Früher Kupferbergbau in Westeuropa

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Nobi
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Früher Kupferbergbau in Westeuropa

Beitrag von Nobi »

5. Oktober 2005, Neue Zürcher Zeitung


Früher Kupferbergbau in Westeuropa

Spuren aus dem 4. Jahrtausend vor Christus in Italien

Dass im Osten Europas bereits früh Kupfer abgebaut wurde, ist bekannt. Nun haben Ausgrabungen in Ligurien in Norditalien gezeigt, dass offenbar auch im Westen der Kupferabbau älter ist als bisher angenommen. Auf welcher Route die Technologie in diese Teile des Kontinents gelangt ist, lässt sich vorläufig aber nicht schlüssig sagen.

Zwischen die beiden grossen prähistorischen Epochen Steinzeit und Bronzezeit (ab 2200 v. Chr.) schiebt sich die Phase der Kupferzeit. Sie gilt in Westeuropa nicht als eigenständige Epoche, sondern wird dem Ende der Steinzeit zugerechnet, weil die Verwendung dieses neuen Materials selten blieb. Der berühmteste Vertreter der Kupferzeit ist der Gletschermann Ötzi; er trug ein Kupferbeil bei sich, als er um 3300 v. Chr. in den Ostalpen unterwegs war. Erst die Bronze, eine Legierung aus Kupfer und Zinn, führte jedoch europaweit zu grossen kulturellen Umwälzungen.


Unterschiedliche Verfahren

In der Natur kommt Kupfer sowohl gediegen wie gebunden in verschiedenen Kupfermineralien vor; die beiden wichtigsten sind die oxidischen und die sulfidischen. Oxidische Kupfermineralien, wie beispielsweise Azurit und Malachit, entstehen dort, wo sulfidische Kupfermineralien an die Erdoberfläche treten und verwittern. Aus diesen Kupfererzen lässt sich relativ einfach, bei etwas mehr als 1000 Grad Celsius, metallisches Kupfer ausschmelzen. Sulfidische Kupfermineralien, beispielsweise Fahlerze, wie sie in den Ostalpen vorkommen, bedingen hingegen ausgeklügelte, mehrphasige Röstverfahren mit verschiedenen Zwischenprodukten und mit Temperaturen bis zu 1300 Grad Celsius.

Die bisher ältesten Spuren prähistorischen Bergbaus auf dem europäischen Kontinent wurden in Osteuropa, in Bulgarien, gefunden; der Kupferabbau datiert dort in die Mitte des 5. Jahrtausends zurück. Was Westeuropa betrifft, konnten nun neue Ausgrabungen in Norditalien am Monte Loreto in Ligurien Belege für einen Abbau von Kupfer erbringen, die gemäss den Radiokarbondatierungen aus der Zeit um 3500 v. Chr. stammen. Sie sind damit die ältesten in diesem Teil des Kontinents und rund ein Jahrtausend jünger als jene auf dem Balkan. Am Loreto arbeitet seit einigen Jahren ein internationales Team aus italienischen und britischen Archäologen. Sie erforschen vor allem zwei Fundorte: einen Werkplatz und einige von den prähistorischen Bergleuten ausgebeutete Felsspalten. Diese Schrunden enthielten sulfidische Erze (Chalcopyrite). Hier konnten die Archäologen auch Reste von Holzkohle sicherstellen. Der in einer Mulde angelegte Werkplatz dagegen war übersät mit abgenützten Steinhämmern sowie mit taubem Gestein in verschiedenen, sortierten Grössen. Möglicherweise wurden hier die erzhaltigen Brocken verlesen und vom gröbsten umgebenden Gestein befreit. Auch da fanden sich Brandspuren, eventuell vom Rösten des Erzes. Spuren von Schmelzen und Giessen von Kupfer konnten hingegen nicht nachgewiesen werden. In der Nähe des Monte Loreto gibt es zudem weitere Fundstellen aus der Kupferzeit: in Libiola eine Erzlagerstätte, im Val Frascarese einige Gräber mit Kupfergegenständen wie Nadeln und Dolche, und im Valle Lagorara wurde damals Jaspis, eine oft verwendete Steinart, abgebaut. Die Region war also in der Kupferzeit gut besiedelt.


Import aus dem Osten

Die bei den Ausgrabungen neu gewonnenen Radiokarbondaten ergeben Werte um die Mitte des 4. Jahrtausends. Es steht ausser Zweifel, dass die Kenntnisse des neuen Materials und seiner Verarbeitung aus dem Osten importiert wurden, über den genauen Weg aber, den dieser Technologietransfer genommen hat, sind sich die Forscher noch uneins. Den ältesten Kupferbergwerken in Bulgarien stehen die knapp 1000 Jahre jüngeren Fundorte Götschenberg und Brixelegg in den österreichischen Alpen gegenüber, wo Kupfer allerdings nur verarbeitet wurde und kein Abbau nachgewiesen werden konnte. Die Forscher schliessen dennoch nicht aus, dass der Bergbau vom Balkan aus nicht über die Adria, sondern auf einem Umweg über die Ostalpen nach Oberitalien gekommen ist.

Geneviève Lüscher

Quelle: Antiquity 79, 66-77 (2005).
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