Hammerunterwiesenthal
Verfasst: Fr. 14. Aug 09 9:48
Unternehmen prüft Kalkabbau rund um Naturschutzgebiet
Hammerunterwiesenthaler Lagerstätten bieten großes Förderpotenzial - BUND-Geschäftsführer sieht seltene Arten gefährdet und erwägt Klage
Hammerunterwiesenthal. Die Geomin Erzgebirgische Kalkwaren GmbH prüft die Aufnahme des Kalkabbaus bei Hammerunterwiesenthal. Im Blick hat das Lengefelder Unternehmen das Gelände rund um den Kalkbruch. Der ist seit 2002 ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet, also ein durch die Europäische Union geschütztes Areal. Nach dem Ende der wirtschaftlichen Nutzung siedelten sich in dem ehemaligem Tagebau seltene Pflanzen und Tiere an. Dass diesen nun von Baggern und Radladern das Leben schwer gemacht werden könnte, schließt Geomin-Geschäftsführer Achim Stöck aus. "Es wird mit Sicherheit keinen Abbau im FFH-Gebiet geben. Es ist für unsere Aktivitäten nicht relevant", sagte er. Es gebe im Umfeld andere Lagerstätten, ein großer Teil unter Tage. "Die Erkundungen sind noch längst nicht abgeschlossen."
Bisher keine konkrete Planung
Ob es tatsächlich zu einem Abbau von Kalkstein bei Hammerunterwiesenthal kommt, ist aber unklar. Eine konkrete Planung oder eine Investitionsentscheidung existiere nicht. "Es stellt sich die Frage, inwieweit die Erschließung der Lagerstätten wirtschaftlichen Anforderungen genügt", erklärte Stöck. Das Potenzial schätzt er jedoch als sehr groß ein. Die Vorkommen seien deutlich umfangreicher als bei den bereits erschlossenen Standorten der Firma. Zum einen gewinnt Geomin in Lengefeld dolomitischen Marmor. Zum anderen wird in Hermsdorf kalzitischer Marmor gefördert. In Hammerunterwiesenthal gebe es eine Mischung aus beiden. Gerade das mache das Gebiet attraktiv. "Das Vorkommen ist in Deutschland einzigartig. Geomin steht in einem internationalen Wettbewerb. Falls die Möglichkeit der Nutzung entsteht, sollten wir als regionales Unternehmen profitieren und nicht ein Global-Player, dem es nur um die Rendite geht", so der Geschäftsführer. "Die Förderung würde die Entwicklung neuer Produkte ermöglichen." Genaueres könne er dazu aber noch nicht sagen.
Unklar ist auch, wie hoch die Erfolgsaussichten eines Antrages beim zuständigen Oberbergamt in Freiberg wären. Martin Herrmann, der die Abteilung für Zentrale Aufgaben und Altbergbau leitet, verweist darauf, dass es sich um Einzelfallprüfungen handelt. Unter anderem würden die Kommune und die Anwohner angehört. Im Falle eines Tagebaus komme eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinzu, so Herrmann. Über mehrere Jahre könne sich das Prozedere erstrecken.
"Notfalls durch alle Instanzen"
Ein Dorn im Auge sind die Überlegungen dem Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Sachsen, Wolfgang Riether. Der traut den Geomin-Aktivitäten nicht und befürchtet, dass das Unternehmen nicht nur die Umgebung, sondern auch den ehemaligen Tagebau im Visier hat. Riether sieht seltene Arten wie den bitteren Enzian gefährdet. "Die Kombination aus Kalk und Zerklüftung ist etwas Besonderes. Der Lebensraum muss unbedingt erhalten werden", sagte er. Daher wolle er vorsorglich das 21 Hektar große Gebiet zusätzlich durch deutsches Recht schützen lassen.
Beim zuständigen Landratsamt beantragte Riether die Ernennung des Kalkbruches zum Naturschutzgebiet. Bis zu drei Jahre dauert die Bearbeitung. Selbst wenn der Antrag genehmigt wird, ist das Gebiet aber nicht zu einhundert Prozent geschützt. Falls das öffentliche Interesse, Kalkstein zu fördern, höher eingeschätzt wird als der Umweltschutz, könnte eine Genehmigung möglich werden. "Sie hätte aber ein gerichtliches Nachspiel", so Riether. "Wir würden Klage einreichen und notfalls vor den Europäischen Gerichtshof ziehen."
