Tscherpermesser

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georgagricola
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Tscherpermesser

Beitrag von georgagricola »

Ich bitte um Angaben von soliden Publikationen zum Tscherpermesser. Ich konnte eine an mich gerichtete Anfrage nicht so gründlich beantworten wie ich es sonst gewohnt bin.
Glück auf Konrad Wiedemann
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Nobi
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von Nobi »

Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen
von Heinrich Veith

Da steht ein wenig drinnen und weitere Verweise.
Eine direkte Publikation zum Thema kenne ich aber auch nicht.
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georgagricola
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von georgagricola »

Lieber Nobi,
vielen herzlichen Dank für die Erinnerung an Veith (und die anderen Bergbaulexika). Ich hatte mir schon früher zum digitalisierten Lexikon von Veith ein Lesezeichen gelegt. Ich habe den Artikel "Tzscherper..." gründlich durchgearbeitet und alle Quellenangaben überprüft. Die von Gätzschmann stimmte nicht, ich habe sie dann aber in meinem Bücherregal in Gätzschmanns "Lehre von den bergmännischen Gewinnungsarbeiten" an der zitierten Stelle gefunden.

Die Zweckbestimmung des Tscherpermessers war bei der erwähnten Anfrage an mich nicht das Problem. Das wurde als bekannt vorausgesetzt. Die nachgefragten Bilder hatte ich dann aus dem Internet heruntergeladen und dem Betreffenden zugeschickt. Ich konnte aber keine Aussage machen zu dem Material des Griffes und ob es regionale Unterschiede gibt. Vielleicht kommt von den Mitgliedern der GAG hierzu noch ein Literaturhinweis. In meinem Freundeskreis ist leider auch nur ein einziges Original vorhanden. Ich versuche schon seit Jahren eine gute Geleuchttasche ("Tscherpertasche"; früher Grubentasche oder Lichttasche genannt) als Ergänzung zu meiner Geleuchtsammlung zu erwerben, leider vergeblich. Ich bin für jedes gute Angebot sehr dankbar. Das Tscherpermesser oder die Tscherpermesser steckten in einer oder in zwei Scheiden neben der Geleuchttasche.

Auch die Geleuchttasche ist mir z.T. noch nicht klar. Sie enthielt neben dem Tscherpermesser noch das "Feuerzeug", d.h. Zunder oder Schwefelfäden, Feuersteine und Schlageisen. Ferner enthielt sie auch einen Ersatzdocht, Ersatzbrennstoff für das Geleucht und natürlich mit Sicherheit auch etwas Nahrhaftes ("ohne Mampf keinen Kampf"). Ob auch das Getränk in dieser Tasche war? Dazu war sie aber zu klein! Denn wieviel trinken wir untertage bei einer Schicht! Die Bergleute in unserem Gebiet (Kupferschieferbergbau im Richelsdorfer Gebirge) trugen das Rüböl in geschlossenen Tonkrüglein (aus Großalmerode) am Gürtel oder benutzten Ölhörner, die wie im Mansfelder Revier auch am Gürtel getragen wurden. Wie wurde aber in der Geleuchttasche der "Unschlitt" (= Talg), der ja zumindest im Harz bis zum Ende des 19. Jahrhunderts verwendet wurde, transportiert? Tonkrüglein sind sehr selten, Ölfläschlein (= ehemalige Medizinfläschlein) waren in den 1960er und 1970er Jahren noch häufiger. Ich kenne aber nur 3 unverschlossene Krüglein mit weiter Öffnung, die im alten Mann gefunden wurden und Unschlitt enthielten. Wie wurde nun der Unschlitt in der Geleuchttasche transportiert? Seit wann gab es die Geleuchttaschen?

Glück auf, Konrad Wiedemann
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Nobi
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von Nobi »

Hallo Konrad,

die Hefte der Tzscherpermesser für die Parade waren in Sachsen aus Bein/Horn. Aus einem Fund wissen wir, dass es UT scheinbar auch Tzscherpermesser mit Holzheft gegeben hat. Das Trinken hat der Bergmann in einem Krug/Flasche mitgenommen. Was er neben Feuerzeug und Rüböllfäschen noch in der Tasche hatte, da habe ich auch noch nichts gefunden.
Lutz Mitka alias "Ludewig" hat sich mit dem Thema im Rahmen des Bergkittelprojektes auch ein wenig beschäftigt und ggf. kann er noch etwas dazu beitragen.
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georgagricola
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von georgagricola »

Lieber Nobi,
herzlichen Dank für diese raschen Hinweise. Auch das Tscherpermesser eines Freundes hat einen Griff aus Bein. Es war aber kein Parademesser, da sowohl der Griff als auch die Klinge abgearbeitet sind.
Glück auf,
Konrad
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georgagricola
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Re: Zscherper

Beitrag von georgagricola »

Mittlerweile ist zu diesem Thema ein Aufsatz erschienen, der einen sehr sachkundigen und gründlichen Eindruck macht:
RIEDEL, Lothar: Der Zscherper. In: Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins. 109/110. 2016. S. 115-129. Dieser Aufsatz bringt einiges an Klarheit für die Geschichte des Zscherpers. Ungeklärt bleibt aber noch eine Frage nach dem Inhalt der Tasche, die nicht immer Zscherpertasche oder Lichttasche hieß, sondern Unschlitt-Tasche.

