Tummelbau?

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markscheider
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Tummelbau?

Beitrag von markscheider »

In einer alten Publikation zum Braunkohlentiefbau („25 Jahre Carl Adolph Riebeck. 50 Jahre A. Riebeck'sche Montanwerke“, danke an den Grubenbefahrer für den Tip), wird als Vorläufer des üblichen Pfeilerbruchbaues der "Tummelbau" erwähnt, ohne daß auf dieses Verfahren näher eingegangen wird, von der Aussage, daß dieser höhere Abbauverluste als der Pfeilerbruchbau verursacht mal abgesehen.

Der Zeitraum erstreckt sich bis Ende des 19.Jh, so ist der "...Tummelbau erst 1891 durch den Abbau mit vollständiger Bruchzimmerung ersetzt worden."

Hat das schonmal jemand gehört und kann evtl. etwas dazu sagen? Mir schwebt eine Art Weitungsbau ohne großen Ausbau vor.
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Nobi
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Re: Tummelbau?

Beitrag von Nobi »

also hier (http://www.wisoveg.de/wisoveg/kr/kr-dig ... aenge.html) steht:

"Trotzdem stieg der Absatz der Braunkohle, und man erweiterte den Schachtbau zum Tummelbau (=Tunnelbau). Dabei wurden vom Schacht aus längere Strecken unter Tage in die Kohle hineingetrieben. Diese Strecken erweiterte man stellenweise muldenförmig durch Aushauen der Kohle zu sogenannten Kuhlen oder Tummeln. Zur Stütze des Hangenden blieben dann entsprechende Pfeiler und Wände aus Kohle stehen. Auch wurde in größeren Kuhlen eine primitive Abstützung mit Stämmen und Balken durchgeführt. "
GLÜCK AUF | NOBI

Der Berg ist frei.
Wo eyn man eynfahrn will
mag her es thun mit rechte.


w w w . b e r g b a u s h i r t . d e
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markscheider
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Re: Tummelbau?

Beitrag von markscheider »

Das bestätigt meine Überlegungen, danke.

btw: Frohe Ostern alle miteinander!
Schlacke
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Re: Tummelbau?

Beitrag von Schlacke »

Der Begriff "Tummelbau" stammt aus dem Rheinischen Braunkohlenrevier, die Herkunft im sprachlichen Sinne erläutert:

Kaever, M.: Die nicht erneuerbaren Energieträger zwischen Rur und Maas. Reihe: Geographie - Forschung und Wissenschaft, Bd. 2, Münster: 2004, 250 S., (Lit. Verweise S. 232-235)

Glückauf!

Elmar Nieding
...die unterirdischen Grubengebäude in ihre Schreibstube bringen...
Héron de Villefosse (1774-1852), Bergingenieur im Dienste Napoleons.
(H. Dettmer, 2014)
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Pochknabe
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Re: Tummelbau?

Beitrag von Pochknabe »

Hier mal eine etwas ausführlichere Beschreibung:

Der Tummelbau ist bekannt bei der Braunkohlengewinnung in der Rheinprovinz, speciell im Brühler Revier und auf der rechten Rheinseite am nördlichen Rande des Siebengebirges. Es ist nur ein Lager, aber mit vielen Unterbrechungen bekannt. Vorwaltend ist feinerdige Braunkohle, aber auch feste gemeine Braunkohle (Knabben) kommt vor, so wie bituminöses Holz; Aschgrund ist eine mit vielem Thon gemengte Braunkohle, die nur in grossen Massen brennt. Die Oberfläche des Lagers ist sehr uneben durch Furchen, Risse, Auswaschungen, welche mit dem Deckgebirge erfüllt sind. Die Mächtigkeit schwankt in den verschiedenen Grubengebieten zwischen (12 und 30 FUSS) 3,766 bis 9,416 Meter, (26 und 49 FUSS) 8,160 und 15,379 Meter und steigt bis (52) 16,320, ja bis (70 FUSS) 21,970 Meter; das Obergebirge ist (8 bis 12 FUSS) 2,511 bis 3,766 Meter, (24 bis 45 FUSS) 7,533 bis 14,123 Meter mächtig, an einzelnen Stellen sogar bei (60 und 70 FUSS) 18,831 und 21,970 Meter nicht durchörtert. Das Deckgebirge ist meist ohne Wasser, auch ein Theil des Braunkohlenlagers, gewöhnlich aber liegt der natürliche Wasserspiegel über dessen Sohle. Daher liegt der Tummelbau gewöhnlich über dem natürlichen Wasserspiegel, oder auch über Stolln und Röschen, aber nur ausnahmsweise die Sohle des Lagers erreichend, so dass in der Regel (20 bis 30 FUSS) 6,277 bis 9,416 Meter der Mächtigkeit gewonnen werden, selten um (15 bis 20 FUSS) 4,708 bis 6,277 Meter, noch seltener über (30 FUSS) 9,416 Meter, niemals über (40 FUSS) 12,554 Meter.

