur Verfügung stellen. Diese Summe ist für Projekte mit zusammen 102.000 MW (102 GW) vor allem in Pakistan, Südafrika, Bangladesch und Vietnam.
Während die Nachfrage nach Kohle in China sehr hoch bleiben wird, wird dennoch versucht, mehr Erdgas, Atomkraft und erneuerbare Energien einzusetzen. Dies gibt den chinesischen Unternehmen mehr Anreiz, Projekte in anderen Länder zu suchen. Dies ist Teil des Entwicklungsmodells „Finanzierung und Bau von Straßen, Eisenbahnen, Brücken, Häfen und Industrieparks im Ausland“. Ein riesiger Infrastrukturausbau der nicht nur Kraftwerkskohle benötigt, sondern auch Kokskohle für die Stahlerzeugung. Das ist ein sicherer Markt für Kohle.
Fast ein Viertel der Kohlekraftwerke, die China in anderen Länder finanziert, sind weniger effizient und dürfen in China selbst nicht mehr produzieren. Die Länder, in denen die Kohlekraftwerke gebaut werden haben niedriger Umweltstandart und suchen verzweifelt nach Investitionen jeglicher Art. Es ist widersprüchlich, dass es eines der wichtigsten Klimaprogramme Chinas war, ineffiziente, ältere Kohlekraftwerke durch hochmoderne Kohlekraftwerke zu ersetzen. Das Ziel vieler ärmerer Nationen ist es jede Art von Stromerzeugung zu installieren sollte für jeden leicht zu verstehen sein. Die deprimierende Menge globaler Energiearmut, vor allem an elektrischer Energie, wird vom reichen Westen weitgehend vergessen. Über 3,5 Mrd. Menschen, fast die Hälfte der Weltbevölkerung hat weniger als 10 % der elektrischen Energie zur Verfügung wie der privilegierte Amerikaner. Elektrizität ist das Fundament des modernen Lebens. Mit einem so geringen Zugang zu Strom zu leben, ist eine Verschärfung der katastrophalen Lage in den sich entwickelnden Ländern und inakzeptabel für die Führungskräfte dieser Länder. Egal was sie den Menschen dort sagen, die Zerstörungskraft durch das Wachsen der digitalen Kluft ist unberechenbar. Kohle macht Sinn für diese Länder: Kohle steht für 40 % des weltweiten Stroms, ist zuverlässig, kostengünstig und weit verbreitet.
Es ist nicht sicher, dass der Aufwärtstrend für Kohle unbegrenzt ist. Die Internationale Energieagentur geht nun davon aus, dass die weltweite Nachfrage nach Kohle zumindest bis 2023 stabil bleiben wird. Dies ist eigentlich ein Sieg für die Kohle, da die von fast 200 Ländern unterzeichneten Pariser Klimaschutzvereinbarungen 2015 eine Reduzierung des Kohleverbrauchs als Mittelpunkt hatten.
Aber die Wirklichkeit zeigt an der Geschichte Chinas, dass die Kohle bei weitem nicht so „tot“ ist, wie es ihre Gegner wollen!

Glückauf
Horst
Dem Bergbau verschworen. Im Bergbau geschafft. Zum Bergmann erkoren mit stählerner Kraft.
Uran
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Re: Kohle ist nicht "tot"

Beitrag von Uran »

:meister:
ich bi noch aaner ven altn Schlog, on bleib aa, wi ich bi.
MatthiasM
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Re: Kohle ist nicht "tot"

Beitrag von MatthiasM »

- langfristig als Ersatz fürs Erdöl (und die Abhängigkeiten von den Ölförderländern) -> u.a. Chemierohstoff
- für die Roheisenerzeugung ohne Diskussion alternativlos (Koks)

Die Verstromung von Kohle ist die am wenigsten sinnvolle Anwendung. Das Zeug ist zum Verbrennen eigentlich definitiv zu schade. Energiewende langfristig weg von allen nichtregenerativen Energien ist meiner Meinung nach kein Widerspruch zum Bergbau auf Kohle, ganz im Gegenteil.

GA Matthias
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Jörn
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Re: Kohle ist nicht "tot"

Beitrag von Jörn »

MatthiasM hat geschrieben: Sa. 26. Jan 19 22:04 - langfristig als Ersatz fürs Erdöl (und die Abhängigkeiten von den Ölförderländern) -> u.a. Chemierohstoff
- für die Roheisenerzeugung ohne Diskussion alternativlos (Koks)

Die Verstromung von Kohle ist die am wenigsten sinnvolle Anwendung. Das Zeug ist zum Verbrennen eigentlich definitiv zu schade. Energiewende langfristig weg von allen nichtregenerativen Energien ist meiner Meinung nach kein Widerspruch zum Bergbau auf Kohle, ganz im Gegenteil.
Die Sache mit der Verstromung unterschreibe ich sofort, aber dazu braucht es eine funktionierende Energiewende und keinen Eiertanz.
Ebenso sehe ich die Kohle langfristig als Grundstoff für das, was man heute als Petrochemie bezeichnet.

Was die Roheisenerzeugung angeht, gibt es allerdings Entwicklungen, von denen ich den der Direktreduktionsanlage am erfolgversprechenden: https://www.vdi-nachrichten.com/Gesells ... -verlassen

Glückauf

Jörn
"Das Bergamt braucht doch Wochen, bis es etwas genehmigt!"

Götz George in "Böse Wetter", 2015
Geomartin
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Re: Kohle ist nicht "tot"

Beitrag von Geomartin »

Im Norden Englands wurde von der oertlichen Verwaltung der Bau eines neuen Kohlebergwerkes genehmigt (es sind aber noch weitere Entscheidungen noetig). Die Woodhous Colliery soll ab November 2021 bis zu 3.1 Millionen Tonnen Kokskohle groesstenteils unter der Irischen See foerdern.

Es waere das erste neue Kohlebergwerk in England seit 30 Jahren und auch das Einzige nach der Schliessung der letzten aktiven Grube im letzten Jahr.

https://www.westcumbriamining.com/what- ... look-like/
https://www.mining.com/uks-first-new-de ... -approved/
MatthiasM
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Re: Kohle ist nicht "tot"

Beitrag von MatthiasM »

SInd die ganzen geschlossenen Bergwerke denn schon restlos ausgebeutet, bzw. wenn noch Kohle da wäre, inzwischen gründlich verwahrt und/oder unrettbar abgesoffen?
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