Warum hieß diese Tasche Unschlitt-Tasche? Wie wir auf den Bildern von Heinrich GROFF (La mine mode d'emploi. La rouge myne de sainct Nicolas de la croix. Faks. Paris: Gallimard 1992) sehen, teilte der Steiger aus einer Unschlitt-Truhe vor dem Huthaus an die einfahrenden Bergleute den Unschlitt aus. AGRICOLA schreibt am Ende des 4. Buches [= Kapitels] von De re metallica, daß der Steiger vor der Schicht den Unschlitt ausgibt und nach der Schicht den Rest des Unschlittes zurücknimmt. Hier steht auch "Aber auch die Grubenlamppen zeigen das Ende der Schicht an, wenn der Unschlitt fast ausgebrannt ist oder ganz ausgeht". Dies würde bedeuten, daß es nicht notwendig war, Reseveunschlitt in der Unschlitt-Tasche mitzunehmen, weil der Steiger genug Unschlitt für die ganze Schicht ausgab. Später, etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts, als die Lampen mit Rüböl betrieben wurden, war dies anders. Die Bergleute in Nordhessen trugen am Gürtel kleine Tonkrüge oder Ölhörner (dies letztere besonders im Mansfelder Land) mit sich, die Öl enthielten. Unschlittkrüglein gab es auch, sie sind aber nur ganz selten belegt. Auch ein Fall, in dem Unschlitt in Zeitungspapier eingepackt und in der Tasche verwahrt wurde, ist bekannt geworden. Des Rätsels Lösung könnte der Umstand sein, daß von Landschaft zu Landschaft verschieden, die Bergleute keine Lampen aus Ton oder später Eisen oder Licht von Kienspänen verwendeten, sondern wie die alten Bergbauhandbücher schreiben, Unschlitt-Kerzen (Talgkerzen) gebrauchten.

Seit dem Beginn dieses Themas habe ich einige Zscherpertaschen angeboten bekommen. Leider war keine einzige mehr original, sondern in unterschiedlichem Umfang ergänzt worden. Aber ich gebe die Hoffnung und die Suche nach einer guten Zscherpertasche nicht auf. Da ich mittlerweile mir die Zscherpermesser und den Pfriem ersteigen konnte, können (müssen aber nicht) dieser Tasche diese Gegenstände ruhig fehlen.
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markscheider
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von markscheider »

Ich habe hier keine Möglichkeit, den Aufsatz einzusehen. Gibt es dafür eine Möglichkeit?
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georgagricola
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von georgagricola »

Hallo Uwe,

die Stadtbibliothek Salzgitter ist an der Fernleihe angeschlossen. Bring einfach Deinen Personalausweis mit, melde Dich als Benutzer an (bei uns kostet das nichts) falls das noch nicht geschehen ist, und gib eine Fernleihbestellung auf. Das kostet bei uns 1,50 €.
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georgagricola
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Re: Tscherpermesser

Beitrag von georgagricola »

Kürzlich habe ich mir eine Zscherpertasche gekauft. Sie stammt aus dem Revier Ehrenfriedersdorf/Geier. Sie hat zwei kleine Messer und keinen Pfriem. Sie ist nach dem harten Grubenalltag normal gut erhalten. Ihr Alter ist nicht bekannt. Da sie schon die kleinen Messer hat, schätze ich das Alter auf circa 2. Hälfte des 18. Jhs bis Ende des 19. Jahrhunderts. In Anbetracht des rauen Grubenalltags dürfte das tatsächliche Alter eher bei "19. Jahrhundert" liegen.

Ich war über die Details überrascht. Ich hatte erst den Eindruck, daß es sich um ein mit Leder überzogenes Holzkästchen handelt. Aber ich wollte nicht die Bestandteile "auseinanderziehen". Mittlerweile gehe ich davon aus, daß die eigentliche Tasche (das Teil, das den Innenraum bildet) aus einem doppelten Leder ohne Holz besteht. Der Innenraum hat die lichte Weite von nur 15 x 8 x 3,5 cm, und ist mit einem Tuch ausgeschlagen. Was kann man in einem so kleinen Raum überhaupt verwahren? Meine kleinste Rübölflasche paßt gerade so hinein. Ich hatte vor Jahren in Erwartung eines solchen Kaufes mir das mutmaßliche "Innenleben" besorgt (Reservedocht, Feuerschläger, Feuerstein, Zunderschwämmchen) und in einem sehr kleinen Lederbeutel verwahrt. Nun erfahre ich, daß dieser kleine Beutel nicht in den Innenraum paßt. Statt in einem strapazierfähigen Lederbeutel können diese notwendigen Teile aus Platzgründen nur in einem Leinenbeutel untergebracht gewesen sein. Für Essen gab es keinen Platz mehr. Unverzichtbares Getränk und das Essen (ohne Mampf keinen Kampf) müssen separat transportiert worden sein. Auf einem Foto von Borrmann (Harz, um 1890) sieht man in der Lösestunde Flaschen, bei Groff (Elsaß, um 1550) sieht man während der Schicht einen Krug. Vor kurzem wurden in einem Stollen an entlegener Stelle im Hochgebirge bei Gastein neben dem Gezähe Reste eines hölzernen Kruges gefunden. Auf den Bildern bei Heuchler, Groff und Börner sieht man bei Ein- und Ausfahrt, bei der Hängebank und vor dem Mundloch bei den Bergleuten keinen weiteren Beutel für Getränk und Essen.
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