Die Schächte erhalten je nach der Mächtigkeit des Deckgebirges eine Tiefe von (7 ½ bis 16 Lachter) 15,693 bis 33,478 Meter, die meisten (8 bis 12 Lachter) 16,739 bis 25,108 Meter; wo keine Stolln vorhanden, werden wegen der Wetterführung 2 Schächte, (4 bis 5 Lachter) 8,369 bis 10,462 Meter von einander entfernt, abgeteuft, trotzdem zeigt sich im Sommer Wetterstockung, zumal die trockne Kohle eine Zersetzung mit eigenthümlichem Geruch und Wärmeentwickelung erleidet, wodurch schon Grubenbrände entstanden sind. Die Schachtfelder erhalten eine Ausdehnung von höchstens (40 Lachter) 84 Meter, die Strecken eine Weite von (3 bis 3 ½ FUSS) 0,942 bis 1,099 Meter, eine Höhe von (6 FUSS) 1,883 Meter; in festen Lagen erhöht man diese Dimensionen auf (5 und 8 FUSS) 1,569 und 2,511 Meter und giebt den Strecken eine Spitzbogenform. Vom Schachte aus wird eine Hauptstrecke geführt, von dieser aus Abbaustrecken (Splisse), aus denen von rückwärtsher der Abbau beginnt, indem Seitenstösse und Firste der Strecke kreis- und bogenförmig ausgehauen werden, später bearbeitet man nur die Stösse, weil schon durch die Erweiterung allein die Firstenkohle hereinbricht; hiermit wird das Obergebirge erreicht, welches nun hereinrollt und den Tummel ausfüllt.

Die Tummel erhalten durchschnittlich (3 Lachter) 6,277 Meter Durchmesser; zwischen je zwei Tummeln bleibt ein Pfeiler von (2 bis 6 FUSS) 0,628 bis 1,883 Meter stehen, doch darf man sich den Schächten nur höchstens auf (2 Lachter) 4,185 Meter nähern. Der nächste Tummel darf immer erst in Angriff genommen werden, wenn der vorhergehende gegangen ist. Der Verlust an Kohle wird auf 44 bis 64 Procent berechnet. Im Sommer ruht die Arbeit, weil alsdann das Formen der gewonnenen erdigen Braunkohle stattfindet.

Durch eine Verordnung des Oberbergamts zu Bonn vom 9. April 1836 sollte die fortgesetzte Anwendung des Tummelbaues verboten werden, die gewährte dreijährige Frist zur Einstellung der Tummelbetriebe ist aber bei weitem nicht inne gehalten worden und noch in neuerer Zeit bedienten sich Grubenbesitzer derselben; sonst ist im Allgemeinen jetzt die Baumethode wie auf den Braunkohlengruben in der Provinz Sachsen, eingeführt.

Quelle: LOTTNER, H. / SERLO, A. (1873): Leitfaden zur Bergbaukunde.- 1. Bd., 2. Aufl., S.420 f.; Berlin.

Glückauf!
Achim
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markscheider
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Re: Tummelbau?

Beitrag von markscheider »

Danke! Sehr anschauliche Beschreibung! Wohl dem, der solche Bücher sein eigen nennt.
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Stefan_O
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Re: Tummelbau?

Beitrag von Stefan_O »

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