Von Georg Müller
Erschienen am 13.08.2009
Quelle: Freie Presse http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/R ... 63010.html
Hammerunterwiesenthaler Lagerstätten bieten großes Förderpotenzial - BUND-Geschäftsführer sieht seltene Arten gefährdet und erwägt Klage
Hammerunterwiesenthal. Die Geomin Erzgebirgische Kalkwaren GmbH prüft die Aufnahme des Kalkabbaus bei Hammerunterwiesenthal. Im Blick hat das Lengefelder Unternehmen das Gelände rund um den Kalkbruch. Der ist seit 2002 ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet, also ein durch die Europäische Union geschütztes Areal. Nach dem Ende der wirtschaftlichen Nutzung siedelten sich in dem ehemaligem Tagebau seltene Pflanzen und Tiere an. Dass diesen nun von Baggern und Radladern das Leben schwer gemacht werden könnte, schließt Geomin-Geschäftsführer Achim Stöck aus. "Es wird mit Sicherheit keinen Abbau im FFH-Gebiet geben. Es ist für unsere Aktivitäten nicht relevant", sagte er. Es gebe im Umfeld andere Lagerstätten, ein großer Teil unter Tage. "Die Erkundungen sind noch längst nicht abgeschlossen."
Bisher keine konkrete Planung
Ob es tatsächlich zu einem Abbau von Kalkstein bei Hammerunterwiesenthal kommt, ist aber unklar. Eine konkrete Planung oder eine Investitionsentscheidung existiere nicht. "Es stellt sich die Frage, inwieweit die Erschließung der Lagerstätten wirtschaftlichen Anforderungen genügt", erklärte Stöck. Das Potenzial schätzt er jedoch als sehr groß ein. Die Vorkommen seien deutlich umfangreicher als bei den bereits erschlossenen Standorten der Firma. Zum einen gewinnt Geomin in Lengefeld dolomitischen Marmor. Zum anderen wird in Hermsdorf kalzitischer Marmor gefördert. In Hammerunterwiesenthal gebe es eine Mischung aus beiden. Gerade das mache das Gebiet attraktiv. "Das Vorkommen ist in Deutschland einzigartig. Geomin steht in einem internationalen Wettbewerb. Falls die Möglichkeit der Nutzung entsteht, sollten wir als regionales Unternehmen profitieren und nicht ein Global-Player, dem es nur um die Rendite geht", so der Geschäftsführer. "Die Förderung würde die Entwicklung neuer Produkte ermöglichen." Genaueres könne er dazu aber noch nicht sagen.
Unklar ist auch, wie hoch die Erfolgsaussichten eines Antrages beim zuständigen Oberbergamt in Freiberg wären. Martin Herrmann, der die Abteilung für Zentrale Aufgaben und Altbergbau leitet, verweist darauf, dass es sich um Einzelfallprüfungen handelt. Unter anderem würden die Kommune und die Anwohner angehört. Im Falle eines Tagebaus komme eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinzu, so Herrmann. Über mehrere Jahre könne sich das Prozedere erstrecken.
"Notfalls durch alle Instanzen"
Ein Dorn im Auge sind die Überlegungen dem Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Sachsen, Wolfgang Riether. Der traut den Geomin-Aktivitäten nicht und befürchtet, dass das Unternehmen nicht nur die Umgebung, sondern auch den ehemaligen Tagebau im Visier hat. Riether sieht seltene Arten wie den bitteren Enzian gefährdet. "Die Kombination aus Kalk und Zerklüftung ist etwas Besonderes. Der Lebensraum muss unbedingt erhalten werden", sagte er. Daher wolle er vorsorglich das 21 Hektar große Gebiet zusätzlich durch deutsches Recht schützen lassen.
Beim zuständigen Landratsamt beantragte Riether die Ernennung des Kalkbruches zum Naturschutzgebiet. Bis zu drei Jahre dauert die Bearbeitung. Selbst wenn der Antrag genehmigt wird, ist das Gebiet aber nicht zu einhundert Prozent geschützt. Falls das öffentliche Interesse, Kalkstein zu fördern, höher eingeschätzt wird als der Umweltschutz, könnte eine Genehmigung möglich werden. "Sie hätte aber ein gerichtliches Nachspiel", so Riether. "Wir würden Klage einreichen und notfalls vor den Europäischen Gerichtshof ziehen."
Von Georg Müller
Erschienen am 13.08.2009
Quelle: Freie Presse http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/R ... 63010.html